Winfield Scott

Winfield Scott
Winfield Scott

Winfield Scott (* 13. Juni 1786 in Laurel Branch, nahe Petersburg, Virginia; † 29. Mai 1866 in West Point, New York) war ein US-amerikanischer General, Diplomat und Politiker. Er war der General mit der längsten Dienstzeit in der US-Geschichte und galt als der fähigste amerikanische Offizier seiner Zeit. Im Laufe seiner mehr als fünfzigjährigen Karriere diente er im Britisch-Amerikanischen Krieg von 1812, im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, bei zahlreichen Feldzügen gegen Indianer und auch für kurze Zeit im Amerikanischen Bürgerkrieg. 1852 war er außerdem Kandidat der Whig Party für das Amt des Präsidenten, unterlag jedoch dem Demokraten Franklin Pierce. Scott blieb dennoch eine beliebte nationale Persönlichkeit und erhielt 1855 den Brevet-Rang eines Generalleutnants; diesen Dienstgrad hatte bis dahin nur George Washington innegehabt.

Inhaltsverzeichnis

Ausbildung und Eintritt in das US-Heer

Winfield Scott wurde am 13. Juni 1786 auf dem Hof seiner Familie in der Nähe von Petersburg geboren. Sein Vater war ein relativ wohlhabender Farmer, der im Unabhängigkeitskrieg als Hauptmann gedient hatte. Seine Eltern verstarben sehr früh.

Er besuchte das College of William & Mary in Williamsburg, wurde Rechtsanwalt und wurde in der Miliz Virginias zum Korporal in der Kavallerie befördert. 1808 übernahm man ihn als Hauptmann der Artillerie in die US Army. Fast 2 Meter groß, war Scott schon physisch eine beeindruckende Persönlichkeit. Dazu kam eine ausgeprägte Eitelkeit. Es wird behauptet, er habe sich in seiner ersten Uniform mehrere Stunden im Spiegel bewundert. Ausgeprägt war bei ihm auch ein starker Wissensdurst, eine rasche Auffassungsgabe und ein großer Bildungshunger. Er lernte Griechisch, Latein, Rhetorik sowie Philosophie und befasste sich intensiv mit militärischer Taktik. Er beschaffte sich die neuesten Werke europäischer Autoren über Strategie und hatte während seiner Feldzüge stets eine umfangreiche Bibliothek mit militärischen Klassikern bei sich. Mit seinen fundierten militärtheoretischen Kenntnissen war er in der von Amateuren geprägten US Army seiner Zeit eine Ausnahmeerscheinung. Sein Geltungsdrang brachte ihn jedoch auch in erhebliche Schwierigkeiten. Wegen eines Streits mit seinem Vorgesetzten James Wilkinson, den er öffentlich kritisiert hatte, wurde er für ein Jahr degradiert. In späterer Zeit wurde er auch oft für seinen Umgang mit öffentlichen Geldern kritisiert, jedoch nie mit größerer Auswirkungen auf seine Karriere.

Britisch-Amerikanischer Krieg von 1812

Bei Ausbruch des Krieges mit Großbritannien war Scott Oberstleutnant. Als solcher geriet er bei der schweren amerikanischen Niederlage in der Schlacht von Queenston Heights am 13. Oktober 1812 in britische Gefangenschaft, aus der er durch einen Gefangenenaustausch im Januar 1813 wieder frei kam. Er hatte ein Kontingent regulärer Truppen geführt, die während der Schlacht den Niagara überschritten hatten, aber abgeschnitten und zur Kapitulation gezwungen wurden. Im März 1813 wurde er zum Oberst und Stabschef Generalmajor Henry Dearborns befördert und war im Mai als Regimentskommandeur an der Einnahme von Fort George beteiligt. Scott äußerte öffentlich scharfe Kritik an „schwachköpfigen“ Offizierskollegen und an der amerikanischen Strategie insgesamt, etwa am Feldzug von 1813 auf der Niagara-Halbinsel, wo er seiner Meinung nach durch General Dearborn, den ranghöchsten Offizier des US-Heeres, von entscheidenden Schlägen gegen die zahlenmäßig weit unterlegenen Briten zurückgehalten worden war. An den peinlichen Niederlagen dieses Feldzugs (Schlachten am Stoney Creek und bei Beaver Dams) hatte er keinen Anteil und büßte dadurch – anders als einige seiner Kollegen – seinen guten Ruf nicht ein.

Da Scott sich 1813 als umsichtiger und kompetenter Kommandeur mit großem persönlichen Mut erwiesen hatte, setzte Präsident James Madison im März 1814 seine Beförderung zum Brigadegeneral durch. Scott war damit der jüngste General des US-Heeres und übernahm das Kommando über eine in Buffalo stationierte Brigade, die unter Krankheiten, schlechter Moral und Desertionen litt. Er begann umgehend, diese Einheiten nach seinen Vorstellungen zu formen. Die Offiziere wurden in Kampftaktiken geschult, die Mannschaften über mehrere Monate hinweg bis zur völligen Erschöpfung gedrillt. Scott sorgte auch für eine durchgreifende Verbesserung der sanitären Bedingungen, die zu einem deutlichen Rückgang der Krankheiten führte. Auf diese Weise formte er einen leistungsfähigen, gut ausgebildeten und homogenen Großverband, flößte seinen Soldaten neues Selbstvertrauen ein und erwarb sich mit seinem fundierten militärischen Wissen, seinem Führungstalent und seinem persönlichen Mut ihren Respekt.

Scott führt seine Brigade in der Schlacht bei Chippewa

Mit seiner Brigade nahm Scott im Juli 1814 an Jacob Browns Invasion in Kanada teil, dem letzten und ernsthaftesten Versuch, diese britische Kolonie für die USA zu erobern. Mit diesem etwa 2.000 Mann umfassenden Großverband gelang es ihm am 5. Juli, britischen Truppen unter Generalmajor Phineas Riall in der Schlacht bei Chippewa eine empfindliche Niederlage zuzufügen. Scott erwies sich in diesem Gefecht als ein Meister der klassischen Infanterietaktik. Er durchbrach mit einem schnellen, geschickt ausgeführten Angriff die Linien der Briten und zwang sie zu einem hastigen Rückzug. Dieser Sieg bildete den Grundstein für Scotts weitere Karriere, blieb aber ohne dauerhafte militärische Auswirkungen. Da es die Amerikaner versäumten, ihren Erfolg rechtzeitig auszunutzen, verloren sie die entscheidende Schlacht bei Lundy's Lane am 25. Juli 1814 gegen die erheblich verstärkten Briten unter Sir Gordon Drummond. Scotts Aggressivität, die ihm bei Chippewa den Sieg eingebracht hatte, hatte hier tragische Konsequenzen, denn seine Brigade wurde in dieser äußerst verlustreichen Schlacht bei einem frontalen Angriff gegen starke britische Verbände weitgehend vernichtet, er selbst schwer verwundet. Bis er sich erholt hatte, war der Krieg zu Ende. Kritiker beschuldigten ihn zwar, er habe seine Soldaten seiner persönlichen Ruhmsucht und Eitelkeit geopfert, änderten aber nichts daran, dass Scott aus dem Krieg von 1812 als öffentlich weithin gefeierter Held hervorging. Nach dem Krieg konnte er deshalb seine Bemühungen um eine verbesserte Ausbildung des Heeres und die Professionalisierung des Offizierskorps fortsetzen. Dadurch prägte er das amerikanische Heer im 19. Jahrhundert und darüber hinaus. Mehrere berühmte Offiziere des amerikanischen Bürgerkriegs wie Robert E. Lee sammelten ihre ersten militärischen Erfahrungen unter seinem Kommando.

Auch in persönlicher Hinsicht tat sich nach dem Krieg viel für Scott – 1817 heiratete er Maria D. Mayo, die aus einer bekannten und wohlhabenden virginischen Familie stammte. Aus der Ehe gingen sieben Kinder hervor, von denen aber vier bereits im Kindesalter verstarben.

Feldzüge gegen die Indianer

Obwohl er sich aufgrund seines Charakters zahlreiche Feinde machte – mit Andrew Jackson soll er so aneinandergeraten sein, dass beide ein Duell verabredeten, aber auf den Kampf verzichteten, weil jeder vom Mut des anderen überzeugt war – erhielt er weitere wichtige Kommandos. 1829 wurde er Oberkommandierender des Eastern Departments der Army. 1832 kommandierte Scott Truppen im Black-Hawk-Krieg, im selben Jahr war er Oberbefehlshaber der Bundestruppen, die in der sogenannten Nullifikationskrise (siehe auch Nullifikationsdoktrin) für einen Einsatz gegen den Bundesstaat South Carolina aufmarschierten. Zum Einsatz kam er auch im Zweiten Seminolenkrieg (1835–1842) in Florida. 1838 erzwang er auf Befehl Präsident Martin Van Burens die Deportation der Cherokee-Indianer aus Georgia in das Indianer-Territorium im heutigen Oklahoma, den sogenannten Pfad der Tränen. Aufgrund schlechter klimatischer Bedingungen, mangelhafter Organisation und Gleichgültigkeit der Amerikaner starben hierbei etwa 4.000 Indianer. Obwohl Scott zweifellos die rassistische Haltung der meisten seiner Landsleute gegenüber den Indianern teilte, war er human genug, aufgrund dieser Erfahrungen die Deportation zu stoppen, was ihm massive Kritik der Verantwortlichen, u.a. Andrew Jacksons, einbrachte. Im März 1839 vermittelte Scott bei Spannungen zwischen dem US-Bundesstaat Maine und der kanadischen Provinz Neubraunschweig (der sog. Aroostook-Krieg).

Mexikanisch-Amerikanischer Krieg

1841 wurde Scott Generalmajor und Oberbefehlshaber des Heeres. Während des Mexikanisch-Amerikanischen Kriegs (1846–1848), kommandierte er die südliche der beiden US-Armeen, die nach Mexiko vorstießen. Er landete bei Veracruz, nahm die Stadt am 27. März 1847 und folgte, möglicherweise durch William H. Prescotts Buch „Die Eroberung von Mexiko“ inspiriert, der Route des spanischen Conquistadors Hernán Cortés von 1519 in Richtung Mexiko-Stadt. Scotts Gegner in diesem Feldzug war der mexikanische Präsident und General Antonio López de Santa Anna. Scott schlug die Mexikaner in der Schlacht von Cerro Gordo am 18. April 1847, nachdem seine Pioniere einen Bergpfad gefunden hatten, der es den Amerikanern ermöglichte, die gegnerische Position zu umgehen. Am 19. und 20. August besiegte er sie erneut in zwei aufeinanderfolgenden Schlachten bei Contreras und Churubusco, wodurch der Weg nach Mexiko-Stadt frei war. Nach vergeblichen Verhandlungen eroberten die Amerikaner in der blutigen Schlacht von Molino del Rey am 8. September mexikanische Stellungen nahe Mexiko-Stadt. Am 13. September gelang nach zweitägigen Kämpfen in der Schlacht von Chapultepec die Einnahme dieses wichtigen, die Hauptstadt deckenden Forts. Auf Befehl seines Untergebenen William Harney wurden in dem Moment, in dem die amerikanische Flagge auf dem Fort zu sehen war, zehn der bei Churubusco gefangen genommenen und von Kriegsgerichten verurteilten Angehörigen der San Patricios, einer Gruppe meist irischstämmiger US-Amerikaner in mexikanischen Kriegsdiensten, gehängt. Bis heute beurteilt man den Status dieser Soldaten und ihre Hinrichtung kontrovers; teils wird letztes als Kriegsverbrechen, teils als legitime Bestrafung von Landesverrätern betrachtet.

Am 15. September drangen die Amerikaner nach erneuten blutigen Kämpfen in Mexiko-Stadt ein, nachdem Santa Anna seine Truppen aus der Stadt zurückgezogen hatte. Als Militärkommandant der Stadt erwarb sich Scott den Respekt sowohl der Mexikaner als auch der US-Behörden. Auseinandersetzungen innerhalb seines Offizierskorps und die Feindseligkeit der Regierung von Präsident James K. Polk wegen seiner Zugehörigkeit zur Whig Party führten zu seiner Ablösung. Es wurde sogar ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, um die Disziplinarmaßnahmen Scotts gegen diese illoyalen Offiziere zu untersuchen. Die Vorwürfe wurden jedoch fallen gelassen und der General für die brillante Führung des Feldzugs mit einer Goldmedaille des Kongresses geehrt.

Präsidentschaftskandidatur, Sezessionskrieg und letzte Tage

1848 bewarb sich Scott erstmals um das Amt des US-Präsidenten, doch die Nominierung seiner Partei ging an Zachary Taylor, einen anderen Befehlshaber im Mexikanisch-Amerikanischen Krieg, der dann auch die Wahl gewann. Vier Jahre später wurde er dann Whig-Kandidat für das Präsidentenamt, verlor aber gegen Franklin Pierce, den Kandidaten der Demokraten. Scotts Niederlage hatte verschiedene Gründe. Seine die Sklaverei eher ablehnende Haltung kostete ihn vor allem im Süden Stimmen, während das eher sklavereifreundliche Parteiprogramm der Whigs seine Wahl im Norden verhinderte. Obendrein war auch sein Gegner Pierce als Brigadegeneral ein Veteran des Krieges gegen Mexiko. Scott konnte deswegen nur vier Staaten mit 42 Wahlmännerstimmen erringen und unterlag Pierce deutlich.

Wahlergebnis 1852

Trotz seiner Niederlage genoss er weiterhin große Popularität, war aber aufgrund seiner ausgeprägten Eitelkeit, Geltungssucht und Korpulenz auch Zielscheibe unzähliger Anekdoten, Witze und Karikaturen. Wegen seines Bestehens auf militärischer Etikette und Disziplin gab man ihm den Spitznamen „Old Fuss and Feathers“; respektvoller war die Bezeichnung als „Grand Old Man of the Army“ („großer alter Mann des Heeres“). Der Kongress trug dieser Beliebtheit 1855 Rechnung, als er Scott ehrenhalber zum Brevet-Dienstgrad Generalleutnant beförderte. Er war damit nach George Washington der zweite Amerikaner, der zu diesem Dienstgrad befördert worden war. 1859 wurde er von Präsident Buchanan in den Nordwesten geschickt, um den Schweinekonflikt mit Großbritannien beizulegen.

Scotts Anacondaplan
Cartoon 1861

Obwohl Scott aus den Südstaaten stammte, war er ein Gegner der Sezession und blieb deswegen der Union treu. Als 1861 der Bürgerkrieg ausbrach, bot Scott, der zu alt, krank und übergewichtig für ein Feldkommando war, den Oberbefehl über das Feldheer Oberst Robert E. Lee an, der jedoch nach dem Austritt Virginias aus der Union ein Kommando im virginischen Heer annahm. Scott glaubte im Gegensatz zu der Mehrheit der Politiker und Militärs des Nordens nicht, dass ein schneller Sieg gegen die Südstaaten möglich sei. Er entwarf einen Feldzugsplan, der vorsah, schrittweise wichtiges Terrain wie den Mississippi sowie die Hafenstädte am Atlantik und am Golf von Mexiko zu besetzen und von dort nach Atlanta vorzustoßen. Man machte sich über diesen Plan öffentlich lustig, da fast alle Politiker und Militärs von einem kurzen Krieg ausgingen. Steigende Kritik an der Kriegsführung, zuletzt nach der Niederlage in dem Gefecht bei Balls Bluff, sowie Intrigen von Generalmajor McClellan, dem Oberbefehlshaber der Potomac-Armee, veranlassten Scotts Rücktritt am 1. November 1861. Sein Nachfolger wurde McClellan. Scott, der nach seiner Verabschiedung seine Memoiren verfasste und nach Europa reiste, erlebte noch, dass sein „Anakonda-Plan“ aufgegriffen wurde und sich insbesondere durch die Blockade der Häfen und die Feldzüge Grants und Shermans (siehe unter anderem Atlanta-Feldzug) als kriegsentscheidend erwies. Scott starb am 29. Mai 1866, kurz vor seinem 80. Geburtstag, in West Point.

Literatur

  • John S. D. Eisenhower: Agent of Destiny: The Life and Times of General Winfield Scott. Norman 1999, ISBN 0-8061-3128-4.
  • Allan Peskin: Winfield Scott and the Profession of Arms. Kent 2003, ISBN 0-87338-774-0.
  • Winfield Scott: Memoirs of Lieut.General Scott LL.D. 2 Bände, Sheldon, New York 1864.
  • Timothy D. Johnson: Winfield Scott: A Quest for Military Glory. Lawrence, KS 1998.

Weblinks

 Commons: Winfield Scott – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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