Písečné u Slavonic

Písečné u Slavonic
Písečné
Wappen von Písečné u Slavonic
Písečné u Slavonic (Tschechien)
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Basisdaten
Staat: Tschechien
Region: Jihočeský kraj
Bezirk: Jindřichův Hradec
Fläche: 3352 ha
Geographische Lage: 48° 57′ N, 15° 27′ O48.957515.443888888889443Koordinaten: 48° 57′ 27″ N, 15° 26′ 38″ O
Höhe: 443 m n.m.
Einwohner: 561 (1. Jan. 2011) [1]
Postleitzahl: 378 72 - 378 81
Verkehr
Straße: SlavoniceVratěnín
Struktur
Status: Gemeinde
Ortsteile: 7
Verwaltung
Bürgermeister: Vladimír Macků (Stand: 2007)
Adresse: Písečné 1
378 72 Písečné nad Dyjí
Gemeindenummer: 546917
Website: sweb.cz/obec.pisecne

Písečné (deutsch Piesling) ist eine Gemeinde in Tschechien. Sie liegt 13 Kilometer südlich von Dačice (Datschitz) an der Grenze zu Österreich und gehört zum Okres Jindřichův Hradec (Bezirk Neuhaus). Der Ort ist als ein Längsangerdorf angelegt.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Písečné befindet sich am rechten Ufer der Mährischen Thaya, bevor der Fluss auf österreichisches Territorium fließt. Am linken Thayaufer verlaufen die Bunkerlinien des Tschechoslowakischen Walls.

Nachbarorte sind Modletice im Norden, Markete im Nordosten, Nové Sady und Županovice im Osten, Ziernreith im Südosten, Unterpertholz im Süden, Neuriegers im Südwesten sowie Václavov im Nordwesten.

Geschichte

Die Anlage des Ortes und die nordbairische ui- Mundart, welche bis 1945 gesprochen wurde, lässt darauf schließen, dass die Einwohner des Ortes aus der Oberpfalz stammten, worin sie sich von den weiter östlichen gelegenen Gebieten von Znaim und Nikolsburg unterschieden. Die Besiedlung dürfte im 12/13. Jahrhundert erfolgt sein.[2] Erstmals urkundlich erwähnt wurde Písečné im Jahre 1366, als Hermann von Neuhaus das Dorf an Ulrich von Želetava verkaufte. Zwei Jahre später veräußerte dieser den Ort an Záviš von Písečné.

Zu Beginn des 16. Jahrhunderts verpfändete Kaiser Sigismund Písečné an Peter von Krokwitz. Christoph Blekta von Audishorn (Blekta z Útěchovic), der 1619 Piesling und Slawathen von Hans Ludwig von Krokwitz erworben hatte, verlor nach der Schlacht am Weißen Berg während der 1. Hälfte des Dreißigjährigen Krieges seinen Besitz, da er zu den aufständischen Adeligen gehörte. 1626 kaufte Hannibal von Schaumburg dessen konfiszierte Güter. Die Matriken des Ortes werden seit 1645 bei Neustift geführt. Nach der Vertreibung der Juden aus Wien und Niederösterreich durch Kaiser Leopold I. am 23. Februar 1670 siedelten sich viele von ihnen in Südwestmähren an. Auch in Piesling entstand um das Jahr 1727 eine jüdische Gemeinde. Die jüdische und die christliche Gemeinde wurden getrennt verwaltet.

Nach weiteren Besitzerwechseln kam Piesling 1730 an die Grafen Collaltino di Collalte, die ihn bis zur Ablösung der Patrimonialherrschaften im Jahre 1848 hielten. 1887 wurde Piesling das Marktrecht verliehen. Die Jahrmärkte waren an den Donnerstagen nach Pauli Bekehrung (25. Januar), nach Georg (23. April), nach Cyrill und Method (5. Juli) und nach Franz von Assisi (4. Oktober). Ein Freiwillige Feuerwehr wurde im Jahre 1898 gegründet. Die Einwohner von Piesling lebten von der Forst-, Vieh- und Landwirtschaft, wobei aufgrund des Klimas und der Bodenbeschaffenheit der weiter östlich wichtige Weinbau keine Rolle spielte. Ebenso erbrachte die Jagd auf Hasen, Rehe, Rebhühner, Fasane und Wildenten reiche Beute. Neben einem bescheidenen Kleingewerbe gab es im Ort eine Brennerei.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde durch den Vertrag von Saint-Germain, der Ort ein Bestandteil der neuen Tschechoslowakischen Republik. Im Volkszählungsjahr 1910 gehörten 98% der Bewohner zur deutschen Sprachgruppe. 1919 wurde die jüdische und die christliche Gemeinde zusammengelegt. Durch die Bodenreformen in den Jahren 1925 und 1927 wurden die Herrschaftsgüter enteignet. Auch kommt es in der Zwischenkriegszeit durch Siedler und neu besetzte Beamtenposten zu einem vermehrten Zuzug von Personen tschechischer Nationalität.[3] Im Jahre 1937 wird der Ort an das öffentliche Stromnetz angeschlossen, davor bezog der Ort bereits seit 1913 von einer Mühle den benötigten Strom. Die versprochenen gleichberechtigte Stellung der Minderheiten wurde letztlich vom Mehrheitsvolk nicht zugestanden. Als auch die von den Deutschsprachigen geforderte Autonomie nicht verhandelt wurden und bewaffnete Konflikte drohten, veranlassten die Westmächte die tschechische Regierung zur Abtretung der Randgebiete, die im Münchner Abkommen geregelt wurde, an Deutschland. Somit wurde Piesling mit 1.Oktober 1938 ein Teil des deutschen Reichsgaus Niederdonau.

Während der Zeit des Nationalsozialismus fielen große Teile der jüdischen Gemeinde dem Holocaust zum Opfer. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kam die Gemeinde wieder zur Tschechoslowakei zurück. Bereits vor dem Potsdamer Kommuniqué (Protokoll) vom August 1945, - völkerrechtlich kein verbindlichen Vertrag – welches lediglich den „geordneten und humanen Transfer“ deutscher „Bevölkerungsteile“ aus der Tschechoslowakei verlangte, wurde die deutsche Bevölkerung von Piesling am 7. Juni 1945 in einer „Wilden Vertreibung“ nach Österreich vertrieben, wobei eine Frau und deren Kind von tschechischen "Partisanen" erschossen wurden. Laut dem Beneš-Dekret 108 vom 25. Oktober 1945, wurde das Vermögen der deutschen Einwohner konfisziert und unter staatliche Verwaltung gestellt. Seitens der Siegermächte gibt es keine Niederschrift über akzeptierte Vermögensentzug. - Die in Österreich befindlichen Flüchtlinge oder Vertriebene von Piesling wurden bis auf ca. 21%, in Übereinstimmung mit den ursprünglichen Überführungs-Zielen[4] des Potsdamer Kommuniqués[5], nach Deutschland weiter transferiert. Zwei Personen wanderten nach Kanada aus. [6]

1948 erlosch die jüdische Gemeinde und die Synagoge wurde abgerissen.

Bevölkerungsentwicklung

Volkszählung Einwohner gesamt Volkszugehörigkeit der Einwohner
Jahr Deutsche Tschechen Andere
1880 793 714 79 0
1890 871 720 144 7
1900 799 654 145 0
1910 771 753 18 0
1921 732 430 271 31
1930 647 362 263 22

[7]

Gemeindegliederung

Die Gemeinde Písečné besteht aus den Ortsteilen Chvaletín (Qualitzen), Marketa (Margarethen), Modletice (Mudlau), Nové Sady (Neustift), Písečné (Piesling), Slavětín (Slawathen, 1939-1945: Mittelfeld) und Václavov (Wenzelsdorf) sowie die Einschicht Krokovice (Krokowitzhof).

Sehenswürdigkeiten

  • Jüdischer Friedhof
  • Kapelle St. Katharina, am Dorfplatz
  • Schloss Písečné, vierflügeliger Bau aus dem Jahre 1626, Schloßkapelle (1673)
  • Reste der Feste Krokvice
  • Kirche in Nové Sady[8]

Söhne und Töchter

  • Ludwig Tobias Jakob Freiherr von Österreicher (1831-1893) Konteradmiral

Brauchtum

Der Kirtag fand immer am Sonntag nach Franziskus (4. Oktober) statt.

Literatur

  • Rudolf Hruschka: Bericht für das Sudetendeutsche Archiv München über die wichtigsten Ereignisse in Alt-Hart und Piesling a.d. Thaya vor und nach 1938/39 (1958)
  • Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren, Piesling, S. 30, C. Maurer Verlag, Geislingen/Steige 1990, ISBN 3-927498-13-0
  • Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 332 (Piesling). 
  • Walfried Blaschka, Gerald Frodl: Die Kreise Neubistritz und Zlabings von A bis Z, (2008), Piesling, S. 211f

Weblinks

 Commons: Písečné u Slavonic – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Český statistický úřad – Die Einwohnerzahlen der tschechischen Gemeinden vom 1. Januar 2011 (XLS, 1,3 MB)
  2. Leopold Kleindienst: Die Siedlungsformen, bäuerliche Bau- und Sachkultur Südmährens, 1989, S. 10
  3. Wolfgang Brügel: Tschechen und Deutsche 1918 – 1938, München 1967
  4. Cornelia Znoy:Die Vertreibung der Sudetendeutschen nach Österreich 1945/46, Diplomarbeit zur Erlangung des Magistergrades der Philosophie, Geisteswissenschaftliche Fakultät der Universität Wien, 1995
  5. Charles L. Mee: Die Potsdamer Konferenz 1945. Die Teilung der Beute. Wilhelm Heyne Verlag, München 1979. ISBN 3-453-48060-0.
  6. Alfred Schickel, Gerald Frodl: Geschichte Südmährens. Band 3. Die Geschichte der deutschen Südmährer von 1945 bis zur Gegenwart. Südmährischer Landschaftsrat, Geislingen an der Steige 2001, ISBN 3-927498-27-0, S. 332 (Piesling). 
  7. Historický místopis Moravy a Slezska v letech 1848–1960, sv. 9, 1984
  8. Felix Bornemann: Kunst und Kunsthandwerk in Südmähren, 1990, S. 30

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