Ovis gmelini aries

Ovis gmelini aries
Hausschaf
Zwei Hausschafe (Ovis orientalis aries) auf Bergweide in den Stubaier Alpen ("typische Pose", eines mit Glocke, eines mit Ohr-Marke)

Zwei Hausschafe (Ovis orientalis aries) auf Bergweide in den Stubaier Alpen ("typische Pose", eines mit Glocke, eines mit Ohr-Marke)

Systematik
Familie: Hornträger (Bovidae)
Unterfamilie: Ziegenartige (Caprinae)
Gattung: Schafe (Ovis)
Art: Wildschaf (Ovis orientalis)
ohne Rang: Mufflon (Ovis orientalis orientalis-Gruppe)
Unterart: Hausschaf
Wissenschaftlicher Name
Ovis orientalis aries
Linnaeus, 1758
Skelettaufbau

Das Hausschaf (Ovis orientalis aries) ist die domestizierte Form des Mufflons. Es spielt in der Geschichte der Menschheit eine Rolle als Milch-, Fleisch- und Wollelieferant.

Inhaltsverzeichnis

Bezeichnungen des Schafes

Das männliche Tier nennt man „Bock“ oder „Widder“, das weibliche wird als „Mutterschaf“, „Au“, „Aue“ oder „Zibbe“ bezeichnet. Jungschafe werden nicht nur als Lamm sondern auch als Jährling oder Zutreter bezeichnet. Schafe erreichen ein Alter von zehn bis zwölf, höchstens 20 Jahren. Das Schaf wird außerdem nach Alter und Geschlecht unterschieden in:

  • Lamm: nicht älter als ein Jahr.
  • Milchlamm: mindestens acht Wochen alt, aber nicht älter als sechs Monate. Sehr helles Fleisch.
  • Mastlamm: bis zu einem Jahr. Fleisch ist dunkelrosa und nur leicht mit Fett durchwachsen.
  • Hammel (Schöps): das männliche, kastrierte über ein Jahr alte Tier sowie weibliche Tiere, die noch nicht gelammt haben. Hammelfleisch ist kräftig im Geschmack, dunkelrot, fest und deutlich marmoriert.
  • Schaf, weiblich: über ein Jahr alt. Mit „Schaf“ ist meistens das „Mutterschaf“ gemeint, das zur Zucht eingesetzt wird.
  • Bock, männlich: nicht kastriert, älter als ein Jahr. Fleisch hat sehr strengen Geschmack, teilweise trotzdem beliebt.

Geschichte des Schafes als Haustier

Hausschlachtung: Schafhälfte

Nach früherer Auffassung entwickelten sich die kurzschwänzigen Hausschafrassen Nordwesteuropas wie etwa die Heidschnucke und einige afrikanische Rassen aus dem Europäischen Mufflon, die langschwänzigen Rassen (zum Beispiel Merino-, Fettschwanz- und Fettsteißschaf) dagegen aus dem Urial. Aufgrund neuerer Erkenntnisse hat sich aber die Auffassung durchgesetzt, dass alle Hausschafrassen und -typen von nur einer Wildform, dem Armenischen Mufflon abstammen.

Schafe (und auch Ziegen) gehören zu den ältesten Haustieren. Schafe sind robuste und genügsame Tiere: Das macht sie anpassungsfähig in Bezug auf klimatische Bedingungen und Nahrungsangebot. Dies erleichtert die Schafhaltung und trug zur weltweiten Verbreitung dieser Nutztiere bei.

Ein sehr gründlich beschriebenes frühes Nutzschaf ist das so genannte „Torfschaf“ der Schweizer Pfahlbausiedlungen, das in Verbindung steht zu verschiedenen neuzeitlichen Primitivrassen des alpenländischen Raumes wie dem Bündner-Oberländer-Schaf.

Sehr früh in der Geschichte der Schafzucht tauchen auch bereits Tiere vom Typ des Zackelschafes auf, die wegen ihrer gerade abstehenden und in sich gedrehten Hörner auffallen. Schon in bronzezeitlichen Beständen traten dann auch Vierhornschafe auf, deren herausragendes Merkmal die Bildung irregulärer zusätzlicher Hörner ist.

Die Schafzucht hat in vielen Kulturen, besonders im Mittelmeerbereich, die Alternative zur Landwirtschaft dargestellt.

Das Schaf hatte eine fundamentale Bedeutung in den alten Wirtschaftssystemen und diente lebendig als Lieferant von Milch für Milchprodukte wie Joghurt, Kefir und Schafkäse sowie Wolle, als Schlachttier als Fleischquelle. Sie liefern auch das Rohmaterial für zum Beispiel Leim, Kerzen und Seife (Talg), kosmetische Produkte; ihr Darm wird zum Bespannen von Tennisschlägern verwendet, und nicht zu vergessen: der Dünger.

Verbreitung

Schafe werden auf Deichen gehalten, damit sie die Grasnarbe kurz halten und mit ihren Hufen den Boden festtreten (hier auf dem Deich der Ems in Emden)

Auf der Welt gibt es etwa eine Milliarde Schafe, wovon ca. 40 Prozent in Asien leben. In Afrika sind etwa 20 Prozent beheimatet und in Ozeanien ungefähr 15 Prozent (hier vor allem in Australien und Neuseeland). Der Rest verteilt sich auf Europa und Amerika.

In Europa lebten in Großbritannien mit zirka 36 Mio. Tieren im Jahre 2002 die meisten Schafe. Im Vergleich spielt Deutschland mit 2 Mio. Tieren 2002 keine große Rolle. Die Schafbestände in der EU sinken in den letzten Jahren stetig, was auf die Reform der gemeinsamen Agrarpolitik und die Entkopplung der Prämien von der Produktion zurückgeführt wird.

Betrachtet man die beiden wichtigsten Produktionsrichtungen, Fleisch und Wolle, fällt auf, dass Asien vor allem Wolle erzeugt und Europa Fleisch. Neuseeland nimmt hinsichtlich der Produktivität sowohl beim Fleisch als auch bei der Wolle eine Spitzenstellung ein. Afrika hat eine geringe Produktivität; dort werden aber vermehrt Rassen gehalten, die für die Haar- bzw. Pelzproduktion gezüchtet wurden.

In Deutschland überwiegt die standortgebundene Schafhaltung. 1994 wurden über 34 Prozent des Bestandes auf Koppeln gehalten. Die Herden, die das Bild in der Öffentlichkeit prägen, die Wanderherden und die Deichschäferei hatten 1994 einen Anteil von 15,7 bzw. 4 Prozent.

Heutige Nutzung

Rhönschafe auf einer Streuobstwiese
Traditionelle Schafschur auf einem Volksfest in Orvelte, Provinz Drenthe, Niederlande

In Europa werden überwiegend intensiv genutzte Rassen gehalten, die der Fleischerzeugung dienen. Die Lämmermast ist damit der wichtigste Zweig der Schafhaltung. Das war nicht immer so: Schafe wurden in Deutschland bis Anfang der 1950er Jahre vor allem auf den Wollertrag gezüchtet. Durch die Verdrängung der Schafwolle durch Baumwolle und chemische Fasern ist seitdem ein starkes Umschwenken der Zuchtrichtung festzustellen. Galt bis dahin, dass die Wolle etwa 90 Prozent und die Lämmer etwa zehn Prozent des wirtschaftlichen Ertrags liefern, hat sich das Verhältnis inzwischen umgekehrt. Kostete 1950 ein Kilogramm Wolle noch 4,50 Deutsche Mark, so muss man heute nur etwa 0,5–0,75 Euro pro Kilogramm bezahlen.

Neben der Züchtung auf Wolle gibt es noch die Züchtung auf Milchleistung wie zum Beispiel beim Ostfriesischen Milchschaf oder auf das Fell (Lämmer des Karakulschafes), wobei letztere inzwischen stark vom Aussterben bedroht sind.

In Deutschland werden die extensiven Schafrassen zur Landschaftspflege eingesetzt. Sie erhält Grünflächen oder Landschaftsformen wie die Heide in ihrer Form und Funktion. Ohne die Schafe würden diese Landschaften versteppen und verwalden. Eine besondere Funktion besitzen Schafe beim Schutz von Deichen. Nicht nur verhindern sie eine Versteppung, durch ihren Tritt festigen sie den Untergrund und leisten einen direkten Beitrag gegen einen möglichen Dammbruch.

Der Darm von Schafen wird unter der irreführenden Bezeichnung Katzendarm für Saiten von Musikinstrumenten und Tennisschlägern verwendet und zur Herstellung von Saitlingen. In der Medizin wurde er als Garn zum Vernähen von Wunden benutzt.

Schafe in der Kunst

Schafe stehen seit alters her in dem Ruf, dumm und furchtsam zu sein. Neuere Studien zeigen, dass sie zumindest ein gutes Langzeitgedächtnis haben.

Eine breite symbolische Tradition macht Schafe zum Gegenstand der alten Kunst und Kultur; die Kirche benutzt die Metapher Hirt und Herde für Pastor und Gemeinde. Im Volksmund gilt das Schaf häufig als Inbegriff der Feigheit oder Dummheit, und es folgen auch Gelehrte häufig dieser Einschätzung. So urteilte der berühmte Zoologe Dr. Alfred Brehm, Autor des zoologischen Standardwerks „Brehms Tierleben“ über das Schaf: „Seine Furchtsamkeit ist lächerlich, seine Feigheit erbärmlich. Jedes unbekannte Geräusch macht die Herde stutzig, Blitz und Donner und Sturm und Unwetter überhaupt bringen sie gänzlich aus der Fassung“. 1995 schufen die Aardman Studios im Film Wallace & Gromit – A close shave (deutscher Titel „Wallace & Gromit – Unter Schafen“) den Charakter eines außergewöhnlich gewitzten Schafes mit Namen Shaun (englisches Adjektiv für geschoren/„pelzloses Schaf“). Dieser hilft den Helden Wallace und Gromit, eine Bande von Schafdieben dingfest zu machen. Der Film erhielt 1996 eine Auszeichnung als bester animierter Kurzfilm.

Schafe in Wissenschaft und Forschung

Forscher des „Babraham Institute“ in Cambridge fanden in einer Studie aus dem Jahre 2004[1] heraus, dass sich das Schaf über 50 Gesichter von Artgenossen über zwei Jahre lang merken kann. Die Studie führte ferner zu dem Ergebnis, dass das Aufhängen von Schafsportraits im Stall zu einer deutlichen Senkung des Adrenalinspiegels und der Pulsfrequenz beim Schaf führt. Die Forscher führten dies darauf zurück, dass das Schaf „bemerkt“, also es so wahrnimmt, dass es „nicht alleine“ sei. Das Aufhängen von Portraits mit abstrakten geometrischen Formen (wie beispielsweise Quadraten oder Dreiecken) führte zum Gegenteil, also zum Anstieg der Herzfrequenz auf 113 EKG-Ausschläge, Angst-Blöken, bis hin zu Toben und Panik-Flüchten der Herde.

Im April 2006 findet sich in der wissenschaftlichen britischen Fachzeitschrift New Scientist (Nr. 2549, S. 19) ein Forschungsbericht, dass bereits Lämmer unterscheiden lernen, welche pflanzlichen Futterbestandteile ihnen gut tun. Im Experiment hatten Zoologen um Juan Villalba von der Utah State Universität zunächst Substanzen ins Futter gemischt, die bei den Tieren leichtes Unwohlsein erzeugten. Anschließend verschafften sie den Jungtieren Abhilfe, indem sie ihnen das nötige Medikament verabreichten. Wenig später erhielten die Schafe dann im Futter erneut die auslösenden Substanzen in geringer, aber riechbarer Konzentration untergemischt und alle drei zuvor verwendeten Arzneimittel zur diesmal eigenen Auswahl angeboten. Die Vorliebe für das „passende“ Medikament war jeweils signifikant ausgeprägt. Und bei Wiederholungen ließ sich das Erlernte auch noch mindestens fünf Monate lang als im Langzeitgedächtnis verankert und verhaltensbestimmend nachweisen.

„Wenn mit dumm die Unfähigkeit gemeint ist, aus Erfahrungen zu lernen, dann sind Schafe in keiner Weise dumm.“

schlussfolgert Zoologe Juan Villalba von der Utah State University, zitiert nach FR 26. April 2006

Schafe sind auch durchaus in der Lage, auf verändernde Umwelteinflüsse „zweckmäßig“ zu reagieren. Zum Beispiel bei intensiver Sonneneinstrahlung: Sie stellen sich, wenn sonst keine Möglichkeit zum Unterstellen vorhanden ist, in einem engen Kreis auf. Hierbei befinden sich die Köpfe der Schafe im Innern des Kreises; die Schafe senken ihre Köpfe dann zwischen ihre Vorderbeine, um sie der intensiven Sonneneinstrahlung zu entziehen. Dabei reduzieren sie ihre Atmung, weil zugleich ihre Aktivität herabgesetzt wird.

Fortpflanzung

Neugeborenes Lamm, das noch in den Eihüllen ist

Der Menstruationszyklus des weiblichen Tieres kann asaisonal oder saisonal sein. Die Saison (Brunstzeit) der Schafe liegt im Herbst. Schafe asaisonaler Rassen sind das ganze Jahr über im Rahmen der Zyklen empfängnisbereit. Sie durchlaufen einen Zyklus von 21 Tagen und sind dabei während drei Tagen empfangsfähig. Die Tragezeit der Schafe beträgt ca. 5 Monate (durchschnittlich 150 Tage). Zwischen den einzelnen Rassen variiert die Tragezeit leicht.

Krankheiten des Schafes

Durch Bakterien verursacht:

Viruserkrankungen:

Andere Erreger:

Schafrassen

Lamm beim Säugen
Lleyn-Schaf – eine walisische Schafsrasse

Siehe auch: Liste der Schafrassen

Die Schafrassen können nach dem Wolltyp (Vlies), dem Verwendungszweck (Nutzungsrichtung) und dem Grad der züchterischen Bearbeitung eingeteilt werden. Man unterscheidet beim Wolltyp zwischen

  • Merino-,
  • Langwoll-,
  • Kurzwoll-,
  • Grobwoll- und
  • Haarschafen.

Die Einteilung nach Verwendungszweck ist:

Bei der züchterischen Bearbeitung wird gegliedert nach (beispielhafte Rassen angeführt):

In Deutschland ist das Merinolandschaf mit ca. 30 Prozent am verbreitetsten. Das Schwarzköpfige Fleischschaf und das Merinolangwollschaf sind ebenfalls stark verbreitet, wie auch Kreuzungen (siehe auch Tierzucht) zwischen den Rassen.

Zahlreiche, früher in Europa weit verbreitete traditionelle Schafrassen sind inzwischen vom Aussterben bedroht, da sie als Nutztiere vergleichsweise geringe Erträge erzielen. Vereinzelt gibt es Wiederaufzuchtprogramme, z. B. für das Steinschaf oder das Zackelschaf.

Einzelnachweise

  1. Da Costa APC, Leigh AE, Man M-S, Kendrick KM: "Face pictures reduce behavioural, autonomic, endocrine and neural indices of stress and fear in sheep" in: Proceedings of the Royal Society B: Biological Sciences (2004) 271, 2077-2084. Volltext(PDF)

Literatur

  • David Kennard: A shepherd’s watch – through the seasons with one man and his dogs. Headline, London 2004, ISBN 0-7553-1235-X (ein Jahr im Leben eines modernen englischen Schafzüchters)
  • Hans Hinrich Sambraus: Farbatlas Nutztierrassen. Ulmer, Stuttgart 2001, ISBN 3-8001-3219-2 (250 Rassen in Wort und Bild)
  • Gerhard Fischer, Hugo Rieder, Regina Kuhn, Fridhelm Volk: Schafe – das Fotobuch für die Praxis. Ulmer, Stuttgart 2004, ISBN 3-8001-4229-5 (kommentierte Fotos aus allen Bereichen der Schafhaltung und Verarbeitung von Schafprodukten)
  • Günther Dierichs: Schäfereikalender. Ulmer, Stuttgart, ISBN 3-8001-4656-8 (jährlich aktualisierter Kalender mit Fachbeiträgen zu jeweils einem Schwerpunktthema sowie Zahlen und Fakten)
  • Christina Peter, Georg Erhardt: Ein Schaf gleicht dem anderen!? Die genetische Vielfalt der Schafe Europas im Fokus der Molekulargenetiker. In: Spiegel der Forschung 23 (2006), Heft 1/2, S. 76-82 (Volltext)

Siehe auch

Weblinks


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