Wertpapiere

Wertpapiere

Ein Wertpapier ist eine Urkunde, die ein privates Recht, beispielsweise eine Forderung oder eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, verbrieft. Um das Recht geltend zu machen, ist zumindest der Besitz der Urkunde notwendig. Eine Urkunde dient der Sichtbarmachung und als Nachweis eines Rechtes. Ohne eine Urkunde kann das darin verbriefte Recht nicht geltend gemacht werden.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Das schweizerische Obligationenrecht definiert ein Wertpapier anschaulich:

Wertpapier ist jede Urkunde, mit der ein Recht derart verknüpft ist, dass es ohne die Urkunde weder geltend gemacht noch auf andere übertragen werden kann. [OR,Art. 965]

Wertpapiere können folgende Rechte verkörpern:

Forderungsrechte Geldforderung aus Sparheft, Anleihe
Beteiligungsrechte Stimmrechte und/oder Vermögensrechte, (Bsp.: Aktien)
Sachenrechte Schuldbrief (Eigentumsrecht an einem Grundstück)
Optionenrechte Optionsschein

Beispiele

Beispiele von Wertpapieren sind:


Effekten sind börsengehandelte und vertretbare (fungible) Wertpapiere.

Die obige Innehabung kann vereinfachend mit Vorlage gleichgesetzt werden, es ist aber zu beachten, dass dies manchmal nicht richtig ist – so genügt beispielsweise bei Aktien zur Ausübung des Rechts auf Teilnahme an der Hauptversammlung die Vorlage der sgn. Hinterlegungsbescheinigung (der Bank, dass die Aktien bei ihr im Depot verwahrt werden), d. h. die eigentliche Aktie muss nicht vorgelegt werden, man muss aber der Eigentümer dieser sein.

Abgrenzungen

Die geforderte Verbriefung schließt bloße Beweisurkunden (= Beweis des Bestehens des Rechts), wie zum Beispiel Quittung, Schuldschein, Kaufvertrag, sowie bei einfachen Legitimationsurkunden (= Prüfung der Berechtigung des Vorlegers zur Empfangnahme einer Leistung), beispielsweise Garderobenmarke, Gepäckaufbewahrungsschein, Reparaturschein, von der Definition aus. Manchmal wird die obige Definition insofern zusätzlich eingeschränkt, als Rektapapiere (siehe unten) keine Wertpapiere sind.

Keine Wertpapiere sind:

  • Ein Gutschein eines Kaufhauses ist kein Wertpapier, denn er verbrieft zwar das Recht, beim Herausgeber etwas im genannten Wert zu erhalten, kann aber nicht kraftlos erklärt werden.
  • Eine Banknote ist heute normalerweise kein Wertpapier, sondern ein Zahlungsmittel. Noch vor einigen Jahrzehnten war eine Banknote durch ihre Golddeckung durchaus häufig ein Wertpapier, weil sie jederzeit gegen eine festgelegte Menge Gold getauscht werden konnte (z. B. der US-Dollar bis 1973).

Definition im deutschen Außenwirtschaftsrecht

§ 4 Abs. 2 Nr.7 AWG definiert Wertpapiere als alle Wertpapiere im Sinne des § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Verwahrung und Anschaffung von Wertpapieren vom 4. Februar 1937 (Reichsgesetzblatt I, S. 171). Weiterhin gelten auch Anteile an einem Wertpapiersammelbestand oder an einer Sammelschuldbuchforderung, sowie Rechte auf Lieferung oder Zuteilung von Wertpapieren als Wertpapiere.

Diese Wertpapiere gelten gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 8 AWG als inländische Wertpapiere, wenn sie von einer deutschen oder vor dem 9. Mai 1945 von einer Person (natürliche Person oder juristische Person) mit Wohnsitz bzw. Sitz im Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 ausgestellt worden sind. Alle anderen Wertpapiere gelten nach § 4 Abs. 2 Nr. 9 AWG als ausländische Wertpapiere.

Definition im deutschen Kreditwesengesetz

§ 1 Abs. 11 Satz 2 Nr. 2 Kreditwesengesetz (KWG) definiert Wertpapiere, auch wenn keine Urkunden über sie ausgestellt sind, als Aktien, Zertifikate, die Aktien vertreten, Schuldverschreibungen, Genussscheine, Optionsscheine und andere Wertpapiere, die mit Aktien oder Schuldverschreibungen vergleichbar sind, wenn sie an einem Markt gehandelt werden können; Wertpapiere sind auch Anteile an Investmentvermögen, die von einer Kapitalanlagegesellschaft oder einer ausländischen Investmentgesellschaft ausgegeben werden.

Die KWG-Definition ist eigenständig. Der Wertpapierbegriff anderer Gesetze ist im KWG nur anwendbar, wenn die gesetzlichen Regelungszwecke übereinstimmen.

Sinn und Zweck von Wertpapieren

Im Schuldrecht sind Verträge grundsätzlich formfrei. Fixieren die Parteien die Rechte und Pflichten dennoch schriftlich, so erfolgt dies aus Gründen der leichteren Beweisbarkeit. Gewährt A also B ein Darlehen, kann er von B die Ausstellung eines Schuldscheines verlangen. Legt er nach Fälligkeit der Darlehensschuld diesen B vor, kann der damit die Schuld des B beweisen. Verliert er den Schuldschein, geht damit sein Recht auf Rückzahlung keineswegs unter – es obliegt ihm nur, es auf andere Art zu beweisen. Beim Schuldschein handelt es sich also bloß um eine Beweisurkunde.

Wird jedoch vereinbart, dass der Schuldner mit schuldbefreiender Wirkung an denjenigen leistet, der die Urkunde vorlegt, so hat die Urkunde Liberationsfunktion (Befreiungsfunktion) zugunsten des Schuldners unabhängig davon, wer sie vorlegt. Der Gläubiger kann in diesem Fall nämlich die Urkunde an einen seiner Gläubiger wiederum weitergeben, der die Urkunde nun beim hier gemeinten Schuldner vorlegt. Unter diesen Umständen handelt es sich bei der Urkunde um ein Wertpapier.

Verbindung des Rechtes mit der Urkunde

Bei Wertpapieren ist das Recht grundsätzlich untrennbar mit der Urkunde verbunden. Das zeigt sich bei der Übertragung des verbrieften Rechts bzw. des Papiers und ihrer Auswirkung auf Papier bzw. verbrieftes Recht: Steht die Inhaberschaft des Papiers bei der Berechtigung aus dem Wertpapier im Vordergrund, so geschieht die Übertragung des Papiers nach sachenrechtlichen Grundsätzen und die Inhaberschaft am verbrieften Recht folgt dem Eigentum am Papier ("das Recht aus dem Papier folgt dem Recht am Papier", z. B. bei Inhaberpapieren). Steht aber die Inhaberschaft am verbrieften Recht im Vordergrund, so wird das verbriefte Recht nach den allgemeinen Regeln über die Übertragung des Rechts selbst übertragen und das Eigentum am Papier folgt gem. § 952 Abs. 1 BGB der Inhaberschaft am Recht ("das Recht am Papier folgt dem Recht aus dem Papier", z. B. bei Namenspapieren (auch "Rektapapier")). Nicht in Wertpapieren verbriefte Forderungen können hingegen nur durch Abtretung (Zession) übertragen werden.

Der „weite“ und der „enge“ Wertpapierbegriff

Der „weite“ Wertpapierbegriff von Brunner ist die heute herrschende Definition: Ein Wertpapier ist eine Urkunde, in der ein privates Recht in der Weise verbrieft ist, dass zur Geltendmachung des Rechts die Innehabung der Urkunde erforderlich ist.

  • Urkunde: Die Urkunde ist eine körperliche, bewegliche Sache.
  • privates Recht: Um private Rechte handelt es insbes. nicht bei Geburtsurkunde, Führerschein oder Geldscheinen.
  • Innehabung der Urkunde: Ohne die Innehabung kann das Recht zwar grundsätzlich nicht ausgeübt werden, die physische Vernichtung der Urkunde bedeutet aber nicht den Verlust des Rechtes.

Der „enge“ Wertpapierbegriff besagt, dass nur nach sachenrechtlichen Grundsätzen übertragbare Urkunden Wertpapiere sind. Hierzu werden Inhaber- und Orderpapiere gezählt, Rektapapiere hingegen nicht.

Abgrenzung von anderen Urkunden

  • Keine Wertpapiere sind Beweisurkunden wie Schuldschein und Quittung. Derartige Urkunden haben bloß Beweisfunktion; das Recht ist völlig unabhängig von ihrem Bestehen.
  • Ebenfalls keine Wertpapiere sind einfache Legitimationsurkunden wie Garderobenmarken oder Reparaturscheine. Sie haben zwar wie Wertpapiere Liberationsfunktion, jedoch fehlt es an der Verbriefung des Rechtes (Urkunde = Recht). Diese Urkunden befreien somit den Schuldner von seiner Leistung, ändern aber nichts an den Rechten des Gläubigers. Bspw. kann der Hinterleger der Kleidungsstücke sein Recht anderweitig beweisen, indem er z. B. die Kleidungsstücke und deren Inhalt genau beschreibt.
  • Wertpapiercharakter haben aber Fahrscheine und Eintrittskarten. Wer auch immer sie einlöst, hat das Recht auf die entsprechende Leistung.

Was im konkreten Fall als einfache Legitimationsurkunde und was als Wertpapier gilt, entscheidet primär der Wille des Ausstellers, subsidiär die Verkehrsauffassung.

Erlöschen von Recht bzw. Urkunde

Grundsätzlich erfordert ein Wertpapier ein bestehendes Recht und eine Urkunde, in der es verbrieft ist.

Erlischt nun das Recht und ist die Urkunde noch im Umlauf, so kann es zum gutgläubigen Erwerb des Rechts durch einen Dritten kommen, wenn der Aussteller einen „äußeren Tatbestand“ setzt (z. B. ausgefüllter Wechsel wird liegen gelassen)

Geht die Urkunde (z. B. durch Brand, Diebstahl) unter, kann sie für kraftlos erklärt und eine neue Urkunde ausgefertigt werden.

Bestandteile

Ein Wertpapier besteht i. d. R. effektiv aus

  • dem Mantel: Das ist die Urkunde selbst. Sie verbrieft das Gläubiger- oder Teilhaberrecht.
  • dem Bogen: Das ist ein in mehrere gleichartige und nummerierte Abschnitte aufgeteiltes Papier. Die einzelnen Abschnitte werden Kupon genannt. Gegen die Abgabe eines Kupons bei einer Zahlstelle können Rechte aus der Urkunde geltend gemacht werden. Dies betrifft insbesondere Gewinnausschüttungen bzw. Zinszahlungen, aber auch Wandlungen, Bezug neuer Aktien o. Ä.. Die Kupons verbriefen somit in erster Linie das Ertragsrecht.
  • dem Erneuerungsschein: Gegen Abgabe des Erneuerungsscheines bei einer Zahlstelle erhält der Inhaber einen neuen Bogen (wenn beispielsweise die Koupons des alten Bogens verbraucht sind). Häufig ist der Erneuerungsschein aber als besonderer Abschnitt im Bogen enthalten.

Kennzeichnung

Im deutschen Börsenhandel wurden Wertpapiere im engeren Sinn bisher über eine sechsstellige Kennnummer, die Wertpapierkennnummer oder WKN klassifiziert; diese wurde am 22. April 2003 durch die International Securities Identification Number (ISIN) ersetzt. Die ISIN ist eine zwölfstellige Zahlen-Buchstaben-Kombination, die nach folgendem Muster zusammengesetzt ist:

Ländercode 	Nationale Kennnummer (NSIN)	Prüfziffer
DE                     000575200                     0

In den nationalen Kennnummern ist, sofern schon existent, die bisherige WKN (im Beispiel: Bayer AG, WKN 575200) rechtsbündig eingearbeitet, die vorderen Stellen werden mit Nullen aufgefüllt.

Siehe auch Handelssystem

Einteilungen

Nach Bezeichnung des Berechtigten/Begünstigten (= wer Anspruch auf Leistung hat)

Der Handelsrechtliche Wertpapierbegriff unterscheidet grundsätzlich zwischen Inhaberpapier und Orderpapier. Wertpapiere müssen fungibel, d. h. liquidierbar sein. Es müssen die Voraussetzungen für die Börsenzulassung erfüllt sein oder das Wertpapier an einer ausländischen Börse gehandelt werden. Bei einer Zulassung zum amtlichen Handel, dem geregelten Markt oder einer ausländischen Börse wird das Kriterium der Börsennotierung erfüllt.

  • B) Rektapapiere (= Namenspapiere) (engl etwa: nonnegotiable/registered instrument): Das sind WP, bei denen Berechtigter (nur) der darauf Genannte ist. Die Übertragung erfolgt durch (Vereinbarung und) Zession (= Forderungsabtretung). Beispiele sind:
    • a) die (sonst) geborenen Orderpapiere mit negativer Orderklausel (= Rektaklausel = „nicht an Order“ oder “nicht übertragbar“) (siehe C)
    • b) die (sonst) gekorenen Orderpapiere sofern sie keine Orderklausel enthalten (siehe C)
  • C) Orderpapiere (engl: order paper) (in Österr. unter § 363ff HGB) Das sind WP, die durch Indossament übertragen werden können (= indossable/indossierbare WP). Berechtigter ist der darauf Genannte oder der, den dieser als neuen Berechtigten (= Indossataren) bezeichnet. Die Übertragung erfolgt durch Indossament und (Vereinbarung und) Übergabe. Man unterscheidet folgende Orderpapiere:
    • a) geborene (=gesetzliche) Orderpapiere: Das sind WP, die auch ohne Orderklausel Orderpapiere sind. Geborene OP sind nur der Wechsel, Scheck und die Namensaktie.
    • b) gekorene Orderpapiere: Das sind WP, die nur dann Orderpapiere sind, wenn sie eine Orderklausel enthalten (sonst sind sie Rektapapiere). Gekorene OP sind nur die (Transport) Versicherungspolice, das Konnossement, der Ladeschein, der (Order)lagerschein, die kaufmännische Anweisung, der kaufmännische Verpflichtungsschein und der Bodmereibrief.
    • c) Alle anderen mit Orderklausel versehenen Papiere sind keine echten OP. Durch Indossament wird bei ihnen nur die Abtretung beurkundet (mit den gleichen Rechtswirkungen wie bei Namenspapieren).

Orderklausel und Indossament

In der Praxis sieht das Ganze folgendermaßen aus. Auf der Vorderseite eines (gekorenen) OP steht etwa: „Berechtigter = Peter an Order (engl: to order)“ bzw. „Berechtigter = Peter oder an dessen Order“ Die Worte, die auf „Peter“ folgen, bezeichnet man als Orderklausel und sie bedeuten „oder jemand, den Peter ggf. durch Indossament befiehlt“. Der Berechtigte Peter schreibt dann ggf. auf die Rückseite des WP etwa:

a) „Für mich an XY“. (ein Indossament)
b) „Für mich an die Order von XY“.(ein Indossament mit einer zweiten Orderklausel)

Nach dem verbrieften Recht

  • Schuldrechtliche WP (=Verbriefung von Forderungen)
    • Wechsel, Scheck, Schuldverschreibung
  • Mitgliedschaftspapiere (=Verbriefung von Mitgliedschaft an einer Personenvereinigung und der entsprechenden Rechte)
    • Aktie
  • Sachenrechtliche WP (=Verbriefung von Sachenrechten)
    • Investmentzertifikat
    • Hypothekenbrief
  • Traditions- und Dispositionspapiere (Warenwertpapiere)
    • Lagerschein/Ladeschein

Nach der Beziehung zum Grundgeschäft

  • abstrakte WP (=Verbriefung eines vom Grundgeschäft losgelösten Rechts)
    • Wechsel
    • Scheck
  • kausale WP (=sonstige)
    • Aktie

Nach der wirtschaftlichen Funktion

  • Effekten (WP des Kapitalmarktes)
    • Schuldverschreibung
    • Aktie
  • WP des Zahlungs- und Kreditverkehrs
    • Scheck
    • Wechsel
  • WP des Güterumlaufs (Warenwertpapiere)

Nach dem Gegenwert

Nach Vertretbarkeit

Nach dem Ertrag

  • unverzinsliche WP
  • verzinsliche WP
    • klassische Schuldverschreibungen
  • Dividendenerträge
    • Aktien

Nach der Notierung

Bei börsengehandelten Wertpapieren wird der Preis eines Wertpapiers festgelegt als:

Ausgabepreis

  • Preis bzw. Kurs, den Anleger beim Ersterwerb von Investmentzertifikaten oder anderen Wertpapieren zu zahlen haben.
  • Preis, zu dem Anteile an einem Fonds gezeichnet werden können.
  • Preis, den ein Anleger beim Kauf seiner Fondsanteile zahlt.

Er entspricht dem Rücknahmepreis plus Ausgabeaufschlag.

Siehe auch


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