Wahlen und die SPD

Wahlen und die SPD

Die SPD hat bislang an allen Wahlen zu Reichs- und Bundestagen teilgenommen. Die unterschiedlichen Wahlsysteme und Ausgangsbedingungen haben die Ergebnisse für die SPD beeinflusst.

Inhaltsverzeichnis

Wahlen im Kaiserreich

Im Kaiserreich von 1871 stiegen die Sozialdemokraten langsam zur stärksten politischen Partei auf. Allerdings wurden sie durch die Einteilung der Wahlkreise behindert, denn trotz Migration vom Land in die Stadt wurden die Wahlkreise nicht angepasst. So war es für die SPD (die in der Stadt die meisten Wähler hatte) wesentlich schwieriger ein Mandat zu erlangen als für die Konservativen und Katholiken. Der Anteil an den Mandaten war meist deutlich niedriger als der an den abgegebenen Stimmen.

Von Nachteil war es für die SPD ferner, dass in den Stichwahlen - wenn in der ersten Runde kein Wahlkreiskandidat die absolute Mehrheit erreichte - die bürgerlichen Parteien meist Empfehlungen für einen anderen bürgerlichen Kandidaten abgaben. Jedoch konnte sie 1912 durch Zusammenarbeit mit den Linksliberalen ihre Position verbessern.

Eine besondere Behinderung war das Sozialistengesetz (genauer gesagt Sozialistengesetzen), dass sozialdemokratische Organisationen und Versammlungen verbot, nicht aber die Teilnahme von Sozialdemokraten an Wahlen. Es war ein Grund für die Nichtverlängerung bzw. Nichtannahme eines neuen Gesetzes, dass auf diese Weise die Sozialdemokraten nicht an Wählerzuspruch einbußten.

Wahlen in der Weimarer Republik

SPD-Wahlwerbung 1919

Siehe Reichstagswahl

Durch das Verhältniswahlrecht kam es nicht mehr zu bedeutenden Unterschieden von Stimmen- und Mandatsanteil. Nicht mehr Einzelkandidaten, sondern Parteilisten wurden gewählt. 1919 hatte die SPD ihr bestes Ergebnis - sie hatte wegen ihrer Organisation gegenüber den anderen Parteien einen Vorteil - und auch das beste einer deutschen Partei bis dahin. Sie stellte als stärkste Partei im Reichstag stets den Reichstagspräsidenten, bis 1932.

Wahlen in der Bundesrepublik Deutschland

Siehe Bundestagswahl

Die CDU/CSU wollte ein Mehrheitswahlsystem, die kleineren Parteien hingegen befürchteten, dass sie auf diese Weise ihren politischen Einfluss verlören. Der Kompromissvorschlag kam von der SPD: Zwar gibt es Wahlkreise mit relativer Mehrheitswahl, aber die Gesamtzahl der Sitze wird nach den Stimmten für Parteilisten berechnet (personalisiertes Verhältniswahlrecht).[1] Von der Sperrklausel profitieren alle Parteien, die die Hürde von fünf Prozent überspringen. Nur die CDU/CSU und die SPD werden durch die Möglichkeit von Überhangmandaten bevorteilt.

1966 vereinbarten CDU/CSU und SPD bei der Bildung der Großen Koalition, ein Mehrheitswahlsystem einzuführen. Die SPD befürchtete jedoch, dies werde sie selbst bei kommenden Wahlen stark benachteiligen, denn die Union schnitt bei den Direktmandaten meistens besser ab. Daher verschob der SPD-Parteitag 1968 die Frage in die ferne Zukunft.[2]

Wahlergebnisse

Die Angaben beziehen sich jeweils auf den Beginn einer Legislaturperiode, ohne Nachwahlen bzw. Mandatswechseln. Bei den Bundestagswahlen von 1949 bis einschließlich 1987 sind die Berliner Abgeordneten nicht hinzugerechnet.

Wahl Stimmen (%) Mandate (%) Anmerkungen
1867 SVP: 0,5; ADAV: 0,9; LADAV: 0,3 SVP: 1,0; ADAV: 0,7; LADAV: 0,3
1871 ADAV / SDAP: 3,2 0,5
1874 ADAV / SDAP: 6,8 ADAV: 0,8; SDAP: 1,5 SDAP und ADAV vereinigten sich 1875 zur SAPD.
1877 9,1 3,0
1878 7,6 2,3
1881 6,1 3,0 Die Wahl fand unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes statt.
1884 9,7 6,0 Die Wahl fand unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes statt.
1887 10,1 2,8 Die Wahl fand unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes statt.
1890 19,7 8,8 Die Wahl fand unter den Bedingungen des Sozialistengesetzes statt. Seit 1891 heißt die Partei SPD.
1893 23,3 11,1
1898 27,2 14,1
1903 31,7 20,4
1907 28,9 10,8
1912 34,8 27,7
1919 37,9 39,0 Wahl zur Nationalversammlung, die bis 1920 auch als Parlament diente.
1920 21,2 24,2
Mai 1924 20,5 21,2
Dez. 1924 26,0 26,6
1928 29,8 31,2
1930 24,5 24,8
Juli 1932 21,6 21,6
Nov. 1932 20,4 20,7
1933 18,3 18,5 Die Wahl war durch massive Eingriffe der Hitler-Regierung nicht mehr frei, einige Funktionäre der SPD waren bereits verhaftet.
1949 29,2 32,6 Erste Bundestagswahl
1953 28,2 31,2
1957 31,8 34,0
1961 36,2 38,1
1965 39,3 40,7
1969 42,7 45,2
1972 45,8 46,4
1976 42,6 43,1
1980 42,9 43,8
1983 38,2 38,8
1987 37,0 37,4
DDR 1990 21,9 22,0
1990 33,5 36,1 Erste Wahl im wiedervereinigten Deutschland.
1994 36,4 37,5
1998 40,9 44,6
2002 38,5 41,6
2005 34,2 36,2

Siehe auch

Literatur

  • Dieter Nohlen: Wahlrecht und Parteiensystem, 4. Auflage, Opladen: Leske und Budrich 2004.

Belege

  1. Dieter Nohlen: Wahlrecht und Parteiensystem, 4. Auflage, Opladen: Leske und Budrich 2004, S. 305.
  2. Eckhard Jesse: Wahlrecht zwischen Kontinuität und Reform. Eine Analyse der Wahl­system­­­dis­kus­sion und der Wahlrechtsänderungen in der Bundesrepublik Deutsch­land 1949-1983, Düs­­­seldorf 1985 (Bei­träge zur Geschichte des Parla­men­tarismus und der politischen Par­teien 78), S. 115/119, 122, 123, 125.

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