Simson SR50

Simson SR50
Simson SR50B4

Der SR50 und der SR80 sind Motorroller des VEB Fahrzeug- und Jagdwaffenwerks Ernst Thälmann Suhl und seiner Nachfolgeunternehmen in der BRD. Das SR steht dabei für Simsonroller. Sein Vorgänger war die Simson Schwalbe.

Der SR50 kann in Deutschland als Kleinkraftrad mit einem Versicherungskennzeichen zulassungsfrei gefahren werden (Führerscheinklasse M). Dies gilt im Zuge der Besitzstandswahrung auch für die bis 1992 produzierten Versionen, die bis 60 km/h zugelassen sind.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

1985 wurde der SR50 auf der Leipziger Herbstmesse vorgestellt

Der SR50 löste im April 1986 den beliebten, aber konzeptionell veralteten Kleinroller KR51/2 „Schwalbe“ ab. Im Vergleich zur Schwalbe stellte der SR50 einen erheblichen Fortschritt dar: Fahrkomfort und Sitzposition wurden entscheidend verbessert. Rahmen und Gestaltung wurden völlig neu konzipiert, wofür es auf der Leipziger Herbstmesse 1985 auch eine Urkunde für „gelungenes Design“ gab (Formgestalterkollektiv: Clauss Dietel und Lutz Rudolph).[1][2] Als im internationalen Trend zukunftsweisend durfte die gelungene Kombination des Rollerkonzepts mit einer Telegabel gelten. Auch der wahlweise lieferbare Elektrostarter und die in dieser Klasse großen und somit für einen guten Fahrkomfort sorgenden 12-Zoll-Räder fand Beachtung. Die typischen Simson-Attribute wie Langlebigkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit blieben beim SR50 erhalten.

Der ausgereifte und durchzugsstarke Motor M541/M531 sowie die Abgasanlage und das Vergasersystem [3] wurden nahezu unverändert vom Simson S51 übernommen. Als Folge davon ist die Einbaulage des Motors im SR50 jedoch eher ungünstig, ein schiefer Ölstand und eine höhere Vibrationsentwicklung sind die Folge. Aus der unveränderten Übernahme des S51-Motors resultiert außerdem eine weitere Besonderheit: die per Gestänge nach vorne verlegte Betätigung der Fußschaltung, die dabei um 90° gegenüber einer normalen Motorradschaltung gedreht wurde. Das bedeutet, dass der erste Gang statt wie üblich nach unten beim SR50 nach vorne eingelegt wird, die restlichen Gänge statt durch Anheben des Hebels mit der Fußspitze durch Druck mit der Schuhsohle nach hinten. In der Fachliteratur (KFT) wurde übrigens darauf hingewiesen, dass der 70 cm³-Motor des SR80 die konstruktiv optimierte Variante ist, was sich in höherer Leistung bei weniger Benzinverbrauch im Vergleich zum 50 cm³-Motor bemerkbar macht. Die 50 cm³-Variante war also nicht aus technisch sinnvollen Gründen im Angebot, sondern wegen der Zulassungsbestimmung für Kleinkrafträder (Fahrzeuge bis 50 cm³).

Der SR50 war in einer größeren Anzahl verschiedener Ausstattungen erhältlich [4] und wurde mehrfach weiterentwickelt. Auch über die Wende 1989/1990 hinaus erwies er sich als ein Dauerbrenner und blieb bis ganz zum Schluss im Simson-Programm. Allein bis 1990 wurden über 200.000 SR50 und SR80 produziert. Typisches DDR-Zubehör für den SR50 waren Kniedecke, Kindersitz und Anhängerkupplung. Es wurde sogar ein passender Anhängertyp mit 12"-Rädern entwickelt.[5] Weiteres Zubehör waren Windschutzscheibe, Topcase und Seitenkoffer.

Gegenwärtig sind noch recht viele SR50 im Alltagseinsatz auf ostdeutschen Straßen anzutreffen. Die meisten stammen aus DDR-Produktion, nach der Wende waren die Produktionszahlen viel geringer. Die Ersatzteilversorgung ist weitgehend gesichert: Der SIMSON-Nachfolger MZA Meyer-Zweiradtechnik Ahnatal GmbH produziert seit 2009 in der Niederlassung Suhl den alten 4-Gang-Motor (M541), der beim SIMSON SR50, der S51 sowie der letzten „Schwalbe“-Baureihe Verwendung fand, um den Altbestand an Fahrzeugen zu sichern und zu erhalten. Nahezu alle Ersatzteile sind im deutschlandweiten MZA-Händlernetz (etwa 1500 Händler, Werkstätten, Ladengeschäfte) verfügbar.

Varianten und Ausstattung

Für den Simsonroller 50 gab es eine für DDR-Verhältnisse ungewöhnlich breite Vielfalt an Ausstattungen:

1986–1988

Die Variante „N“ hatte wie die S51N nur eine Minimalausstattung ohne Blinkanlage, Bleiakku und Zündschloss. Sie spielte aber nur eine Randerscheinung, mangels Nachfrage lief die Produktion nur bis 1987. Neupreis: 1880 Mark. Der SR50 B3 verfügte zusätzlich über Batterie, Blinker und Zündschloss. Außerdem war bereits ein Seitengepäckträger dabei. Typische Lackierung war ein weinrot/dunkelbraun. Neupreis: 2190 Mark. Populärste Version war der SR50 B4, der zusätzlich über Kombi-Instrument und Viergangschaltung verfügte. Die typische Lackierung war beige/dunkelbraun. Das Modell kostete 2365 Mark und war damit erheblich teurer als die bisher gefertigten Schwalbe - Modelle. Darüber hinaus gab es noch bessere Ausstattungen, die den meisten Interessenten aber zu teuer waren: Der SR50 C mit fünffach verstellbaren Federbeinen, Elektronikzündung statt Unterbrecher, 12-Volt-Elektrik, 35 Watt Scheinwerferleistung, zwei großen Rückspiegeln und strukturierter Sitzbank. Eine CE-Variante verfügte darüber hinaus über einen Elektrostarter. (Neupreis: 2885 Mark) Beim Spitzenmodell SR80 CE handelte es sich bereits um ein Leichtkraftrad. Der auf 70 cm3 vergrößerte Motor leistete 5,6 PS und brachte den Roller auf eine Höchstgeschwindigkeit von 75 km/h. (Neupreis 1987: 2995 Mark) Wegen der Kennzeichenpflicht hielt sich der Verkaufserfolg jedoch in Grenzen (anders als bei PKW konnte der Bedarf an Mopeds in der DDR einigermaßen gut abgedeckt werden, sodass durchaus auch mal was „im Laden stehen blieb“).

1989–1991

Ab Januar 1989 wurden sämtliche Modelle mit verbesserter Elektrik ausgestattet: 12 Volt, 35/35-W-Biluxlampe, Bremsschlussleuchte 21/5 W, Batterie 12 V / 5,5 Ah sowie ein Bremslichtkontakt für die Vorderradbremse. Auch die strukturierte Sitzbank war nun für alle Modelle serienmäßig. Zudem wurde der Korrosionsschutz durch eine Plastpulverbeschichtung verbessert. Das Grundmodell hieß fortan SR50/1 B. Für die „C“-Ausstattung kamen eine Halogenlampe HS1 (35/35 W) im Scheinwerfer und ein Wechselspannungsregler (ELBA) hinzu, der eine stabilere Bordspannung gewährleistete. Nach wie vor hob sie sich auch durch Seitengepäckträger, fünffach verstellbare Federbeine, Elektronikzündung und die beiden 120-mm-Rückspiegel vom Grundmodell ab. Ebenfalls im Angebot waren der SR50/1 CE und der SR80/1 CE. Äußerlich sind die /1-Modelle an den gelungen geformten sechseckigen Blinkern sowie einem neu gestalteten eckigen Rücklicht zu erkennen. Nach der Wende 1989/1990 wurden die Modelle zunächst unverändert weiterproduziert, allerdings in viel geringeren Stückzahlen. Obwohl der SR50 durchaus ein moderner und robuster Kleinroller war, brach der Absatz ein. Die Nachfrage nach Ostprodukten war zu dieser Zeit generell sehr gering. 1991 musste die Produktion bis auf Weiteres eingestellt werden.

1992–2002

Simson SR 50/1 für den Postdienst, Baujahr 1995, 2,4kW/49 cm³. Ausführung mit Elektrostarter und seitlich angebrachten Taschenhaltern

Mit der Neugründung einer Simson GmbH wurde 1992 ein neuer Versuch unternommen und die Produktion der SR50/1 und SR80/1 fortgesetzt – allerdings gemäß bundesdeutschem Recht mit nur noch 50 km/h Höchstgeschwindigkeit (nur noch 3,3 statt 3,7 PS Leistung). Vermutlich im Laufe des Jahres 1992 wurde eine schon seit längerem angekündigte unauffällige und schwarz emaillierte Auspuffanlage in die Serie überführt.[6] Ab 1993 war der SR50/1 in einer optisch modernisierten Variante mit veränderter Verkleidung und eckigem Scheinwerfer im Angebot. Auffällig waren auch die neuen Farben, sowie ein anderes Kombiinstrument mit eigener Knopfbatterie betriebener Uhr. Diese Ausführung wurde als Simson „Gamma“ oder auch „X-Serie“ vertrieben. Es gab die X-Serie als 50er- (SR50 X) und 80er-(SR80 X)-Ausführung. Vorn war eine Trommelbremse (XG) oder Scheibenbremse von Grimeca (XC) eingebaut. Beide Ausführungen gab es optional mit E-Starter (XGE bzw. XCE). 1996 erschien der modern gestaltete „Star 50“ mit Automatikgetriebe. Der SR50/1 wurde in seiner ursprünglichen Form als „Star Classic“ parallel dazu weiterproduziert. Bis zum endgültigen Aus bei Simson verblieb der Star Classic als preiswertes Grundmodell im Fertigungsprogramm. Im Jahre 2002 lag der Neupreis bei 1790 Euro bzw. 1900 Euro für den Star 80 Classic.

Kurzzeitig kam Mitte der 1990er-Jahre eine Elektro-Variante des SR50 ins Programm (SR Gamma E), die mit einem 1,7 Kw starken Antriebsmotor und zwei Blei-Gelbatterien mit 115 Ah Kapazität eine Reichweite zwischen 40 und 50 km hatte. Diese zukunftsweisende Variante scheiterte damals aber am zu hohen Preis und dem ungenügenden Entwicklungsstand der Batteriekapazität. Ebenfalls Randerscheinungen blieben das SR25 bzw. Star 25 Classic sowie eine abgeleitete 3-Rad-Variante „Albatros“ mit Wanne- oder Kofferaufbau Simson SD 50.

Testberichte

  • SR50 B4: KFT 5/1986 und 8/1986 sowie Der deutsche Straßenverkehr 8/1986
  • SR80 CE: KFT 9/1986 und 3/1987 sowie Der deutsche Straßenverkehr 2/1987
  • SR50 CE: KFT 6/1988 und 5/1990 sowie Der deutsche Straßenverkehr 12/1988

Schwächen

Obwohl der SR50 als Alltagsmoped sehr empfohlen werden kann, hat er auch einige Schwächen:

Eine ist zum Beispiel die Motoraufhängung, die unter Umständen reißt. Weiterhin wurde berichtet, dass die Schweißnaht am Lenkkopflager bei hoher Belastung aufreißt. Davon sind allerdings nur die 1987er Baujahre betroffen, bei denen der Fertigungsroboter die linke Schweißnaht am Lenkkopflager falsch gezogen hat. Des Weiteren gab es häufig Probleme mit dem Krümmergewinde, das aufgrund des fehlenden dritten Angelpunktes der Auspuffanlage beschädigt wurde.

Weitere Nachteile: Der relativ mager eingestellte Vergaser [7] ist zwar ein Beitrag zum Umweltschutz, reagiert aber ziemlich sensibel auf Unregelmäßigkeiten. SR50 bis Baujahr 1988 neigen insbesondere an den Felgen stark zum Rosten. Die Trittbretter sind nicht vibrationsfrei. Der Elektrostarter der CE-Varianten wird zwar in damaligen Testberichten als funktionssicher beurteilt, bereitet nach einigen Jahren jedoch mitunter Probleme. Für den Notfall kann aber jederzeit der Kickstarter betätigt werden. Die Motorleistung ist gut, aber für dichten Stadtverkehr würde sich mancher ein Automatikgetriebe wünschen.

Die Grimeca-Scheibenbremse – zumindest die der XC-Serie – passt so eng in das Scheibenrad, dass es nach einer Reparatur Probleme mit dem Wiedereinbau gibt. Da Roller nicht regelmäßig zur Hauptuntersuchung müssen, verwendete die Firma Simson zur Verbindung von Bremsscheibe und Bremsscheibenträger einen hochfesten Schraubenkleber, mit der Folge, dass es selbst qualifiziertem Fachpersonal nicht immer gelingt, die zum Wechsel der Bremsscheibe erforderliche Trennung beider Baugruppen ohne Beschädigungen durchzuführen.

Technische Daten

  • Einzylinder-Zweitakt-Ottomotor Simson M531 bzw. Simson M541 bei SR50 und Simson M741 bei SR80
  • Mehrscheiben-Ölbadkupplung mit Tellerfeder
  • Fahrtwindkühlung
  • 4-Gang-Ziehkeil-Getriebe für SR80- und für SR50-Versionen B4, C, CE sowie die Serien ab 1989 1C, 1CE und 1B
  • 3-Gang-Getriebe für SR50-Versionen N und B3
  • Fußschaltung
  • Kickstarter, E-Versionen auch Elektrostarter
  • Zentralschwimmervergaser der Berliner Vergaser-Fabrik BVF 16N3-2, in Nachwendemodellen sowie als offizielles Ersatzteil ist der Bing 17/15/1104 lizenziert.
  • Höchstgeschwindigkeit: SR50: 60 km/h (bis 1992); 50 km/h (1992–1996); 45 km/h (Exportmodelle). SR80: 75 km/h
  • Trommelbremse in G-Version; Scheibenbremse vorne in C-Version
  • Kraftstoff: Öl-Benzin-Gemisch (1:50 (1:33 in der Einfahrphase))
  • Tankinhalt: 6,8 l
  • Verbrauch: ≈ 2,4–2,8 l/100 km (Werksangabe waren 2,5 l)
  • Leistung: SR50: 3,7 PS (2,72 kW); SR80: 5,6 PS (4,1 kW)
  • Leergewicht: 80–88 kg (je nach Version)
  • zulässiges Gesamtgewicht: 260 kg

Anhang

Weblinks

Literatur

  • Werner, Erhard: Simson Ratgeber. Für S 50, S 51, S70 und SR 50/SR 80. MZA, 2004 ISBN 978-3980948128
  • Werner, Erhard: Simson - Oldtimer. Ein Ratgeber für SR1, SR2, SR2E, KR50. MZA, 2004, ISBN 978-3980948135
  • Reparaturanleitung für Simson- Zweiradfahrzeuge. S 51/1, S 70/1 und SR 50/1, SR 80/1. Welzverlag, Berlin 1998, ISBN 978-3933177018

Einzelnachweise

  1. Neuvorstellung des SR50/80 durch Chefkonstrukteur J. Scheibe: KFT 10/1985
  2. Neuvorstellung und Hintergrundinfos über den Entwicklungsprozess: KFT 12/1985
  3. BVF-Schiebervergaser 16 N 3 KFT 3/1986
  4. Roller in Großserie Interview mit Direktor des Zweiradkombinats zur Produktion der SR50/80: KFT 8/1986
  5. Neuvorstellung Kleinkraftradanhänger MWH/RB: KFT 1/1989
  6. Vorstellung der neuen kompakten Abgasanlage: KFT 5/1989
  7. Schadstoffarme Leerlaufeinstellung der SR50/80 KFT 8/1986

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