- Wladyslaw Bartoszewski
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Władysław Bartoszewski (* 19. Februar 1922 in Warschau) ist ein polnischer Historiker, Publizist und Politiker.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Während des Zweiten Weltkrieges schloss er sich dem Widerstand gegen Deutschland an. Jan Karski stellte ihn 1942 Zofia Kossak vor. Er wurde führender Aktivist in Kossaks Konrad-Żegota-Komitee, das etwa 75.000 Juden rettete. Im September 1940 wurde er ins Konzentrationslager Auschwitz verschleppt und im April 1941 schwer krank entlassen. Sein Studium absolvierte er an der geheimen Warschauer Universität (Tajny Uniwersytet Warszawski). 1944 nahm er am Warschauer Aufstand teil.
In der stalinistischen Ära nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete Bartoszweski kurze Zeit als Journalist, geriet aber ins Visier der Staates und verbrachte sechs Jahre im Gefängnis. 1955 wurde er rehabilitiert und konnte als Historiker und Publizist arbeiten. Er schrieb mehrere historische Werke, die sich mit der Reaktion der Polen auf den Holocaust auseinandersetzten.
1980 engagierte sich Bartoszewski in der Gewerkschaft Solidarność. Nach der Verhängung des Kriegsrechts wurde er 1981 erneut inhaftiert. Dank der Hilfe einer befreundeten jüdischen Familie konnte er befreit werden. In den Folgejahren war Bartoszewski unter anderem Gastprofessor in München, Eichstätt und Augsburg. Von 1990 bis 1995 war er polnischer Botschafter in Wien, ernannt von Präsident Lech Wałęsa. 1995 übernahm er in der Regierung von Józef Oleksy das Amt des Außenministers, trat jedoch zurück, als Aleksander Kwaśniewski zum Präsidenten gewählt wurde. Von Juni 2000 bis September 2001 war er erneut Außenminister Polens, diesmal in der Regierung von Jerzy Buzek.
Am 60. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz, am 27. Jan. 2005, hielt Bartoszewski während der dortigen Gedenkveranstaltung eine viel beachtete Rede.[1] [2]
Im Parlamentswahlkampf 2007 nahm Bartoszewski Stellung für die oppositionelle Bürgerplattform PO. Während eines Wahlkampfauftrittes hielt er eine Rede, in der er der regierenden Partei PiS vorwarf, das Ansehen Polens in der Welt zu zerstören, zudem hielt er den von der Regierung eingesetzten Diplomaten vor, „Amateur-Diplomaten“ zu sein. Er betonte, er sei nun 85 Jahre alt und wolle in einem freien Polen sterben. Diese Rede wurde über die Grenzen Polens hinaus bekannt. Seit November 2007 ist er Staatssekretär und außenpolitischer Berater des polnischen Ministerpräsidenten Donald Tusk. Bartoszewski soll sich besonders um die polnisch-deutschen und die polnisch-jüdischen Beziehungen bemühen. In dieser Funktion hat sich Bartoszewski inzwischen sehr kritisch zu dem in Berlin geplanten Zentrum gegen Vertreibung geäußert. Man werde den Dialog mit den Deutschen über die Geschichte suchen, sagte Bartoszewski kurz nach seiner Ernennung.
Veröffentlichungen (Auswahl)
Bartoszewski veröffentlichte über 40 Bücher und 1200 Artikel in unterschiedlichen Sprachen. Gegenstand seiner Werke sind meist der Zweite Weltkrieg und der Holocaust; außerdem schrieb er häufig über die Beziehungen zwischen Polen, Juden und Deutschen. Die folgende Liste wurde auf erstes Erscheinungsdatum und Titel beschränkt, eine ausführliche Liste ist im polnischen Wikipedia-Eintrag enthalten.
Polnische Werke
- 1962 Konspiracyjne Varsaviana poetyckie 1939–1944: zarys informacyjny
- 1966 Organizacja małego sabotażu „Wawer“ w Warszawie (1940–1944)
- 1967 Ten jest z Ojczyzny mojej. Polacy z pomocą Żydom 1939–1945 (mit Zofia Lewinówna)
- 1967 Warszawski pierścień śmierci 1939–1944
- 1970 Kronika wydarzeń w Warszawie 1939–1949 (mit Bogdan Brzeziński und Leszek Moczulski)
- 1974 Ludność cywilna w Powstaniu Warszawskim. Prasa, druki ulotne i inne publikacje powstańcze I–III
- 1974 1859 dni Warszawy (mit Aleksander Gieysztor)
- 1979 Polskie Państwo Podziemne
- 1983 Los Żydów Warszawy 1939–1943. W czterdziestą rocznicę powstania w getcie warszawskim
- 1984 Jesień nadziei: warto być przyzwoitym
- 1984 Dni walczącej stolicy. Kronika Powstania Warszawskiego
- 1985 Metody i praktyki Bezpieki w pierwszym dziesięcioleciu PRL (unter Pseudonym Jan Kowalski)
- 1986 Syndykat zbrodni (unter Pseudonym „ZZZ“)
- 1987 Na drodze do niepodległości
- 1988 Warto być przyzwoitym. Szkic do pamiętnika
- 1990 Warto być przyzwoitym. Teksty osobiste i nieosobiste
- 2001 Ponad podziałami. Wybrane przemówienia i wywiady – lipiec-grudzień 2000
- 2001 Wspólna europejska odpowiedzialność. Wybrane przemówienia i wywiady, styczeń–lipiec 2001
- 2005 Moja Jerozolima, mój Izrael. Władysław Bartoszewski w rozmowie z Joanną Szwedowską (mit Andrzej Paczkowski)
- 2006 Władysław Bartoszewski: wywiad-rzeka (mit Michał Komar)
- 2006 Dziennik z internowania. Jaworze 15.12.1981–19.04.1982
Deutsche Werke
- 1967 Die polnische Untergrundpresse in den Jahren 1939 bis 1945
- 1983 Das Warschauer Getto wie es wirklich war. Zeugenbericht eines Christen
- 1983 Herbst der Hoffnungen: es lohnt sich, anständig zu sein
- 1986 Aus der Geschichte lernen? Aufsätze und Reden zur Kriegs- und Nachkriegsgeschichte Polens (mit Stanisław Lem)
- 1987 Uns ein vergossenes Blut. Juden und Polen in der Zeit der Endlösung
- 1990 Polen und Juden in der Zeit der „Endlösung“
- 2000 Kein Frieden ohne Freiheit. Betrachtungen eines Zeitzeugen am Ende des Jahrhunderts
- 2005 Und reiß uns den Hass aus der Seele
Englische Werke
- 1968 Warsaw Death Ring: 1939–1944
- 1969 Righteous Among Nations: How Poles Helped the Jews 1939–1945
- 1970 The Samaritans: Heroes of the Holocaust (mit Zofia Lewin)
- 1988 The Warsaw Ghetto: A Christian's Testimony
- 1991 The Jews in Warsaw: A History (mit Antony Polonsky)
- 1991 The Convent at Auschwitz
Auszeichnungen und Ehrungen (Auswahl)
- Bartoszewski hat sich besonders um die deutsch-polnische Aussöhnung verdient gemacht und wurde 1986 mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet; die Laudatio hielt Hans Maier. [3].
- 1996 wurde er mit dem Heinrich-Brauns-Preis und Heinrich-Heine-Preis der Stadt Düsseldorf ausgezeichnet.
- 1997 erhielt Bartoszewski das Große Verdienstkreuz mit Stern des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland überreicht. Unmittelbar nach seiner Ernennung zum Außenminister hielt er eine viel beachtete Rede im Deutschen Bundestag. Darin sprach er von einem „neuen Deutschland“, das die Vergangenheit positiv bewältigt hat.
- 1997 erhielt er die St. Liborius-Medaille für Einheit und Frieden des Erzbistum Paderborn
- 1997 verlieh ihm Ministerpräsident Erwin Teufel die Verdienstmedaille des Landes Baden-Württemberg
- 2002 erhielt er den Humanismuspreis des Deutschen Altphilologenverbands sowie den Eugen-Kogon-Preis.
- Im Juni 2007 wurde ihm der Internationale Adalbert Preis in Bratislava vom slowakischen Staatspräsidenten überreicht.
- 2008 erhielt Bartoszewski den mit 15 000 Euro dotierten ersten Europäischen Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma.[4]
- 2009 erhält Bartoszewski den undotierten Kaiser-Otto-Preis der Stadt Magdeburg.
- 2009 wurde er zum Kommandeur der Ehrenlegion ernannt[5]
Weblinks
- Literatur von und über Władysław Bartoszewski im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Władysław Bartoszewski - Blog (PL)
- Rede vor dem Deutschen Bundestag am 28. April 1995
- Rede des früheren polnischen Außenministers Władysław Bartoszewski anlässlich der Gedenkveranstaltung an Sinti- und Roma-Häftlinge im Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau, Berlin, 16. Mai 2004
- Rede zur Eröffnung einer Ausstellung, die erstmals in Deutschland originale Baupläne des KZ Auschwitz zeigt, Berlin, Februar 2009
- Deutschlandfunk (DLF) Köln: Kulturfragen 5. April 2009, 17.05-17.30 Uhr: Freiheit und Verantwortung. Weimarer Rede über Europas Demokratien
Einzelnachweise und Anmerkungen
- ↑ haGalil onLine 28-01-2005
- ↑ Text der Rede von Bartoszewski, S. 156 f (engl.)
- ↑ Text der Dankesrede von Bartoszewski und der Laudatio von Hans Maier
- ↑ Berliner Zeitung: „Bartoszewski erhält Bürgerrechtspreis der Sinti und Roma“, 4. Juni 2008
- ↑ Intervention de François Fillon, lors de la remise des insignes de commandeur de la Légion d’honneur à Wladislaw Bartoszewski (ambassade de France à Varsovie)
Krzysztof Skubiszewski | Andrzej Olechowski | Władysław Bartoszewski | Dariusz Rosati | Bronisław Geremek | Władysław Bartoszewski | Włodzimierz Cimoszewicz | Adam Daniel Rotfeld | Stefan Meller | Anna Fotyga | Radosław Sikorski
Personendaten NAME Bartoszewski, Władysław KURZBESCHREIBUNG polnischer Historiker, Publizist und Politiker GEBURTSDATUM 19. Februar 1922 GEBURTSORT Warschau
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