- Polyeder
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Ein (dreidimensionales) Polyeder [polyˈeːdər] (auch Vielflach, Vielflächner oder Ebenflächner; von gr. πολύς polýs, „viel“ und ἕδρα hedra, „Sitz“) ist ein Teil des dreidimensionalen Raumes, der ausschließlich von geraden Flächen (Ebenen) begrenzt wird, beispielsweise ein Würfel oder ein Oktant eines dreidimensionalen Koordinatensystems. Man kann den Begriff aber auch auf höhere Dimensionen verallgemeinern.
Inhaltsverzeichnis
Dreidimensionale Polyeder
Beispiele für Polyeder aus dem Alltag sind (in ihrer üblichen Bauweise) Schränke, Pyramiden, Häuser, Kristalle oder Spielwürfel. Keine Polyeder sind Kugeln, Kegel, Flaschen, Tortenstücke, da sie krumme Randflächen besitzen. Die wichtigsten Polyeder in der geometrischen Anwendung sind Quader, Prismen, Pyramiden und Spate (Parallelepipede).
Ein Polyeder heißt beschränkt, wenn es eine Kugel gibt, in der das Polyeder vollständig enthalten ist. Unbeschränkte Polyeder mit nur einer Ecke werden Polyederkegel genannt.
Ein Polyeder heißt konvex, wenn für je 2 Punkte des Polyeders die Verbindungsstrecke zwischen diesen Punkten vollständig im Polyeder liegt.
Für konvexe und beschränkte Polyeder gilt der eulersche Polyedersatz:
- E + F − K = 2.
Dabei ist E die Anzahl der Ecken, F die Anzahl der Flächen und K die Anzahl der Kanten.
Gegenbeispiel: Die Punkte des dreidimensionalen Raumes mit den (rechtwinkligen kartesischen) Koordinaten (x,y,z), wobei der Absolutbetrag von x, y und z jeweils kleiner oder gleich 2 ist, bilden einen Würfel der Kantenlänge 4. Wenn wir aus ihm die Punkte entfernen, deren Koordinaten alle vom Betrag <1 sind, entsteht ein nichtkonvexes Polyeder, nämlich ein Würfel, aus dessen Innerem ein kleinerer Würfel ausgebohrt ist, mit 16 Ecken, 24 Kanten und 12 Flächen, in dem der eulersche Polyedersatz nicht gilt.
Für zusammenhängende Polyeder (zu denen das obige Beispiel nicht gehört) gilt allgemein
- E + F − K = χ
mit der Euler-Charakteristik χ. Für einen Torus zum Beispiel ist χ = 0. Das rechts abgebildete Polyeder ist ein Beispiel dafür. Es hat 24 Ecken, 72 Kanten und 48 Flächen: E − K + F = 24 − 72 + 48 = 0.
Regelmäßige Polyeder
Bekannt sind auch Polyeder, die sich durch eine hohe Regelmäßigkeit auszeichnen, wie die platonischen Körper (oder auch regulären Polyeder) – die einzigen fünf konvexen Polyeder, die sich nur aus kongruenten (deckungsgleichen) Vielecken zusammensetzen und deren Ecken alle identisch sind. Wird im Gegensatz dazu die Kongruenz der Seitenflächen nicht erfüllt und es sind mehrere Flächentypen vorhanden, ist der Körper entweder ein Prisma, Antiprisma oder einer der 13 archimedischen Körper. Die konvexen Polyeder, die durch regelmäßige Vielecke begrenzt sind und nicht in eine der vorherigen Kategorien fallen, sind die 92 Johnson-Körper.
Eine weitere Gruppe regelmäßiger konvexer Polyeder sind die 13 catalanischen Körper, deren nicht regelmäßige Flächen alle kongruent sind und gleichermaßen im Körper auftauchen.
Wichtige spezielle Polyeder
Pyramiden
Orthogonale Polyeder
Die Flächen eines orthogonalen Polyeders treffen sich im rechten Winkel. Seine Kanten verlaufen parallel zu den Achsen eines kartesischen Koordinatensystems. Mit Ausnahme des Quaders sind orthogonale Polyeder nicht konvex. Sie erweitern die zweidimensionalen orthogonalen Polygone in die dritte Dimension. Orthogonale Polyeder kommen in der algorithmischen Geometrie zum Einsatz. Dort bietet ihre eingeschränkte Struktur Vorteile beim Bewältigen ansonsten ungelöster Probleme (beliebiger Polyeder). Ein Beispiel ist das Entfalten der Polyederflächen in ein polygonales Netz.
Verallgemeinerte konvexe Polyeder
Allgemein ist ein konvexes Polyeder P eine Punktmenge, die sich durch ein lineares Ungleichungssystem mit endlich vielen Zeilen darstellen lässt.
Dabei bilden die einzelnen Zeilen des Systems jeweils einen Halbraum, so dass P als Schnitt von Halbräumen dargestellt ist. Solch ein Polyeder ist durch Hyperebenen begrenzt, die den Geraden im zweidimensionalen Fall entsprechen. Jedes konvexe Polyeder kann auch als Konvexkombination (oder konvexe Hülle) seiner Ecken und konische Linearkombination seiner Extremalstrahlen geschrieben werden:
- P: = conv{X} + cone{E},
wobei X die Menge der Ecken und E die Menge der Extremalstrahlen bezeichnet. Im zweidimensionalen Fall entsprechen die Extremalstrahlen Halbgeraden, die das Polyeder begrenzen. Ein Polyeder, das beschränkt ist, also einen endlichen Durchmesser besitzt, heißt Polytop. Ein zweidimensionales Polytop heißt Polygon. In manchen alten Texten wird der Begriff Polyeder auch als Synonym für konvexe Polytope im Sinne dieses Textes, also für beschränkte konvexe Polyeder, benutzt.
Die Dimension eines Polyeders P ist definiert als die Dimension seiner affinen Hülle, also des kleinsten affinen Raums, der P enthält. Ein Würfel ist also dreidimensional, weil der kleinste Raum, der ihn enthält, dreidimensional ist.
Eine Seitenfläche (oft auch Seite genannt) eines konvexen Polyeders ist im Wesentlichen der Schnitt einer Hyperebene (im dreidimensionalen Raum: einer Ebene) mit dem Polyeder, falls das Polyeder vollständig auf einer Seite der Hyperebene (einschl. dieser selbst) liegt. Etwas formaler ausgedrückt: ist
eine lineare Ungleichung, die von allen Punkten des Polyeders erfüllt wird, dann ist der Schnitt des Polyeders mit der Menge
- {x | aTx = b}
eine Seitenfläche. Jede Seitenfläche lässt sich durch eine solche Ungleichung darstellen. Im Spezialfall der Ungleichung
ergibt sich als Schnitt das ganze Polyeder, und für die Ungleichung
ist der Schnitt
die leere Menge. Eine Facette eines n-dimensionalen konvexen Polyeders ist eine (n − 1)-dimensionale Seitenfläche. Bei einem dreidimensionalen Würfel sind beispielsweise alle Ecken, Kanten und Flächen des Würfels Seitenflächen, aber auch die leere Menge und der ganze Würfel. Aber nur die zweidimensionalen Seitenflächen sind Facetten des Würfels.
Eine Ecke eines konvexen Polyeders ist ein Punkt im Polyeder, der sich nicht durch andere Punkte des Polyeders konvex kombinieren lässt, der also nicht auf einer Geraden zwischen zwei anderen Punkten des Polyeders liegt. Dies entspricht der anschaulichen Vorstellung einer Ecke. Beispielsweise lässt sich keine Gerade zwischen zwei Punkten eines Würfels konstruieren, die eine Ecke als inneren Punkt enthält. Eine Ecke x eines Polyeders P heißt entartet, wenn die Anzahl der Facetten, die x enthalten, größer ist als die Dimension von P. Beispielsweise ist die Spitze einer dreidimensionalen Pyramide mit quadratischer Grundfläche entartet, weil sie in vier Facetten enthalten ist. Ein konvexes Polyeder heißt ganzzahlig, wenn alle seine Ecken durch ganzzahlige Koordinaten beschrieben werden. Diese Begriffe sind unter anderem in der linearen und ganzzahligen linearen Optimierung von Bedeutung, weil das Optimum eines linearen Programms stets auch in einer Ecke angenommen wird.
Weblinks
Commons: Polyeder – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Polyedergarten Bilder, Animationen, VRML-3D-Modelle; mit ästhetischem Anspruch
- Formeln für reguläre und semireguläre Polyeder
- Paper Models of Polyhedra Schablonen zum Basteln von Polyedern
- Polyeder aus Flechtstreifen Polyedermodelle durch Verflechten von Papierstreifen ohne Klebstoff herstellen
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