Salomo der Weise

Salomo der Weise
Salomon trifft die Königin von Saba. Relief auf der Kopie der Paradiespforte am Baptisterium San Giovanni.

Nach der Darstellung der Bibel war Salomo(n) (hebr. שלמהSchəlom:o) nach Saul und David der dritte Herrscher des vereinigten Königreichs Israel.

Inhaltsverzeichnis

Biblische Darstellung

Außen- und Innenpolitik

Die einzige Quelle ist das 1. Buch der Könige, Kap. 1-11, sowie das weitgehend davon abhängige 2. Buch der Chronik, Kap. 1-9. Danach war Salomo der Sohn Davids und Bathsebas, die eine hervorgehobene Rolle unter den Frauen des alternden Königs spielte, vor allem auch hinsichtlich der Frage der Nachfolge. Seine Regierungszeit wird auf die Jahre von ca. 965 v. Chr. bis ca. 926 v. Chr. berechnet. Es gelang ihm, das von seinem Vater geschaffene Großreich im Wesentlichen zu erhalten und zu modernisieren. Er schuf eine moderne Verwaltung mit Beamtenstab und Aufteilung des Reiches in zwölf Bezirke oder Gaue (1 Kön 4 EU). Auch das Heer wurde modernisiert und mit Kampfwagen ausgestattet, wodurch das stehende Heer größere Bedeutung gegenüber dem Heerbann des Volkes gewann.

Während Salomo auf Vergrößerung des Reiches verzichtete, erweiterte er die friedlichen Beziehungen. Nicht nur trieb er Handel mit den Völkern des Nordens und des Südens, er ließ zusammen mit dem phönizischen König Hiram von Tyros, der über erfahrene Seeleute verfügte, Schiffe bauen, die von Elat am Nordostzipfel des Roten Meeres, dem heutigen Golf von Akaba, in See stachen. Sie unternahmen dreijährige Seefahrten in das Goldland Ophir und „brachten Salomo von dort 420 Zentner Gold.“ (1 Kön 9,26-28 GNB). An anderer Stelle steht in der Bibel, dass die Schiffe aus Ophir „Gold, Silber, Elfenbein, Affen und Pfauen brachten“. Teilweise wird vermutet, dass die Schiffe an der afrikanischen Ostküste hinuntersegelten und dass Ophir südlich des Sambesi im heutigen Simbabwe lag. Damit hängt die Geschichte von der Königin von Saba (1 Kön 10,1-13 EU) zusammen. Auch mit einem Pharao von Ägypten wurden Verbindungen angeknüpft und sogar mit dem goldreichen Tarsis, vielleicht Tartessos in Spanien, wurde Handel betrieben. Sicher wurden in diesem Kontext die Heiraten geschlossen, die ihm später vorgeworfen wurden.

Kulturelle Leistungen

Christian van Adrichom (1533-1585): Der Tempel des Königs Salomo (Detail; Köln 1584)

Salomo baute mehrere Städte im Land aus, vor allem aber ließ er Jerusalem erweitern und erbaute den ersten Tempel für JHWH sowie seinen eigenen Palast (1_Kön 6 und 7 EU).

Er öffnete das Reich gegenüber anderen Kulturen und Religionen, was ihm bei anderen Völkern ein großes Ansehen verschaffte und zeitweise in der Forschung als „salomonische Aufklärung“ bezeichnet wurde.

Sprichwörtlich wurde die Übernahme altorientalischer Weisheit unter der Regentschaft Salomos. Traditionell gilt er als Autor der biblischen Schriften Buch der Sprichwörter, Kohelet, Hohes Lied und Buch der Weisheit.

In der modernen Forschung nimmt man dagegen an, dass er allenfalls der Sammler oder Auftraggeber eines Teils der „Sprüche Salomos“ war.

Das Urteil des Königs Salomo

Diese Geschichte ist besonders bekannt und als salomonisches Urteil auch im allgemeinen Sprachgebrauch verankert. Sie ist für uns der erste Vertreter (obwohl schwerlich das Original) des Typs einer Wanderlegende, die bis zu Bertolt Brechts Stück Der kaukasische Kreidekreis reicht. Sie wird hier zitiert nach der Einheitsübersetzung der Bibel (1 Kön 3,16-28 EU):

Damals kamen zwei Dirnen und traten vor den König.
Die eine sagte: „Bitte, Herr, ich und diese Frau wohnen im gleichen Haus, und ich habe dort in ihrem Beisein geboren. Am dritten Tag nach meiner Niederkunft gebar auch diese Frau. Wir waren beisammen; kein Fremder war bei uns im Haus, nur wir beide waren dort. Nun starb der Sohn dieser Frau während der Nacht; denn sie hatte ihn im Schlaf erdrückt. Sie stand mitten in der Nacht auf, nahm mir mein Kind weg, während deine Magd schlief, und legte es an ihre Seite. Ihr totes Kind aber legte sie an meine Seite. Als ich am Morgen aufstand, um mein Kind zu stillen, war es tot. Als ich es aber am Morgen genau ansah, war es nicht mein Kind, das ich geboren hatte.“
Da rief die andere Frau: „Nein, mein Kind lebt, und dein Kind ist tot.“
Doch die erste entgegnete:„Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.“
Venedig – Dogenpalast - Das Urteil des Königs Salomo.
Man brachte es vor den König.
So stritten sie vor dem König.
Da begann der König: „Diese sagt: 'Mein Kind lebt, und dein Kind ist tot!' und jene sagt: 'Nein, dein Kind ist tot, und mein Kind lebt.'“
Und der König fuhr fort: „Holt mir ein Schwert!“
Nun entschied er: „Schneidet das lebende Kind entzwei, und gebt eine Hälfte der einen und eine Hälfte der anderen!“
Doch nun bat die Mutter des lebenden Kindes den König - es regte sich nämlich in ihr die mütterliche Liebe zu ihrem Kind: „Bitte, Herr, gebt ihr das lebende Kind, und tötet es nicht!“
Doch die andere rief: „Es soll weder mir noch dir gehören. Zerteilt es!“
Da befahl der König: „Gebt jener das lebende Kind, und tötet es nicht; denn sie ist seine Mutter.“
Ganz Israel hörte von dem Urteil, das der König gefällt hatte, und sie schauten mit Ehrfurcht zu ihm auf; denn sie erkannten, dass die Weisheit Gottes in ihm war, wenn er Recht sprach.

Mythos und Kritik

Die Zeit von Salomos Herrschaft gilt in der Bibel als eine Zeit des Friedens und Wohlstandes, charakterisiert durch die Wiedergabe eines Traumgesichts aus dem Anfang seiner Herrschaft: Als Gott ihm die Gewährung eines Wunsches zusagte, da wünschte er sich Weisheit, um sein Volk gerecht regieren zu können, da er sich dieser Aufgabe noch nicht gewachsen fühlte. Gott gefiel, dass er sich nicht langes Leben, Reichtum oder Siege über seine Gegner gewünscht hatte, und so gewährte er ihm all dieses zur Weisheit noch dazu (1_Kön 3,5-15 EU). Charakteristisch für diese Geisteshaltung ist die Geschichte des Salomonischen Urteils. Noch im Neuen Testament gilt seine Herrschaft als das Exemplum für prachtvolles Leben (Mt 6,28-29 EU), (Lk 12,27 EU).

Freilich wird die Regierungszeit Salomos nicht uneingeschränkt positiv gesehen. Einerseits klingt Stolz auf gesicherten Frieden, den Tempel, auf Wohlstand und weltweites Ansehen an. Andererseits wird Salomo offen und implizit kritisiert. Getadelt werden die extreme Vielweiberei - Salomo hielt sich einen Harem von 700 Frauen und 300 Nebenfrauen - und seine Maßlosigkeit, vor allem freilich als Verstoß gegen Gottes Gebot (1_Kön 11,EU EU).

Die historische Person

Ob Salomo als historische Person gelten kann, ist wie bei seinem Vater David umstritten. Wäre ihr Reich wirklich so groß gewesen, sollten sich im Kulturraum von Ägypten bis Mesopotamien deutlich mehr Spuren finden lassen als die 1993 entdeckte Tel-Dan-Inschrift, die ein „Haus Davids“ erwähnt. Auf der anderen Seite lässt bereits der Text der Bibel erkennen, dass der Staat Salomos auf die Hilfe des Königs Hiram von Tyros angewiesen war, ohne den weder der Tempel noch die Seefahrt möglich gewesen wären.

Es gibt Indizien sowohl für die historische Existenz von Salomo selbst als auch von Hiram und der Königin von Saba. So lebte um 740 v. Chr. ein König Sa-la-ma/-nu in Moab [1], ein König Ahiram in Tyrus [2] und eine arabische Königin mit Silbenschreibung Za-bi-be (als Buchstabensschreibung ZBB = Zabba/Sabba). Auch soll diese arabische Königin „Geschenke“ in Form von Tributzahlungen an einen assyrischen König überbracht haben. Inschriften des assyrischen Königs Tiglat-Pilnessar beschreiben dies ausführlich. Der Tempel und die Schifffahrt waren im internationalen Vergleich betrachtet vermutlich nicht so bedeutend, wie es aus innerisraelitischer Sicht dargestellt wurde.

In der kritischen Bibelwissenschaft besteht kein Zweifel daran, dass die Bücher Samuel und der Könige in der Form, wie sie heute vorliegen, spät sind, möglicherweise sogar nachexilisch, unbeschadet der Einsicht, dass der heutigen Textfassung Vorstufen zu Grunde liegen, die vor allem unter theologischen Gesichtspunkten immer wieder überarbeitet worden sind. Das wird ganz deutlich in der Beurteilung Salomos, die in dem Augenblick negativ wird, als er den Weg Gottes verlässt, das typische Urteil der deuteronomistischen Schule.

Apokryphe Schriften

Neben den genannten biblischen Schriften werden Salomo auch eine Reihe weiterer, apokrypher Werke zugeschrieben: Die griechische und die syrische Überlieferung kennen die Psalmen Salomos, eine Sammlung apokrypher Psalmen jüdischer Herkunft aus dem 1. Jahrhundert v.Chr., und die Oden Salomos, eine weisheitlich-gnostisierende Schrift wohl des 2. Jahrhunderts.

Die gnostische Apokalypse des Adam, vermutlich in das 1. oder 2. Jahrhundert zu datieren, erwähnt eine Legende, derzufolge Salomo eine Armee von Dämonen aussendet auf der Suche nach einer Jungfrau, die vor ihm geflohen war. Die Traditionen über Salomo als Beherrscher von Dämonen sind ausgebaut im Testament Salomos, ebenfalls einer gnostischen Schrift, und finden sich zahlreich in der weiteren Volksüberlieferung in Judentum und Islam.

Nachwirken

Im Talmud, im Koran und anderen späteren Überlieferungen finden sich viele Berichte über Salomo. Im Koran heißt es, dass der König Salomo die Herrschaft über die Dschinn hatte, die für ihn Schätze aus dem Meer beschafften und sogar den Tempel von Quds (d.h. Jerusalem) bauten. Er hatte einen Talisman, auf dem der wahre Name Gottes stand und mit dem er alles beherrschen konnte. Auch soll ihm von Allah die Macht über die Tiere übertragen worden sein, und er soll die Sprache der Vögel gesprochen haben. Im orientalischen Volksglauben, namentlich in Tausendundeine Nacht, wird Salomo (Sulaiman, Soliman, Süleyman) dargestellt als erster namhafter König, der Allah dient, als Inbegriff der Weisheit, der Menschen, Tieren und Geistern befiehlt, und der die Dschinn in Flaschen einsperrt und kurzfristig sogar Iblis, den Teufel, gefangen nimmt. Er wird dort auch als „Herr der Ifrit“ (Totengeister) bezeichnet. Süleyman war daher ein sehr beliebter Vorname, den auch mehrere Kalifen und Sultane trugen.

Für die Äthiopisch-Orthodoxe Tewahedo-Kirche - und dadurch auch für die Rastafari-Religion Jamaikas - spielt Salomo eine besondere Rolle, da ihnen die alten äthiopischen Kaiser als Nachfahren von Salomo und der Königin von Saba gelten.

Durch den Tempelbau hat Salomo auch für die Freimaurerei eine besondere symbolische Bedeutung.

Darstellungen in der Kunst

Anmerkungen

  1. Kurt Galling, Textbuch zur Geschichte Israels, Verlag J.C.B. Mohr, Tübingen 1950, S. 59
  2. Kurt Galling, Textbuch zur Geschichte Israels, Verlag J.C.B. Mohr, Tübingen 1950, S. 25

siehe auch Literaturhinweise

Literatur

  • Israel Finkelstein und Neil A. Silberman: David und Salomo. Archäologen entschlüsseln einen Mythos. München: Beck 2006. ISBN 3-406-54676-5
  • Georg Hentschel: 1 Könige. Würzburg: Echter 1984. ISBN 3-429-00904-9
  • Ernst Würthwein: Die Bücher der Könige. Das erste Buch der Könige, Kapitel 1–16 (ATD 11,1). Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht 1977, 21985.
  • Kurt Galling: Textbuch zur Geschichte Israels. ISBN 978-3-16-142361-1
  • Bernd Janowski/Gernot Wilhelm: Texte aus der Umwelt des AT., Neue Folge Band 1, Gütersloher Verlagshaus 2004, ISBN 3-579-05289-6

Siehe auch

Weblinks



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