Philipp von Zell

Philipp von Zell
St. Philipp von Zell, Deckengemälde in der Zeller Wallfahrtskirche. Rechts hinter ihm, taufend, der Priester Horoskolf, sein Begleiter und Schüler. Aus Dank für den Auftrag gab der Maler dem Hl. Philipp die Gesichtszüge des damaligen Zeller Pfarrers Peter Pfaff
St. Philipp von Zell, Figur vom ehemaligen Hochaltar des Speyerer Domes, 1853, seit 1972 in der Wallfahrtskirche Zell (Zellertal)
Zeller Wallfahrtskirche, Innenaufnahme

Philipp von Zell (* in England; † nach 750 in Zell (Zellertal)) war ein katholischer Priester und wird im Bistum Speyer als Heiliger verehrt. Er gilt als Patron für Kindersegen.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Hl. Philipp von Zell ist einer der ganz frühen Glaubensboten der Pfalz und sein Grab war einmal deren bedeutendster Wallfahrtsort. Zell und das gesamte Zellertal leiten ihre Namen ab von jener „Cellula“, der Zelle des Hl. Philipp von Zell, eines Angelsachsen, der sich zur Zeit König Pippins (751–768) auf dem Rückweg von Rom, wo ihn ein Papst zum Priester geweiht hatte, hier als Einsiedler niederließ, eine dem Hl. Michael geweihte Kapelle mit Klause errichtete und einen Obstgarten anlegte.

Bald fanden sich Gefährten ein. Im nahen Bockenheim an der Weinstraße wandelte St. Philipp der Sage nach ein heidnisches Quellenheiligtum in eine christliche Kultstätte um und baute eine Kapelle, zu der bis heute Wallfahrten ziehen.

Philipp wurde schon zu Lebzeiten als heiligmäßig verehrt und es sind viele Wunder überliefert. Ein Pilgerstrom zu ihm setzte ein, der auch nach seinem Tod nicht mehr aufhörte. Über Philipps Leben unterrichtet uns seine Vita, niedergeschrieben von einem namentlich nicht genannten Mönch etwa um das Jahr 850, der sich als Zeugen auf die Einwohner des Ortes beruft und auf den Priester Horoskolf, Schüler und Begleiter des Hl. Philipp von Zell, der seinen geistlichen Vater lange überlebte und ein sehr hohes Alter erreichte.[1]

Verehrung und Geschichte der Wallfahrt

Die Kapelle in Zell, die im Erzbistum Mainz lag und neben der sich allmählich der Ort Zell entwickelte, wurde nach Philipps Tod der Abtei Hornbach in der Südwestpfalz unterstellt. Die Abtei besaß im näheren Umkreis von Zell reichen Grundbesitz und mehrere Eigenkirchen. Um 850 erhob man die Gebeine des Heiligen und setzte sie in der neu errichteten Salvatorkirche bei; der Mainzer Erzbischof Rabanus Maurus (847–856) verfasste die Altarinschriften. Damit war St. Philipp als Heiliger offiziell gewürdigt. In den Ungarneinfällen des 10. Jahrhunderts wurde die Kultstätte verwüstet und in den 970-er Jahren auf Befehl Herzog Ottos durch den Hornbacher Abt Adalbert wiedererrichtet.

In Zell bestand seit Ende des 10. Jahrhunderts ein Kollegiatstift. Die Stiftsherren versahen die Seelsorge in den umliegenden Hornbacher Eigenkirchen. Im Unterschied zu einem Kloster leben Stiftsherren nicht in Klausur und haben Privatvermögen. Nach Ende der vita communis (anfänglich lebten die Stiftsherren unter einem Dach) wurde das Stiftsvermögen in Pfründen aufgeteilt, so dass jeder Stiftsherr ein eigenes Haus mit Hof und Nutzgebäuden bewohnen konnte. Die Stiftsherren kamen zum gemeinsamen Gebet in der Stiftskirche zusammen, sie gründeten die erste Schule im weiten Umkreis und sie betrieben Landwirtschaft und Weinbau, weshalb Zell als die älteste weinanbauende Gemeinde der Pfalz gilt. Ein verwittertes Kreuz mit schwarz gewordenem Corpus führte beim Predigtfelsen des Hl. Philipp zur Weinbergslage „Zeller schwarzer Herrgott“ eine der berühmtesten Weinlagen der Pfalz.

König Adolf von Nassau schlug angesichts der bevorstehenden Schlacht mit seinem Widersacher Albrecht von Österreich am 1. Juli 1289 sein Hauptquartier im Stift Zell auf, besuchte am Morgen des 2. Juli dort die Messe und zog dann nach Göllheim, wo er in der Schlacht bei Göllheim den Tod fand.

Die Stiftskirche mit dem Grab des Heiligen besaß zu ihrer Blütezeit, im 14. und 15. Jahrhundert, drei Schiffe mit neun Altären und einer Vielzahl von Votivgaben, wovon die wertvollsten ca. 100 massiv silberne, vergoldete Kindlein waren. Nachdem 1447 eine persönliche Wallfahrt des Pfälzer Kurfürsten Ludwig IV. und seiner Gemahlin Margarethe von Savoyen zur Geburt des ersehnten Thronfolgers führte (Philipp der Aufrichtige – nach dem Hl. Philipp), avancierte der Pfälzer Heilige mehr und mehr zum Patron und Nothelfer bei Kinderlosigkeit. Unter den zahlreichen Pilgern, die deswegen hierher kamen, seien drei berühmte besonders erwähnt: Am 8. August 1480 kamen Graf Schweickhart VIII. von Sickingen und seine Frau Margarethe hierher und beteten um die Geburt eines Sohnes, der ihnen 1481 als Franz von Sickingen geboren wurde. Die glücklichen Eltern schenkten der Wallfahrtskirche unter anderem ein wertvolles Messgewand. Maria Bianca, die zweite Gattin Maximilians I. besuchte Zell 1495/96 nicht weniger als vier mal im gleichen Anliegen – ihre Ehe war kinderlos. Auch Kurfürstin Sybilla von der Pfalz, Gemahlin von Kurfürst Ludwig V. kam 1517 zum Grab des Hl. Philipp, da sie ohne Nachkommen war.

Viele Gebetsanliegen wurden auch aus der Ferne, ohne persönliche Wallfahrt vorgetragen und namhafte Personen ließen sich meist zusätzlich als Mitglieder in die Zeller Philippsbruderschaft einschreiben, deren kostbares Mitgliedsbuch mit zahlreichen Miniaturen heute im Staatsarchiv München verwahrt wird. Es waren unter anderem als Mitglieder eingetragen: Kurfürst Ludwig IV. von der Pfalz und seine Frau Margarethe, Ruprecht, deutscher König und Kurfürst von der Pfalz, Kurfürst Ludwig III. von der Pfalz, Kurfürst Friedrich I. von der Pfalz, der Siegreiche und sein Bruder Ruprecht, später Erzbischof von Köln, Pfalzgräfin Sybilla, Markgraf Philipp von Baden, Kurfürst Friedrich II. von Brandenburg und seine Gattin Katharina von Sachsen, Herzog Friedrich der Friedfertige von Braunschweig, Graf Friedrich VIII. von Leiningen (1397–1437).

Die Grafen von Leiningen waren bis ca. 1480 die Schutzvögte des Stiftes und machten sich sehr darum verdient. Die Philippsreliquien wurden alle sieben Jahre feierlich ausgestellt und zogen Tausende von Pilgern an. Der Ausstellungsturnus stimmte überein mit der Aachener Heiligtumsfahrt, der größten mittelalterlichen Wallfahrt in Deutschland, die ebenfalls alle sieben Jahre stattfand. Viele Pilger die nach Aachen zogen, machten unterwegs einen Abstecher nach Zell.

Der päpstliche Nuntius Kardinal Sebastian Pighi besuchte Zell 1550 und stellte fest, dass die meisten Stiftsherren bereits der neuen Lehre Luthers anhingen, die Kirche geschlossen und verfallen war, keine Gottesdienste mehr stattfanden und das ganze Stift sich in einem ruinösen Zustand befand. Auch hatten sich Pilger darüber beschwert, dass sie die Stiftsherren nicht mehr in die Kirche zum Philippsgrab vorließen, da sie angeblich „die Kirchenschlüssel nicht finden könnten“. Der Pfälzer Kurfürst Friedrich II. erbat sich vom Papst die Einverleibung des Philippsstifts mit seinen reichen Gütern, angeblich um es zu retten und gleichzeitig um damit die schlechte Finanzlage seiner Universität aufzubessern. Papst Julius III. stimmte 1551 zu, um der Wallfahrt vielleicht doch noch eine Überlebenschance zu geben.

Doch schon fünf Jahre später führte der neue Kurfürst Ottheinrich selbst die neue Lehre in der Kurpfalz ein, verbot gleichzeitig überall den katholischen Kult und löste das religiöse Stift auf. Den reichen Grundbesitz verwaltete seine Universität in Heidelberg, die in Zell einen weltlichen Amtmann, den Kollektor einsetzte und ihm in der Barockzeit ein schlossartiges Haus bauen ließ, die sogenannte Kollektur. Die wertvolle Zeller Stiftsbibliothek mit Handschriften aus dem 10. und 11. Jahrhundert sowie dem berühmten Bruderschaftsbuch, wurde in die Kurfürstliche Bibliotheca Palatina in Heidelberg einverleibt. Diese erbeutete Kurfürst Maximilian von Bayern im Dreißigjährigen Krieg und schenkte sie dem Papst. Später erhielt der König von Bayern einen Großteil jener Bücher aus dem Vatikan zum Geschenk, wodurch sie wieder an das Haus Wittelsbach zurückfielen. Mit dabei befand sich auch das immens kostbare, illustrierte Zeller Bruderschaftsbuch, das sich derzeit in der Staatsbibliothek München befindet.

Die Stiftkirche verfiel und verschwand völlig, vom Stiftsschatz und den Votivgaben frommer Pilger blieb nichts übrig, die Gebeine des Hl. Philipp sind verschollen. Als die Herrscher der Pfalz nach 200 Jahren wieder katholisch geworden waren, verpflichtete Kurfürst Karl Theodor 1745 die Universität Heidelberg, die den gesamten finanziellen Gewinn aus dem aufgelösten Stift erhalten hatte, eine neue Wallfahrtskirche zu bauen. Das ist die Barockkirche, die bis heute existiert.

Seit Fertigstellung dieser Wallfahrtskirche 1749, lebte der Philippskult wieder auf und St. Philipp wurde zum Patron der Universität Heidelberg ernannt. 1780 erbat der Rektor der Universität Heidelberg vom Bischöflichen Stuhl in Worms die Erlaubnis zu einem Wallfahrtsfest, das in jenem Jahr erstmals stattfand und bei dem sich 2000 Pilger einfanden. Seither ist die Wallfahrt, die mit einer festlichen Prozession gehalten wird, nicht mehr abgerissen. Alljährlich am 3. Mai (Festtag) bzw. am Sonntag danach findet das Wallfahrtsfest mit Prozession statt. Der Heiligenkult lebt heute rein aus der tausendjährigen Tradition, da es keine Philippsreliquien mehr gibt. Die Vita des Hl. Philipp wurde mehrfach wissenschaftlich untersucht und für weitgehend glaubwürdig befunden.

Heutige Verehrung

Nach wie vor wird der Hl. Philipp traditionell als Patron bei Kinderwünschen angerufen und es kommen immer noch Wallfahrer in diesem Anliegen. Überdies gilt er als regionaler "Wetterpatron" für gedeihliche Witterung, berichtet doch die Vita - und dies wurde als beständige Volksüberlieferung z.B. auch ins profane "Pfälzische Sagenbuch" übernommen - daß man bei einem "bösen Wetter" den Leib des Heiligen (die Reliquien) von Zell bis nach Kaiserslautern (Lutra) getragen habe und überall wo man hinkam, der Regen aufhörte. In Zell wissen die Einheimischen zu berichten, daß es während der alljährlichen Philipps-Prozession seit Menschengedenken nicht geregnet habe, selbst wenn es davor und danach wie aus Eimern schüttete. Eine andere Geschichte aus der Vita, nämlich daß Diebe einst dem Heiligen zwei Ochsen stahlen sich aber mit den Tieren verirrten und Morgens wieder am Ort ihrer Untat waren, wo sie vom Hl. Philipp gütig aufgenommen und bewirtet wurden, bedingte seine Anrufung als Patron gegen Diebstahl.

Literatur

  • Decastichon in peregrinationẽ ad sanctum Philippũ confessorem. Gedruckt durch Jakob Köbel, Oppenheim 1516.
  • Magnus Jocham: BAVARIA SANCTA - Leben der Heiligen und Seligen des Bayerlandes. Freising 1861. Abschrift online
  • Peter Bruder: Der Hl. Philippus von Zell, in der Pfalz (Broschüre, 16 Seiten). Jäger’sche Buchdruckerei, Speyer ca. 1915.
  • Peter Bruder: Die liturgische Verehrung des Hl. Philippus von Zell, in der Rheinpfalz (Broschüre, 24 Seiten, Sonderabdruck aus "Pastor Bonus", Zeitschrift für kirchl. Wissenschaft und Praxis). Paulinus Druckerei, Trier 1920.
  • Jakob Knauber: Der Einsiedler Philipp von Zell, ein Heiliger der Pfalz. Pilger Verlag, Speyer 1938.
  • Friedrich Wilhelm Hebel: Pfälzische Sagen, Neuauflage (Beitrag Nr. 36: Die Wunder des Hl. Philipp von Zell). Crusius Verlag, Kaiserslautern 1958.
  • Peter Moraw: Das Stift St.Philipp zu Zell in der Pfalz. Universitätsverlag Carl Winter, Heidelberg 1964.
  • Ekkart SauserPhilipp von Zell. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 16, Herzberg 1999, ISBN 3-88309-079-4, Sp. 1240–1241.
  • Joachim Specht: Der Hl. Philipp von Zell, Patron der Nordpfalz (ganzseitiger Zeitungsartikel). Die Rheinpfalz, Lokalteil Kirchheimbolanden, 8. Mai 2004.
  • Richard Antoni: Ein sehr heiliger Mann namens Philipp. In: Archiv für mittelrheinische Kirchengeschichte. 61, 2009, S. 315–364.

Einzelnachweise

  1. Zur Vita Philipps von Zell und ihrer Entstehung

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