- Reichstagswahl 1903
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Die Reichstagswahl 1903 war die Wahl zum 11. Deutschen Reichstag. Sie fand am 16. Juni 1903 statt.
Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 76%, sie war damit deutlich höher als bei der Reichstagswahl 1898.
Sowohl die „Kartellparteien“ als auch das Zentrum hielten sich stabil. Sie hatten die Regierung um Reichskanzler Bernhard von Bülow im Wesentlichen unterstützt.
Deutlich wurde allerdings erneut der Zuwachs der Sozialdemokraten. In Stimmenzahlen waren sie längst deutlich die stärkste Partei, allein das ungünstige Mehrheitswahlrecht ließ sie nur zur zweitstärksten Kraft im Parlament werden. Verluste hatten vor allem die Linksliberalen und die kleineren Parteien.
Im neuen Reichstag opponierten die gestärkten Sozialdemokraten gegen die Regierungspolitik. Im Rahmen der Ersten Marokkokrise und der allgemeinen Aufrüstungen kritisierten sie die ihrer Meinung nach verfehlte deutsche Außenpolitik. Im Inneren drängten die Sozialdemokraten zusammen mit den Linksliberalen auf Reformen. Einen Antrag auf die Abschaffung des Dreiklassenwahlrechts in Preußen konnten sie zwar nicht durchbringen, 1906 gelang ihnen aber die Einführung von Diäten für Reichstagsabgeordnete. Zuvor waren besonders Sozialdemokraten finanziell nicht in der Lage gewesen, überhaupt ein Abgeordnetenmandat auszuüben.
Ende 1906 wurde der Reichstag vorzeitig aufgelöst und es kam zur Reichstagswahl 1907.
Inhaltsverzeichnis
Ergebnisse
Politische Richtung Parteien Wählerstimmen Sitze im Reichstag[1] in Mio. Anteil ggüb. 1898 absolut Anteil ggüb. 1898 Konservative Deutschkonservative Partei (DKP) 0,948 10,0 % −1,1 % 54 13,6 % −2 Deutsche Reichspartei (DRP) 0,333 3,5 % −0,9 % 21 5,3 % −1 Liberale Rechts- Nationalliberale Partei (NLP) 1,317 13,9 % +1,4 % 51 12,8 % +3 gemäßigt Freisinnige Vereinigung (FSV) 0,243 2,6 % +0,1 % 9 2,3 % −4 Links- Freisinnige Volkspartei (FVp) 0,538 5,7 % −1,5 % 21 5,3 % −8 Deutsche Volkspartei (DtVP) 0,091 1,0 % −0,4 % 6 1,5 % −2 Katholiken Zentrumspartei 1,875 19,7 % +0,9 % 100 25,2 % −2 Sozialisten Sozialdemokraten (SPD) 3,011 31,7 % +4,5 % 81 20,4 % +25 Andere und
UnabhängigeRegionalparteien, Minderheiten1) 0,559 5,9 % −0,2 % 32 8,1 % −3 Bauernparteien/-bünde2) 0,230 2,4 % −0,8 % 8 2,0 % −3 Antisemitenparteien3) 0,245 2,6 % −1,1 % 11 2,8 % −2 Sonstige4) 0,104 1,1 % −0,8 % 3 0,6 % −1 Gesamt 9,496 100 % 397 100 % Anmerkungen:
- 1) Sitze: Deutsch-Hannoversche Partei (DHP) 6 (−3), Polen 16 (+2), Dänen 1 (±0), Elsass-Lothringer 9 (−1)
- 2) Sitze: Bund der Landwirte (BdL) 4 (−2), Bayerischer Bauernbund (BB) 3 (−2), Württembergischer Bauernbund 1 (+1)
- 3) Sitze: Deutsche Reformpartei (Ref) 6 (+6), Deutschsoziale Partei (DSP) 3 (+3), Christlich-Soziale Partei (CSP) 2 (+1)
- 4) Sitze: Nationalsozialer Verein (NSV) 1 (+1), Unbestimmte 2 (−2)
Gewählte Abgeordnete nach Wahlkreisen
In jedem der insgesamt 397 Wahlkreise wurde nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten durchgeführt. In den folgenden Tabellen werden die Wahlkreissieger und ihre im amtlichen Endergebnis genannte Parteistellung angegeben.[1]
Preußen
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Großherzogtum Baden 1 Konstanz, Überlingen, Stockach Friedrich Hug Zentrum 2 Donaueschingen, Villingen Friedrich Faller NLP 3 Waldshut, Säckingen, Neustadt im Schwarzwald Joseph Schuler Zentrum 4 Lörrach, Müllheim Ernst Blankenhorn NLP 5 Freiburg, Emmendingen Ludwig Marbe Zentrum 6 Lahr, Wolfach Konstantin Fehrenbach Zentrum 7 Offenburg, Kehl Julius Schüler Zentrum 8 Rastatt, Bühl, Baden-Baden Franz Xaver Lender Zentrum 9 Pforzheim, Ettlingen Emil Eichhorn SPD 10 Karlsruhe, Bruchsal Adolf Geck SPD 11 Mannheim August Dreesbach SPD 12 Heidelberg, Mosbach Anton Josef Beck NLP 13 Bretten, Sinsheim Valentin Müller NLP 14 Tauberbischofsheim, Buchen Johann Anton Zehnter Zentrum Hessen
Großherzogtum Hessen 1 Gießen, Grünberg, Nidda Louis Heyligenstaedt NLP 2 Friedberg, Büdingen, Vilbel Waldemar von Oriola NLP 3 Lauterbach, Alsfeld, Schotten Eduard Wallau NLP 4 Darmstadt, Groß-Gerau Balthasar Cramer SPD 5 Offenbach, Dieburg Jacob Becker NLP 6 Erbach, Bensheim, Lindenfels, Neustadt im Odenwald Wilhelm Haas NLP 7 Worms, Heppenheim, Wimpfen Cornelius von Heyl zu Herrnsheim NLP 8 Bingen, Alzey Reinhart Schmidt FVp 9 Mainz, Oppenheim Eduard David SPD Kleinstaaten
Elsaß-Lothringen
Reichsland Elsaß-Lothringen 1 Altkirch, Thann Eugen Ricklin Elsässer 2 Mülhausen Theodor Schlumberger NLP 3 Kolmar Jacques Preiß Elsässer 4 Gebweiler Alphons Roellinger Elsässer 5 Rappoltsweiler Emile Wetterlé Elsässer 6 Schlettstadt Leo Vonderscheer Elsässer 7 Molsheim, Erstein Nicolaus Delsor Elsässer 8 Straßburg-Stadt Adolf Riff FSV 9 Straßburg-Land Daniel Blumenthal DtVP 10 Hagenau, Weißenburg Heinrich Wiltberger Elsässer 11 Zabern Johannes Hoeffel DRP 12 Saargemünd, Forbach Franz de Schmid DKP 13 Bolchen, Diedenhofen Peter Merot Lothringer 14 Metz Max Jaunez unbestimmt 15 Saarburg, Chateau-Salins Johann Labroise Lothringer Die Fraktionen des 11. Reichstags
Im 11. Reichstag schlossen sich nicht alle Abgeordneten der Fraktion ihrer eigentlichen Partei an. Die DHP-Abgeordneten traten zum Teil der Zentrumsfraktion bei. Der BdL-Abgeordnete Hufnagel (Ansbach) wurde Mitglied der Fraktion der Deutschkonservativen. Die übrigen BdL-Abgeordneten schlossen sich mit den Deutsch-Sozialen und den Christlich-Sozialen sowie den Bauernbund-Abgeordneten zur Fraktion der Wirtschaftlichen Vereinigung zusammen. Zu Beginn der 11. Legislaturperiode besaßen die Reichstagsfraktionen die folgende Stärke:[2]
Zentrum 101 Sozialdemokraten 81 Deutschkonservative 52 Nationalliberale 50 Freisinnige Volkspartei 21 Deutsche Reichspartei 20 Polen 16 Wirtschaftliche Vereinigung 12 Freisinnige Vereinigung 10 Deutsche Volkspartei 6 Deutsche Reformpartei 6 Fraktionslose 22 Im weiteren Verlauf der Legislaturperiode änderte sich aufgrund von Nachwahlen und Fraktionswechseln mehrfach die Stärke der einzelnen Fraktionen.
Siehe auch
Literatur
- Reibel, Carl-Wilhelm: Handbuch der Reichstagswahlen 1890-1918. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-5284-4.
Weblinks
- Reichstagswahl 1903 mit Grafik
- Wahlen in Deutschland bis 1918, dort:
- Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, dort:
Einzelnachweise
- ↑ a b Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs - Ergänzungsheft 1903,IV. Berlin 1903, S. 2–60.
- ↑ Reichstagshandbuch 1903. Münchener Digitalisierungszentrum, S. 364, abgerufen am 20. November 2009 (pdf).
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