- Patentsenat
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Der X. Zivilsenat ist ein Spruchkörper des Bundesgerichtshofs. Es handelt sich um den zehnten von derzeit insgesamt dreizehn Senaten (ohne Spezialsenate wie Kartellsenat oder Senat für Landwirtschaftssachen), die sich mit Zivilsachen befassen.
Inhaltsverzeichnis
Besetzung
- Vorsitzender: Uwe Scharen
- Stellvertretender Vorsitzender: Jochem Gröning
- Beisitzer: Reiner Lemke, Claus-Dietrich Asendorf, Nikolaus Berger
Zuständigkeit
Nach dem Geschäftsverteilungsplan ist der X. Zivilsenat zuständig für die Bereiche Patent-, Gebrauchsmuster- und Topographieschutzrecht nebst Verträgen hierüber (Nr.1), Verträge über die Benutzung eines Geheimverfahrens (sog. Know-how) (Nr. 2), in beiden Fällen nur ungerade Eingangszahlen, die geraden sind auf den Xa-Zivilsenat übergegangen, die Rechtsstreitigkeiten aus dem Gebiet der Arbeitnehmererfindungen (Nr. 3), die Patentnichtigkeits- und Zwangslizenzsachen (Nr. 4), die Rechtsbeschwerden gegen Beschlüsse des Bundespatentgerichts in den genannten Materien (Nr. 5) - zu 4. und 5. nur ungerade Eingangszahlen, bestimmte Ansprüche eines Patentanwalts und gegen einen Patentanwalt (Nr. 6), die Entscheidungen, die erforderlich werden, bevor sich der für die Bearberitung der Sache zuständige Senat feststellen lässt (Nr. 7) und die Rechtsstreitigkeiten über Vergabeverfahren öffentlicher Auftraggeber (Nr. 8).
Geschichte
Der Senat ist am Jahresbeginn 1963 als Ia-Senat aus der Teilung des früheren I. Zivilsenats hervorgegangen. Dies war im Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass mit der Einrichtung des Bundespatentgerichts am 1. Juli 1961 ein neuer Rechtsmittelzug (Rechtsbeschwerdeverfahren) zum Bundesgerichtshof eröffnet wurde, der diesen in den Anfangsjahren stark belastet hat. Die Aufteilung zwischen dem Ia-Senat und dem Ib-Senat erfolgte in der Weise, dass dem Ia-Senat die technischen Schutzrechte (Patent, Gebrauchsmuster) zugewiesen wurden, dem Ib-Senat das Warenzeichenrecht (inzwischen Markenrecht), das Geschmacksmuster- und Urheberrecht sowie das Wettbewerbsrecht. Am 1. März 1968 erhielt der Ia-Senat die Bezeichnung X. Zivilsenat, während der Ib-Senat seither die Bezeichnung I. Zivilsenat trägt. Bis 1983 trug der X. Zivilsenat die Zusatzbezeichnung Patentsenat, die auch heute noch gelegentlich verwendet wird.
Die Zuständigkeiten des X. Zivilsenats blieben bis in das Jahr 1984 im Wesentlichen unverändert. Seither wurden dem Senat jedoch zahlreiche und insgesamt recht heterogene weitere Zuständigkeiten aus dem allgemeinen Zivilrecht zugewiesen.
Zum Jahresbeginn 2009 wurde der Senat vorübergehend geteilt. Dabei wurden die Kernzuständigkeiten auf dem Gebiet des gewerblichen Rechtsschutzes im Wesentlichen hälftig mit dem neuen Xa-Zivilsenat geteilt. Das Reisevertrags- und das Schenkungsrecht hat der Xa-Zivilsenat übernommen.
Vorsitz und Mitglieder
Den Vorsitz im Ia/X. Zivilsenat hatten bisher die Senatspräsidenten Prof. Dr. Karl Nastelski (bis 30. September 1967), Dr. Karl Spreng (bis 30. Juni 1972), Wilhelm Trüstedt (bis 30. Juni 1976) und die Vorsitzenden Richter Prof. Werner Ballhaus (bis 31. August 1985), Prof. Dr. Karl Bruchhausen (bis 31. März 1993), Rüdiger Rogge (bis 31. Oktober 2001) und Dr. Klaus-Jürgen Melullis (bis zum 31. März 2009) inne.
Als Richter gehörten dem Senat die bereits ausgeschiedenen Bundesrichter/Richter(innen) am BGH Dr. Bock, Dr. Löscher, Dr. Spengler, Dr. Jungbluth, Dr. Claßen (von Anfang an), Schneider (seit 1963), Prof. Ochmann (seit 1970), Dr. Häusser (später Präsident des Deutschen Patentamts), Bendler (seit 1972), Prof. Dr. Windisch (seit 1975), Dr. Hesse, Brodeßer (seit 1976), von Albert (seit 1978), Frhr. v. Maltzahn (seit 1985), Prof. Dr. Jestaedt, Dr. Broß (seit 1986, später Richter am Bundesverfassungsgericht) und Barbara Ambrosius (seit 2004) sowie die in andere Senate gewechselten Richter Hans-Peter Greiner (seit 1993; bis Ende 2008 VI. Zivilsenat) und Dr. Kirchhoff (seit 2004; jetzt I. Zivilsenat) an. Die Richter(innen) Peter Meier-Beck, Alfred Keukenschrijver und Elisabeth Mühlens sind seit Anfang 2009 nicht mehr dem X. Zivilsenat, sondern dem Xa-Zivilsenat zugewiesen.
Besonderheiten und Kuriosa
In den Patentnichtigkeits- und Zwangslizenzsachen ist der X. Zivilsenat - für den Bundesgerichtshof ganz ungewöhnlich - Tatsacheninstanz. Das für ein oberstes Bundesgericht untypische Rechtsmittel der Berufung in diesen Verfahren wurde bereits im Jahr 1877, damals noch zum Reichsoberhandelsgericht, dem Vorläufer des Reichsgerichts, eingeführt und hat sich seither ohne große Veränderungen erhalten. Das Verfahren richtet sich nicht nach der Zivilprozessordnung, sondern folgt eigenen Regeln. In der Mehrzahl der Berufungsverfahren holt der X. Zivilsenat das Gutachten eines Sachverständigen ein; gelegentlich findet auch eine Vernehmung von Zeugen statt. In jüngerer Zeit macht sich ein deutliches Ansteigen der Zahl der Berufungen in (den außergewöhnlich arbeitsaufwändigen) Patentnichtigkeitssachen bemerkbar, das zu einem erheblichen Stau geführt hat (am 1. November 2008 190 nicht erledigte Verfahren bei rund 60 Eingängen im Jahr), der die Verfahrensdauer zunehmend verzögert (im Jahr 2007 wurden im Wesentlichen Verfahren, die im Jahr 2002 beim Bundesgerichtshof eingegangen sind, abgearbeitet). Dies hat bereits zu intensiveren Diskussionen sowohl im Gericht als auch in der Deutschen Vereinigung für gewerblichen Rechtsschutz geführt, die am 15. Oktober 2008 im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Vereinfachung und Modernisierung des Patentechts (Bundestagsdrucksache 16/11339, erste Lesung und Überweisung an die Ausschüsse am 22. Januar 2009) ihren Niederschlag gefunden haben. Bemerkenswert an diesen Verfahren ist weiter, dass sich die Vertretungsbefugnis nicht wie sonst auf die am Bundesgerichtshof zugelassenen Rechtsanwälte beschränkt.
Wissenschaftliche Mitarbeiter
Dem Senat sind in der Regel zwei bis drei wissenschaftliche Mitarbeiter (üblich ist trotz des Hautgout, den sie hat („Hilfswilliger“), die Bezeichnung „Hiwi“), überwiegend Richter/innen am Landgericht oder am Bundespatentgericht, zugewiesen.
Literatur
- Haller, Aus der Arbeit eines gerichtlichen Sachverständigen im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundesgerichtshof, GRUR 1985, 653;
- Hesse, Die Aufgaben des gerichtlichen Sachverständigen im Patentnichtigkeitsverfahren vor dem Bundesgerichtshof, Der Sachverständige 1983, 149;
- Rupprecht Knecht (Pseudonym), Absterbende Bräuche - Der Nikolaus im X. Zivilsenat, in Herz/Freymann/Vatter (Hrsg.) HIWI 2000, Die "einzig wahre Festschrift" oder: Was Sie schon immer über den BGH wissen wollten, Saarbrücken 2000, ISBN 3-935009-01-1.
Weblinks
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