- Parteilos
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Als Parteiloser oder auch Unabhängiger gilt, wer ein politisches Amt oder Mandat ausübt bzw. anstrebt, jedoch keiner politischen Partei angehört. Parteilos kann ein Parlamentarier auch erst nach einer Wahl werden, indem er aus seiner Partei austritt oder ausgeschlossen wird. Er bleibt dann bis zur nächsten Wahl fraktionsloser Abgeordneter.
In den meisten modernen Demokratien werden die meisten Abgeordneten der Parlamente und die meisten Regierungsmitglieder von Parteien vorausgewählt und mit ihrer Unterstützung gewählt. Unabhängige Kandidaten haben die größte Bedeutung dort, wo Mehrheitswahlrecht herrscht oder die Bindung an Parteien nicht sehr ausgeprägt ist. Um ohne Unterstützung einer Partei gewählt zu werden, ist normalerweise eine große Bekanntheit unter den Wählern notwendig, insbesondere bei Kandidatur gegen Parteikandidaten. Parteilosen werden als Direktkandidaten bei Wahlen daher meistens geringere Chancen eingeräumt als Parteimitgliedern. Bei Bundestagswahlen konnten Einzelbewerber zuletzt im Jahr 1949 Wahlkreise direkt gewinnen und damit in das Parlament einziehen. Bei Kommunalwahlen gibt es jedoch häufiger erfolgreiche Parteilose, die zumeist von Parteien unterstützt oder geduldet werden, sofern diese keinen eigenen Kandidaten aufstellen. Allerdings sind Parteien nicht gezwungen, für eine Wahl nur Parteimitglieder zu nominieren, so können in so genannten „offenen Listen“ auch Parteilose und Mitglieder anderer Parteien oder Wählervereinigungen nominiert werden. Parteilose können sich je durch Unterstützungsunterschriften, die in den Gemeindeordnungen der Länder festgesetzt werden, auf die Stimmzettel setzen lassen.
In den USA und Großbritannien gibt es immer wieder unabhängige Kandidaten, die erfolgreich sind. So war zum Beispiel Bernie Sanders seit 1991 Abgeordneter des US-Staates Vermont, seit 2007 vertritt er den Staat im Senat.
Eher selten wird ein hohes politisches Amt von einem Parteilosen ausgeübt. In den meisten Fällen handelt es sich dann um eine Person, die einer Partei zumindest nahe steht, und dann wiederum geht es meist um einen parteilosen bürgerlichen Politiker.
Inhaltsverzeichnis
Kommunalpolitische Entwicklungen in Deutschland
In der Bundesrepublik werden insbesondere in der Kommunalpolitik zum hauptamtlichen Bürgermeister zunehmend parteilose Kandidaten gewählt. In Hessen hat sich beispielsweise jüngst eine Vereinigung der parteilosen Bürgermeister gebildet. In den Jahren 2006 und 2007 fand eine Bundestagung parteiloser Bürgermeister und Landräte in Crimmitschau (Sachsen) statt.[1] Gerade in den norddeutschen Bundesländern ist der Trend deutlich: Rund ein Drittel der direkt gewählten Hauptverwaltungsbeamten Niedersachsens sind parteilos. Zudem werden in den kommunalen Spitzengremien wie dem Deutschen Städtetag bzw. den Städtetagen der Länder zunehmend Quoren für Parteilose eingerichtet. Zu den bekanntesten parteilosen Bürgermeistern zählen Kurt Machens (Oberbürgermeister der Stadt Hildesheim) und Deutschlands jüngste direkt gewählte Bürgermeister Oliver Rastetter in der 4.000 Einwohner starken Gemeinde Lauf (Baden-Württemberg) sowie Christoph Meineke in Wennigsen, mit rund 15.000 Einwohnern Teil der Region Hannover. Zweifelhaft ist – ungeachtet der juristischen Definition – in der politikwissenschaftlichen Diskussion, ob man kommunalpolitische Vereinigungen wie Bürgerbündnisse sowie kommunale Wählergemeinschaften und ihre Mandatsträger ins Spektrum der Parteien einordnen sollte oder diese als parteiähnliche Organe kommunaler Willensbildung einzustufen hat.[2]
Bekannte parteilose Politiker
Deutschland
Weimarer Republik
- Wilhelm Cuno, Reichskanzler von 1922 bis 1923
- Hans Luther, Reichskanzler von 1925 bis 1926
- Franz von Papen, Reichskanzler 1932 (bis 1932 Deutsche Zentrumspartei)
- Kurt von Schleicher, Reichskanzler 1932 und 1933
Nationalsozialismus
- Johann Ludwig Graf Schwerin von Krosigk, „Leitender Reichsminister“ der international nicht anerkannten „Geschäftsführenden Reichsregierung“ des Deutschen Reichs
Bundesrepublik
- Hans Leussink, Bundesminister für Bildung und Wissenschaft im Kabinett Brandt I
- Werner Müller, Bundesminister für Wirtschaft und Technologie im Kabinett Schröder I
Österreich
- Karl-Heinz Grasser, österreichischer Bundesminister für Finanzen von 2000 bis 2007 (bis 2002 FPÖ)
- Michael Hainisch, österreichischer Bundespräsident von 1920 bis 1928
- Rudolf Kirchschläger, österreichischer Bundespräsident von 1974 bis 1986
Italien
- Romano Prodi, italienischer Ministerpräsident von 2006 bis 2008
Einzelnachweise
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