Resilienz (Psychologie und verwandte Disziplinen)

Resilienz (Psychologie und verwandte Disziplinen)

Resilienz (v. lat. resilire ‚zurückspringen‘ ‚abprallen‘, deutsch etwa Widerstandsfähigkeit) ist die Fähigkeit, Krisen durch Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklungen zu nutzen. Mit dem Konstrukt Resilienz verwandt sind Salutogenese, Hardiness, Coping und Autopoiesis. Diese Konzepte gehen in Krisensituationen von alternativen Sichtweisen aus.[1]

Inhaltsverzeichnis

Begrifflichkeit

Der Begriff „Resilienz“ hat sich im Laufe der Zeit gewandelt. Früher bezeichnete er nur eine spezielle Eigenschaft von Personen (besonders Kindern), die ihre psychische Gesundheit unter Bedingungen erhielten, unter denen die meisten Menschen zerbrochen wären. In diesem Sinne wurde der Begriff zum Beispiel von Emmy Werner benutzt. Um ein Kind als „resilient“ zu definieren, wurden oft Merkmale der Lebensführung miteinbezogen. Oft wurden etwa Kinder so bezeichnet, die – trotz Bedingungen wie Armut oder Flüchtlingssituation in der Kindheit – im Erwachsenenalter eine qualifizierte Berufstätigkeit ausübten, nicht mit dem Gesetz in Konflikt kamen und psychisch unauffällig waren. Später wurde die Bedeutung ausgeweitet. Dies ist mit der Erkenntnis verbunden, dass psychische Widerstandsfähigkeit nicht nur in Extremsituationen, sondern immer von Vorteil ist. Heute werden Menschen mit diesem Merkmal oft allgemein als resilient bezeichnet. Er wird nun zum Beispiel auch für Menschen verwendet, die mit Belastungen der Arbeitswelt in angemessener Weise umgehen und so ihre psychische Gesundheit erhalten.

Ursprünglich wurde mit Resilienz nur die Stärke eines Menschen bezeichnet, Lebenskrisen wie schwere Krankheiten, lange Arbeitslosigkeit, Verlust von nahestehenden Menschen oder ähnliches ohne anhaltende Beeinträchtigung durchzustehen. Diese Verwendung des Wortes ist auch heute noch häufig. So werden zum Beispiel Kinder als resilient bezeichnet, die in einem sozialen Umfeld aufwachsen, das durch Risikofaktoren wie zum Beispiel Armut, Drogenkonsum oder Gewalt gekennzeichnet ist, und sich dennoch zu erfolgreich sozialisierten Erwachsenen entwickeln. Resiliente Personen haben erlernt, dass sie es sind, die über ihr eigenes Schicksal bestimmen (sogenannte Kontrollüberzeugung). Sie vertrauen nicht auf Glück oder Zufall, sondern nehmen die Dinge selbst in die Hand. Sie ergreifen Möglichkeiten, wenn sie sich bieten. Sie haben ein realistisches Bild von ihren Fähigkeiten.

Auch Menschen, die nach einem Trauma, wie etwa Vergewaltigung, dem plötzlichen Verlust nahestehender Angehöriger oder Kriegserlebnissen nicht aufgeben, sondern die Fähigkeit entwickeln, weiterzumachen, werden als resilient bezeichnet.

In der heutigen Persönlichkeitspsychologie werden auch Menschen als resilient bezeichnet, die eines der drei häufigsten Big-Five-Persönlichkeitsprofile aufweisen, mit niedrigem Neurotizismus-Wert und leicht überdurchschnittlichen Werten in den vier übrigen Dimensionen (Robins et al. 1996). In der Längsschnittstudie von Asendorpf und van Aken (1999) wurden resiliente Kinder von ihren Erzieherinnen beschrieben als anpassungsfähig, belastbar, aufmerksam, tüchtig, gescheit, neugierig und voller Selbstvertrauen.

Die Soziologie hat den Begriff aufgenommen und auf ganze Gruppierungen (Samtschaften) ausgeweitet. In der Katastrophensoziologie wird Resilienz als robuste Widerstandskraft ganzer Gesellschaften gegen flächendeckende Verheerungen verstanden und vor allem im Bereich der sozialen Voraussetzungen eines wirksamen Selbstschutzes behandelt.[2]

Das negative Gegenstück zur Resilienz wird Vulnerabilität genannt. Vulnerabilität bedeutet, dass jemand besonders leicht durch äußere Einflüsse seelisch zu verletzen ist. Vulnerable Personen neigen besonders stark dazu, psychische Erkrankungen zu entwickeln.[3]

Wesentliche Einflussfaktoren

Wesentliche Faktoren, die Resilienz beeinflussen, sind die Familie des Betroffenen, seine Kultur, seine schulische Umgebung, seine Intelligenz, seine emotionale Intelligenz und seine mehr oder weniger aktive Einstellung zu Problemen.

Einige Gruppen von Menschen erweisen sich als besonders resilient. Das sind in der Regel solche, die einen starken Zusammenhalt haben, eher kollektivistisch als individuell orientiert sind und sich durch starke Werte auszeichnen, die von den meisten Leuten aus der entsprechenden Gruppe geteilt werden (in der Resilienzforschung als „shared values“ bezeichnet).

Resilienzforscher

Der Begriff Resilienz wurde in den 50er Jahren von Jack Block in die Psychologie eingeführt.[4] Resilienz wird jedoch häufig mit dem Namen Emmy Werner verbunden. Werner legte 1971 eine Studie über die Kinder der Insel Kauai vor, die als eine der Pionierstudien zum Thema Resilienz gilt. Sie ist jedoch nicht die erste Studie, denn Werner selbst macht in ihrem Buch „The children of Kauai“ (1971) bereits auf andere Studien zum gleichen Thema aufmerksam.[5]

Ein weiterer Pionier ist Glen Elder. Elder machte darauf aufmerksam, dass bestimmte kulturelle Faktoren die Resilienz fördern. In Deutschland und Frankreich haben sich zum Beispiel Boris Cyrulnik, Grünke und Wustmann mit Resilienz beschäftigt.

Resilienz ist förderbar

Big Brothers/Big Sisters, Freiwillige

Eltern und ältere Geschwister können viel dazu beitragen, dass ein Kind Resilienz entwickelt. Nathan Caplan und andere beschäftigten sich mit Flüchtlingsfamilien in den USA, die in Armut lebten und deren Eltern eine geringe Bildung hatten. Sie stellten fest, dass sich die Mehrheit ihrer Kinder als resilient erwies. Emotional am stabilsten und schulisch am erfolgreichsten waren jedoch die Kinder aus den Familien, wo sowohl von Eltern (obwohl diese Eltern selbst keine gute Bildung hatten) als auch von älteren Geschwistern viel Wert auf Bildung gelegt wurde und Bildung außerdem nicht als Mittel zum Zweck betrachtet wurde, sondern als Selbstzweck. Einen ganz besonders positiven Einfluss hatte es, wenn die Eltern den Kindern vorlasen. In 45 % der Flüchtlingsfamilien war dies der Fall. Dabei spielte es keine Rolle, ob sie englische Bücher oder Bücher in ihrer Heimatsprache vorlasen. Es kommt, laut Caplan und Choy, eher darauf an, dass das Vorlesen die emotionale Bindung zwischen Eltern und Kindern stärkt.[6]

Freiwilliger Mentor (Big Brothers/Big Sisters)

Kinder profitieren von Eltern, die sich nicht isolieren, sondern aktiv den Kontakt zu Gleichgesinnten suchen und (etwa in sozialen Gruppen) Verantwortung übernehmen.[7]

Auch die Großeltern spielen eine Rolle: Kinder ohne Kontakt zu ihren Großeltern mussten häufiger als „vulnerabel“ eingestuft werden.[7] Bei Kindern und Jugendlichen ist es möglich, Resilienz im schulischen Kontext mit Hilfe verschiedener Programme zu fördern, dazu zählen zum Beispiel Head Start und das Big-Brothers-Big-Sisters-Programm. Wie Tierney et al. und Werner belegen konnten, sind beide Programme erfolgreich: Sie vermindern Lernprobleme unter jüngeren Kindern sowie Drogensucht und Straffälligkeiten bei Jugendlichen. So zeigte sich in einer Längsschnittstudie, die ein Head Start Programm evaluierte, dass der Anteil der geförderten Kinder im Alter von 15 Jahren, welche eine Klasse wiederholen mussten, bei nur 30 Prozent gegenüber 56 Prozent in der Kontrollgruppe lag; außerdem lag der Anteil der Kinder, die das Äquivalent einer Förderschule oder Förderklasse besuchten, bei zwölf Prozent gegenüber 48 Prozent bei den nicht geförderten Kindern.[8]

Das so genannte Foster-Grandparent-Programm hat sich ebenfalls als erfolgreich bei der Förderung von Resilienz erwiesen. Es bringt ältere Leute mit deprivierten Kindern und Jugendlichen, in Kontakt. Foster-Großmütter arbeiten mit schwangeren jungen Mädchen und ihren Säuglingen und helfen Kleinkindern in Vorschulprogrammen wie Head Start. Foster-Großväter helfen straffälligen Jugendlichen bei ihren Schularbeiten. Die freiwilligen Helfer versorgen auch kranke Kinder in Kinderkliniken und arbeiten mit traumatisierten Flüchtlingskindern. Außerdem helfen sie Grundschülern mit Lernproblemen. Dabei konnten positive Effekte nachgewiesen werden. Kleinkinder, die eine Foster-Großmutter hatten, zeigten in ihrer motorischen und sozialen Entwicklung deutliche Fortschritte. Vorschulkinder verbesserten sich in ihrer Intelligenzentwicklung und sozialen Kompetenz. Bei Schulkindern konnten Verbesserungen in der Lesefähigkeit und im Sozialverhalten festgestellt werden.[9]

Ein weiteres Programm zur Förderung der Resilienz ist Opstapje.[10]

Kinder sollten darüber hinaus die Möglichkeit erhalten, Verantwortung in der jeweiligen Schule oder in anderen Gruppen zu übernehmen. Kinder, denen diese Möglichkeit gegeben wird, neigen weniger zu deviantem Verhalten.[7]

Resilienz bei armen Kindern

Fallbeispiel: Amys Geschichte
Die nebenstehenden Listen zeigen auf, welche Charakteristika resiliente Individuen und ihre Familien haben können. Jedoch handelt es sich hier nur um das „Ideal“. In der Praxis sieht es oft anders aus.

Werner schilderte eine Reihe von Lebensgeschichten, um dies zu verdeutlichen.[11] Sie zeigte auch auf, dass einige resiliente Leute nicht schon immer resilient waren, sondern dies erst im Laufe ihres Lebens wurden. Bei einigen wechselten sich auch resiliente und nicht resiliente Phasen ab. Amy ist eine dieser Menschen.


Amy wurde als siebtes von zehn Kindern geboren. Die Mutter hatte keinen Schulabschluss, der Vater konnte nicht lesen. Vater und Mutter hatten vielfältige Konflikte. Von Zeit zu Zeit kam es zu Trennungsversuchen der Eltern. Die Mutter redete viel davon, dass sie wegen der (unerwünschten) Schwangerschaft einen Nervenzusammenbruch bekommen würde. Amy war bei der Geburt normal entwickelt. Die Mutter stillte sie nicht, da sie dies als Zeitverschwendung betrachtete. Als sie ein Jahr alt war, beurteilte der Kinderarzt ihre Entwicklung als normal. Eine Krankenschwester beurteilte sie als aufgeweckt und gesund. Sie schien jedoch schüchtern zu sein und reagierte auf Trennungen von ihrer Mutter empfindlich. Wenn ihre Großmutter auf sie aufpasste, erbrach sie sich und weinte, bis ihre Mutter zurück kam. Die Mutter beschrieb Amy als „verdrießlich“. Auf Beobachter wirkte die Mutter gestresst und unzufrieden. Sie wurde als ein Mensch beschrieben, der leicht aufgibt. Im Alter von zwei Jahren war Amy körperlich normal entwickelt und schien eine normale Intelligenz zu haben. Sie war sehr schüchtern. Als Amy zehn war, hatte ihr Vater eine Arbeit als Lastwagenfahrer gefunden. Die Mutter arbeitete nicht außerhalb des Hauses. Bei ihr zeigten sich Zeichen von psychischen Problemen. Sie neigte zum Alkoholkonsum. Sie redete oft davon, dass sie „noch im Irrenhaus enden würde“. Vater und Mutter stritten sich oft. In der Familie gab es kaum gemeinsame Aktivitäten – abgesehen vom Kirchgang. Sie lebten in chronischer Armut. Sie gaben Amy kaum Bildungsanreize und noch weniger emotionale Unterstützung. Amy ging gerne zur Schule, fühlte sich jedoch teilweise von der Schule gelangweilt. Sie lernte gerne und las viel. Die Mutter bezeichnete sie als „das klügste meiner zehn Kinder“. Aus Amys Schulzeugnissen geht hervor, dass sie durch Fleiß auffiel und als hilfsbereit und verlässlich galt. Der Lehrer beschrieb sie jedoch auch als „ängstlich und zurückgezogen. Sie weint leicht, versucht jedoch immer ihr bestes zu geben“. Ihr IQ lag bei 107. Sie besuchte die Sonntagsschule. Ihre Mutter bezeichnete Amy als unkompliziert, hob jedoch hervor, dass sie viel weinte und auf ihre Geschwister neidisch war. Der Psychologe, der im Auftrag von Werner die Kinder begutachtete, beschrieb Amy als „reif für ihr Alter“. Ihre sprachlichen Fähigkeiten sah er als überdurchschnittlich an. Amy gab gegenüber dem Psychologen an, gelangweilt von ihrer Familie und ihrer Schule zu sein. Während ihrer Teenager-Jahre unternahm Amy zwei Suizidversuche, wegen derer sie im Krankenhaus war. Auch ihre Mutter war, wie sie es immer prophezeit hatte, tatsächlich in der Psychiatrie geendet. Bei der Mutter wurden eine Bipolare Störung und Alkoholismus diagnostiziert. Die Beziehungen in der Familie wurden zu dieser Zeit als „chaotisch“ und „zerstörerisch“ bezeichnet. Das „Department of Social Service“ hatte sich ohne Erfolg darum bemüht, der Familie zu helfen, ihre Probleme zu lösen. Amy hatte jedoch einen guten Kontakt zu ihrer Big Sister. Dies war eine der positivsten Beziehungen für sie zu dieser Zeit. Die Schule war ein weiterer positiver Aspekt ihres Lebens. Obwohl sie nur durchschnittliche Noten hatte, hatte sie eine große Freude an der Schule. Sie bekam gute Kopfnoten und nahm außerdem an außerhalb des Lehrplans stattfindenden, von der Schule veranstalteten Aktivitäten teil. Sie war in der Schule beliebt und verbrachte ihre Freizeit eher mit ihren Schulfreundinnen als mit ihrer Familie. Amy wurde kurz nach ihrem High-School-Abschluss befragt. Damals plante sie, Sekretärin an einem Community College zu studieren. Sie plante auch, später zu heiraten, doch zunächst erschienen ihr Karriere und Unabhängigkeit wichtiger. Sie arbeitete Teilzeit in einem Geschenke-Laden. Mit dem verdienten Geld unterstützte sie ihre Familie und plante, dadurch ihre Ausbildung zu finanzieren. Ihre Familiensituation beschrieb sie als schlecht. Die Familie hätte keine gemeinsamen Freizeitaktivitäten, abgesehen von Partys. Da auf diesen Partys aber immer so viel getrunken würde, würde sie nicht hingehen. Ihre Eltern würden sie nicht verstehen, sie würden viel streiten und aufbrausend sein. Zudem würden sie sie ausnutzen. Sich selbst beschrieb Amy zu diesem Zeitpunkt als „emotional müde“ und depressiv. Sie äußerte den Wunsch, anders sein zu wollen als ihre Eltern. Sie wünschte sich, von zuhause fortzugehen. Sie sagte, dass sie sich und ihrer zukünftigen Familie damit die Chance geben wolle, glücklich zu sein. Mit 32 Jahren war Amy Sekretärin und seit über fünf Jahren fest angestellt. Sie war mit ihrer Arbeit zufrieden und bezeichnete sich als belastungsfähig. Amy und ihr Mann hatten vor der Hochzeit fünf Jahre unverheiratet zusammengelebt. Sie hatte die Ehe über fünf Jahre lang hinausgezögert, da sie glaubte, zu viele emotionale Probleme zu haben, und es auch Streitigkeiten gab. Schließlich aber hatten sich die beiden doch für eine Ehe entschlossen und waren nun seit fünf Jahren verheiratet. Sie bezeichnete die Ehe als „stabil“. Amy und ihr Mann hatten eine Tochter. Amy gab an, vermeiden zu wollen, die Fehler ihrer Mutter zu wiederholen. Da ihr als Kind wenig Zuneigung gegeben wurde, versuchte sie ihrer Tochter ihre Zuneigung zu zeigen. Da ihre Eltern viel gestritten hatten, vermied es Amy, vor den Augen ihrer Tochter mit ihrem Mann zu streiten. Amy gab an, dass ihre Beziehung zu ihren Eltern nun besser wäre. Ihre Familie hatte sich kaum geändert, doch Amy konnte nun besser damit umgehen. Amy gab an, dass sie nun stärker als früher sei. Sie könnte besser mit Stress und mit Verantwortung umgehen.

Kinder, die in Armut aufwachsen, leben unter erschwerten Bedingungen. Sie sind mehr Risiken und Frustrationen ausgesetzt als ihre besser gestellten Altersgenossen. Folgen davon sind unter anderem schlechtere Schulleistungen, häufigere kriminelle Auffälligkeit oder Drogenabhängigkeit und häufigeres Auftreten von Erkrankungen, wie zum Beispiel ADS (bei Kindern und Erwachsenen) oder Schizophrenie (bei Erwachsenen). Forscher wie zum Beispiel Emmy E. Werner, Elder, Haan, Moriaty und Toussing, Nuechterlein, Garmezy und Scarr untersuchten Kinder, die in großer Armut aufwuchsen, und kamen zu dem Ergebnis, dass bei ungefähr 2/3 aller arm aufgewachsenen Kinder im Erwachsenenalter große Probleme bestanden. Das Drittel, auf das sich die Armut in dieser Untersuchung nicht ausgewirkt hatte, wurde als resilient bezeichnet.

Resiliente Kinder unterschieden sich durch eine Reihe von Eigenschaften von nicht-resilienten Kindern:[12][13][14][15][16][17][18][19][20]

  • Es sind häufiger Mädchen als Jungen, resiliente Jungen sind eher „untypische“ Jungen. Sie sind weniger aggressiv und mehr auf andere bezogen als nicht resiliente Jungen.
  • Intelligente Kinder sind tendenziell resilienter als weniger intelligente Kinder, es gibt jedoch auch wenig intelligente resiliente Kinder und intelligente nichtresiliente Kinder.
  • Resiliente Kinder sind oft Überleister, d. h. sie bringen bessere Schulleistungen, als es von ihrer Intelligenz her zu erwarten wäre.
  • Sie haben ihre Impulse eher unter Kontrolle als nicht resiliente Kinder und sind disziplinierter.
  • Sie sind eher in der Lage zum Belohnungsaufschub als nichtresiliente Kinder.
  • Resiliente Kinder sind anderen Menschen zugewandt, sie reagieren positiv auf Aufmerksamkeit.
  • Resiliente Kinder sind einfühlsamer und emotionaler als nichtresiliente Kinder.
  • Sie sprechen eher über ihre Gefühle.
  • Sie sind vertrauensvoller und weniger aggressiv.
  • Entgegen dem Vorurteil, das viele Leute vielleicht hegen, sind resiliente Kinder nicht hart im Nehmen oder "zäh". Das Gegenteil ist der Fall, sie ersuchen andere eher um Hilfe als nichtresiliente Kinder und geben Schwächen eher zu.
  • Resiliente Kinder haben eine realistische Selbsteinschätzung.
  • Sie haben realistische Zukunftsvorstellungen.
  • Sie sind sozial angepasster als nichtresiliente Kinder.
  • Sie sind „leichter zu lenken“ und versuchen, den Erwartungen Erwachsener gerecht zu werden.
  • Sie sind interessiert an Menschen, Sachen und Ideen und lernen gerne. In der Regel gehen sie gerne zur Schule.
  • Sie haben eine interne Kontrollüberzeugung.

In einer Studie der University of California (USA) wurde die These aufgestellt, dass Kinder von ärmeren und Eltern der Mittelschicht mehr Empathie an den Tag legten als diejenigen aus reicheren Familien: Die entsprechenden Personen seien im Alltag wesentlich stärker auf Kooperation mit Anderen angewiesen und entwickelten so eine verbesserte Fähigkeit zum Mitgefühl.[21]

Die Rolle der Familie

Die Familien resilienter Kinder unterscheiden sich signifikant von denen nicht resilienter Kinder:

  • Eltern resilienter Kinder haben häufiger eine bessere Bildung als Eltern nicht-resilienter Kinder.
  • Eltern resilienter Kinder sind häufiger berufstätig als Eltern nicht-resilienter Kinder; Berufstätigkeit der Eltern scheint – auch wenn man dabei weniger verdient als den Sozialhilfesatz – die Kompetenzen der Kinder zu stärken.
  • Resiliente Kinder haben häufiger weniger Geschwister als nicht-resiliente Kinder.
  • Resiliente Kinder wachsen seltener in Ein-Eltern-Familien auf als nicht-resiliente Kinder. In Ein-Eltern-Familien scheint es schwieriger zu sein, bei einer alleinerziehenden Mutter aufzuwachsen als bei einem alleinerziehenden Vater, wobei Letzteres deutlich seltener vorkommt. Töchter alleinerziehender Mütter werden häufiger als Teenager schwanger, Söhne werden häufiger kriminell oder drogensüchtig. Ohne Vater aufzuwachsen, scheint für Jungen problematischer zu sein als für Mädchen.
  • Eltern resilienter Kinder sind trotz ihrer Probleme freundlich, einfühlsam und unterstützend.
  • Eltern resilienter Kinder nehmen Anteil am Leben ihrer Kinder.

Wenn dies jedoch nicht der Fall ist, suchen sich resiliente Kinder oft Bezugspersonen außerhalb der Familie. In diesem Fall verlassen sie auch oft nach der Schulzeit das negative Milieu ihrer Familie und suchen sich eine bessere Umgebung.[12][13][14][15][16][17][18][19][20]

Die Rolle der organisierten Religion

Wie Glen Elder und Mark Regnerus durch die Analyse der Daten der National Longitudinal Study of Adolescent Health, an der 10.000 Jugendliche teilnahmen, zeigen konnten, erhöht die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft nachweislich die Resilienz. Es gab durchweg eine positive Korrelation zwischen Kirchgang und Schulnoten, und, je ärmer ein Jugendlicher war, desto stärker war diese Korrelation. Es konnte zudem festgestellt werden, dass die Einbindung in eine religiöse Gemeinschaft, nicht die Religiosität selbst, zu guten schulischen Ergebnissen führt. Arme Jugendliche, die zwar fromm, aber nicht in eine Gemeinschaft eingebunden waren, hatten genau so schlechte Schulnoten, wie ihre weniger religiösen Altersgenossen. Neben den Schulnoten wurden auch das psychische und physische Wohlbefinden durch die Einbindung in eine Glaubensgemeinschaft positiv beeinflusst: "Was wir in der Kirche finden, ist eine Gruppe von Leuten, die Werte teilen und denen es auf den Erfolg des Kindes ankommt", kommentierte Elder das Ergebnis. Diese nicht-devianten geteilten Werte führten unter anderem zu besserer Selbstdisziplin und besserer interner Kontrollüberzeugung.[22]

Main Street Missionary Baptist Church; Vorbereitungen für einen Straßengottesdient nach dem Hurricane Katrina in Biloxi, Mississippi
Betende Waisenkinder in Nyota, Kenia

Andere Studien kamen zu ähnlichen Ergebnissen. Es konnte etwa festgestellt werden, dass nach den Verwüstungen durch den Hurricane Katrina in New Orleans die Nachbarschaft rund um die katholische Mary Queen of Viet Nam Church als eine der ersten wieder aufgebaut war, dabei handelte es sich um eine der ärmsten Nachbarschaften von New Orleans. Die Antwort war einfach: Die Kirche hatte ein Programm namens Mary Queen of Viet Nam Community Development Corporation (MQVN CDC) ins Leben gerufen und Nachbarn hatten sich gegenseitig geholfen, nach den Verwüstungen ein neues Leben aufzubauen. Doch wie kam es zu der großen Bereitschaft bei diesem Programm teilzunehmen and seinen Nachbarn zu helfen, selbst wenn man keine direkten Nutzen davon hatte? Nachforschungen ergaben, dass durch den von vielen Nachbarn gelebten gemeinsamen Glauben ein eng-geknüpftes soziales Netzwerk mit der Mary Queen of Viet Nam Church als Zentrum. Ein Anwohner: Schon bevor dem Hurricane Katrina haben wir uns jeden Tag getroffen. Wir gingen zusammen zur Kirche. An den Wochenenden haben wir sogar morgens und abends die Kirche aufgesucht. Wir haben auch zusammen gegessen. Wir haben unsere gesamte Freizeit zusammen verbracht.[23] Auch für den weiter unten diskutierten Erfolg der Kinder der vietnamesischen Boat People (die zum Teil katholisch waren) kann der katholische Glaube eine Rolle gespielt haben. Nach Studien von Caplan, Rumbaut & Ima und Bankston & Zhou, waren katholische vietnamsisch-stämmige Amerikaner, noch erfolgreicher als vietnamesisch-stämmige Amerikaner, die einer anderen Religionsgemeinschaft angehörten. Der häufige Besuch der katholischen Kirche führte zu einer stärkeren Einbindung in soziale Netzwerke, die zum einen Unterstützungsleistungen boten und zum anderen auch Werte vermittelten. Dies führte zu einer starken Aufwärtsmobilität.[24][25]

Die Rolle der Gene

Möglicherweise gibt es darüber hinaus bestimmte Gene, welche zu einer Resilienz führen (zu genetischen Faktoren siehe: Scarr und McCartney, 1983). Dies wird kontrovers diskutiert.[26]

Für die Anfälligkeit, nach Misshandlungen antisoziale Symptome zu entwickeln, scheint nicht nur das Trauma, sondern auch die Veranlagung eine Bedeutung zu haben. Kinder mit X-chromosomal vererbter niedriger MAOA-Aktivität scheinen etwa doppelt so häufig im Jugendalter Verhaltensstörungen zu entwickeln wie Traumaopfer ohne diese genetische Variante; bis zu ihrem 26. Lebensjahr werden sie fast zehn Mal so häufig in Straftaten verwickelt wie die Opfer von Misshandlungen ohne diese genetische Variante.[27][28][29][30][31]

Das Gen für niedrige MAOA-Aktivität scheint darüber hinaus besonders bei Männern mit hohem Testosteron-Spiegel zu antisozialem Verhalten zu führen; bei Männern mit niedrigem Testosteron-Spiegel ist der Zusammenhang nicht so stark. Bei Männern ohne das Gen führte ein erhöhter Testosteron-Level hingegen nicht zu antisozialem Verhalten. (siehe auch: Warrior Gene)[32]

Siehe auch: Antisoziale Persönlichkeitsstörung#Mögliche Ursachen

Resiliente Gruppen

In der Pädagogik (und manchmal auch in der Soziologie) werden nicht nur Einzelpersonen, sondern auch Bevölkerungsgruppen, die erschwerte Bedingungen ohne Beeinträchtigung durchstehen, als resilient bezeichnet. Beispiele dafür sind:

Amerikaner japanischer Abstammung

Eine der ersten Arbeiten zu diesem Thema stammt aus dem Jahr 1956 und beschäftigt sich mit Amerikanern japanischer Abstammung. William Caudill und George DeVos stellten sich die Frage, wie es diese schafften, mit Rassismus und Vorurteilen in den Schulen umzugehen. Obwohl in der Arbeit das Wort Resilienz nicht gebraucht wird, werden hier schon die Faktoren genannt, die später von der Resilienzforschung thematisiert wurden. Caudill und DeVos stellten eine starke Leistungsmotivation und ein starkes elterliches Engagement fest.[33] Heute werden ihre Arbeiten aus methodischen Gründen kritisiert, jedoch sollten sie hier als Vorläufer genannt werden.[34]

Europäische Juden in den USA

Nathan Caplan von der University of Michigan berichtet von den Forschungen von Judith R. Kramer und Seymour Leventman. Diese beschäftigten sich mit den Nachkommen armer osteuropäischer Juden, die in die USA auswanderten. Trotz der großen Armut in dieser Bevölkerungsgruppe erwiesen sich ihre Kinder als gut integriert und weniger kriminell als die amerikanische Bevölkerung. Sie besuchten zudem überdurchschnittlich häufig eine Universität. Unter den Enkeln der Einwanderer besuchten sogar 90 % eine Universität. Caplan führt dies auf kulturelle Faktoren und auf starkes elterliches Engagement zurück.[35]

Afroamerikaner in Chicago

Normalerweise sind Afroamerikaner im amerikanischen Schulsystem nicht erfolgreich, was eine Reihe von verschiedenen Gründen hat. Als einer wird die unter Afroamerikanern verbreitete Armut angesehen. Ein weiterer ist ein eurozentrisches Curriculum.[36] Es gibt jedoch Ausnahmen. Caplan berichtet, dass Clark außergewöhnliche Erfolge bei Kindern einiger afroamerikanischer Familien in Chicago feststellte. Diese Familien lebten in Armut, doch ihre Eltern unterstützten die Schule und die Lehrer und strukturierten die Lernumgebung ihrer Kinder.[35]

Vietnamesen (Boat People) in den USA

Boat People Familie auf amerikanischem Schiff
Gerettete Boat People auf amerikanischem Schiff

Caplans Hauptinteresse gilt jedoch den Kindern der Boat People. Als „Boat People“ wurden in den 1970er und Anfang der 1980er Jahre vietnamesische Flüchtlinge bekannt, die nach dem Vietnamkrieg aus Angst vor dem neuen kommunistischen Regime mit seinen Arbeits- und Umerziehungslagern mit Booten über das südchinesische Meer flohen. Viele dieser Flüchtlinge suchten eine bessere Zukunft in den USA. Sie schienen chancenlos, besaßen oft nur die Kleidung, in der sie ankamen, und sprachen kein Englisch. Über die Hälfte der Eltern hatte nur fünf Jahre lang oder kürzer die Schule besucht. Diese Flüchtlinge lebten oft in den schlimmsten Wohngegenden der großen Städte und konnten sich keine privaten Schulen leisten, sondern mussten sich mit den unterfinanzierten öffentlichen begnügen. Ihr Versagen schien vorgezeichnet. Um so erstaunter war die Wissenschaft, als sie bei allen Leistungstests besser abschnitten als Kinder aus der Mittelschicht.

Nathan Caplan, Marcella H. Choy und John K. Whitmore suchten nach Gründen dafür. Sie zogen eine zufällige Stichprobe von 200 Familien der Boat People. Diese Familien hatten zusammen 536 Kinder im Schulalter. Zuerst wurde getestet, ob die Beobachtung, dass die Kinder der Boat People besonders leistungsstark sind, auch auf diese Kinder zutraf. Die Kinder wurden mit einem Leistungstest, dem CAT (Computergestütztes Adaptives Testverfahren), getestet. Wie erwartet schnitten auch die Kinder dieser Stichprobe in fast allen Bereichen besser ab als Kinder aus der weißen Mittelschicht, besonders im mathematischen Bereich. Lediglich im sprachlichen Bereich schnitten die Kinder etwas schlechter ab als Kinder der weißen Mittelschicht.

Eines der auffälligsten Ergebnisse der Studie war, dass Kinder mit vielen Geschwistern sich als leistungsstärker erwiesen als Kinder mit wenigen Geschwistern oder gar Einzelkinder. Um das zu verstehen, muss man die Rolle verstehen, die die Familie in der vietnamesischen Kultur spielt. Die deutsche oder auch die amerikanische Kultur sind individualistisch orientiert. Das heißt, verkürzt ausgedrückt, dass es dem Individuum vor allem darauf ankommt, seine eigenen Wünsche zu erfüllen. Die vietnamesische Kultur dagegen ist eher kollektivistisch: die Wünsche des Individuums sind weniger wichtig als die Bedürfnisse der Familie als Gruppe.

Von älteren Geschwistern wird erwartet, dass sie ihren jüngeren Geschwistern bei den Hausaufgaben helfen. Davon profitieren die Kinder gewaltig. Sie lernten von ihren Geschwistern nicht nur Fakten, sondern auch akademische Strategien und Werthaltungen. Oft waren auch jüngere, noch nicht schulpflichtige Kinder anwesend. Auch sie lernten anscheinend spielerisch, indem sie ihre Geschwister beobachteten.

Die Hausaufgaben wurden meist in der Küche am Küchentisch gemacht; ein eigenes Kinderzimmer oder einen eigenen Schreibtisch gab es nur in den wenigsten Fällen. Doch nicht die materiellen Bedingungen, sondern die Liebe zum Lernen scheinen wichtig für die Schullaufbahn zu sein. Es konnte nachgewiesen werden, dass die Kinder der Boat People pro Tag drei Stunden und zehn Minuten mit Lernen und Hausaufgaben verbrachten. Im Durchschnitt verbrachten amerikanische Schüler dagegen nur eine Stunde und 30 Minuten pro Tag mit diesen Tätigkeiten.

Es konnte nachgewiesen werden, dass für die Kinder der Boat People Bildung ein wichtigerer Wert war als für die Kinder der weißen Amerikaner. In Vietnam galt Bildung früher als Privileg, nur wenige reiche Familien konnten es sich leisten, ihren Kindern eine gute Ausbildung zu ermöglichen. Laut Caplan Choy und Whitmore ist dies einer der Gründe für den Erfolg der vietnamesischen Kinder. Obwohl man nicht davon sprechen kann, dass in Amerika die Herkunft bei der Bildung keine Rolle spielen würde, sahen sie hier ihre Chancen. Sie bemerkten, dass sie mehr Chancen hatten als ihre Eltern in Vietnam, und diese wollten sie nutzen. Auch die Eltern, welche in vielen Fällen nicht die Möglichkeit einer guten Bildung gehabt hatten, wünschten, dass es ihre Kinder einmal besser haben würden, sodass sie diese motivierten, da sie die Wichtigkeit guter Bildung erkannt hatten.[37]

Die amerikanische Mittelschicht in der Zeit der großen Depression

Heimatlose Mutter (Dokumentarfoto, Dorothea Lange, 1936)

Glen Elder (1974) untersuchte den Lebenslauf von Kindern aus verschiedenen Schichten, deren Familien durch die große Depression in Armut geraten waren. Dafür griff er auf Daten einer Längsschnittstudie der University of California Berkeley zurück. Anscheinend hatte Armut auf Heranwachsende der amerikanischen Mittelschicht eher positive als negative Konsequenzen. Sie schienen daran zu wachsen und ihre Persönlichkeit schien stärker zu werden. Sie waren tendenziell sogar etwas erfolgreicher als Kinder aus nie verarmten Mittelschichtsfamilien. Arbeiterkinder aus verarmten Familien hingegen waren im späteren Leben weniger erfolgreich als Mittelschichtskinder. Auch zeigten sich hier deutliche Auswirkungen der Armut: Zum Beispiel erwarben sie seltener einen Hochschulabschluss als Arbeiterkinder aus nie verarmten Familien. Doch auch unter ihnen gab es viele Sozialaufsteiger. Sowohl unter Männern aus Arbeiterfamilien als auch unter Männern aus Mittelschichtsfamilien lässt sich ein starker Einfluss der Armut auf die Werthaltungen feststellen, der aber nicht unbedingt negativ sein muss. So sind in Armut aufgewachsene Männer etwa Kindern gegenüber positiver eingestellt als Männer, die nie arm waren. Sie haben starke Familienwerte und ein konservatives Familienbild.

Zusammenfassend lässt sich sagen: Die Armut zur Zeit der großen Depression hatte erstaunlich wenig negative Auswirkungen auf das Leben dieser Jungen. Clausen macht ähnliche Beobachtungen.[38] Die Gründe dafür sind vielfältig.[39]

Folgende Tabelle vergleicht zwei Gruppen von Männern aus Oakland. Beide Gruppen kommen aus Elternhäusern, die vor der Zeit der Großen Depression zur Mittelschicht gehörten. Durch die Große Depression verarmten Teile der Mittelschicht. Es werden Männer, die wegen der Großen Depression unterhalb des Existenzminimums aufwachsen mussten, mit Männern verglichen, deren Familien niemals arm waren. Es zeigen sich keine negativen Auswirkungen der Armut. Tendenziell scheinen unterhalb des Existenzminimums aufgewachsene Männer beruflich etwas erfolgreicher zu sein.[40]

niemals arm unterhalb des Existenzminimums aufgewachsen
Alter bei der ersten Heirat in Jahren (Median) 23,8 23,3
Alter bei der Geburt des ersten Kindes (Median) 26,5 26,2
Erreichen eines Universitätsabschlusses 61 % 60 %
Berufsstatus im Jahre 1958 (1=hoch, 7=niedrig) 2,5 2,2
1958 Angehöriger der oberen Mittelschicht 39 % 45 %
1958 Angehöriger der unteren oder mittleren Mittelschicht 48 % 45 %
1958 Angehöriger der Arbeiterklasse 13 % 10 %


Hauptartikel: Oakland Growth and Berkeley Guidance Studies

Kinder amerikanischer Farmer

In späteren Jahren beschäftigte Elder sich mit den Kindern amerikanischer Farmer. In den 1980er Jahren kam es zu einer Krise der amerikanischen Landwirtschaft. Ein Teil der Farmerfamilien musste nun unter der Armutsgrenze leben. Doch deren Kinder meisterten die damit verbundenen Härten. Sie waren sowohl auf akademischen Gebieten erfolgreich als auch sozial gut integriert. Elder und Conger sehen dafür folgende Gründe:

  • starke intergenerationale Bindungen,
  • Sozialisation in produktive Rollen,
  • starkes Engagement der Eltern,
  • Engagement der Kirchen, der Schulen und der ländlichen Gemeinschaft.[41]

Traumatisierte Adoptivkinder

Clark und Hanisee untersuchten die Entwicklung von aus Drittweltländern adoptierten Kindern, die unterernährt waren und traumatische Kindheitserfahrungen gemacht hatten. Die Kinder wurden von amerikanischen Familien aus der oberen Mittelschicht adoptiert. Entgegen der Annahme, dass diese Kinder unter schweren Beeinträchtigungen leiden würden, erwiesen sie sich als überdurchschnittlich intelligent und überdurchschnittlich sozial kompetent. Beim Peabody Picture Vocabulary Test erreichten sie einen Intelligenzquotienten (IQ) von 120, auf der Vineland Social Maturity Scale erreichten sie 137 Punkte (100 Punkte gelten als Durchschnitt, 137 als außerordentlich gut). Clark und Hanisee kamen zu dem Ergebnis, dass unterernährte und traumatisierte Kinder sich als erstaunlich resilient erweisen, wenn sie in stabile Familienverhältnisse adoptiert werden.[42]

Spanische Einwanderer in Deutschland

Eine weitere resiliente Gruppe sind die Kinder der spanischen Arbeitsmigranten, die als Gastarbeiter nach Deutschland kamen. Spanien war noch in den 1970er Jahren eine Diktatur unter der Herrschaft des Francisco Franco. Wegen dieser Situation kamen viele Spanier nach Deutschland, um hier eine bessere Zukunft zu finden. Die Masse der spanischen Einwanderer war relativ ungebildet und stammte aus den benachteiligtsten Gegenden des Landes. Das Franco-Regime hatte das Bildungssystem gerade in diesen Gegenden wenig entwickelt, die Schulen boten nicht ausreichend viele Plätze für die Kinder. Da ihre Familien arm und oft ungelernt waren und sie die Sprache nicht sprachen, hatten die Kinder spanischer Migranten mit den typischen Gastarbeiterproblemen zu kämpfen. Heute jedoch sind sie in der Mitte der Gesellschaft angekommen und besetzen ähnliche Berufspositionen wie Deutsche. Erklärt werden kann dieser erstaunliche Aufschwung mit der starken Selbstorganisation der spanischen Einwanderer und einer gezielten Bejahung der vollen Integration in das einheimische Schulsystem – in Deutschland zum Teil durchgesetzt gegen die Behörden, die Sonderklassen bilden wollten.[43] Dies führte zu guten Schulabschlüssen, frühen Erfolgen bei der Vermittlung von Lehrstellen und entsprechenden Berufserfolgen.[44] Kaum ein spanischer Schüler verlässt die Schule ohne Abschluss.[45] Beachtenswert ist, dass die beruflichen und schulischen Erfolge der Spanier nicht mit einem Verlust ihrer kulturellen Identität einhergehen. Viele Spanier betrachten sich nach wie vor als ethnische Spanier, sie schicken mehr Geld in ihre Heimat als Migranten anderer Herkunftgruppen. Sie planen häufiger, in ihre Heimat zurückzukehren, als dies zum Beispiel Türken tun.[46]

Einschränkungen des Konzeptes

Resiliente Personen besitzen die Fähigkeit, Möglichkeiten dort zu ergreifen, wo sie sich bieten. Doch dort, wo sich keine Möglichkeiten bieten, sind selbst resiliente Personen machtlos. Elder warnt: […] not even great talent and industry can ensure life success over adversity without opportunity (dt: nicht einmal großes Talent und Fleiß gewährleisten das Besiegen von Widrigkeiten, wenn die Gelegenheit fehlt).[47]

Siehe auch

Literatur

  • Robert Brooks, Sam Goldstein: Das Resilienz-Buch. Wie Eltern ihre Kinder fürs Leben stärken - das Geheimnis der inneren Widerstandskraft . (Originaltitel: Raising Resilient Children übersetzt von Ulrike Stopfel, Vorwort Edgar Friederichs) Klett, Stuttgart 2007, ISBN 978-3-608-94421-1.
  • Boris Cyrulnik: Die Kraft, die im Unglück liegt. Von unserer Fähigkeit, am Leid zu wachsen. (Originaltitel: Un merveilleux malheur übersetzt von Friedel Schröder und Rita Kluxen-Schröder) Goldmann-Taschenbuch 15109, München 2001, ISBN 3-442-15109-0
  • Boris Cyrulnik: Mit Leib und Seele. Wie wir Krisen bewältigen. Hoffman und Campe: 2007, ISBN 3-455-50038-2
  • Boris Cyrulnik: Warum die Liebe Wunden heilt. Beltz 2006, ISBN 3-407-85776-4
  • Thilo Eisenhardt, : Dissoziales Verhalten. Frankfurt am Main 2005
  • Klaus Fröhlich-Gildhoff, Maike Rönnau-Böde: Resilienz. Reinhardt, München 2009 ISBN 978-3-497-02100-0
  • Julia Hille, : Ressource ICH. Resilienz bei Kindern aus abhängigkeitsbelasteten Familien. VDM Verlag Dr. Müller, Saarbrücken: 2008, ISBN 3-639-10864-7
  • Günther Opp, Michael Fingerle (Hrsg.): Was Kinder stärkt. Erziehung zwischen Risiko und Resilienz. Ernst Reinhardt Verlag: 2007, ISBN 978-3-497-01908-3.
  • Fritz Oser, Albert Düggeli, Elke Gamboni, Jonas Masdonati: Zeitbombe »dummer« Schüler. Resilienzentwicklung bei minderqualifizierten Jugendlichen, die keine Lehrstelle finden. In: Beltz-Bibliothek, PVU Psychologie Verlagsunion, Basel / Weinheim 2008, ISBN 978-3-621-27661-0.
  • Micheline Rampe: Der R-Faktor. Das Geheimnis unserer inneren Stärke Knaur Verlag, ISBN 3-426-87260-9
  • Rosmarie Welter-Enderlin u. Bruno Hildenbrand (Hrsg.): Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände. Carl Auer Verlag, Heidelberg 2006 ISBN 3-89670-511-3
  • Margherita Zander: Armes Kind – starkes Kind? Die Chance der Resilienz. VS – Verlag für Sozialwissenschaften, 2008, ISBN 978-3-531-15226-4


Aufsätze
  • M. Grünke: Resilienzförderung bei Kindern und Jugendlichen in Schulen für Lernbehinderte. Eine Evaluation dreier Programme zur Steigerung der psychischen Widerstandsfähigkeit. Pabst, Lengerich, Berlin 2003, ISBN 3-89967-086-8
  • Anja Hoffmann-Biencourt: Resilienz. In: Norbert Kühne: Praxisbuch Sozialpädagogik, Band 8, Bildungsverlag EINS, Troisdorf 2010; Seite 9-41; ISBN 978-3-427-75416-9
  • Corina Wustmann: Resilienz. Widerstandsfähigkeit von Kindern in Tageseinrichtungen fördern. In: Beiträge zur Bildungsqualität. Hrsg. Wassilios E. Fthenakis. Beltz, Weinheim / Basel, 2004 , ISBN 3-407-56243-8

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Vgl. Rosmarie Welter-Enderlin und Bruno Hildenbrand (Hrsg.): Resilienz – Gedeihen trotz widriger Umstände. Carl Auer Verlag, Heidelberg 2006, S. 13
  2. Vgl. Schutzkommission beim Bundesministerium des Innern: Dritter Gefahrenbericht, Zivilschutz-Forschung Neue Folge, Bd. 59, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn 2006.
  3. TUD, Seminar Entwicklungspsychologie, Referat Resilienz Download am 19. Dezember 2007
  4. Resilienzforschung – Wolfgang Battmann, Katrin Warnke: „Resilient.de: Info“ [1]
  5. Werner, Emmy E. (1971): The children of Kauai : a longitudinal study from the prenatal period to age ten. Honolulu: University of Hawaii Press ISBN 0-87022-860-9
  6. Nathan Caplan et al.: Indochinese Refugee Families and Academic Achievement. In: Scientific American. Ausgabe Februar 1992
  7. a b c The Iowa Youth and Families Project Download am 19. Dezember 2007
  8. Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogik; Dokumentation der Fachtagung Resilienz - Was Kinder aus armen Familien stark macht am 13. September 2005 in Frankfurt am Main
  9. Herbert Fröhlich (2004). Risiko- und Schutzfaktoren: Forschungsergebnisse und Interventionsmöglichkeiten unter besonderer Berücksichtigung von Armut. In: Bundeskonferenz für Erziehungsberatung e. V. Arme Familien gut beraten. Hilfe und Unterstützung für Kinder und Eltern. Materialien zur Beratung. Band 12
  10. Alexandra Sann, Kathrin Thrum: "Opstapje – Schritt für Schritt". Praxisleitfaden. 2005. Deutsches Jugendinstitut e. V.
  11. Werner, Emmy E. und Smith, Ruth S. (1993) : Overcoming the Odds – High Risk Children from birth to adulthood. Ithaca und London: Cornell University Press. ISBN 0-8014-2584-0, S. 148-153
  12. a b Haan, N. (1963): Proposed Modell of Ego functioning: Coping and defense mechanisms in relationship to I.Q. changes Psychological Monographs: General and Applied, 1963, 77, S.1-23
  13. a b Haan, N. (1977): Coping and defending: Processes of self-environement organization. New York: Academic Press
  14. a b Goldberg, S. (1977): Social competence in infancy: a model of parent-infant interaction. Merril-Palmer Quarterly, 1977, 23, S. 163-177
  15. a b Moriarty, A. & Toussieng, P. (1976): Adolescent Coping. New York: Grune und Stratton
  16. a b Murphy, L. & Moriarty, A. (1976): Vulnerability, coping and growth from infancy to to adolescence. New Haven, Conn..: Yale University Press
  17. a b Nuechterlein, K. H. (1970): Compentent disadvantaged children: A review of research. Doktorarbeit: University of Minnesota
  18. a b Garmezy, N. (1974): Children at risk: The search for antecedents of schizophrenia. Schizophrenia Bulletin 8 und 9
  19. a b Garmezy, N. (1974): The study of compentence in children at risk for severe psychopathology. In: E. J. Anthony und C. Koupernik (Hrsg.): The child in his family: Children at psychiatric risk, Vol. III., New York: Wiley
  20. a b Garmezy, N. & Nuechterlein, K. H. (1972): Invulnerable children: The fact and fiction of competence and disadvantage
  21. badische-zeitung.de, Panorama, 11. Mai 2011, dpa: Kinder reicher Eltern sind weniger einfühlsam (aus: Psychologie Heute) (15. Mai 2011)
  22. Amber Anderson Johnson: "Want Better Grades? Go to Church". Christianity Today. Mai 2002
  23. Emily Chamlee-Wright und Virgil Henry Storr: "Club Goods and Post-Disaster Community Return". Rationality and Society, 21 (4) 2009
  24. Bankston, Carl L. III and Min Zhou. 1995. ‚Effects of Minority Language Literacy on the Academic Achievement of Vietnamese Youths in New Orleans.‛ Sociology of Education 68: 1-17
  25. Emily Chamlee-Wright und Virgil Henry Storr: "Club Goods and Post-Disaster Community Return". Rationality and Society, 21 (4) 2009
  26. S. Scarr, L. McCartney, 1983: How people make their own environments: A theory on genotype environment effects, Child Development 54, S. 424-435
  27. MAOA, maltreatment, and gene–environment interaction predicting children's mental health: new evidence and a meta-analysis
  28. Early trauma and increased risk for physical aggression during adulthood: the moderating role of MAOA genotype.
  29. Biol Psychiatry, Januar 2005: 15;57(2): S. 167-72
  30. Biol Psychiatry. Oktober 2006;60(7): S. 677-83
  31. Role of genotype in the cycle of violence in maltreated children
  32. A Non-Additive Interaction of a Functional MAO-A VNTR and Testosterone Predicts Antisocial Behavior
  33. Caudill, William und De Vos, George: Achievement, Culture and Personality: The Case of the Japanese American. American Anthropologist 1956 Vol ume 56(6): S. 1102–1125
  34. American Anthropologist 1956 Download am 31. Januar 2008
  35. a b Nathan Caplan et al.: Indochinese Refugee Families and Academic Achievement. In: Scientific American. Ausgabe Februar 1992, S. 24
  36. Kunjufu, Jawanza (2002): Black Students/Middle Class Teachers. African American Images ISBN 978-0-913-54381-8
  37. Nathan Caplan et al.: The Boat People and Achievement in America: A study of family life, hard work, and cultural values. University of Michigan Press (1989), ISBN 0-472-09397-5 und David W. Haines (Hrsg.): Refugees as immigrants: Cambodians, Laotians and Vietnamese in America. Rowman&Littlefield Publishers (1989) ISBN 0-8476-7553-X, Nathan Caplan et al. (1992): Indochinese Refugee Families and Academic Achievement, In: Scientific American, Ausgabe Februar 1992; S. 18-24
  38. Clausen, John A. (1995): American lives: looking back at the children of the great depression. Berkeley, Calif. [unter anderem]: University of California Press
  39. Elder, G. H.(1974) Children of the Great Depression: Social Change in Life Experience. Chicago: University of Chicago Press
  40. Elder, Glen H. (1974): Children of the Great Depression.Chicago: University of Chicago Press S. 160
  41. Glen H. Elder, Rand D. Conger (2000): Children of the Land: Adversity and Success in Rural America. University of Chicago Press ISBN 978-0-226-20266-2
  42. Clark, Audry & Hanisee, Janette (1982): Intellectual and Adaptive Performance of Asian Children in Adoptive American Settings, Developmental Psychology, Vol. 18, No. 4., Seite 595-599
  43. Breitenbach. B. von (1982): Italiener und Spanier als Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, München und Mainz, S. 120 f., Thränhardt, D. (2000): Einwanderer-Kulturen und soziales Kapital, in: Ders./Uwe Hunger (Hrsg.), Einwanderer-Netzwerke und ihre Integrationsqualität in Deutschland und Israel, Münster/London, S. 32 f.
  44. Breitenbach. B. von (1982): Italiener und Spanier als Arbeitnehmer in der Bundesrepublik Deutschland, München/Mainz
  45. Die Zeit: Gut angekommen, Zugriff am 20. November 2007
  46. Dietrich Thränhardt: Spanische Einwanderer schaffen Bildungskapital: Selbsthilfe-Netzwerke und Integrationserfolg in Europa Zugriff am 20. November 2007
  47. Elder, Glen: 25th Anniversary Edition of Children of the Great Depression Boulder, CO: Westview Press, 1999. ISBN 0-8133-3342-3, S. 26

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