- Reichstagswahl 1884
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Die Reichstagswahl 1884 war die Wahl zum 6. Deutschen Reichstag. Sie fand am 28. Oktober 1884 statt.
Die Wahlbeteiligung lag bei knapp über 60 % und damit wieder höher als bei der Reichstagswahl 1881.
Der Wahlkampf stand im Zeichen der beginnenden Kolonialpolitik, die die Unterstützung von Reichskanzler Otto von Bismarck gefunden hatte und von den Konservativen und der Nationalliberalen Partei befürwortet wurde. Entsprechend der Popularität der Kolonialpolitik gewann vor allem die Deutschkonservative Partei, auch die Nationalliberalen konnten nach herben Verlusten bei den vorhergehenden Wahlen wieder mehr Mandate gewinnen.
Die Deutsche Fortschrittspartei und die Liberale Vereinigung hatten sich zur Deutschen Freisinnigen Partei zusammengeschlossen. Zusammen mit der Deutschen Volkspartei gewannen sie aber nur 74 Mandate; bei der vorherigen Reichstagswahl hatte das linksliberale Lager noch 115 Abgeordnete gestellt. Das war auch der eher skeptischen Haltung zur Kolonialpolitik geschuldet.
Trotz der anhaltenden Behinderung durch das Sozialistengesetz konnten die Sozialdemokraten ihre Mandatszahl von 12 auf 24 verdoppeln. Das Zentrum behauptete sich unterdessen als stärkste Fraktion.
Immer stärker wurden die Verzerrungen sichtbar, die das Mehrheitswahlrecht mit sich brachte. Da es seit der Reichstagswahl 1871 keine Neuabgrenzung der Wahlkreise gegeben hatte, waren durch Wanderungsbewegungen Städte unter- und ländliche Gebiete überrepräsentiert. Dies schadete vor allem den in den Städten stärkeren Linksliberalen und den Sozialdemokraten. So kam die Freisinnige Partei insgesamt auf 17,6 % der Stimmen, aber nur auf 67 Sitze, während die Deutschkonservative Partei mit 15,2 % der Stimmen 78 Mandate errang. Die Sozialdemokraten hatten mit 9,7 % der Stimmen 24 Mandate gewonnen, die Deutsche Reichspartei stellte mit nur 6,9 % der Stimmen aber 28 Mandate.
Inhaltsverzeichnis
Ergebnisse
Politische Richtung Parteien Wählerstimmen Sitze im Reichstag[1] in Mio. Anteil ggüb. 1881 absolut Anteil ggüb. 1881 Konservative Deutschkonservative Partei (DKP) 0,861 15,2 % −1,1 % 78 19,6 % +22 Deutsche Reichspartei (DRP) 0,388 6,9 % −0,6 % 28 7,1 % ±0 Liberale Rechts- Nationalliberale Partei (NLP) 0,997 17,6 % +5,0 % 51 12,8 % +5 Links- Deutsche Freisinnige Partei (DFP) 0,997 17,6 % −3,2 % 671) 16,9 % −39 Deutsche Volkspartei (DtVP) 0,096 1,7 % −0,3 % 7 1,8 % −2 Katholiken Zentrumspartei 1,282 22,6 % −0,6 % 99 24,9 % −1 Sozialisten Sozialdemokraten (SAPD) 0,550 9,7 % +3,6 % 242) 6,0 % +12 Regionalparteien,
MinderheitenDeutsch-Hannoversche Partei (DHP) 0,096 1,7 % −0,1 % 11 2,8 % +1 Polen 0,203 3,6 % −0,2 % 16 4,0 % −2 Dänen 0,014 0,3 % ±0,0 % 1 0,3 % −1 Elsaß-Lothringer 0,166 2,9 % ±0,0 % 15 3,8 % ±0 Sonstige 0,013 0,2 % −0,1 % - - ±0 Gesamt 5,663 100 % 397 100 % Anmerkungen
In fünf Fällen gewann ein Kandidat gleichzeitig zwei Wahlkreise. In einem solchen Fall konnte das Mandat nur für einen der beiden Wahlkreise angenommen werden und in dem anderen Wahlkreis wurde eine Nachwahl durchgeführt.
1)Karl Braun gewann sowohl den schlesischen Wahlkreis Sagan als auch den sächsischen Wahlkreis Döbeln. Er nahm das Mandat in Döbeln an. Eugen Richter gewann sowohl den Wahlkreis Berlin 5 als auch den westfälischen Wahlkreis Hagen. Er nahm das Mandat in Hagen an. Heinrich Rickert gewann sowohl den Wahlkreis Danzig-Stadt als auch den Wahlkreis Brandenburg an der Havel. Er nahm das Mandat in Brandenburg an.
2)Wilhelm Blos gewann sowohl den Wahlkreis Braunschweig-Stadt als auch den Wahlkreis Reuß älterer Linie. Er nahm das Mandat in Braunschweig an. Wilhelm Hasenclever gewann sowohl den Wahlkreis Berlin 6 als auch den Wahlkreis Breslau-Ost. Er nahm das Mandat in Breslau an.
Das Ergebnis der Deutschen Freisinnigen Partei (DFP) wird mit den addierten Ergebnissen der Deutschen Fortschrittspartei und der Liberalen Vereinigung von 1881 verglichen.
Gewählte Abgeordnete nach Wahlkreisen
In jedem der insgesamt 397 Wahlkreise wurde nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten durchgeführt. In den folgenden Tabellen werden die Wahlkreissieger und ihre im amtlichen Endergebnis genannte Parteistellung angegeben.[1]
Preußen
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Großherzogtum Baden 1 Konstanz, Überlingen, Stockach Konstantin Noppel NLP 2 Donaueschingen, Villingen Hermann von Hornstein DKP 3 Waldshut, Säckingen, Neustadt im Schwarzwald Ernst Friedrich Krafft NLP 4 Lörrach, Müllheim Markus Pflüger DFP 5 Freiburg, Emmendingen Ludwig Marbe Zentrum 6 Lahr, Wolfach Ferdinand Sander NLP 7 Offenburg, Kehl Franz Roßhirt Zentrum 8 Rastatt, Bühl, Baden-Baden Franz Xaver Lender Zentrum 9 Pforzheim, Ettlingen Gottlieb Klumpp NLP 10 Karlsruhe, Bruchsal Leopold Arnsperger NLP 11 Mannheim Wilhelm Kopfer DtVP 12 Heidelberg, Mosbach Julius Menzer DKP 13 Bretten, Sinsheim Ernst von Göler-Ravensburg DKP 14 Tauberbischofsheim, Buchen Rudolf von Buol-Berenberg Zentrum Hessen
Großherzogtum Hessen 1 Gießen, Grünberg, Nidda Hugo Buderus NLP 2 Friedberg, Büdingen, Vilbel Hugo Hinze DFP 3 Lauterbach, Alsfeld, Schotten Fritz Kalle NLP 4 Darmstadt, Groß-Gerau Justus Ulrich NLP 5 Offenbach, Dieburg Wilhelm Liebknecht SAPD 6 Erbach, Bensheim, Lindenfels, Neustadt im Odenwald Ferdinand Scipio NLP 7 Worms, Heppenheim, Wimpfen Heinrich von Marquardsen NLP 8 Bingen, Alzey Ludwig Bamberger DFP 9 Mainz, Oppenheim Josef Racke Zentrum Kleinstaaten
Elsaß-Lothringen
Reichsland Elsaß-Lothringen 1 Altkirch, Thann Landolin Winterer Els.-Lothringer 2 Mülhausen Johann Dollfus Els.-Lothringer 3 Kolmar Charles Grad Els.-Lothringer 4 Gebweiler Joseph Guerber Els.-Lothringer 5 Rappoltsweiler Jacob Ignatius Simonis Els.-Lothringer 6 Schlettstadt Irénée Lang Els.-Lothringer 7 Molsheim, Erstein Hugo Zorn von Bulach Els.-Lothringer 8 Straßburg-Stadt Jacques Kablé Els.-Lothringer 9 Straßburg-Land Alfred Mühleisen Els.-Lothringer 10 Hagenau, Weißenburg Eugéne de Dietrich Els.-Lothringer 11 Zabern Alfred Goldenberg Els.-Lothringer 12 Saargemünd, Forbach Eduard Jaunez Els.-Lothringer 13 Bolchen, Diedenhofen Henri de Wendel Els.-Lothringer 14 Metz Dominique Antoine Els.-Lothringer 15 Saarburg, Chateau-Salins Charles Germain Els.-Lothringer Die Fraktionen des 6. Reichstags
Im 6. Reichstag schlossen sich mehrere Abgeordnete nicht der Fraktion ihrer eigentlichen Partei an und blieben zum Teil fraktionslos. Zehn DHP-Abgeordnete traten der Zentrumsfraktion bei. Da in fünf Fällen Abgeordnete ein Doppelmandat gewonnen hatten, jedoch nur das Mandat für einen Wahlkreis annehmen konnten, besaß der Reichstag am Beginn der 6. Legislaturperiode nur 392 Mitglieder. Zunächst besaßen die Reichstagsfraktionen die folgende Stärke:[2]
Zentrum 109 Deutschkonservative 76 Freisinnige 61 Nationalliberale 50 Freikonservative 28 Sozialdemokraten 22 Polen 16 Deutsche Volkspartei 7 Fraktionslose 23 Im weiteren Verlauf der Legislaturperiode änderte sich aufgrund von Nachwahlen und Fraktionswechseln mehrfach die Stärke der einzelnen Fraktionen.
Siehe auch
Weblinks
- Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichs
- Ergebnis der Reichstagswahl 1884 mit Grafik
- Wahlen in Deutschland bis 1918, dort:
- Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, dort:
Einzelnachweise
- ↑ a b Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Monatshefte zur Statistik des Deutschen Reiches, Jahrgang 1885, Heft 1. Puttkammer & Mühlbrecht, Berlin 1885.
- ↑ Deutscher Parlaments-Almanach 1884. Münchener Digitalisierungszentrum, abgerufen am 20. November 2009 (pdf).
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