Segmentdrehscheibe

Segmentdrehscheibe
Eine BR 52 auf einer Drehscheibe vor dem Ringlokschuppen des Eisenbahnmuseums Bw Dresden-Altstadt
Ringlokschuppen mit Drehscheibe
Händisch bediente Schmalspur-Drehscheibe im Bahnhof Tamsweg der Murtalbahn
Drehscheibe der Kabelstraßenbahn San Francisco
Die Busdrehscheibe in Solingen-Burg
Autodrehscheibe in Louisville, Colorado.

Eine Drehscheibe ist eine Einrichtung zum horizontalen Drehen von Schienenfahrzeugen, seltener von Straßenfahrzeugen. Dieser Vorgang wurde vor allem bei Dampflokomotiven mit Schlepptender durchgeführt, die meist nur in Vorwärtsrichtung mit ihrer Höchstgeschwindigkeit fahren können. Daneben wurden Drehscheiben zum raumsparenden Umsetzen eines Fahrzeuges in benachbarte Gleise benutzt.

Selten werden Drehscheiben auch bei straßengebundenen Fahrzeugen verwendet, ein bekanntes Beispiel ist die Drehscheibe Unterburg, eine Drehscheibe für Oberleitungsbusse im Solinger Stadtteil Burg an der Wupper. Zwei weitere Obus-Drehscheiben existierten früher in Großbritannien.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau

Die Drehscheibe ist eine maschinentechnische Anlage, mit der ein Fahrzeug (zumeist Schienenfahrzeug) gewendet werden kann, beziehungsweise mit der zwischen 2 oder mehreren Gleisen wahlweise ein Fahrweg hergestellt werden kann. Häufig dient die Drehscheibe der Verbindung radialer Gleise auf engem Raum. Durch die Drehung der Drehscheibenbrücke können Lokomotiven oder andere Fahrzeuge in die gewünschte Position gebracht werden. Man unterscheidet Kreuzdrehscheiben (bei einfachen Verhältnissen, z. B. im Bergbau und bei Feldbahnen), Segmentdrehscheiben (bei beengten Platzverhältnissen, z. B. in Anschlussbahnen) und Brückendrehscheiben mit und ohne Schlepprahmen. Immer handelt es sich um Stahlkonstruktionen, bei denen Brücken die Fahrschienen zur Aufnahme der Fahrzeuge tragen. Die Drehscheibengruben sind kreisförmig oder als Kreissegment ausgebildet und können unterschiedliche Durchmesser haben. Einheitsdrehscheiben in Deutschland haben einen Durchmesser von 23 m oder 26 m, in der Schweiz 13 m oder 16 m. Andere Maße sind möglich. Die Auflagerung der Drehscheibenbrücke in der Mitte bzw. im Drehpunkt erfolgt auf dem Königstuhl. Die Auflagerung der Drehscheibenbrücke an den Enden erfolgt mit -in der Regel- spurkranzlosen Laufrädern, die auf dem in der Drehscheibengrube verlegten Drehscheibenlaufkranz rollen. Bei größeren Drehscheiben sind häufig mehrere Drehscheibenlaufkränze zu finden. Zwischen der Drehscheibenbrücke und dem anschließenden festen Gleis muss eine sichere Verbindung mittels Verriegelungseinrichtung hergestellt werden können. Diese Verriegelungseinrichtung wird häufig mit Rangiersignalen und der Drehscheibensteuerung gekoppelt. Drehscheiben wurden und werden durch Muskelkraft gedreht, im 20. Jahrhundert kam der Antrieb durch Elektromotoren, in seltenen Fällen auch Dieselmotoren sowie Druckluft auf. Bei motorgetriebenen Drehscheiben werden meist 2 der 4 Laufräder angetrieben.

Verwendung

Da die meisten Dampflokomotiven mit Schlepptender nur bei Vorwärtsfahrt mit voller Geschwindigkeit fahren dürfen, ist es notwendig, eine solche Lokomotive zu wenden, wenn die Fahrt in entgegengesetzter Richtung aufgenommen werden soll. Drehscheiben befanden sich daher in der Frühzeit der Eisenbahn an Kopfbahnhöfen, beispielsweise dem ersten Bahnhof von Altona oder dem Berliner Bahnhof in Hamburg. In Bahnbetriebswerken befanden sie sich direkt vor dem Lokschuppen, welche in großen Betriebswerken als Ringlokschuppen ausgelegt waren. Dort ermöglichten sie auch den Zugang zu den einzelnen Ständen, der sonst nur mit einer aufwändigen Weichenstraße möglich gewesen wäre.

Eine Kuriosität war die Drehscheibe von Corkscrew Gulch der Silverton-Eisenbahn in Colorado (USA). Da die Linie in einen Canyon führte, gab es dort große Steigungen und kleine Radien. Da der Hang bei Corkscrew Gulch für einen Wendebogen zu steil war und die Linie in entgegengesetzter Richtung weiterverlaufen sollte, wurde dort eine Spitzkehre gebaut, wodurch der Zug die Fahrtrichtung wechseln musste, um auf das jeweilige Streckengleis überzuwechseln. Es wurde dort eine Drehscheibe installiert, welche sowohl von der Berg- als auch von der Talseite über ein Gefälle erreichbar war. Bei einer Passierung wurden die Waggons von der Lokomotive getrennt, anschließend wurde die Lokomotive gewendet. Nachdem die Lokomotive das Gleis geräumt hatte, wurden der restliche Zug über die Neigung auf die Drehscheibe geführt. Sofern die Gesamtlänge der Wagons die Bühnenlänge der Drehscheibe übertrafen, mussten diese einzeln der Drehscheibe zugeführt werden (die extremen Steigungen der Strecke erlaubten ohnehin nur sehr kurze Züge). Anschließend setzte die Lokomotive zurück und die Waggons wurden zur Weiterfahrt wieder angekuppelt.

Ein weiteres Einsatzgebiet von Drehscheiben ist das Wenden von Schneepflügen. Daher blieben in schneereichen Regionen die Drehscheiben über die Ära der Dampflokomotiven hinaus erhalten.

Drehscheiben sind in Europa nunmehr im regulären Bahnbetrieb selten geworden, jedoch noch häufig in Eisenbahnmuseen zu sehen.

Segmentdrehscheibe

Eine besondere Bauart ist die Segmentdrehscheibe. Bei ihr überstreicht der Brückenträger nur ein Segment des Kreises. Sie kann sich deswegen nicht vollständig drehen, ist also zum Wenden eines Fahrzeuges nur dann geeignet, wenn sie mindestens zu 180 Grad gedreht werden kann. Eine solche Segmentdrehscheibe befindet sich zum Beispiel vor dem Ringlokschuppen in Neuenmarkt-Wirsberg.

Sie dient primär der platzsparenden Umsetzung von Fahrzeugen auf anschließende Gleise, mitunter bei geringerem Platzbedarf als bei Weichen. Die aufwändige Errichtung und Unterhaltung ließ jedoch auch diese Bauart selten zur Ausführung gelangen. Eine erst kürzlich neu errichtete Segmentdrehscheibe ist im Bahnhof Bezau der Bregenzerwaldbahn anzutreffen. Eine weitere, nicht mehr betriebene Segmentdrehscheibe befindet sich im Bahnhof Klütz am Ende der Bahnstrecke Grevesmühlen–Klütz.

Es gibt auch Drehscheiben, die zwischen zwei Drehpunkten hin und her geschoben werden können, und so besser zum Verteilen von Lokomotiven auf unterschiedliche Gleise geeignet sind.

Heutzutage werden bei Bahnbetriebswerken hauptsächlich Schiebebühnen eingebaut, da sie es ermöglichen, mit dem geringsten Platzbedarf mehrere parallel verlaufende Gleise zu bedienen. Moderne Lokomotiven sind normalerweise Zweirichtungsfahrzeuge, so dass die Drehscheibe überflüssig ist.

Doppeldrehscheibe

Eine weitere Sonderbauform ist die Doppeldrehscheibe. Sie wurde an Orten installiert, an denen sehr viele Lokomotiven platzsparend abgestellt werden sollten.

Bei dieser Bauart sind die Aktionsradien zweier Drehscheiben überlappend ausgeführt. Somit sind die beiden Gruben miteinander verbunden und die Drehscheibenlaufkränze im äußeren Grubenbereich kreuzen sich, bedingt durch die Überlappung.

Eine Doppeldrehscheibe befand sich beispielsweise im Bahnbetriebswerk des Bahnhof Altona (53° 33' 41 N 09° 56' 03 O).

Weblinks

Literatur

  • Markus Tiedtke, Bahnbetriebswerke Teil 3. Drehscheiben und Lokschuppen. EK spezial 34, EK Verlag Freiburg

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