Planhauptstadt

Planhauptstadt

Als Planhauptstadt bezeichnet man eine Planstadt, die als Hauptstadt geplant und gebaut wurde.

Inhaltsverzeichnis

Gründe für eine Planhauptstadt und Ergebnisse

Es gibt vielseitige Gründe für die Schaffung einer Planhauptstadt, beispielsweise zur besseren Verteilung der Bevölkerung. Die Stadt wird dann im zentralen Landesteil gebaut. Diese Ziele schlugen in der Regel fehl, nur extrem selten wurde die Planhauptstadt auch größte Stadt des Landes, eine bessere Verteilung der Bevölkerung gab es daher kaum.

In anderen Ländern gab es Streitigkeiten zweier oder mehrerer Städte, welche Hauptstadt werden soll, oder man wollte in Bundesstaaten die Hauptstadt in ein neutrales Gebiet legen. In diesen Fällen ist es oft nicht Ziel, die Planhauptstadt zur größten Stadt zu machen. In der Regel liegen die Städte auf neutralem Boden (beispielsweise District of Columbia oder Australian Capital Territory).

Echte Planhauptstädte

Die folgenden Städte sind als Hauptstädte per Dekret geplant und neu gebaut worden.

Abuja

Die alte Hauptstadt von Nigeria war Lagos. Die Planung der Stadt begann 1976 unter Leitung des Japaners Kenzō Tange. Die neue Hauptstadt sollte nicht an der Küste, sondern zum Zweck einer besseren Bevölkerungsverteilung im Zentrum des Landes liegen. Es gab finanzielle Probleme und so wurde Abuja erst am 12. Dezember 1991 Hauptstadt von Nigeria. Die Stadt liegt im Federal Capital Territory.

Belmopan

Die an der Küste gelegene Stadt Belize City war bis 1970 Hauptstadt von Belize, bis der Regierungssitz in die neugebaute Hauptstadt Belmopan im Landesinneren verlegt wurde. Ausschlaggebend dafür war der Hurrikan Hattie, der 1961 Belize City zerstörte.

Brasília

Brasília sollte die Bevölkerung besser verteilen und wurde somit im zentralen Gebiet des Landes angelegt. 1956 begann der Bau mit dem Architekten Lúcio Costa, der mit Oscar Niemeyer zusammenarbeitete. Brasília wurde 1960 fertiggestellt und löste Rio de Janeiro als Hauptstadt ab. Sie liegt im Distrito Federal. Ihr Name sollte an den Staatsnamen erinnern.

Canberra

In Australien war die erste Hauptstadt Melbourne, doch um keine Streitigkeiten mit anderen Städten (beispielsweise Sydney) zu schaffen, ließ man eine Planhauptstadt erbauen. Die Stadt Canberra wurde nach Plänen des US-amerikanischen Architekten Walter Burley Griffin im Jahr 1913 in Dreiecksform fertiggestellt. Sie liegt im Australian Capital Territory (weit vom Meer entfernt). Der Name kommt aus einer Aborigine-Sprache und bedeutet „Treffplatz“.

Islamabad

Die Hauptstadt von Pakistan sollte weiter im Innern des Landes liegen. In den 1960er begann der Bau von Islamabad unter dem griechischen Architekten Constantinos A. Doxiadis. 1967 wurde die Stadt schließlich Hauptstadt und löste Karatschi (bis 1959 Hauptstadt) und Rawalpindi (bis 1967 Übergangshauptstadt) ab. Islamabad liegt im 1970 errichteten Hauptstadtterritorium Islamabad (Islamabad Capital Territory).

Karlsruhe

Karlsruhe wurde 1715 als Hauptstadt der Markgrafschaft Baden-Durlach gegründet, als Markgraf Karl-Wilhelm sich entschloss, die mittelalterliche Enge seiner damaligen Residenz Durlach gegen den Bau einer neuen, in Anlage und Geist offenen Stadt einzutauschen. Die Stadtanlage ist stern- bzw. fächerförmig, die Straßen laufen auf das im Stadtzentrum gelegene Schloss zu.

Japan

Die Hauptstädte Japans des Altertums wurden nach Muster der chinesischen Tang-Hauptstadt Chang'an planvoll angelegt. Diese waren Fujiwara-kyō (694–710), Heijō-kyō (710–741, 745–784), Kuni-kyō (741–744), Nagaoka-kyō (784–794) und Heian-kyō (794–1180, 1180–1868).

Naypyidaw

Naypyidaw, wenige Kilometer westlich der zentralburmesischen Provinzstadt Pyinmana gelegen, ist seit 2005 offizieller Regierungssitz Myanmars und soll nach einer Verfassungsänderung zur Hauptstadt erhoben werden. Informationen über die Anlage der Stadt und die Gründe für den Umzug sind aufgrund der Isolation Myanmars schwer zu erhalten. Die Regierung gibt an, dass die alte Hauptstadt Yangon zu groß und überlaufen sei.

Neu-Delhi

Neu-Delhi ist die Hauptstadt von Indien. Die Briten planten einen zentral gelegenen Verwaltungssitz, der keine Streitigkeiten auslösen sollte. 1911 löste daher Delhi Kalkutta (heute Kolkata) als Interimshauptstadt Britisch-Indiens ab. Die im britischen Stil gehaltene Planstadt Neu-Delhi wurde 1929 fertiggestellt und am 10. Februar 1931 als neue Hauptstadt Britisch-Indiens eingeweiht. Erbauer war der britische Architekt Edwin Lutyens. Neu-Delhi liegt im Unionsterritorium Delhi und stellt eine eigenständige, von Delhi getrennt verwaltete Gemeinde dar.

Sankt Petersburg

Sankt Petersburg war von 1712 bis 1918 Hauptstadt Russlands. Die Stadt, die allein auf eine Idee Peters des Großen zurückgeht, sollte Russland über die Ostsee nach Europa öffnen und auch symbolisch die Macht der in Moskau dominierenden Bojaren und der russisch-orthodoxen Kirche brechen. Heute ist zwar Moskau wieder Hauptstadt Russlands, Sankt Petersburg aber immerhin die zweitgrößte Stadt des Landes und viertgrößte Europas.

Valletta

Valletta wurde vom katholischen Malteserorden, der die geistliche wie weltliche Herrschaft über die Insel Malta hatte, nach der Belagerung von Malta (1565) durch die Osmanen als Festungsstadt geplant und erbaut. 1571 wurde der Ordenssitz nach Valletta verlegt, womit die Stadt zur Hauptstadt Maltas avancierte.

Washington D. C.

Die ursprünglichen Hauptstädte der USA waren New York und Philadelphia. In den 1790er begann der US-Präsident George Washington (Namensgeber) ein Gebiet zu wählen, welches sowohl Teile von Maryland als auch von Virginia umschloss (der Virginia-Teil wurde später an Virginia zurückgegeben). Der Erbauer war Pierre Charles L'Enfant und seit 1800 ist Washington D. C. im District of Columbia die US-Hauptstadt.

Beförderte Städte

Diese Städte existierten bereits als eher unbedeutende Städte, bevor sie aufgrund eines Dekretes Hauptstadt wurden.

Ankara

Vor der Gründung der Türkischen Republik 1923 war die geographische Lage von Istanbul, der Hauptstadt des Osmanischen Reiches, zu dezentral. Auch erinnerte Istanbul an das aufgelöste Sultanat, welches den Beinahe-Untergang der Türkei verschuldet hatte. Mustafa Kemal Atatürk, der für seine Modernisierungspläne einen Neuanfang wollte, suchte deshalb nach einer Stadt inmitten Anatoliens. Aus diesem Grund wurde die damalige Kleinstadt Ankara am 13. Oktober Hauptstadt der neuen Republik Türkei.

Ankara hatte bereits als Schaltzentrale der Befreiungsarmee um Atatürk Bedeutung erlangt und war zugleich auch der Sitz des neuen türkischen Parlaments. Es ist aber immer nur die politische Hauptstadt geblieben und konnte Istanbul ihre Rolle als Wirtschafts- und Kulturhauptstadt nie streitig machen.

Astana

Astana (kasachisch Астана; wörtlich übersetzt „Hauptstadt“) ist seit dem 10. Dezember 1997 Regierungssitz und seit dem 10. Juni 1998 Hauptstadt Kasachstans. Bis 1997 war die zunächst Akmola (bis 6. Mai 1998), später Zelinograd genannte Stadt im Herzen Kasachstans nicht sehr bedeutend, bis sie vom kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew zur Hauptstadt erklärt wurde. Wirtschaftliches und kulturelles Herz ist aber weiterhin die alte Hauptstadt Almaty (früher: Alma-Ata).

Dodoma

Dodoma wurde 1907 unter deutscher Kolonialherrschaft gegründet. Am 5. Oktober 1974 löste es Daressalaam als offizielle Hauptstadt Tansanias ab. Seitdem sind einige Ministerien und 1996 auch die Nationalversammlung von Daressalaam nach Dodoma umgezogen, viele Regierungsbehörden haben dies jedoch bislang unterlassen.

Melekeok

Die traditionelle Hauptstadt Palaus, Koror, wurde allgemein als zu groß und zu zentralistisch für den Inselstaat angesehen. Daher wurde beschlossen, im Nordosten der Insel Babelthuap, der größten Insel Palaus, eine neue Stadt, Melekeok, zu errichten und zur Hauptstadt zu bestimmen. Am 7. Oktober 2006 wurde Melekeok zur neuen Hauptstadt erklärt. Die Bauarbeiten sind aus finanziellen und logistischen Gründen dabei noch lange nicht beendet, außer einigen repräsentativen Regierungsgebäuden im Stile der US-amerikanischen Regierungsgebäude existieren lediglich einige ärmliche Hütten der Angestellten und nur eine befestigte Straße. Melekeok hat etwa 1600 Einwohner in einem Umkreis von 7 km vom Stadtkern.

Yamoussoukro

Yamoussoukro (dt. auch Jamussukro) ist seit dem 21. März 1983 die Hauptstadt der Elfenbeinküste. Yamoussoukro liegt im Zentrum des Landes, etwa 230 Kilometer nördlich der früheren Hauptstadt Abidjan, und ist die Geburtsstadt von Félix Houphouët-Boigny, dem ersten Präsidenten der Elfenbeinküste. Er ließ dort nach dem Vorbild des Petersdoms die größte katholische Kirche der Welt, die Basilika Notre-Dame de la Paix, sowie eine Reihe weiterer Prunkbauten errichten.

Planungen zu Planhauptstädten

Ägypten

Auch in Ägypten wird derzeit angeblich überlegt, die Hauptstadt von Kairo in eine neue Stadt in der ägyptischen Wüste zu verlegen. Der Hauptgrund ist, dass die Stadt der immensen Bevölkerungszahl (über 10 Millionen Einwohner) nicht mehr gewachsen ist und das dadurch entstandene Chaos einer Hauptstadt nicht würdig sei.

Südkorea

Am 11. August 2004 gab der Präsident Südkoreas, Roh Moo-hyun, bekannt, dass die Hauptstadt des Landes in die Provinz Chungcheongnam-do verlegt werden soll. Das geplante Gebiet bei Gongju liegt ca. 160 Kilometer südlich der aktuellen Hauptstadt Seoul. Als Gründe wurden die Überbevölkerung von Seoul und die dortige Konzentration der Wirtschaftskraft genannt. Rund 20 Millionen der 48 Millionen Südkoreaner leben in Seoul und seinen Satellitenstädten. Aber auch die Nähe zur Grenze zu Nordkorea, Seoul liegt in der Reichweite der nordkoreanischen Artillerie, wurde als Grund genannt. Am 21. Oktober wurde das Gesetz zum Umzug jedoch vom Verfassungsgericht als verfassungswidrig erklärt. Die Verlegung der Hauptstadt sei eine wichtige nationale Entscheidung, die nicht ohne eine Befragung der Bevölkerung beschlossen werden könne.

Präsident Roh plant nun nur noch eine Verlegung des Regierungssitzes. Bis 2012 sollen zwölf Ministerien und 30 Organisationen des Staates umziehen, das Blaue Haus (Sitz des Präsidenten), das Parlament, das Verfassungsgericht, sowie die Ministerien für Wiedervereinigung, Verteidigung, Gleichberechtigung, Justiz und das Außenministerium sollen in Seoul bleiben, welches auch weiterhin Hauptstadt des Landes sein wird. Auch diese Pläne sind verfassungsrechtlich umstritten.

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