Regelungstheorie

Regelungstheorie

Die Regelungsheorie (auch Kontrolltheorie genannt) ist ein Teilgebiet der angewandten Mathematik. Sie betrachtet dynamische Systeme, deren Verhalten durch sogenannte Eingangsgrößen von außen beeinflusst werden kann. Beispiele für Systeme sind in zahlreichen und vielfältigen Anwendungsgebieten aus Naturwissenschaften, Technik und Medizin, Ökonomie, Biologie, Ökologie und den Gesellschaftswissenschaften zu finden. Der Planet Erde, Autos, Menschen, Wirtschaftsräume, Zellen, Ökosysteme und Gesellschaften sind Beispiele für Systeme. Typische Fragestellungen in der Kontrolltheorie betreffen die Analyse eines gegeben Systems, sowie dessen gezielte Beeinflussung durch Vorgabe geeigneter Eingangsgrößen[1]. Typische praktische Fragestellungen lauten beispielsweise:

  • Ist das System stabil ?
  • Wie empfindlich reagiert das System auf Störungen und Modellunsicherheiten?
  • Bleiben alle Systemvariablen in sicheren Bereichen?
  • Ist es möglich, einen gegebenen gewünschten Zielzustand zu erreichen?
  • Wie muss die Eingangsgröße gewählt werden, um einen Zielzustand in kürzester Zeit und mit geringstem Aufwand zu erreichen?

Voraussetzung für eine präzise Beantwortung derartiger Fragen ist die Einführung mathematischer Modelle zur Systembeschreibung. Auf Basis dieser Modelle wurden in der Regelungstheorie weitere mathematische Konzepte und Begriffe für Stabilität, Steuerbarkeit, und Beobachtbarkeit entwickelt.

Inhaltsverzeichnis

Übersicht mathematischer Modellformen

Die mathematische Darstellung des gegebenen Modells ist Grundlage aussagekräftiger Aussagen über gegebene dynamische Systeme. Eine Auswahl gebräuchlicher Modellformen für Systeme mit wertekontinuierlichem Verhalten sind:

Kontinuierliche gewöhnliche Differentialgleichungen können durch

dargestellt werden.

Die Differentialgleichungen können linear (z.B. Zustandsraummodell, Übertragungsfunktion) oder nichtlinear (z.B. Hammerstein-Modell, Wiener-Modell) sein. Probleme auf Basis nichtlinearer Modelle sind im Allg. schwieriger zu lösen als solche auf Basis linearer Modelle. Beispiele für Systeme mit ereignisdiskretem Verhalten sind:

Die Kombination kontinuierlicher und ereignisdiskreter Systeme bezeichnet man als hybride Systeme, beispielsweise

  • Diskontinuierliche Differentialgleichungen
  • Systeme mit schaltender Dynamik
  • Hybride Automaten.

Querschnittsprobleme der Regelungstheorie

Auf Basis der mathematischen Modelle werden in der Regelungstheorie Antworten auf Fragen gesucht, von denen einige beispielhaft aufgeführt sind:

  • Aufprägen eines gewünschten Verhaltens

Von aktuellem Interesse ist die Betrachtung komplexer dynamischer Systeme, welche auf komplexe Probleme führen. Mit komplexen Problemen sind solche Probleme gemeint, deren Repräsentation und Lösung eine „große“ Menge Speicherplatz und/oder Rechenzeit benötigt. Einige Probleme der Regelungstheorie führen auf nicht entscheidbare mathematische Probleme. Die Reduktion der Komplexität praktisch relevanter Probleme, so dass deren (approximative) praktische Lösbarkeit gewährleistet ist, ist Gegenstand andauernder Forschung[2].

Mathematische Werkzeuge

Zur Anwendung kommen dabei, im Unterschied zur Standard Regelungstechnik, verschiedene analytische und numerische mathematische Methoden, die zur Modellierung solcher meist nichtlinearer Systeme herangezogen werden:

Anwendungen

Die Kontrolltheorie liefert die theoretische Basis für die Gebiete der Regelungstechnik und Automatisierungstechnik, welche die technische Seite des Anwendungsspektrums der Kontrolltheorie darstellen.

Eine weitere typische Anwendung betrifft die Fehlertoleranz von Systemen. Da häufig die gezielte Beeinflussung komplexer Systeme teuer und riskant ist, wird ein entsprechend hoher Aufwand bei Beobachtung und Kontrolle getrieben, die Aussagen der Kontrolltheorie unterstützen häufig Entscheidungen unter Unsicherheit und müssen deshalb von angemessenem Risikomanagement und einer Analyse der Fehler- und Einflussmöglichkeiten (FMEA) begleitet werden. Sie auch Fehlertolerantes Regelsystem.

Siehe auch

Quellen

  1. E.D. Sontag: Mathematical Control Theory, Springer-Verlag, 2. Auflage 1998
  2. V. D. Blondel, J. N. Tsitsiklis: A survey of computational complexity results in systems and control, Automatica 36 (2000), pp. 1249-1274

Wikimedia Foundation.

Игры ⚽ Нужна курсовая?

Schlagen Sie auch in anderen Wörterbüchern nach:

  • Regelungstheorie — automatinio reguliavimo teorija statusas T sritis automatika atitikmenys: angl. control theory vok. Regelungstheorie, f rus. теория автоматического регулирования, f pranc. théorie de réglage automatique, f …   Automatikos terminų žodynas

  • Regelungstechnik — ist eine Ingenieurwissenschaft, die alle in der Technik vorkommenden Regelungs Vorgänge behandelt. Sie tangiert oder ist Bestandteil zahlreicher anderer Wissenschaften wie Kybernetik, Robotik, Automatisierungstechnik, Prozessinformatik,… …   Deutsch Wikipedia

  • Abtastregelung — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

  • Black-Box-Modell — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

  • DIN 19226 — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

  • Dynamic programming — Dynamische Programmierung ist ein Paradigma zum algorithmischen Lösen von Optimierungsproblemen. Der Begriff wurde in den 1940er Jahren von dem amerikanischen Mathematiker Richard Bellman eingeführt, der diese Methode auf dem Gebiet der… …   Deutsch Wikipedia

  • Dynamisches Programmieren — Dynamische Programmierung ist ein Paradigma zum algorithmischen Lösen von Optimierungsproblemen. Der Begriff wurde in den 1940er Jahren von dem amerikanischen Mathematiker Richard Bellman eingeführt, der diese Methode auf dem Gebiet der… …   Deutsch Wikipedia

  • Grey-Box-Modell — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

  • Mess- und Regeltechnik — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

  • Regeltechnik — Die Regelungstechnik ist ein Gebiet der Ingenieurwissenschaft und Teilgebiet der Automatisierungstechnik. Sie befasst sich mit der gezielten Beeinflussung von physikalischen, chemischen, biologischen oder anderen Größen in Geräten, Anlagen,… …   Deutsch Wikipedia

Share the article and excerpts

Direct link
Do a right-click on the link above
and select “Copy Link”