- Reichstagswahl 1898
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Die Reichstagswahl 1898 war die Wahl zum 10. Deutschen Reichstag des Deutschen Kaiserreiches. Sie fand am 16. Juni 1898 statt.
Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 68% und damit etwas niedriger als bei der Reichstagswahl 1893.
Alle drei sogenannten „Kartellparteien“ (Deutschkonservative, Freikonservative und Nationalliberale) hatten Verluste hinzunehmen. Erneut bestätigte sich dagegen der seit der Reichsgründung bestehende und seit der Reichstagswahl 1890 zunehmende Trend zugunsten der Sozialdemokraten. Nach Stimmen waren sie erneut klar stärkste Partei. Durch die für sie ungünstige Wahlkreiseinteilung wurde sie aber nur zweitstärkste Fraktion hinter dem Zentrum, das tatsächlich rund 9 % hinter der SPD lag. Dennoch gewann es einige Sitze hinzu.
Die Regierung um Reichskanzler Chlodwig zu Hohenlohe-Schillingsfürst, der Leo von Caprivi nachgefolgt war, hatte sich allerdings schon in der vorherigen Legislaturperiode auf das Zentrum und auch auf „nationale“ Kräfte in der Freisinnigen Volkspartei gestützt. Auch im neuen Reichstag konnten Hohenlohe-Schillingsfürst und sein Nachfolger ab 1900 Bernhard von Bülow meist auf Zustimmung des Zentrums rechnen (Lex Arons, neues Zollgesetz 1902). In der Auseinandersetzung um die „Zuchthausvorlage“ 1900 gelang es dagegen den Sozialdemokraten und Liberalen erneut (wie schon bei der „Umsturzvorlage“ 1895), zusammen mit dem Zentrum ein „Sonderstrafrecht“ gegen Arbeiter, Gewerkschafter und Sozialdemokraten zu verhindern.
Wie bei den vorherigen Wahlen nahm die Zahl kleiner Interessenparteien zu. Auch die Antisemiten stabilisierten sich.
Inhaltsverzeichnis
Ergebnisse
Politische Richtung Parteien Wählerstimmen Sitze im Reichstag[1] in Mio. Anteil ggüb. 1893 absolut Anteil ggüb. 1893 Konservative Deutschkonservative Partei (DKP) 0,859 11,1 % −2,4 % 56 14,1 % −16 Deutsche Reichspartei (DRP) 0,344 4,4 % −1,3 % 22 5,5 % −6 Unabhängige Konservative n/a n/a n/a 1 0,3 % +1 Liberale Rechts- Nationalliberale Partei (NLP) 0,971 12,5 % −0,5 % 48 12,1 % −4 Unabhängige Liberale n/a n/a n/a 3 0,8 % +1 gemäßigt Freisinnige Vereinigung (FSV) 0,196 2,5 % −0,9 % 13 3,2 % ±0 Links- Freisinnige Volkspartei (FVp) 0,558 7,2 % −1,5 % 29 7,3 % +5 Deutsche Volkspartei (DtVP) 0,109 1,4 % −0,8 % 8 2,0 % −3 Katholiken Zentrumspartei 1,455 18,8 % −0,3 % 102 25,7 % +6 Sozialisten Sozialdemokraten (SPD) 2,107 27,2 % +3,9 % 56 14,1 % +12 Andere und
UnabhängigeRegionalparteien, Minderheiten1) 0,407 6,1 % +0,1 % 35 8,8 % ±0 Bauernparteien/-bünde2) 0,251 3,2 % +2,3 % 11 2,8 % +7 Antisemitenparteien3) 0,284 3,7 % +0,3 % 13 3,3 % −3 Sonstige 0,148 1,9 % +1,1 % - - ±0 Gesamt 7,752 100 % 397 100 % Anmerkungen:
- 1) Sitze: Deutsch-Hannoversche Partei (DHP) 9 (+2), Polen 14 (-5), Dänen 1 (±0), Elsaß-Lothringer 10 (+2), Litauer 1 (+1)
- 2) Sitze: Bund der Landwirte (BdL) 6 (+6), Bayerischer Bauernbund (BB) 5 (+1)
- 3) Sitze: Deutschsoziale Reformpartei (DSRP) 10 (+10), Antisemitische Volkspartei (AVP) 2 (+2), Christlich-Soziale Partei (CSP) 1 (+1)
Gewählte Abgeordnete nach Wahlkreisen
In jedem der insgesamt 397 Wahlkreise wurde nach absolutem Mehrheitswahlrecht ein Abgeordneter gewählt. Wenn kein Kandidat im ersten Wahlgang die absolute Mehrheit erreichte, wurde eine Stichwahl zwischen den beiden bestplatzierten Kandidaten durchgeführt. In den folgenden Tabellen werden die Wahlkreissieger und ihre im amtlichen Endergebnis genannte Parteistellung angegeben.[1]
Preußen
Bayern
Sachsen
Württemberg
Baden
Großherzogtum Baden 1 Konstanz, Überlingen, Stockach Friedrich Hug Zentrum 2 Donaueschingen, Villingen Friedrich Faller NLP 3 Waldshut, Säckingen, Neustadt im Schwarzwald Joseph Schuler Zentrum 4 Lörrach, Müllheim Ernst Blankenhorn NLP 5 Freiburg, Emmendingen Ludwig Marbe Zentrum 6 Lahr, Wolfach Friedrich Schaettgen Zentrum 7 Offenburg, Kehl Maximilian Wilhelm Reichert Zentrum 8 Rastatt, Bühl, Baden-Baden Franz Xaver Lender Zentrum 9 Pforzheim, Ettlingen Alfred Agster SPD 10 Karlsruhe, Bruchsal Adolf Geck SPD 11 Mannheim August Dreesbach SPD 12 Heidelberg, Mosbach Anton Josef Beck NLP 13 Bretten, Sinsheim Carl Lucke BdL 14 Tauberbischofsheim, Buchen Johann Anton Zehnter Zentrum Hessen
Großherzogtum Hessen 1 Gießen, Grünberg, Nidda Philipp Köhler Antisemiten (DSRP) 2 Friedberg, Büdingen, Vilbel Waldemar von Oriola NLP 3 Lauterbach, Alsfeld, Schotten Friedrich Bindewald Antisemiten (DSRP) 4 Darmstadt, Groß-Gerau Balthasar Cramer SPD 5 Offenbach, Dieburg Carl Ulrich SPD 6 Erbach, Bensheim, Lindenfels, Neustadt im Odenwald Wilhelm Haas NLP 7 Worms, Heppenheim, Wimpfen Cornelius von Heyl zu Herrnsheim NLP 8 Bingen, Alzey Reinhart Schmidt FVp 9 Mainz, Oppenheim Adam Schmitt Zentrum Kleinstaaten
Elsaß-Lothringen
Reichsland Elsaß-Lothringen 1 Altkirch, Thann Landolin Winterer Elsaß-Lothringer 2 Mülhausen Fernand Bueb SPD 3 Kolmar Jacques Preiß Elsaß-Lothringer 4 Gebweiler Alphons Roellinger Elsaß-Lothringer 5 Rappoltsweiler Emile Wetterlé Elsaß-Lothringer 6 Schlettstadt Ignaz Spies Elsaß-Lothringer 7 Molsheim, Erstein Nicolaus Delsor Elsaß-Lothringer 8 Straßburg-Stadt Adolf Riff FSV 9 Straßburg-Land Karl Hauss Elsaß-Lothringer 10 Hagenau, Weißenburg Alexander zu Hohenlohe-Schillingsfürst DKP 11 Zabern Johannes Hoeffel DRP 12 Saargemünd, Forbach Franz de Schmid DKP 13 Bolchen, Diedenhofen Peter Merot Elsaß-Lothringer 14 Metz Louis Pierson Elsaß-Lothringer 15 Saarburg, Chateau-Salins Peter Küchly Elsaß-Lothringer Die Fraktionen des 10. Reichstags
Im 10. Reichstag schlossen sich mehrere Abgeordnete nicht der Fraktion ihrer eigentlichen Partei an, sondern blieben fraktionslos. Die DHP-Abgeordneten traten zum Teil der Zentrumsfraktion bei. Zu Beginn der 10. Legislaturperiode besaßen die Reichstagsfraktionen die folgende Stärke:[2]
Zentrum 106 Sozialdemokraten 56 Deutschkonservative 52 Nationalliberale 48 Freisinnige Volkspartei 29 Deutsche Reichspartei 22 Polen 14 Freisinnige Vereinigung 13 Deutschsoziale Reformpartei 10 Deutsche Volkspartei 8 Fraktionslose 39 Im weiteren Verlauf der Legislaturperiode änderte sich aufgrund von Nachwahlen und Fraktionswechseln mehrfach die Stärke der einzelnen Fraktionen.[3]
Siehe auch
Literatur
- Reibel, Carl-Wilhelm: Handbuch der Reichstagswahlen 1890-1918. Droste Verlag, Düsseldorf 2007, ISBN 978-3-7700-5284-4.
Weblinks
- Statistisches Jahrbuch des Deutschen Reichs
- Wahlen in Deutschland bis 1918, dort:
- Deutsche Geschichte in Dokumenten und Bildern, dort:
Einzelnachweise
- ↑ a b Kaiserliches Statistisches Amt (Hrsg.): Vierteljahreshefte zur Statistik des Deutschen Reichs, Siebter Jahrgang, Heft 7. Berlin 1898.
- ↑ Reichstagshandbuch 1898. Münchener Digitalisierungszentrum, S. 294, abgerufen am 20. November 2009 (pdf).
- ↑ Reichstagshandbuch 1898, Nachtragsband 1902. Münchener Digitalisierungszentrum, abgerufen am 20. November 2009 (pdf).
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