RBMK

RBMK
RBMK
Entwicklungsland: SowjetunionUdSSR UdSSR
Reaktordaten
Reaktortyp: Siedewasserreaktor
Bauart: Druckröhrenreaktor
Moderator: Graphit und (zu einem kleinen Anteil) leichtes Wasser
Kühlung: leichtes Wasser
Brennstoff: 235Uran
Anreicherungsgrad: 1,8 % bis 2,4 %
Dampfblasenkoeffizient: Positiv
Leistungsklassen in MW (Brutto): 1000, 1500, 2400 MW
Containment: Nicht vorhanden
Querschnitt des RBMK in Tschernobyl

Ein RBMK (russisch Реактор Большой Мощности Канальный, transkribiert Reaktor Bolschoi Moschtschnosti Kanalny, zu Deutsch etwa Hochleistungs-Reaktor mit Kanälen) ist ein graphitmoderierter, wassergekühlter Siedewasser-Druckröhrenreaktor sowjetischer Bauart.

Der Reaktortyp ist durch die Katastrophe von Tschernobyl, die sich mit einem Reaktor diesen Typs ereignete, weltweit bekannt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Der Reaktortyp RBMK wurde Mitte der 1960er Jahre in der Sowjetunion unter Federführung des Akademiemitgliedes Nikolai Antonowitsch Dolleschal entwickelt.[1] Dabei konnte man auf Erfahrungen mit den ersten sowjetischen Kernkraftwerken Obninsk und Belojarsk zurückgreifen. Ziel war es, in relativ kurzer Zeit und ohne größere Investitionen in die Entwicklung neuer Technologien eine größere Anzahl von Leistungsreaktoren zu errichten. Die ersten je gebauten Reaktoren vom Typ RBMK stehen in St. Petersburg. Die größten Reaktoren dieses Typs, die RBMK-1500, stehen im mittlerweile stillgelegten litauischen Kernkraftwerk Ignalina nahe Visaginas.

Funktionsweise

Beim RBMK handelt es sich um einen graphitmoderierten Siedewasser-Druckröhrenreaktor. Anstelle eines Druckbehälters besitzt er eine große Anzahl von Druckröhren (1693), in denen sich der Kernbrennstoff befindet. Die Kettenreaktion im Reaktor wird durch 211 Regelstäbe (bei der ersten Generation nur 191 Regelstäbe[2]) kontrolliert. Die durch die Kernspaltung entstehende Wärme wird durch Wasser und dessen Verdampfung aufgenommen. Der so entstandene Sattdampf wird durch Dampfabscheider geleitet, um noch flüssiges Wasser in den Reaktor zurückzuführen, und dann in Dampfturbinen genutzt, die Generatoren antreiben und so elektrischen Strom bereitstellen.

Damit die Wärmeübertragung innerhalb des Reaktors zwischen den Graphitblöcken verbessert wird, zirkuliert ein Gasgemisch aus Helium und Stickstoff in den Spalten zwischen den Graphitblöcken. Die Steuerstäbe enthalten Borcarbid (B4C) und können teils von oben, teils von unten in den Reaktorkern eingefahren werden. Zur Leistungsregelung im Betrieb werden die von oben eintauchenden Regelstäbe genutzt; die von unten einfahrbaren Stäbe dienen zur Einstellung einer gleichmäßigen Leistungsverteilung im Reaktorkern. Die Regelstäbe werden im Normalfall über Neutronendetektoren des automatischen Steuersystems im Reaktorkern gesteuert. Der Reaktor hat zwei getrennte Kühlsysteme mit jeweils vier Pumpen, welche jeweils eine Hälfte des Reaktorkerns kühlen. Im Normalbetrieb sind drei Pumpen in Betrieb, während eine weitere Pumpe betriebsbereit als Reserve dient. Falls es zu einer Überhitzung des Kernes kommt oder die Stromversorgung unterbrochen ist, wird ein Kern-Notkühlsystem automatisch gestartet.

Ein Containment hat der Reaktor nicht. Zum Strahlenschutz hat der Reaktor mehrere Hohlräume um sich herum. Die Dampfabscheider haben jeweils ein eigenes Strahlenschutzsystem.[3][4]

Der Brennstoff des RBMK bestand anfänglich aus auf mit 2,4 % 235Uran angereichertem Uran. Es wird aber immer häufiger auf 2,8 % angereichertes Uran verwendet. Der Brennstoff ist in Form von kleinen Brennstofftabletten in Stäben aus Zirkalloy untergebracht. Die Länge eines solchen Stabes beträgt 3,65 Meter. Ein Brennelement besteht aus 18 Stäben, die zylindrisch angeordnet sind. Je zwei Brennelemente befinden sich übereinander in der über sieben Meter langen Druckröhre. Ausgetauscht werden können sie bei laufendem Reaktorbetrieb, da jede einzelne Druckröhre durch Ventile vom Wasserkreislauf getrennt werden kann.[3]

Reaktorschutzsysteme

Der RBMK hat vier Schutzsysteme, die den Reaktor in einer Notsituation oder bei einem Störfall kontrolliert abschalten. Alle Sicherheitssysteme werden über das so genannte Kontroll- und Schutzsystem (SUZ) verwaltet. Das Notfall-Reaktor-Schutz-System der Prozessparameter (AZRT) erfüllt unter anderem die Funktionen, den Reaktorprozess zu überwachen und Abweichungen vom Normalbetrieb anzuzeigen. Eine Sofortschutzmaßnahme des RBMK ist unter anderem das BAZ, das den Reaktor bis auf die niedrigste Leistung herunterfährt. Mit dem Schalter AZ-1 wird die Leistung des Reaktors auf 60 % reduziert, während der Schalter AZ-2 die Leistung auf 50 % absenkt. Der Schalter AZ-5 löst die Notabschaltung des Reaktors aus.[5]

Confinement

Das Confinement ist ein Schutzsystem, das radioaktive Materialien, wie austretendes Kühlwasser im Falle einer gebrochenen Rohrleitung, davon abhalten soll, aus einer gesicherten Zone zu entweichen. Alle RBMK ab der zweiten Generation besitzen ein solches Confinement.[6]

Technische Daten

Technische Daten RBMK-1000 [7][8][9][10] RBMK-1500 [11][10] RBMKP-2400 [12]
Thermische Leistung
3200 MWth 4800 MWth 6500 MWth
Elektrische Leistung
1000 MW 1500 MW 2400 MW
Kühlmitteldruck
6,9 bis 6,2 MPa 7,5 bis 7,0 MPa -
Kühlmitteldurchsatz
48.000 t/h - 39.300 t/h
Kühlmitteltemperatur
284 °C 177 bis 190 °C -
Dampfproduktionskapazität
5.600 t/h - 8.580 t/h
Brennstoff-Anreicherung
2,0 % bis 2,4 % 2,0 % 1,8 % bis 2,3 %
Anzahl der Brennelemente
1.550 bis 1.580 - -
Anzahl Druckröhren
1661 bis 1693 1661 1920 (960 zum Dampfüberhitzen)
Anzahl der Steuerstäbe
191 bis 211 235 -
Höhe des Reaktors
7 Meter 7 Meter 7 Meter
Größe der Grundfläche des Reaktors
Durchmesser 11,8 Meter Durchmesser 11,8 Meter 7,5 x 27 Meter

Vor- und Nachteile

Die RBMK-Linie weist im Vergleich zu anderen Reaktortypen einige Besonderheiten auf.

Vorteile

  • Die Anlagen können in Modulbauweise errichtet werden. So gibt es keine großen Schmiedestücke wie einen Druckbehälter. Dies macht den Bau weniger abhängig von lokalen Gegebenheiten und der vorhandenen Infrastruktur.
  • Wenn man der Konstruktion weitere kompatible Elemente hinzufügt, besteht die Möglichkeit, die Gesamtleistung zu erhöhen.
  • Auslastung und Verfügbarkeit sollen über dem Durchschnitt anderer Reaktoren in der Sowjetunion gelegen haben. Dadurch sollen sich die Anlagen im praktischen Betrieb bewährt haben. Der Reaktor hat zudem eine hohe Wirtschaftlichkeit.[13]
  • Die elektrische Leistung ist höher als in westlichen Kernkraftwerken (nur bei RBMK-1500 und 2400).[14]
  • Durch den Graphit als Moderator ist es möglich, Spaltstoffe zu verwenden, die man nicht in leichtwassermoderierten Reaktoren einsetzen kann. Außerdem ist es möglich, den Spaltstoff während des Betriebs zu wechseln[15] und so aus den Brennstäben waffenfähiges Plutonium zu gewinnen (siehe unten).
  • Die Bauzeit einer RBMK-1000-Anlage (zwei Reaktoren) beträgt sechs Jahre und drei Monate. Die Bauzeit einer WWER-1000-Anlage (zwei Reaktoren) nur sechs Jahre.[16]
  • Der Wechsel der Brennelemente ist während des Betriebes möglich und der Reaktor muss so nicht extra abgeschaltet werden.

Nachteile von RBMK-Anlagen

  • Durch die nukleare Auslegung des Reaktors kann es während einer Störung zu einem Anstieg der Leistung kommen.[13] Ursache dafür ist der Dampfblasenkoeffizient (oder Void-Effekt), der bei diesem Reaktor positiv ist. Dies ist eines der größten Defizite des Reaktordesigns.[15]
  • RBMK haben einen deutlich erhöhten Inspektionsbedarf durch die Verwendung von Druckröhren, die viele Schweißverbindungen besitzen.[17]
  • RBMK setzen während des Normalbetriebs verglichen mit anderen Konstruktionen wesentlich mehr Radioaktivität frei. Die Emissionen betragen bis zu 2,0 mSv pro Jahr.[18] Ein durchschnittliches westliches Kernkraftwerk gibt pro Jahr eine Strahlendosis von 0,001 mSv bis 0,01 mSv an die Umgebung ab. Zum Vergleich: Bei einer Computertomographie beträgt die Strahlendosis bis zu 10,0 mSv.[19]
  • Der Reaktor hat kein Containment.[13] Stattdessen hat der Reaktor ein so genanntes Confinement (siehe oben).[6] Die Anlagen werden durch Verknüpfung von mehreren Systemen, vor allem des Notkühlsystems, komplexer bzw. störanfälliger. Zudem sind viele Sicherheitssysteme beim RBMK nicht oder mit zu geringer Redundanz vorhanden.[13]
  • Der Reaktor enthält viel Graphit. Dieses ist leicht brennbar und schwer zu löschen.[20]
  • Es fehlt ein echtes Schnellabschaltsystem, da die Steuerstäbe im Ernstfall 12 bis 18 Sekunden brauchen, um vom voll ausgefahrenen zum voll eingefahrenen Zustand zu gelangen und damit die nukleare Kettenreaktion zu unterdrücken, in dieser Zeit kann ein prompt überkritischer Reaktor aufgrund der rasend schnell steigenden Temperatur und des somit steigenden Drucks schon längst explodiert sein.
  • Zu den Grundlagen des sowjetischen Reaktorbaus gehörte es, dem menschlichen Operator mehr Kompetenzen zuzuweisen als der automatischen Steuerung, obwohl diese in der Regel weniger Fehler macht.
  • Die große Abmessung des Reaktors begünstigt eine inhomogene Leistungsverteilung. Dies stellt besondere Anforderungen an die Regelung.
  • Die Steuerstäbe werden elektrisch bewegt, was bei einem Stromausfall schwerwiegende Folgen haben kann.
  • Die Spitzen der Steuerstäbe waren ursprünglich ebenfalls aus Graphit, was beim Einfahren der Steuerstäbe die Reaktivität steigerte.
  • Es gibt bisher keine Lösung für den Rückbau und die Endlagerung des radioaktiven Graphitkerns.[21]

Verbesserung der Anlagen

Kernkraftwerk Smolensk mit drei RBMK-1000

Nach dem Unfall in Tschernobyl wurden bei zahlreichen RBMK-Reaktoren Verbesserungen durchgeführt, um einen derartigen Unfall unwahrscheinlicher zu machen. Unter anderem wurde die Konstruktion so geändert, dass statt nur 30 Kontrollstäben nunmehr mindestens 45 Stäbe vorhanden sein müssen. Um eine nukleare Leistungsexkursion zu verhindern, wurden außerdem 80 weitere Absorberstäbe installiert sowie Brennstoff mit einer höheren Brennstoffanreicherung von 2,4 % statt 2,0 % verwendet. In manchen RBMK wird sogar auf 2,8 % angereichertes Uran verwendet. Grund dafür ist, dass die Nebenproduktion von anderen Stoffen während des Spaltprozesses so eine erhöhte Neutronenabsorption bewirken soll, um den Reaktor weniger abhängig von der Kühlung des Kühlwassers zu machen. Neben diesen Veränderungen wurde der Void-Koeffizient des RBMK von +4,5 % beta auf +0,7 % beta gesenkt, damit eine Neutronenexkursion wie auch eine außer Kontrolle geratene Spaltung unterbunden werden kann.[3]

Die Leittechnik des Reaktors wurde ebenfalls verbessert. Somit konnte die Zeit, die vergeht, bis die Steuerstäbe im Rahmen einer Notabschaltung vollständig in den Reaktorkern gefahren sind, von 18 auf 12 Sekunden reduziert werden. Um die Wirkung der Kontrollstäbe zu verbessern, wurden neue hochwertige Kontrollstäbe aus Borcarbid in den Kern eingebaut. Außerdem wurde ein Schnellabschaltsystem installiert. Um eine Manipulation an den Sicherheitssystemen zu verhindern, wurden zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Insgesamt hatten ursprünglich 179 der 211 Steuerstäbe an der Einfahrseite des Reaktors Graphitspitzen. Diese wurden bei den meisten Steuerstäben entfernt. Allerdings wurden nicht alle Steuerstäbe in dieser Weise modifiziert, da sonst die Gefahr einer Xenonvergiftung zu groß geworden wäre. Das als Neutronengift wirkende Xenon entsteht zwar permanent im Reaktor, wird aber erst dann zum Problem, wenn die Steuerstäbe teilweise oder ganz eingefahren sind (für eine genaue Erklärung siehe unter Xenonvergiftung). Damit es wegen der Bildung des Gases zu keinen Funktionseinbußen kommt, verfügen die Kontrollstäbe eben über Graphitspitzen, wodurch beim Herausziehen die Neutronenaktivität in den bis dahin gedrosselten Bereichen zusätzlich erhöht wird, was den raschen Abbau von Xenon begünstigt. Die Ausfahrweite wurde beschränkt, so dass die Kontrollstäbe immer einen Meter in den Reaktorkern hineinragen. Diese Änderungen wurden mittlerweile bei fast allen RBMK-Anlagen durchgeführt.[3]

1995 wurde der Block 1 des Kernkraftwerk Tschernobyl heruntergefahren, um größere Wartungen durchzuführen. Aus dem Reaktorkern wurden dabei einige Druckröhren entfernt, um diese auf Materialstärke wie auch Verschleiß zu untersuchen. Das Ergebnis der Überprüfung zeigte, dass die Röhren spröde und verschlissen waren. Um diese Alterungseffekte etwas zu verringern, hat man eine neue Art von Druckröhren entwickelt. Diese auszutauschen gehört zu den langfristigen Projekten, unter anderem in Smolensk 3, wie auch das Ersetzen von alten Ventilen, der Einsatz von neuen Sicherheitsventilen und die Verbesserung des vorhandenen Kernnotkühlsystems. Um die Abschirmung vor radioaktiver Strahlung zu optimieren, wird eine zusätzliche Verbesserung des Reaktorhohlraumes in Erwägung gezogen.[3]

Weiterentwicklung

Der RBMKP-2000 wie auch der RBMKP-2400 sind Weiterentwicklungen des RBMK mit einer elektrischen Leistung über 2000 MW, die in den 1970er Jahren entwickelt wurden. Jedoch wurde der Entwurf nicht vollendet.[22] In den 1980er Jahren waren Pläne über einen eventuellen Bau eines RBMK-2400 im Gespräch.[16]

Eine bislang noch nicht eingesetzte Weiterentwicklung des RBMK ist der MKER. Dieser Typ basiert auf dem gleichen Grundprinzip, hat jedoch ein verbessertes Sicherheitssystem und wird von einem Containment umschlossen [23]. Mit den bereits entwickelten Sicherheits- und Computersystemen können RBMK-Reaktoren nachgerüstet werden. Dies wurde zur Erhöhung des Sicherheitsstandards bei allen RBMK-Reaktoren in Russland durchgeführt. Die Aufrüstung soll aber nicht nur die Sicherheitsstandards erhöhen, sondern auch die Betriebszeit bestehender RBMK-Anlagen verlängern. Die Aufrüstung lässt eine Gesamtlaufzeit von 45 Jahren zu. Im Jahr 2006 erwog Rosatom, die Aufrüstung aller RBMK-Reaktoren in Russland durchzuführen, um bei ihnen eine Verlängerung der Betriebsdauer um 15 Jahre zu erreichen. [3]

Verwendung in der UdSSR

Reaktorhalle des RBMK-1500 im Kernkraftwerk Ignalina (Block 1) von innen mit abgenommenen Abdecksteinen

Kernkraftwerke des Typs RBMK wurden nur auf dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion errichtet. Ihre Standorte liegen heute in Litauen (Ignalina), Russland (Kursk, Smolensk, Leningrad, Belojarsk) und der Ukraine (Tschernobyl). Noch 1980 wurde in der Oblast Kostroma im heutigen Russland, zehn Kilometer südlich von der Stadt Bui mit dem Bau des Kernkraftwerkes Kostroma mit zwei RBMK-1500-Reaktoren begonnen. Das Projekt wurde jedoch aufgrund von Protesten aufgegeben.[24] Im Jahr 2006 wurde in Russland der Beschluss gefasst, den Bau des RBMK-1000 in Block 5 des Kernkraftwerks Kursk fortzusetzen.[25]

Verwendet wurden die Reaktoren in der UdSSR, weil sie den anfänglichen Herstellungsmöglichkeiten der sowjetischen Industrie entsprachen (kein großer Druckbehälter nötig) und verhältnismäßig preiswert in kurzer Zeit zu erbauen waren. In der Zeit des kalten Krieges war auch die Möglichkeit interessant, zugleich mit der Stromerzeugung relativ reines, für Kernwaffen geeignetes Plutonium-239 zu gewinnen; sie beruht darauf, dass man bei diesem Reaktortyp laufend einzelne Brennelemente nach kurzer Verweilzeit auswechseln kann, ohne den Reaktor abzuschalten. Ob diese Reaktoren wirklich einmal dazu genutzt worden sind, ist allerdings nicht bekannt.

Es gibt insgesamt drei Generationen von RBMK-Reaktoren. Die Reaktoren der ersten Generation (OPB-72) wurden bis etwa Mitte der 1970er Jahre erbaut. Die zweite Generation trägt den Namen OPB-82 und wurde von den späten 1970er bis in die frühen 1980er Jahre gebaut. Der Name OPB-82 rührt daher, dass der Reaktor den Sicherheitsstandards von 1982 entsprach. Nach der Katastrophe von Tschernobyl wurde die dritte Generation von RBMK-Reaktoren mit dem Namen OPB-88, der den Sicherheitsstandards von 1988 entsprach, entwickelt. Insgesamt gibt es sechs Reaktoren der ersten Generation, von denen zwei stillgelegt sind. Außerdem gibt es acht Reaktoren der Generation OPB-82, von denen einer durch den Tschernobyl-Unfall zu Schaden gekommen ist, ein weiterer abgeschaltet und bei zwei Blöcken der Bau eingestellt wurde. Von der Generation OPB-88 gibt es einen fertiggestellten Reaktor sowie einen weiteren, der sich seit 1988 in Bau befindet und 2012 den Leistungsbetrieb aufnehmen soll. Der Bau zweier weiterer OPB-88 wurde eingestellt.[3]

Die Technik wurde in der UdSSR selbst zum Vorzeigeprojekt der neuen Nukleartechnologie der Sowjetunion. Bis 1986 galt das Kernkraftwerk Tschernobyl mit seinen vier RBMK-1000 als Musteranlage.[13] Auch die deutsche Fachzeitschrift Atomwirtschaft schrieb im Dezember 1983: "Die Verlässlichkeit von Tschernobyl ist sehr hoch". Zum Zeitpunkt des Unfalles war Block 4 der neueste Reaktor am Standort und mit ihm wies das Kraftwerk eine Leistung von vier GW auf. Der Ausbau auf sechs GW war 1986 schon im Gange. Das Kernkraftwerk war damit eines der jüngsten in der Sowjetunion.

Im Kernkraftwerk Tschernobyl, dem größten der Ukraine, löste im Jahr 1986 ein Versuch, der Verbesserungen am Notstromsystem des Blocks 4 erproben sollte, einen katastrophalen Unfall aus. Seitdem steht der Reaktortyp RBMK wegen Sicherheitsbedenken in der Kritik. Aus diesem Grunde wurden viele Bauvorhaben beendet und Pläne verworfen.

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Medwedew, Grigori: Verbrannte Seelen - Die Katastrophe von Tschernobyl. Hanser Verlag, 1991 ISBN 3-446-16116-3
  2. Tschernobyl – Zehn Jahre danach. Der Unfall und die Sicherheit der RBMK-Anlagen, Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit, Köln, Februar 1996, (GRS; Bd. 121), ISBN 3-923875-74-6 ; Seite 36
  3. a b c d e f g http://www.world-nuclear.org/info/inf31.html
  4. AECL - Chernobyl – A Canadian Perspective
  5. LNPP - Emergency reactor protection system (englisch)
  6. a b LNPP - Confinement (englisch)
  7. LNPP - Main characteristics of RBMK-1000 (englisch)
  8. Rosatom - Volgodonsk - Generation (englisch)
  9. LNPP - Design and main characteristics (englisch)
  10. a b AECL - Russian Nuclear Power Program (past, present, and future) Dr. IgorPioro, Senior Scientist, CRL AECL (englisch)
  11. Handbook about the Ignalina NPP (englisch)
  12. I. S. Zheludev, L.V. Konstantinov: Nuclear power in the USSR. IAEA Bulletin, Volume 22, Issue 2, Wien 1980. S. 34 – 45 [1]
  13. a b c d e [2] (pdf)
  14. Kernenergie Basiswissen (Broschüre über Kernenergie)
  15. a b INSP - The RBMK (englisch)
  16. a b Technology and Soviet Energy Availability - November 1981 - NTIS order #PB82-133455, S. 122 (englisch)
  17. [3] Studie zu russischen Kernkraftanlagen. S. 10
  18. Emissionen des RBMK
  19. Broschüre - Emissionen aus Kernkraftwerken und Strahlenbelastung; Mai 2008
  20. Atomausstieg in Osteuropa?
  21. Ein Atomkraftwerk für die Energieinsel. In: FAZ, 15. Juli 2011. Abgerufen am 15. Juli 2011.
  22. IAEA - Performance analysis of WWER-440/230 nuclear power plants, S. 25 (englisch)
  23. Gabaraev, Cherkashov u. a.:Multiloop Pressure Tube Power Reactors (MKER) – Consolidation of Expertise in Design of Domestic Pressure Tube Reactors
  24. Rosenergoatom "Directorate for Construction of Kostroma NPP" (englisch)
  25. Kernenergie: Weltreport 2006; atw 52. Jg. (2007) Heft 4 – April

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