Verhängnis (Film)

Verhängnis (Film)
Filmdaten
Deutscher Titel Verhängnis
Originaltitel Damage
Produktionsland Frankreich und Großbritannien
Originalsprache Englisch
Erscheinungsjahr 1992
Länge 107 Minuten
Altersfreigabe FSK 16
Stab
Regie Louis Malle
Drehbuch David Hare und Josephine Hart (Roman)
Produktion Louis Malle
Musik Zbigniew Preisner
Kamera Peter Biziou
Schnitt John Bloom
Besetzung

Verhängnis ist ein Spielfilm des französischen Regisseurs Louis Malle aus dem Jahr 1992. Der Film basiert auf dem gleichnamigen Roman der Autorin Josephine Hart und wurde von mehreren Filmstudios produziert, darunter Channel Four Films, Canal Plus, der NEF Filmproduktion und der TF1.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Der ehemalige Arzt Dr. Stephen Fleming hat auf Drängen seiner Ehefrau Ingrid und ihres Vaters Edward in der britischen Politik eine steile Karriere gemacht und ist Staatssekretär geworden. Nichts scheint das Leben des Familienvaters zu trüben, bis er auf einem Empfang die Bekanntschaft mit Anna Barton, der Freundin seines Sohnes Martyn, macht. Anna zieht Stephen Fleming sofort in ihren Bann. Sie tauschen Blicke aus, und die unnahbar wirkende junge Frau geht dem Politiker nicht mehr aus dem Kopf. Einen Tag später kommt sein Sohn Martyn zu Besuch und stellt seine neue Freundin offiziell seinen Eltern und seiner kleinen Schwester Sally vor. Anna sagt beim Besuch kaum ein Wort, was Ingrid merkwürdig findet.

Kurze Zeit später ruft Anna Stephen Fleming an. Er lässt sich von seinem Chauffeur zu Annas Wohnung bringen, wo sie bereits auf ihn wartet. Keiner der beiden sagt ein Wort, einzig Blicke genügen, und sie haben das erste Mal miteinander Sex, wobei kein einziges Wort fällt. Einige Tage später besucht ihn sein Sohn Martyn im Parlament. Der Vater ist vom Kommen seines Sohnes mehr als überrascht, doch Martyn will ihm nur von seiner beruflichen Beförderung bei einer Zeitung berichten, bei der er arbeitet. Am Abend feiert die Familie gemeinsam mit Großvater Edward und Anna die Beförderung von Martyn in einem Restaurant. Hier beginnt Anna zum ersten Mal, sich zu öffnen, und berichtet von ihrer Kindheit im Ausland. Als Tochter eines Diplomaten lebte sie u. a. in Argentinien, Afrika, Rom und Paris. Nachdem eine Beziehung in die Brüche gegangen war, kam Anna nach England, wo sie alleine für sich lebte, bis sie Martyn kennenlernte. Die neue Frau an der Seite ihres Sohnes wird Ingrid immer suspekter, und auf die Frage nach Geschwistern berichtet Anna außerdem von ihrem ein Jahr älteren Bruder Ashton, der aus verzweifelter Liebe Suizid beging, als sie fünfzehn Jahre alt war.

Später erklärt Stephen Anna, wie sehr er sie begehrt. Sie versichert ihm, dass sie immer für ihn da sein wird, und beide haben wieder leidenschaftlichen Sex miteinander. Danach berichtet Anna Stephen von der inzestuösen Beziehung zu ihrem besitzergreifenden Bruder Ashton. Stephen bittet Anna, ihn auf eine Dienstreise nach Brüssel zu begleiten, doch sie ist bereits mit Martyn zu einer Reise nach Paris verabredet. Während der Konferenz in Brüssel ist Stephen abgelenkt und sehnt sich nach Anna. Schließlich nimmt er den nächsten Zug nach Paris. Dort angekommen, ruft er Anna in ihrem Hotelzimmer an, wo sie die Nacht mit Martyn verbracht hat. Anna willigt in ein Treffen ein. Hinter der Türe einer kleinen Kirche lieben sich Stephen und Anna erneut. Danach bittet Anna Stephen, Martyn und ihr nicht zu folgen, dennoch nimmt sich Stephen ein Zimmer im gegenüberliegenden Hotel und beobachtet seinen Sohn und seine Freundin.

Mit der Zeit ist die Beziehung zu Anna mehr als nur eine Affäre, und Stephen überlegt, wie er eine gemeinsame Zukunft mit seiner Geliebten realisieren könnte. Stephen schlägt vor, seine Ehefrau Ingrid zu verlassen. Anna lehnt seine Pläne ab. Bei einem späteren Besuch bei Anna trifft Stephen überraschend auf Peter Wexler, einen ehemaligen Freund von Anna. Anna versucht die peinliche Situation zu kaschieren. Stephen verlässt die Wohnung, wartet jedoch ab, bis Peter verschwunden ist, und stellt Anna zur Rede. Anna versucht sich zu rechtfertigen und gibt Stephen preis, dass Peter ein Jugendfreund sei. Gemeinsam mit ihm hatte sie in der Nacht von Ashtons Tod eine Tanzveranstaltung besucht. Annas Bruder war ihnen aber gefolgt und eifersüchtig auf den Konkurrenten. Zu Hause von ihrem Bruder zur Rede gestellt, schloss sich Anna in ihrem Zimmer ein und sperrte Ashton aus. Am nächsten Morgen wurde sie durch das Weinen der Mutter aufgeweckt, die den Suizid des Sohnes beklagte – er hatte sich im Bad die Pulsadern aufgeschnitten. Anna kam nach dem erlittenen Schock zu Peter und seiner Familie. Sie und Peter wurden ein Liebespaar.

Nachdem Anna ihn ins Vertrauen gezogen hat, führt Stephen die Affäre weiter. An Ingrids Geburtstag, der auf dem Landsitz ihres Vaters stattfindet, wird Martyn von Anna begleitet. Sowohl Stephen als auch Ingrid sind überrascht, als Martyn und Anna ihre baldige Hochzeit bekanntgeben. In der Nacht schleicht sich Stephen aus dem Zimmer und trifft sich mit Anna. Als beide jedoch mitten in der Nacht aus demselben Zimmer kommen, werden sie von Sally beobachtet. Die Situation verkompliziert sich, als Annas französische Mutter nach London kommt, um den zukünftigen Schwiegersohn kennenzulernen. Als Stephen Annas Mutter zu ihrem Hotel bringt, ermahnt sie ihn, ihrer Tochter nicht mehr im Weg zu stehen, da sie Stephens Blicke gegenüber Anna bemerkt hat. Nach diesem Zwischenfall beendet Stephen die Affäre am Telefon.

Während Stephen das Amt des Gesundheitsministers angeboten wird, lässt Anna jedoch die Affäre wiederaufleben, indem sie Stephen einen Schlüssel zu einer angemieteten Wohnung zukommen lässt. Tatsächlich lässt sich Stephen erneut auf das verhängnisvolle Abenteuer ein. Sie verabreden sich zum gemeinsamen Sex in der Wohnung. Überrascht werden sie jedoch von Martyn. Martyn wusste nichts von der angemieteten Wohnung, von der er nur zufällig erfahren hat. Martyn ertappt Anna und Stephen in flagranti. Geschockt von dieser Entdeckung taumelt Martyn aus der Wohnung und stürzt rückwärts über das Treppengeländer zu Tode.

Nach dieser Tragödie ist die politische Karriere von Stephen gescheitert, und er tritt von seinem Amt als Staatssekretär zurück. Ingrid, die versucht, den Verlust ihres Sohnes mit Selbstverstümmelung zu ertragen, macht Stephen schwere Vorwürfe und trennt sich von ihm. Stephen selbst geht auf Reisen, bis er zu einem Leben mit sich selbst fähig ist. Er begegnet Anna zufällig nur noch ein einziges Mal beim Umsteigen auf einem Flughafen. Sie hat mit ihrem Jugendfreund Peter ein neues Leben begonnen und hält ein Kind an der Hand. In einem Haus irgendwo im Süden Europas verbringt Stephen sein restliches Leben damit, über ein Foto zu wachen, das ihn mit Martyn und Anna zeigt.

Entstehungsgeschichte

Der Film, der seine Premiere am 2. Dezember 1992 in Frankreich feierte, entstand nach dem gleichnamigen Debütroman der irischen Schriftstellerin Josephine Hart, der 1991 veröffentlicht wurde. Das Buch avancierte in Europa und den USA schnell zum Verkaufsschlager und konnte sich 16 Wochen lang einen Platz auf der Bestseller-Liste des renommierten US-amerikanischen Magazins Publishers Weekly sichern. Nach dem großen Erfolg des Romans wurde der englische Drehbuchautor David Hare mit dem Stoff betraut und adaptierte ihn für die Filmleinwand.

Die Dreharbeiten begannen am 22. Februar 1992 und endeten knapp drei Monate später, am 15. Mai. Die Außenaufnahmen für Verhängnis wurden an Originalschauplätzen in London und Paris gedreht. Die Studioarbeit fand in den Shepperton Studios in Surrey, England, statt. Regisseur Louis Malle erlitt im Jahr der Dreharbeiten einen Herzinfarkt, konnte aber den Film wider Erwarten fertigstellen.

Rezeption

Das Drama feierte am 14. Januar 1993 seine Premiere in den deutschen Kinos. Der vorletzte Film des etablierten französischen Regisseurs Louis Malle verstörte durch seine freizügigen und kunstvoll choreographierten Liebesszenen vor allem das US-amerikanische Kinopublikum und konnte in den USA bei geschätzten 13 Mio. US-Dollar Produktionskosten nur 7,5 Mio. US-Dollar einspielen. Damit galt der Film dort allgemein als finanzieller Flop. In der Art und Weise, wie in Verhängnis mit dem Thema Sexualität umgegangen wird, reiht sich das Erotikdrama in die Riege so bekannter Werke wie Bernardo Bertoluccis Der letzte Tango in Paris (1972) und Philip Kaufmans Die unerträgliche Leichtigkeit des Seins (1988) ein.

Kritiken

  • „Der französische Ausnahme-Regisseur Louis Malle versteht es in seinem erotischen Thriller meisterlich, die Fassade biederen Bürgertums aufzubrechen und latente Phantasien offenzulegen. Oscar-Preisträger Jeremy Irons (‚Die Affäre der Sunny von B.‘) und Franco-Star Juliette Binoche zeigen exquisite Darsteller-Leistungen. Wegen seiner spektakulären Beischlaf-Szenen könnte dieser niveauvolle Film wider Erwarten auch Fans der seichten Soft-Sex-Ware anlocken.“ (VideoWoche)
  • „Noch bevor Josephine Harts Studie einer besessenen Leidenschaft international verkauft wurde, sicherte sich Louis Malle die Filmrechte: Unter seiner meisterlichen Regie entstand eine kühle Variante von ‚Im Reich der Sinne‘, deren Erotikszenen zwischen Jeremy Irons und Juliette Binoche bereits im Vorfeld für Zündstoff sorgten.“ (Blickpunkt: Film)
  • „[…] Ein ‚amoralischer‘ Film voller erotischer Spannung, der stimmig die Stationen eines Untergangs beschreibt. Hervorragende Darsteller und eine gediegene Ausstattung, die in Korrespondenz zur Handlung steht, heben den Film über das Niveau vergleichbarer Filme hinaus.“ (Lexikon des internationalen Films)

Anmerkungen

  • Verhängnis ist neben Das Irrlicht einer der wenigen Filme Louis Malles, die in der Gegenwart spielen.

Auszeichnungen

Miranda Richardson gewann für ihre Rolle als betrogene Ehefrau, die am Tod ihres geliebten Sohnes zerbricht, 1993 den British Academy Film Award als beste Nebendarstellerin und wurde für den Oscar und den Golden Globe nominiert und vom New Yorker Kritikerverband geehrt. Hauptdarstellerin Juliette Binoche errang als unnahbare Geliebte ihre vierte Nominierung für den César, das französische Äquivalent zum Oscar. Komponist Zbigniew Preisner gewann für seine verstörend klingende Filmmusik den Preis des Kritikerverbandes von Los Angeles.

Oscar 1993

  • nominiert in der Kategorie beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)

British Academy Film Awards 1993

  • Beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)

Golden Globe Awards 1993

  • nominiert in der Kategorie beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)

Weitere

César 1993

  • nominiert in der Kategorie beste Hauptdarstellerin (Juliette Binoche)

London Critics Circle Film Awards 1994

  • Britische Schauspielerin des Jahres (Miranda Richardson)

Los Angeles Film Critics Association Awards 1992

  • Beste Filmmusik

New York Film Critics Circle Awards 1992

  • Beste Nebendarstellerin (Miranda Richardson)

Premio Sant Jordi 1994

  • Bester ausländischer Schauspieler (Jeremy Irons)
  • Beste ausländische Schauspielerin (Juliette Binoche)

Literatur

  • Josephine Hart: Verhängnis. Sonderausgabe. Goldmann, München 2000, ISBN 3-442-55184-6 (Goldmann 55184 Portobello).
  • Josephine Hart: Damage. Ballantine Books, New York NY 1996, ISBN 0-449-91188-8 (engl. Ausgabe)

Weblinks


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