Autofreier Hochschultag

Autofreier Hochschultag

Unter dem Stichwort autofrei gibt es zahlreiche, meist zeitlich oder räumlich begrenzte Maßnahmen, in denen keine Kraftfahrzeuge betrieben werden dürfen. Geregelt wird dies durch Gesetze oder örtliche behördliche Bestimmungen. Rechtlich ist es gleichbedeutend mit dem Verkehrszeichen: Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge nach StVO. Ausnahmen sind z. B. für Notärzte oder Polizei zugelassen.

Die Autofreiheit kann hierbei für einen bestimmten Zeitraum, eine bestimmte Strecke oder auch für ganze Ortschaften gelten. Beispielsweise ist Zermatt generell autofrei und nur mit der Eisenbahn zu erreichen; ebenso ist die Ostsee-Insel Hiddensee autofrei.

Autofrei sind auch einige der Ostfriesischen Inseln, wie Wangerooge, wo nur Elektrofahrzeuge zugelassen sind. In § 50 der deutschen Straßenverkehrsordnung ist dies für die Insel Helgoland festgeschrieben: „Auf der Insel Helgoland sind der Verkehr mit Kraftfahrzeugen und das Radfahren verboten.“

Inhaltsverzeichnis

Autofreie (Sonn-)Tage

Anlass können zum Beispiel Straßenfeste, Demonstrationen oder andere Veranstaltungen sein oder auch die regelmäßig wiederkehrende Freigabe der Fahrbahn für nichtmotorisierte Fortbewegung, etwa Inline-Skates.

Erstmals wurde der Begriff allgemein verwendet und auch in ganz Deutschland bekannt während der so genannten 1. Ölkrise 1973.

Deutschland reagierte auf die Ölkrise mit einer ungewöhnlichen Sparmaßnahme und verhängte mit dem Energiesicherungsgesetz vom 9. November 1973 insgesamt vier autofreie Sonntage (25. November, 2., 9. und 16. Dezember 1973) sowie Tempolimits. Dies hatte einen enormen moralischen aber kaum einen wirtschaftlichen Effekt. Staunend nutzten die Bundesbürger in ganzen Familienverbänden die seltene Möglichkeit, einmal die Autobahn zu Fuß zu erkunden. Lediglich Taxis und Ärzte durften fahren sowie Frischware-Lieferanten. Am vierten autofreien Sonntag gab es dann so viele Ausnahmen, dass es auf den Straßen wieder zu Staus kam.

Seit dem Ende der 80er Jahre gibt es in Deutschland, Österreich und der Schweiz zunehmend autofreie Straßen an einem Sonntag im Jahr. Dabei werden die Verkehrswege auf einer Länge zwischen 15 und 140 Kilometern tagsüber komplett für den motorisierten Verkehr gesperrt und Besuchern zu Fuß, auf Fahrrädern oder Rollschuhen zu Verfügung gestellt. Es hat sich eingebürgert, dass am Straßenrand von Anwohnern Getränke, Kuchen und andere Speisen angeboten werden. Die Straßen befinden sich oft in einem Flusstal, häufig sind sogar beide Seiten der Flüsse gesperrt, so zum Beispiel bei Happy Mosel oder bei Tal Total, dem autofreien Rheintal. Die Anzahl dieser Erlebnistage stieg laut Umwelt- und Prognose-Institut bis 2008 auf mindestens 67 pro Jahr in Deutschland, Österreich und der Schweiz an [1].

In der Schweiz werden diese Aktionstage Slowup genannt.

In Italien sind seit 2000 an vier Sonntagen im Jahr die Zentren von 150 Städten tagsüber vom Autoverkehr befreit. In Paris ist das rechte Seine-Ufer an allen Wochenenden des Jahres und den ganzen August tagsüber für Motorfahrzeuge tabu.

Anfang 2008 gründete sich in Berlin erneut eine Initiative zur Durchsetzung eines autofreien Sonntags, die von zahlreichen Abgeordneten des Abgeordnetenhauses unterstützt wird.[2]

Der "Autofreie Hochschultag" (AFH) ist ein Tag, der dazu genutzt werden soll, alternative Möglichkeiten der Mobilität vorzustellen und auf die Problematiken das augenblicklichen Mobilitätsverhaltens unserer Gesellschaft aufmerksam zu machen. Dazu werden gezielt an den Hochschulen Deutschlands Aktionen durchgeführt. Dies trifft auf Widerstand derjenigen Studenten, die aus verschiedenen Gründen auf die Anfahrt per Wagen angewiesen sind.

Der AFH findet immer am ersten Dienstag nach dem autofreien Sonntag statt.

Jährlich am 22. September findet europaweit ein Aktionstag zum Verzicht auf das Auto statt, siehe Autofreier Tag.

Autofreies Wohnen

Hauptartikel: Autofreies Wohnen

In einigen deutschen Städten sind autofreie Stadtquartiere realisiert worden, z. B. in Hamburg, Münster und Freiburg, im Ausland z. B. in Amsterdam und Edinburgh. Daneben gibt es viele kleinere realisierte Projekte, deren autofreier Vorteil insbesondere in der Kostenersparnis durch nicht gebaute Tiefgaragen besteht (z. B. Bremen). Daneben gibt es auch Bestrebungen verschiedener Gruppierungen, ganze Stadtviertel autofrei umzugestalten. Sie begründen dies u. a. mit der größeren Sicherheit für die dort lebenden Kinder. Andererseits solle damit auch gezeigt werden, dass ein modernes Leben auch ohne Auto vor der Haustür möglich sei, unter der Voraussetzung eines gut ausgebauten Netzes des öffentlichen Verkehrs (ÖPNV) oder/und guter Möglichkeiten für den Fahrrad- und Fußgängerverkehr.

Autofreie Menschen

Weiterhin bezeichnen sich Personen, die freiwillig ohne eigenes Auto leben, als autofrei – im Gegensatz zu unfreiwillig (z. B. aus finanziellen Gründen) autolosen Personen. Autofreie Menschen begründen ihre Entscheidung oft mit den massiven Nachteilen des Autos für die Gesellschaft, beispielsweise:

  • Unfallhäufigkeit: Laut WHO sterben jährlich mehr als 1,2 Millionen Menschen an den Folgen von Verkehrsunfällen, in denen Automobile verwickelt sind. In Deutschland sind es laut statistischem Bundesamt 5094 getötete Menschen (2006), damit verloren durchschnittlich 14 Menschen täglich ihr Leben. Die Zahl der Verletzten beläuft sich auf 421.700 allein in Deutschland.
  • Schadstoffemission und Toxizität: In Deutschland sterben nach Schätzung des Umweltbundesamtes jährlich mindestens 14.000 Menschen infolge von Diesel-Abgasen.
  • Klimaerwärmung: Mit fossiler Energie betriebene Automobile produzieren große Mengen des Treibhausgases CO2.
  • Flächenverbrauch für Straßen, Autobahnen und Parkplätze.
  • Lärmemission: Nach Studien des Umweltbundesamtes gibt es einen klaren Zusammenhang zwischen Verkehrslärm an Straßen und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
  • Rohstoffverbrauch: Bei der Herstellung eines Automobils werden beispielsweise mehrere hunderttausend Liter Wasser verbraucht.
  • Kriegsgefahr: Wegen des enormen Ölverbrauchs des Autos wird Öl immer knapper und umkämpfter.
  • Welthunger: Die meisten Entwicklungsländer geben mehr Devisen für Öl und Autos aus als für alle anderen lebenswichtigen Importe. Weiterhin wird bereits damit begonnen, landwirtschaftliche Flächen zur Erzeugung von Autotreibstoffen wie Methanol und Biodiesel zu verwenden, während die Menschen noch zu Tausenden verhungern – z. B. in Brasilien. (Siehe dazu auch unter Nachwachsender Rohstoff.)
  • Lebensqualität: Das Leben ohne Auto führt zu mehr Bewegung und fördert Sozialkontakte. Insbesondere Pendler mit Auto führen oft während der Woche außerhalb ihrer Arbeitsstätte ein isoliertes Leben. In den USA nehmen Berufstätige, Studenten und Schüler bereits 25 % ihrer Kalorien im Auto zu sich. In vielen Familien gibt es kein gemeinsames Frühstück im Haus mehr.

Daher fordern viele autofreie Menschen auch eine autofreie Gesellschaft – üblicherweise mit Ausnahmen (Krankentransport, Feuerwehr, usw.), da sie anerkennen, dass nicht in jedem Fall adäquate Alternativen existieren.

Siehe auch: Straßenverkehr, Mobilität, sanfte Mobilität, sanfter Tourismus, Umweltbewusstsein, Umweltbewegung

„Autofrei“ in der deutschen Politik

Die Alternative Liste in Berlin forderte Anfang der 80er Jahre ein autofreies Berlin. Der Politikwissenschaftler Winfried Wolf legte 1993 ein Konzept für ein autofreies Marburg vor.

Situation in der Schweiz

Elektrotaxis und Elektrobus in Zermatt

Einige Orte im Schweizer Berggebiet waren durch ihre schwierige geographische Lage aufgrund technischer und finanzieller Hindernisse lange nicht mit einer Straße erschlossen; als die Möglichkeit beziehungsweise die Mittel dazu geboten waren, entschloss man sich jedoch in mehreren Orten (auch aus touristischen Gründen), weiterhin darauf zu verzichten.

Zu den nur per Eisenbahn oder Seilbahn erreichbaren Orten gehören in der Schweiz Braunwald, Gimmelwald, Mürren, Niederrickenbach, Riederalp, Stoos, Wengen BE, Landarenca und Zermatt. Für mit dem Auto anreisende Gäste stehen bei diesen Orten an der jeweils letzten mit dem Auto erreichbaren Bahnstation bzw. der Talstation Parkplätze bzw. -häuser zur Verfügung, beispielsweise für Mürren und Wengen in Lauterbrunnen, für Zermatt in Täsch.

Diese Orte sind jedoch nicht völlig autofrei, denn verboten sind z.B. in Zermatt nur Autos mit Verbrennungsmotor. Teilweise verkehren in nicht mit dem Auto erreichbaren Orten innerorts auch Dienstleistungs- oder Baufahrzeuge mit Verbrennungsmotor. In Zermatt sind nur Elektroautos zugelassen, die aber mit Rücksicht auf die vielen Fußgänger und die Verkehrssicherheit nur maximal 20 km/h schnell fahren dürfen. Von diesen mit Ausnahme der Elektrobusse kleinen und schmalen Elektroautos sind aber als Transportfahrzeuge der Handwerker, als Lieferfahrzeuge der Supermärkte, Geschäfte, Gaststätten und Hotels, sowie um als Taxis oder Hotelzubringer Gäste und deren Gepäck vom Bahnhof abzuholen, viele unterwegs. Da in der Schweiz 55,2% des Stroms mit Wasserkraft und 40% mit Kernkraftwerken produziert werden (Stand 2007)[3] sind diese Elektroautos nicht nur vor Ort emissionsfrei. Je nach Einsatzprofil besitzen die Betreiber je Fahrzeug zwei oder drei Batterien zum Wechseln.

Eingeschränkt autofrei ist Saas-Fee, das zwar bis zum Dorfeingang über eine Straße erreichbar ist, aber im Dorf selbst mit Ausnahme von Arzt, Feuerwehr, Müllabfuhr etc. nur Elektroautos erlaubt.

Einen Sonderfall stellt das Dorf Quinten in der Gemeinde Quarten am Walensee dar, das nur zu Fuß oder mit dem Schiff erreichbar ist.

In der Schweiz kam es bereits zu zwei Volksabstimmungen betreffend regelmäßige autofreie Sonntage:

  • 28. Mai 1978 – Eidgenössische Volksinitiative „für 12 motorfahrzeugfreie Sonntage pro Jahr“[4]
  • 18. Mai 2003 – Volksinitiative „für einen autofreien Sonntag pro Jahreszeit – ein Versuch für vier Jahre (Sonntags-Initiative)“[5]


Beide Volksinitiativen wurden vom Schweizer Volk abgelehnt, 1978 mit 63.7 % Nein-Stimmen und 2003 mit 62.4 % Nein-Stimmen.

Autofreie Planstadt

Aus der Planstadt und Ökostadt Masdar-City in Abu Dhabi in den Vereinigten Arabischen Emiraten sollen Autos mit Verbrennungsmotor verbannt werden.

Als Ersatz für den motorisierten Individualverkehr sollen innerhalb Masdars und zwei weiteren Stadtteilen von Abu Dhabi lokal sogenannte Personal Rapid Transit-Netzwerke installiert werden. Hierbei handelt es sich um einen elektrisch motorisierten Individualverkehr, bei dem der Nutzer in einer automatisierten Kabine ohne zu warten an sein selbst bestimmtes Ziel gelangt.[6]

Verwandte Themen

Quellen

  1. UPI-Bericht 37: Autofreie Sonntage
  2. Autofreier Sonntag in Berlin geplant. In: Der Tagesspiegel, 18. Februar 2008
  3. atomenergie.ch: Die Elektrizitätsproduktion in der Schweiz, Stand 2007, abgerufen am 21. August 2008
  4. [1]
  5. [2]
  6. National(ae): Fast Track to Abu Dhabi's future, 30.August 2008

Literatur

  • Winfried Wolf: Sackgasse Autogesellschaft. Köln 1993, ISBN 3-929008-52-1
  • Michael Hartmann: Der AutoGeher. AutoBiografie eines AutoGegners. ISBN 3-928300-81-4
  • Markus Schmidt: Eingebaute Vorfahrt. ISBN 3-9803508-8-6
  • Winfried Wolf: Berlin – Weltstadt ohne Auto? Verkehrsgeschichte 1848–2015. Köln 1994, ISBN 3-929008-74-2
  • Winfried Wolf: Die autofreie Stadt: der Autowahn am Beispiel der Stadt Marburg an der Lahn; Geschichte, Perspektive und Alternative. Köln 1993, ISBN 3-929008-41-6
  • Nikolaus Huhn, Matthias Lemke (Hrsg.): „ÜberLeben ohne Auto: ein Lesebuch“, München 2000, ISBN 3-928244-60-4

Weblinks


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