Zeichentrickhefte und -Zeitschriften

Zeichentrickhefte und -Zeitschriften

Comic ist der gängige Begriff für eine Form der sequenziellen Kunst, die in einer Folge von Bildern einen Vorgang beschreibt oder eine Geschichte erzählt. In der Regel sind die Bilder gezeichnet und werden mit erzählendem Text und/oder wörtlicher Rede kombiniert.

In der Comic-Kunst überschneiden sich Literatur und bildende Kunst. Sie stellt allerdings eine eigenständige Kunstform dar. Der Begriff „Comic“ (ursprünglich Comics) leitet sich vom englischen Begriff comic strip, auf Deutsch etwa „komischer Streifen“, ab. Da Comics aber nicht zwangsläufig komisch sein müssen, wurde auch der neutralere Begriff „sequenzielle Kunst“ eingeführt. Der französische Literaturwissenschaftler Francis Lacassin ordnete 1971 den Comic als die „Neunte Kunst“ in den Kanon der bildenden Künste ein. Im Französischen wird meist der Begriff „Bande dessinée“ (dt. gezeichneter Streifen) oder dessen Abkürzung „BD“ verwendet. In den USA existiert auch die Bezeichnung Graphic Novel (dt. grafischer Roman) für vorwiegend literarisch ausgerichtete Comics in Abgrenzung zum Mainstream-Comic.

Inhaltsverzeichnis

Definition

Onomatopoesie in Comics

Nach Scott McCloud sind Comics „zu räumlichen Sequenzen angeordnete, bildliche oder andere Zeichen, die Informationen vermitteln und/oder eine ästhetische Wirkung beim Betrachter erzeugen“.[1] Er nimmt damit Will Eisners Definition auf, der Comics als sequentielle Kunst bezeichnet.[2] Diese Definition hat den Vorteil, dass sie unabhängig von Inhalt und Umsetzung ist. Allerdings muss nach ihr ein Comic mindestens aus zwei Bildern bestehen. Illustrationen, Karikaturen oder Cartoons, die nur aus einem Bild bestehen, wären demnach keine Comics.

Falls in einem Comic Text enthalten ist, so steht dieser entweder über oder unter den Bildern oder wird mittels Sprechblasen in das Bild gesetzt. Zusätzlich werden oft auch Geräusche lautmalerisch in die Bilder integriert, als sogenannte Onomatopoetika. Tätigkeiten können durch Inflektive hervorgehoben werden.

Geschichte

siehe auch:

Nach der Definition von McCloud liegen die Ursprünge des Comics in der Antike. So finden sich im Grab des Menna von vor 3400 Jahren Malereien, die in einer Bildfolge Ernte und Verarbeitung von Getreide darstellen. Speziell diese Bildfolge liest sich im Zickzack von unten nach oben. Ägyptische Hieroglyphen jedoch stellen keine Vorform des Comics dar, da diese, trotz ihrer Bildlichkeit, für Laute, nicht für Gegenstände stehen. Ähnliche Beispiele früher Formen von Bildergeschichten stellen die Trajanssäule oder japanische Tuschemalereien dar.[1]

In Amerika wurden ebenso früh Erzählungen in sequentiellen Bildfolgen wiedergegeben. Ein Beispiel dieser Kunst wurde 1519 von Cortez entdeckt und erzählt vom Leben eines präkolumbianischen Herrschers des Jahres 1049. Dabei werden die Bilder um erklärende Schriftzeichen ergänzt. In Europa entstand im Hochmittelalter in Frankreich der Teppich von Bayeux, der die Eroberung Englands durch die Normannen im Jahr 1066 schildert. Auch hier werden Text und Bild kombiniert.[1] Viele Darstellungen in Kirchen dieser Zeit, wie Altarbilder oder Fenster, haben einen comicartigen Charakter. Sie vermittelten damals besonders analphabetischen Gesellschaftsschichten Erzählungen. Auch die Wiener Genesis, ein byzantinisches Manuskript aus dem 6. Jahrhundert, gehört zu derartigen Werken. In vielen Fällen wird dabei schon das Mittel der Sprechblase in Form von Spruchbändern vorweggenommen, die die handelnden Figuren in den Händen halten.[3] In Japan zeichneten seit dem 12. Jahrhundert Mönche Bildfolgen auf Papierrollen, häufig mit shintoistischen Motiven. Bis ins 19. Jahrhundert fanden Hefte mit komischen oder volkstümlichen Erzählungen Verbreitung. Der Holzschnittkünstler Katsushika Hokusai prägte erstmals den Begriff Manga, der in Japan für Comics steht.[4]

Nach der Erfindung des Buchdrucks in Europa fanden Drucke von Märtyrergeschichten in der Bevölkerung weite Verbreitung. Später wurden die Zeichnungen feiner und der Text wurde, wie bei den verbreiteten Drucken, wieder weggelassen. So bei William Hogarth, der unter anderem A Harlot's Progress schuf. Diese Geschichten bestanden aus wenigen Bildern, die in Galerien in einer Reihe aufgehängt waren und später gemeinsam als Kupferstich verkauft wurden. Die Bilder waren detailreich und die Inhalte der Geschichten sozialkritisch.[1] Auch Friedrich Schiller schuf mit Avanturen des neuen Telemachs eine Bildgeschichte, die auch wieder Text gebrauchte und diesen wie im Mittelalter in Schriftrollen integrierte.[3]

Besonders in britischen Witz- und Karikaturblättern wie dem Punch fanden sich ab Ende des 18. Jahrhunderts viele Formen des Comics, meist kurz und auf Humor ausgerichtet. Aus dieser Zeit stammt auch der Begriff Comic.[3] Als Vater des modernen Comics bezeichnet McCloud Rodolphe Töpffer. Er verwendete Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals Panelrahmen und stilisierte, cartoonhafte Zeichnungen und kombinierte Text und Bild. Die Geschichten hatten einen heiteren, satirischen Charakter und wurden auch von Johann Wolfgang Goethe bemerkt mit den Worten Wenn er künftig einen weniger frivolen Gegenstand wählte und sich noch ein bisschen mehr zusammennähme, so würde er Dinge machen, die über alle Begriffe wären.[1] In den USA wurden ab Mitte des 19. Jahrhunderts kurze Comicstrips in den Zeitungen herausgebracht, die meist eine halbe Seite einnahmen und bereits Comics genannt wurden. Yellow Kid von Richard Felton Outcault aus dem Jahr 1896 wird teilweise als erster moderner Comic betrachtet, jedoch ist dies umstritten. So entstanden zu dieser Zeit auch Ally Sloper's Half Holiday von Charles Ross[5] und die Bildgeschichten Wilhelm Buschs. Andreas Platthaus sieht in George Herrimans Krazy Kat eine größere Revolution, als in den vorhergehenden Werken, denn Herriman verwendet erstmals anthropomorphe Tiere und entwickelt neue Stilmittel. Auch in Europa gab es zu Beginn des 20. Jahrhunderts Karikaturenzeitschriften, jedoch kaum sequentielle Comics.[3] Auch in Japan etablierten sich Karikaturmagazine und das Stilmittel der Sprechblasen wurde aus Amerika übernommen. Kitazawa Rakuten[4] und Okamoto Ippei gelten als die ersten professionellen japanischen Zeichner, die in Japan Comicstrips anstatt der bis dahin gängigen Karikaturen schufen.

In Europa entwickelte sich in Frankreich und Belgien eine andere Form von Comics, das Comicheft, in dem längere Geschichten in Fortsetzung abgedruckt wurden. Ein bedeutender Vertreter war Hergé, der Tim und Struppi schuf und den Stil der Ligne claire begründete. Auch in Amerika wurden bald längere Geschichten in Beilagen der Sonntagszeitungen veröffentlicht. Hal Fosters Tarzan machte diese Veröffentlichungsart populär. 1937 folgte Prinz Eisenherz, bei dem erstmals seit langem wieder auf die Integration von Texten und Sprechblasen verzichtet wurde. Ähnlich entwickelten sich unter anderem die Figuren Walt Disneys von Gagstrips zu längeren Abenteuergeschichten. Dies geschah bei Micky Maus in den 1930er Jahren durch Floyd Gottfredson, bei Donald Duck in den 1940er Jahren durch Carl Barks. Nach der Erfindung von Superman durch Jerry Siegel und Joe Shuster 1938 brach in den USA ein Superheldenboom aus, der die Zielgruppe der Comics in Amerika endgültig zu Kindern und Jugendlichen verschob und dem Comicheft zum Durchbruch verhalf.[3]

Durch den Zweiten Weltkrieg kam es besonders in Amerika und Japan zu einer Ideologisierung der Comics. Mit dem Aufschwung der Superheldencomics in den USA in den 1950er Jahren kam es erstmals dazu, dass die Arbeit des Autors und des Zeichners getrennt wurden. Das geschah vor allem, um die Arbeit an den Heften rationell zu gestalten. In Amerika gehörten der Zeichner Jack Kirby und der Autor Stan Lee zu den Künstlern, die das Golden Age der Superhelden in den Vierziger Jahren und das Silver Age in den 1960er Jahren prägten. In den 1950er kam es dagegen wegen des Comics Codes zur Schließung vieler kleiner Verlage und der Dominanz der Superheldencomics in den USA. Auch in Europa wurde die Arbeitsteilung häufiger. Während der 1980er Jahre kam es kurzzeitig zu einer Rückkehr der Generalisten, die die Geschichten schrieben und zeichneten. In den 1990er Jahren kehrte man in den USA und Frankreich wieder zu der Aufteilung zurück. Diese Entwicklung führte dazu, dass die Autoren mehr Aufmerksamkeit genießen und die Zeichner, besonders in Amerika, von diesen Autoren ausgewählt werden. Zugleich entwickelte sich in Amerika seit den Sechziger Jahren der Undergroundcomic, der sich dem Medium als politischem Forum widmete. Einer der bedeutendsten Vertreter ist Art Spiegelman, der in den 1980er Jahren Maus – Die Geschichte eines Überlebenden schuf.[3]

In Japan entwickelte sich der Comic nach dem Zweiten Weltkrieg neu, der Künstler Osamu Tezuka, der unter anderem Astro Boy schuf, hatte großen Einfluss auf die Weiterentwicklung des Mangas in der Nachkriegszeit. Der Comic fand in Japan weite Verbreitung in allen Gesellschaftsschichten und erreichte ab den 1960er und 1970er Jahren auch viele weibliche Leser. Auch gab es vermehrt weibliche Zeichner, darunter die Gruppe der 24er. Ab den 1980er Jahren, besonders in den Neunzigern, wurden Mangas auch außerhalb Japan populär, darunter besonders Reihen wie Sailor Moon und Dragonball.[4]

Verwandtschaft und Unterschiede zum Film

Storyboard für Film

Beim Lesen von Comics entsteht ein so genanntes Kopfkino. Der Leser fügt die einzelnen Panels in seiner Phantasie wie zu einem Film zusammen. Im Unterschied zur reinen Textliteratur ist das Kopfkino beim Comic-Lesen in der Regel stärker visuell ausgeprägt.

Damit das Kopfkino-Erlebnis möglichst gut gelingt, erfordert die Comic-Erstellung neben texter- und zeichnerischen auch Fähigkeiten, die sich stark mit den Anforderungen der Filmkunst überlappen. Zum Beispiel werden typische dramaturgische Techniken angewendet, wie man sie aus dem Film kennt. Die einzelnen Panels zeigen Einstellungsgrößen wie Totale oder Halbnahe. Fast alle Techniken der Filmkunst haben ihr Pendant im Comic. Dem so genannten Establishing Shot entspricht zum Beispiel in vielen Comics ein „Eröffnungs-Panel“, das die Szenerie zeigt.

Die enge Verwandtschaft zeigt sich auch in der Erstellung von Storyboards während der Produktionsphase eines Films, die den Verlauf des Films und insbesondere die Kameraeinstellung in einem Comic skizzieren und dem Regisseur und Kameramann als Anregung oder Vorlage dienen. Umgekehrt wird das Drehbuch für ein Comic Skript genannt, da ein Comic ja schließlich nicht gedreht wird. Der Autor des Comics schreibt die geplante Geschichte als solches Skript, das dem Zeichner anschließend als Grundlage für seinen Teil der Arbeit dient.

Im Unterschied zum Film erfordert der Comic jedoch das ‚Lesen zwischen den Panels‘, das sich mit dem ‚Lesen zwischen den Zeilen‘ in rein wortbasierten Literaturformen vergleichen lässt. Denn anders als im Film, wo sowohl ein Ändern der Perspektive durch Kameraschwenk und/oder Zoom als auch Bewegungsabläufe von Personen und Objekten innerhalb einer Einstellung vermittelt werden können, kann dies im Comic innerhalb eines Panels allenfalls durch Bewegungslinien, einander in Bewegungsschemata überlagernde Bilder bzw. Panel im Panel angedeutet werden. Zwischen Panel und Panel ergibt sich so zwangsläufig eine Informationslücke, die im Allgemeinen größer ist, als die zwischen Einstellung und Einstellung. Der Comic-Leser ist also im Vergleich zum Film-Zuschauer weitaus stärker gefordert, durch selbsttätiges Denken – „Induktion“; vgl. Induktion (Film) – einen dynamischen Ablauf aus statischen Bildern zu konstruieren.

Während die durch die Gutter-Struktur vorgegebenen „Informationslücken“ im (skizzenhaften) Film-Storyboard vernachlässigt (und im späteren Produkt durch filmische Mittel geschlossen) werden können, erfordern sie von Comic-Autoren eine erhöhte Aufmerksamkeit, damit beim endgültigen Produkt ein flüssiges Leseverstehen seitens der Leserschaft gewährleistet ist. Diese Notwendigkeit, Textkohäsion durch grafische Mittel herzustellen, führt Scott McCloud als wichtiges Kriterium von Comics an. Aufgrund dieses Kriteriums sind Comics aus literaturwissenschaftlicher Perspektive eine Form von Literatur, obgleich sie dessen unbeschadet aus kunstwissenschaftlicher Sicht eine eigenständige Kunstform darstellen.

Formen des Comics

Comicstrip

Beispiel für einen Comic-Strip

Der Comicstrip (vom englischen comic strip, strip = Streifen) umfasst als Begriff sowohl die daily strips (Tagesstrips) als auch die Sunday pages (Sonntags-Strips).

Ursprünglich wurden Comicstrips nur in den amerikanischen Sonntagszeitungen gedruckt, wo sie zunächst eine ganze Seite füllten (daher der Begriff Sunday pages). Als erster Comicstrip gilt The Yellow Kid von Richard Felton Outcault, der 1895 startete.

Nachdem aufgrund der wirtschaftlichen Notwendigkeiten bei dem Druck der Sonntag-Strips die optischen Voraussetzungen der einzelnen Bilder immer starrer wurden, brach erst Bill Watterson in Calvin & Hobbes die formale Struktur des Sonntagsstrips wieder auf und setzte damit die Einsicht durch, dass das Schema auch bei anderen Strips den Notwendigkeiten der einzelnen Geschichte anzupassen ist.

1903 erschien der erste werktägliche daily strip auf den Sportseiten der Chicago American, ab 1912 wurde zum ersten Mal eine regelmäßige Serie abgedruckt. Der Tagesstrip, der von Anfang an nur auf schwarz-weiß beschränkt war, sollte auch von seinem Platz her sparsam sein. Da er nur eine Leiste umfassen sollte, wurde die Länge auf drei oder vier Bilder beschränkt. Häufig werden bestimmte Motive variiert und ihnen dadurch neue Perspektiven abgewonnen. Nur in absoluten Ausnahmefällen ergeben sich längerfristige Veränderungen, meist handelt es sich um die Einführung neuer Nebenfiguren. Erscheinen die Geschichten täglich, werden sie häufig eingesetzt, um im Laufe einer Woche eine Art Handlungsbogen zu bestimmen, der in der nächsten Woche von einem neuen abgelöst wird.

Deshalb setzte sich vermehrt die Praxis durch, dass die Sunday pages unabhängig von dem Handlungsbogen funktionieren mussten, da es zum einen einen Leserstamm ausschließlich für die Sonntagszeitungen gab, der die vorhergehenden Geschichten nicht kannte und außerdem die Sonntagsstrips zum Teil separat vertrieben wurden.

Auch in Deutschland bringen es viele Autoren von Comics in Zeitschriften und Magazinen zu Buchsammlungen.

Heft/Album/Magazin/Buch/Piccolo

Comicbörse

Hauptartikel: Comicformat

Bis Mitte der 1930er-Jahre erschienen sämtliche Comics als Comicstrip, erst danach etablierte sich der Vertrieb von Comics in den USA das erste Mal in Heftform. Dies geschah zunächst als Werbegeschenk von Firmen für ihre Kunden, dann im regulären Handel. Diese wurden aufgrund des Formates Comic Books genannt und stellen bis heute die gängige Vertriebsmethode dar. Ihren Siegeszug traten sie dank der Figur The Shadow an.

In Europa setzten sich neben den Comic-Heften im Micky-Maus-Stil, das verschiedene Geschichten von Personen aus dem Walt-Disney-Universum präsentierte, auch das Magazin und das Album durch. Das Magazin vereint verschiedene Beiträge unterschiedlicher Autoren und Zeichner, die es häufiger als Fortsetzungen übernimmt. Die bis heute erfolgreichste deutsche Comic-Serie ist Fix und Foxi von Rolf Kauka. Die Serie erscheint seit 1953 als Comic-Magazin. Zu unterscheiden sind hierbei etwa das an Jugendliche gerichtete Yps, in dem importierte Reihen wie Lucky Luke und Asterix und Obelix neben deutschen Beiträgen zu finden sind und deren Aufmachung Heftcharakter besitzt, von den an Erwachsene gerichteten Sammlungen wie Schwermetall oder U-Comix, deren Format ca. dem DIN-A4-Format entspricht.

In den 50er- und 60er-Jahren waren die Piccolo-Hefte sehr erfolgreich. Hauptsächlich der Lehning-Verlag brachte die kleinen querformatigen Heftchen, die seinerzeit gerade einmal 20 Pfennig kosteten, an den jugendlichen Leser. Titel wie Akim und Fulgor, der Weltraumflieger (beide vom Zeichner Augusto Pedrazza), Sigurd, Falk, Nick und Tibor (Zeichner: Hansrudi Wäscher), aber auch Tarzan waren die absoluten Renner unter dem Schultisch.

Das Album fasst im DIN-A4-Format jeweils eine Geschichte einer Comic-Reihe zusammen, also z.B. Tim und Struppi oder Prinz Eisenherz. Bestand es in Deutschland zunächst aus einem Softcover, scheint sich derzeit auch hier das bereits in Frankreich gängige Hardcover durchzusetzen.

Im Osten Deutschlands wurden die eigenen Comiczeitschriften, zur Unterscheidung von westlichen Comics, als Bilderzeitschriften bzw. Bildergeschichten bezeichnet. Besonders prägte das Mosaik mit seinen lustigen unpolitischen Abenteuergeschichten die dortige Comiclandschaft. Das Mosaik von Hannes Hegen mit Digedags wurde 1955 in Ost-Berlin gegründet. Später wurde die Comiczeitschrift Mosaik mit den Abrafaxen fortgeführt. Das Mosaik erscheint als monatliches Heft und ist inzwischen der älteste und auflagenstärkste noch erscheinende Comic deutscher Produktion.

Mittlerweile existieren kaum noch erfolgreiche Magazine und Hefte in Deutschland. Viele Comics erscheinen deshalb sofort in Buch- bzw. Albenform.

Aspekte des Comics

Formale Aspekte

Eine Seite von Little Sammy Sneeze (1904–1906), einer Serie von Winsor McCay, einem der ersten Comiczeichner, der bewusst mit den Begrenzungen seines Mediums spielte; hier: Durchbrechen der vierten Wand durch Einbeziehung der Panelrahmung in die Handlung

Früher unterlagen Comics strikten Regelungen bezüglich Struktur und Umfang. Sie wurden in Zeitungen verbreitet und erhielten von diesen Vorgaben bezüglich der Größe, der Anzahl der Bilder und auch der Dauer. Bis heute hat sich erhalten, dass der Comic Strip eine feststehende Länge besitzt, die über eine Längsseite gehen sollte. Deshalb umfasst er zwischen drei und fünf Bildern, die in der Regel mit einer Pointe enden. Daneben besaß der Sonntags-Strip ebenfalls eine genaue Angabe des ihm zur Verfügung stehenden Platzes, häufig auch eine einheitliche Festlegung, was die Anordnung und jeweilige Größe der Panels anging. Diese Grenzen wurden in letzter Zeit wieder aufgegeben, sodass die Zeichner innerhalb der Größe des Strips ihrer Fantasie freien Lauf lassen können. Auch hier musste am Ende der Seite die Geschichte ein Ende finden.

Eine weitere Begrenzung betraf die Anzahl der Seiten in Comic-Heften. Diese umfassten ursprünglich aus produktionstechnischen Gründen 32, 48 oder 64 Seiten (zum Teil plus extra gedrucktem Umschlag), da auf einem Druckbogen in der Regel 16 Seiten gedruckt werden. Tim und Struppi etwa erschien zunächst in Fortsetzungen in einer Wochenbeilage, später als täglicher Strip, und erreichte einen Gesamtumfang von über 100 Seiten. Für den Vertrieb in Albenform musste Hergé seine Geschichten auf die Standardlänge von 62 Seiten plus Innentitel = 64 Seiten reduzieren. Erst Hugo Pratt produzierte in den 1970ern seine Geschichten um Corto Maltese in jedem Band in dem Umfang, den er benötigte. Dieser Trend setzte sich endgültig mit dem Aufstieg der Graphic Novel durch, als der Comic dem Roman formal gleichgestellt wurde, weil ihm derselbe künstlerische Anspruch und damit eine ihm eigene Individualität zugebilligt wurde. Dieser Trend hat sich durchgesetzt, Comics werden mittlerweile auch in Buchform mit mehreren hundert Seiten, so beispielsweise bei der Komplettausgabe von From Hell, herausgegeben.

Mehr zum Thema formaler Aspekte des Comics findet sich im Artikel Grafische Erzählstrategien.

Inhaltliche Aspekte

Comics sind an kein Genre gebunden, obgleich bestimmte Genres innerhalb des Comic weit verbreitet sind. Früher wurden Comics lediglich als Instrument der seichten Unterhaltung verstanden. Hierfür spielen auch die restriktiven formalen Beschränkungen eine Rolle. Einem Comic Strip mit vier oder fünf Bildern wurde keine künstlerische Bedeutung zuerkannt. Hinzu kommt die vermeintliche Beschränkung auf einen meist oberflächlichen Scherz. Deshalb wurden Comics häufig als reine Humor-Geschichten verstanden, auch wenn der Humor der Peanuts für Kinder oft zu melancholisch und tiefsinnig war. Die Sonntags-Strips hingegen öffneten sich Abenteuern (Tarzan), Krimis (Dick Tracy) und Science Fiction (Flash Gordon).

Daneben scheint die Wahrnehmung der Comics sich lange Zeit auf Genres wie den Superhelden-Comic oder die Darstellung von Menschen anhand von Tieren (Donald Duck, Micky Maus) beschränkt zu haben.

Mit dem Auftreten von Künstlern wie Moebius wurden auch die Grenzen des Sonntags-Strips endgültig überwunden. In Anlehnung an den von den Regisseuren der Nouvelle Vague geprägten Begriff des Autorenfilms entstand damals auch der Begriff des Autorencomic, der im Gegensatz zu den arbeitsteilig entstehenden konventionellen Mainstream-Comics nicht als Auftragsarbeit, sondern als Ausdruck einer persönlichen künstlerischen und literarischen Handschrift, die sich kontinuierlich durch das gesamte Werk eines Autors zieht, entsteht. In den 1960er Jahren wurde der Comic mit Zeichnern wie Robert Crumb zum Ausdruck der Gegenkultur in den USA. Dennoch blieb lange umstritten, inwieweit der Comic für ernste Themen geeignet sei – bis Art Spiegelman sich in dem 1992 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichneten Maus – Die Geschichte eines Überlebenden an die Darstellung der Shoah wagte. Historische Themen wie der Erste Weltkrieg und die Pariser Kommune stehen im Mittelpunkt des Werkes von Jacques Tardi, Marjane Satrapi thematisiert in Persepolis ihre Kindheit im Iran während der islamischen Revolution.

Satrapi gehört zu einer Reihe von Autoren, deren Werk autobiographische Züge trägt. Was mit Robert Crumb und Harvey Pekar (American Splendor) begann, führte Spiegelman mit der Geschichte seiner Eltern fort. Line Hoven erzählt in Liebe schaut weg von ihren Großeltern. Alison Bechdel beschreibt die Geschichte ihres Outings in Fun Home, Craig Thompson seine Jugend in einer fundamentalistisch geprägten Familie und David B. (Die heilige Krankheit) und Brian Fies (Mutter hat Krebs) familiäre Krankheiten und deren Verarbeitung. Guy Delisle schildert berufliche Erfahrungen während mehrerer Aufenthalte in Shenzen und Pjöngjang, Lewis Trondheim den Umgang mit einer Krise (Außer Dienst) und Alfred & Olivier Ka einen sexuellen Missbrauch (Warum ich Pater Pierre getötet habe).

Ereignisse in seiner Geburtsstadt Birmingham in den 1960ern verwendete Howard Cruse in seiner Graphic Novel Am Rande des Himmels. Zudem stattete er seine Hauptfigur mit eigenen Charakterzügen aus.

Einen humorvollen Ton schlagen hingegen Andy Watson, der den Leser an seinem Leben als junger Vater teilhaben lässt (Little Star) und Mawil an, dessen Comics von seinen Bemühungen handelt, eine Freundin zu finden (Wir können ja Freunde bleiben) bzw. als Musiker weltberühmt zu werden (Die Band).

Zielgruppe

Comicseite aus der Reihe Little Nemo von Winsor McCay

Eines der größten Missverständnisse bezüglich des Comics ist das Klischee, er werde für kindliche und jugendliche Männer gemacht. Dieses resultiert schon aus der Frühzeit der Gattung, als die ersten Comic Strips sich um The Yellow Kid oder The Katzenjammer Kids drehten. Übersehen wurde, dass Winsor McCay in Little Nemo Einflüsse des Jugendstils verarbeitete und der anerkannte Künstler Lyonel Feininger The Kin-der-Kids zeichnete. Außerdem wurden fast vierzig Jahre lang Comics nur in Zeitungen vertrieben – und die kauften die Erwachsenen.

Auch zeichneten Carl Barks, Hergé, Charles M. Schulz, Morris oder Uderzo zum Teil fast vierzig Jahre lang und erreichten ihre Leser auch noch, als diese Erwachsene waren. Comics, die sich ausdrücklich an ein erwachsenes Publikum richteten, entstanden Ende der 1960er-Jahre mit den Underground Comix.

Lange verstand man unter „Erwachsenen-Comics“ solche mit erotischem oder pornografischem Inhalt. Erst allmählich wendeten sich viele Comics gerade an Erwachsene als Leser und versuchten, deren Lebenserfahrungen zu reflektieren. In diesen Geschichten wird auf Science-Fiction- und Fantasy-Elemente verzichtet, häufig werden persönliche Erlebnisse mit gesellschaftlichen Reflexionen verbunden. Allerdings gibt es auch Science-Fiction-Comics mit erotischen bis pornografischen Elementen, wie z. B. die Serie Morbus Gravis (lat.: schwere Krankheit) um die Hauptfigur Druuna des italienischen Zeichners Paolo Eleuteri Serpieri.

Weiterentwicklung

Besonders in letzter Zeit konnten auch weibliche Comiczeichner wie Marjane Satrapi mit ihrem autobiographischen – sie selbst nennt es autofiktionalen – Persepolis Erfolge feiern. Satrapi gilt neben ihrem ebenfalls im Verlag L'Association beheimateten Künstlerkollegen Joann Sfar in Fachkreisen als die bedeutendste Vertreterin der aktuellen Comic-Kultur und widerlegt damit das verbreitete Vorurteil, weibliche Comicautoren seien nur unbedeutende Randerscheinungen. Alison Bechdels Graphic Novel Fun Home wurde 2007 als erster Comic vom Time Magazine in die Jahresbestliste aufgenommen- auf Platz 1.

Auch als Comic-Heldinnen gewinnen Frauen und Mädchen an Präsenz, wie etwa in Alan Moores Reihe Promethea, in der eine Schülerin sich in die mythische Kämpferin gegen das Böse verwandelt.

Zuletzt hat Joe Sacco für seine gezeichneten Reportagen den Begriff „Comic-Journalismus“ erfunden. Er schildert in seinen Büchern Palästina und Gorazde Reisen in Kriegsgebiete und erzielt damit eine tiefere Wirkung, als es ein geschriebener Text könnte.

Gerade Sacco und Satrapi stellen neue Blickwinkel des Erzählers und des Autors vor. Sie greifen auf das Modell des Reporters zurück: Auch Tim und Micky Maus sind Reporter, ihre Geschichten also Reportagen. Während Tim allerdings manchmal als Alter Ego Hergés interpretiert wird, verschwimmt bei Sacco und Satrapi die Grenze zwischen dem literarischen und dem realen Ich.

Neben den erzählerisch ausgerichteten Neuerern des Comics wie Satrapi und Sacco versuchen junge Comickünstler wie die von ehemaligen Studenten des Institut Saint-Luc gegründete Gruppe Le Frigo aus Brüssel mit ihren experimentellen Comicprojekten die Grenzen zwischen Comic und etabliertem Kunstbetrieb auszuloten und zu verwischen. ComicautorInnen aus dem Umfeld von Le Frigo partizipierten rege an Kunst-Comic-Crossoverprojekten wie der Zeitschrift BANG!, die bis zu ihrer Einstellung gemeinsam von der renommierten französischen Kunstzeitschrift Beaux-Arts Magazine und dem Comicverlag Casterman publiziert wurde.

Kritik

Lange wurden Comics von Literaturwissenschaftlern, Lehrern und anderen gesellschaftlichen Gruppen der Vorwurf gemacht, sie übten auf jugendliche Leser einen verrohenden Einfluss aus, der zu einer oberflächlichen, klischeehaften Wahrnehmung ihrer Umwelt führe. Höhepunkt waren die Bemühungen im Amerika der 1950er-Jahre, die EC-Horror-Comics wie Geschichten aus der Gruft zu verbieten, was zur Einführung des Comics Code, einer Selbstzensur der Comic-Industrie, führte. In bestimmten Kreisen der Literaturwissenschaft wurde dem Comic noch bis vor kurzem der Vorwurf der Sprachverarmung gemacht, was durch den häufigeren Gebrauch von unvollständigen Sätzen und umgangssprachlichen Ausdrücken in Comics gegenüber der Jugendliteratur nachgewiesen werden sollte. Dabei wurde missverstanden, dass der Text in den meisten Comics fast ausschließlich aus Dialogen besteht, und eine eher dem Kino und dem Theater als der Literatur vergleichbare Funktion besitzt. Die Kritik der Sprachverarmung kann auch aus diesem Grunde als veraltet und ahistorisch bezeichnet werden, dass die Verwendung von Umgangs- und Vulgärsprache in der Literatur schon lange kein Qualitätskriterium mehr darstellt (siehe Charles Bukowski).[6]

Einzelnachweise

  1. a b c d e Scott McCloud, Comics richtig lesen. Carlsen, 1994
  2. Will Eisner: Mit Bildern erzählen – Comics und sequentielle Kunst. Comic Press Verlag: Wimmelbach, 1994
  3. a b c d e f Andreas Platthaus: Im Comic vereint – Eine Geschichte der Bildgeschichte. insel taschenbuch, Frankfurt am Main und Leipzig, 2000
  4. a b c Diplomarbeit über Manga von Andrea Ossmann
  5. Roger Sabin: Ally Sloper: The First Comics Superstar? In: Image & Narrative. Nr. 7, 2003, http://www.imageandnarrative.be/graphicnovel/rogersabin.htm
  6. Achim Schnurrer (Hrsg.), Comic Zensiert, Band 1, Verlag Edition Kunst der Comics, Sonneberg 1996, S. 23

Literatur

  • Will Eisner: Comics & Sequential Art, Poorhouse Press, 1985, ISBN 0-9614728-1-2
  • Christian H. Freitag: „Aspects of a Scientific Comics Analysis“, in: Comic Media (London) 8/ 1972, p.9
  • Achim Schnurrer & Riccardo Rinaldi: Die Kunst der Comics, Edition Aleph, Heroldsbach 1985, ISBN 3-923102-05-4
  • Achim Schnurrer & Riccardo Rinaldi: Die Welt der Bilderfrauen, Edition Aleph, Heroldsbach 1986, ISBN 3-923102-06-2
  • Scott McCloud: Comics richtig lesen, Carlsen Verlag, Hamburg, 2001, ISBN 3-551-74817-9
  • Scott McCloud: Comics neu erfinden: wie Vorstellungskraft und Technologie eine Kunstform revolutionieren, Carlsen, Hamburg 2001, ISBN 3-551-74793-8
  • Scott McCloud: Comics machen. Alles über Comics, Manga und Graphic Novels, 2007.
  • Andreas C. Knigge: Alles über Comics, Europa Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-203-79115-3
  • Andreas C. Knigge: Comics. Vom Massenblatt ins multimediale Abenteuer, Rowohlt, Reinbek 1996, ISBN 3-499-16519-8
  • Andreas C. Knigge: 50 Klassiker Comics. Von Lyonel Feininger bis Art Spiegelman, Gerstenberg, Hildesheim 2004, ISBN 3-8067-2556-X
  • Andreas C. Knigge: Comic-Lexikon, Ullstein, Berlin 1988, ISBN 3-548-36554-X
  • Andreas Platthaus: Im Comic vereint. Eine Geschichte der Bildgeschichte, Alexander Fest Verlag, Berlin 1998, ISBN 3-8286-0064-6
  • Michael Hein, Michael Hüners, Torsten Michaelsen (Hrsg.): Ästhetik des Comic, Erich-Schmidt-Verlag, Berlin, 2002, ISBN 3-503-06132-0
  • Marianne Krichel: Erzählerische Vermittlung im Comic am Beispiel des amerikanischen Zeitungscomics Calvin and Hobbes, Wissenschaftlicher Verlag Trier, Trier 2006, ISBN 3-88476-824-7
  • Wolfgang J. Fuchs, Reinhold C. Reitberger: Comics. Anatomie eines Massenmediums. (39.–43. Tausend.) Rowohlt, Reinbek bei Hamburg 1977, 332 S., ISBN 3-499-11594-8
  • Francis Lacassin: Pour un neuvième art: la bande dessinée, coll. Essai, Folio, Paris, 1971, ISBN B0000DORBE
  • Bernd Dolle-Weinkauff: Comics. Geschichte einer populären Literaturform in Deutschland seit 1945, Beltz-Verlag Weinheim 1990, ISBN 3-407-56521-6
  • Ulrich Krafft: Comics lesen. Untersuchungen zur Textualität von Comics, Klett-Cotta, Stuttgart 1978, ISBN 3-12-910290-6
  • Stephan Packard: Anatomie des Comics. Psychosemiotische Medienanalyse, Wallstein, Göttingen 2006, ISBN 3-8353-0033-4
  • Burkhard Ihme (Hrsg.): „COMIC!-Jahrbuch“, Interessenverband Comic e.V. ICOM, Stuttgart (erscheint seit 2000 jährlich)
  • Eckart Sackmann (Hrsg.): „Deutsche Comicforschung“, comicplus+, Hildesheim 2004–2007 (erscheint jährlich)
  • Eckart Sackmann: „Die deutschsprachige Comic-Fachpresse“, comicplus+, Hamburg 2000

Siehe auch

Portal
 Portal: Comic – Übersicht zu Wikipedia-Inhalten zum Thema Comic

Weblinks


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