Rehnenhof-Wetzgau

Rehnenhof-Wetzgau
Rehnenhof-Wetzgau
Koordinaten: 48° 49′ N, 9° 47′ O48.8161111111119.7783333333333448Koordinaten: 48° 48′ 58″ N, 9° 46′ 42″ O
Höhe: 448–455 m
Einwohner: 4.000 (31. Dez. 2006)
Eingemeindung: 1. Apr. 1938
Postleitzahl: 73527
Vorwahl: 07171

Rehnenhof-Wetzgau ist der älteste Stadtteil von Schwäbisch Gmünd in Baden-Württemberg und vereint unterschiedliche Siedlungsarten. Während Wetzgau ein klassisches Haufendorf mit mittelalterlichem Ortskern darstellt, ist Rehnenhof eine moderne Trabantenstadt des 20. Jahrhunderts. 1938 wurden das zuvor zur Gemeinde Großdeinbach gehörende Wetzgau und die noch weitgehend unbebaute Gemarkung Rehnenhof zu einem neuen Stadtteil zusammengelegt. Im Gegensatz zu den übrigen zehn Stadtteilen gehören zu Rehnenhof-Wetzgau keine weiteren Wohnplätze oder Gehöfte.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Der Stadtteil Rehnenhof-Wetzgau liegt etwa zweieinhalb Kilometer nordwestlich von Schwäbisch Gmünd in einer Mulde der zu den Alfdorf-Welzheimer Platten gehörenden Lias-Hochfläche. Im Norden (Waldau), Westen und Südwesten (Wustenriet) grenzt Rehnenhof-Wetzgau an den Stadtteil Großdeinbach, im Süden, größtenteils durch das Naherholungsgebiet Taubental getrennt, an die Kernstadt. Der östliche Nachbar ist die Gemeinde Mutlangen, die von Rehnenhof-Wetzgau durch die B 298 getrennt wird.

Geschichte

Da das Gebiet des heutigen Ostalbkreises während der Hallstattzeit dicht besiedelt war, werden auch in der Umgebung der Koloman-Linde verebnete Grabhügel dieser Epoche vermutet.[1] Auch die Römer hinterließen im Bereich des heutigen Stadtteils ihre Spuren. So zog sich zwischen 150 und 260 n. Chr. die römische Grenzbefestigung Limes durchs nahe Taubental und quer durch die heutige Rehnenhofsiedlung, um das Reich gegen die Alemannen zu schützen.

Wetzgau

Das Dorf Wetzgau wurde unter staufischer Herrschaft 1266 erstmals indirekt urkundlich erwähnt, als ein „Berngerus de Weggeshaine“ zugunsten des Klosters Adelberg auf diverse Rechte und Güter verzichtete. Im genannten Bernger wird ein Angehöriger einer ortsadligen Familie vermutet, von der aber keine weiteren Spuren erhalten sind.

1301 wird als Stadtschultheiß von Lorch ein B. dictus de Wexhain und 1347 im Zusammenhang einer Übertragung von Einkünften an das Kloster Gotteszell ein Gebäude in Schwäbisch Gmünd als „Wegkshaims hus“ genannt.

Im späten 16. Jahrhundert setzt sich der erstmals 1545 erwähnte Ortsname „Wetzgen“ durch.

1382 ist in einer Urkunde von einem Gothus zu Wegschain die Rede. Gemeint war die alte Pfarrkirche. Das baufällige Kirchlein wurde abgerissen und 1447 durch ein neues Gotteshaus ersetzt, die Kolomankirche. In diesem prächtigen gotischen Bauwerk sind noch Reste der romanischen Bausubstanz zu erkennen. Rundherum gruppieren sich die Bauernhöfe und Wohnhäuser von Alt-Wetzgau. Besucher des Ortskerns können noch nachempfinden, welche Bedeutung die Kolomankirche für die Dorfbewohner hatte. Hinter ihren Mauern suchten die Menschen nicht nur Gottes Hilfe und seelsorgerischen Zuspruch, sondern in Kriegszeiten auch Schutz und gemeinsame Verteidigung.

Wetzgau gehörte den Herren von Rechberg, die aber im späten Mittelalter weite Teile ihrer Herrschaft veräußerten. Bereits 1424 gehörte die Hälfte des großen Zehnten im Ort einem Gmünder Bürger. Ulrich von Rechberg verkaufte 1445 weitere Rechte in Wetzgau. Die Dorfordnung von 1553 bestätigt das Kondominat der drei Herrschaften Rechberg, Kloster Lorch und Reichsstadt Schwäbisch Gmünd. 1552 trat Hans Wolf von Rechberg und Rothenlöwen die letzten Rechbergischen Rechte an das Spital in Gmünd ab.

Nachdem das Kloster Lorch im Zuge der Reformation aufgelöst wurde, trat der Herzog von Württemberg als Rechtsnachfolger Lorchs im Ort auf, der sich bis zum Ende des Heiligen Römischen Reiches die Rechte in Wetzgau mit den Gmündern teilte. Im Gegensatz zu Lorch blieb Wetzgau allerdings katholisch.

1634 wurde das Dorf von schwedischen Truppen besetzt und geplündert. Viele Gebäude wurden zerstört. Der Turm der Kolomankirche wurde 1675 wieder aufgebaut. 1803 kam Wetzgau zu Württemberg, das den Ort 1824 der Gemeinde Großdeinbach im Oberamt Welzheim zuordnete.

Rehnenhof

Das Gebiet des heutigen Rehnenhofs war bis auf ein Hofgut, dass sich 1419 im Besitz des Gmünder Bürgers Jos von Brogen, genannt Fetzer befand, unbebaut. An die Existenz dieses Gutes erinnert heute noch der Flurname „Höfle“. Die übrige Gemarkung war bis zum Ende der Reichsstadtzeit zwischen der Reichsstadt Schwäbisch Gmünd und den Grafen von Rechberg geteilt. Letztere vergaben zeitweise ihren Besitz als Lehen an Schwäbisch Gmünd. Um 1700 ist die Anlage des ursprünglichen Gehöfts Rehnenhof letztmals urkundlich belegt.

Um der Wohnungsnot im Stadtgebiet zu begegnen, beschloss am 28. März 1935 der Gemeinderat von Schwäbisch Gmünd, für eine Ansiedlung auf dem Rehnenhof dort das Vorkaufsrecht auszuüben. Ursprünglich war vorgesehen, die Siedlung entlang der Mutlanger Straße anzulegen. Hierfür wurden bereits 1936 die ersten Siedler ausgewählt und eine Wasserleitung vom Lindenfirst her gelegt. Allerdings riet der Landesgeologe wegen der Rutschgefahr von diesem Standort ab und schlug stattdessen als Baugebiet die Hochfläche entlang der Straße nach Wetzgau vor. Im Januar 1937 konnten die ersten 17 Siedlerfamilien ihre Wohnungen auf dem Rehnenhof beziehen. Für das weitere Bauvorhaben wurden jedoch zwei Äcker benötigt, die zu Wetzgau und somit auch zum Oberamt Welzheim gehörten. Nachdem Bürgermeister Glos von Großdeinbach eine Änderung der Markungsgrenze ablehnte, wurde Wetzgau mit einer Markungsfläche von 224 Hektar am 1. April 1938 kurzerhand nach Schwäbisch Gmünd eingemeindet.[2] 1938 zogen 13 weitere Familien nach Rehnenhof, einen größeren Aufschwung konnte die Siedlung allerdings zunächst nicht verzeichnen.

Am 19. April 1945 besetzten nach einem kurzen Gefecht mit einem Zug des in Gmünd stationierten Bau-Ersatz-Bataillons US-Panzertruppen Wetzgau, eine zweite Panzerwelle nahm kampflos Rehnenhof ein. Damit hatten die alliierten Streitkräfte das Stadtgebiet von Schwäbisch Gmünd erreicht. Von Rehnenhof aus beschossen die Panzer die Hardtkaserne, ein im Laichle in Stellung gegangenes Artillerieregiment nahm den Rechberg unter Feuer und beschädigte die dortige Wallfahrtskirche. Von Wetzgau aus stießen die US-Streitkräfte weiter zunächst nach Wustenriet und später nach Schwäbisch Gmünd vor.[3]

Rehnenhof-Wetzgau

Die Rehnenhof-Kapelle. Im Hintergrund das Gehöft Rehnenhof

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden Heimatvertriebene in Rehnenhof-Wetzgau angesiedelt. Einwohner und Heimatvertriebene schlossen sich 1950 zu einer Baugemeinschaft zusammen. Zu diesem Zeitpunkt zählte der Stadtteil bereits rund 700 Einwohner, 100 Gebäude und 11 Doppelhäuser. Die wachsende Siedlung erhielt ab 1952 eine Schule. 1953 wurde die Martin-Luther-Kirche errichtet, 1960 folgt der Bau der Maria-Königin-Kirche, die 1970 mit der Kirchengemeinde St. Coloman in Wetzgau zur neuen Gemeinde St. Maria Wetzgau-Rehnenhof zusammengelegt wurde. Die drei Kirchen bilden heute auf den Ortsbegrüßungstafeln die Wahrzeichen des zusammengewachsenen Stadtteils. Die Kolomankirche mit ihrem weithin sichtbaren Turm haben jedoch alle Bürger des Stadtteils als historisches Herzstück ihres Ortes vor Augen. Einst trafen sich am Kolomanfest am Pfingstmontag hunderte von Reitern, um im feierlichen Zug von den Kolomanslinden nach Wetzgau zu ziehen. Über die Hintergründe der Reiterprozession sind keine schriftlichen Zeugnisse erhalten. Es wird vermutet, das es sich hierbei um einen kurzlebigen Versuch handelte, um möglicherweise Besucher von der Reiterprozession in Böhmenkirch nach Wetzgau zu locken.

Zu Zeiten der Atomraketenstationierung und Proteste im nahen Mutlangen, war Wetzgau durch das hinter dem Wald „Laichle“ zeitweise errichtete Friedenscamp bekannt geworden.

Gegenwart

Weleda-Heilgarten in Rehnenhof-Wetzgau

Heute hat Rehnenhof-Wetzgau rund 4.000 Einwohner. Bekannt wurde Wetzgau in sportlicher Hinsicht durch den TV Wetzgau, der in den Sportarten Kunstturnen, Karate und Gewichtheben überregional bis international erfolgreich ist[4]. Wetzgau beherbergt deren Turnhalle, das Waldstadion und eine Miniramp für Skateboarder hinter dem Stadion.

Die Fußballmannschaft des 1955 gegründeten SV Rehnenhofs spielte zeitweise in der drittklassigen Amateurliga Nordwürttemberg und fusionierte 1981 mit dem Turn- und Sportbund Schwäbisch Gmünd zum TSB Schwäbisch Gmünd, dem nach Mitgliedern größten Verein der Stadt.

In Wetzgau befinden sich die Heilgärten der Weleda AG.

Literatur

  • Vor 50 Jahren wurden auf dem Rehnenhof die ersten Häuser gebaut“ in einhorn Jahrbuch Schwäbisch Gmünd 1987, Einhorn-Verlag Eduard Dietenberger GmbH, Schwäbisch Gmünd 1987, ISBN 3-921703-82-4
  • Peter Spranger: „St. Coloman in Wetzgau. Das Bauwerk und seine Geschichte“, hrsg. von der Kath. Kirchengemeinde St. Maria Wetzgau-Rehnenhof, Einhorn-Verlag Eduard Dietenberger GmbH, Schwäbisch Gmünd 1994, ISBN 3-927654-02-7
  • Richard Strobel: „Die Kunstdenkmäler der Stadt Schwäbisch Gmünd, Band IV: Kirchen und Profanbauten außerhalb der Altstadt. Ortsteile“, Deutscher Kunstverlag und Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, München und Berlin 2003, ISBN 3-422-06381-1

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Hasso Kaiser: „Vor- und Frühgeschichte im Raum Schwäbisch Gmünd“ in „Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd“, hrsg. vom Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0399-7, S. 22
  2. Ernst Lämmle: „Vom Kaiserreich über die Zeit der Weltkriege bis zur demokratischen Republik. Schwäbisch Gmünd von 1894 bis 1945“ in „Geschichte der Stadt Schwäbisch Gmünd“, hrsg. vom Stadtarchiv Schwäbisch Gmünd, Konrad Theiss Verlag GmbH, Stuttgart 1984, ISBN 3-8062-0399-7, S. 417f.
  3. Lämmle, S. 454f.
  4. Homepage des TV Wetzgau

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