- Zwillingstriebwagen
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Als Zwillingstriebwagen, Zwillingszug oder Doppeltriebwagen bezeichnet man zwei permanent miteinander verbundene Triebwagen. Diese Bauform ist heute im Straßenbahn-Bereich weitgehend ausgestorben, sie wurde durch Gelenkwagen beziehungsweise Mehrfachtraktionen abgelöst. Bei Stadtbahnen und Schmalspurbahnen ist diese Bauart aber nach wie vor anzutreffen.
Inhaltsverzeichnis
Prinzip
Technisch betrachtet sind Zwillingstriebwagen ein Zugverband aus zwei fest miteinander gekuppelten Motorwagen. Die zwei beziehungsweise vier Fahrmotoren sind dabei gleichmäßig auf beide Wagen verteilt und in Serie beziehungsweise parallel geschaltet. Weil nurmehr ein Fahrzeugteil einen Stromabnehmer besitzt, sind die beiden Wagen mit einem Starkstromkabel verbunden. Jedoch sind nicht immer alle Komponenten symmetrisch aufgebaut, so werden beispielsweise Kompressoren – etwa für Luftbremsen – häufig nur auf einem Wagenteil montiert. Die beiden Wagenteile eines Zwillingstriebwagens können somit im laufenden Betrieb nicht voneinander getrennt werden, sie sind einzeln nicht betriebsfähig. Außerdem entfernte man oft die beiden nicht mehr benötigten Führerstandseinrichtungen.
Damit unterscheiden sich Zwillingstriebwagen wesentlich von Mehrfachtraktionen, bei diesen sind alle Triebwagen im Zugverband selbstständige Einheiten, welche von einem gemeinsamen Führerstand aus (fern-)gesteuert werden. Der führende Triebwagen gibt dabei Kontrollimpulse, die anderen Einheiten beschleunigen beziehungsweise bremsen synchron dazu.
Teilweise wurden alte zweiachsige Triebwagen auch konstruktiv miteinander verbunden, in der Regel durch das Einfügen einer sogenannten Sänfte. Solche Konstruktionen werden jedoch meist nicht mehr als Zwillingstriebwagen sondern allgemeingültig als Gelenkwagen bezeichnet. Bekanntes Beispiel ist der in Stuttgart erfolgte Umbau von 70 Triebwagen des Typs SSB T2 zu 35 Exemplaren des Typs SSB DoT4. Die Abkürzung steht für Doppel-Triebwagen mit vier Achsen.
Geschichte
Im Straßenbahn-Bereich waren Zwillingstriebwagen in erster Linie eine ungarische Spezialität. Darüber hinaus konnten sie sich aber auch in den benachbarten ausländischen Straßenbahnbetrieben durchsetzen, darunter überwiegend Städte welche bis zum Ersten Weltkrieg zu Österreich-Ungarn gehörten. Die Hauptstadt Budapest spielte dabei die Vorreiterrolle, dort wurden bereits ab 1924 ältere Triebwagen zusammengekuppelt, um die Beförderungskapazität zu erhöhen. Insbesondere konnte man auf diese Weise auch Stumpfendstellen ohne Umsetzmöglichkeit beziehungsweise ohne Wendeschleife mit längeren Einheiten bedienen. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung in den 1960er-Jahren, damals verkehrten in Budapest über 1000 Zwillingstriebwagen. Obwohl es dazu zahlreiche Versuche gab, konnten sich diese Gespanne außerhalb Ungarns und seiner Nachbarländer kaum durchsetzen. Häufig traten bei dieser speziellen Betriebsart Antriebsprobleme auf.
Auch in Deutschland gab es in den 1930er-Jahren einige Versuche mit Zwillingstriebwagen, durchsetzen konnte sich das Prinzip jedoch nie. Ausnahmen waren Berlin und München. In der Hauptstadt existierten neben den Anderthalbrichtungswagen vom Typ TEM 26 mit den sogenannten Verbundwagen des Typs TM 33 – ursprünglich als Schützenwagen technisch gescheitert – die meisten Zwillingstriebwagen. Für die Straßenbahn München baute die Firma Rathgeber 1947/48 zusammen 28 Triebwagen der Reihe B in 14 Zwillingstriebwagen um. Sie hatten sich zuvor wegen ihrer geringen Motorleistung als zu schwach für den Betrieb mit zwei Beiwagen erwiesen.[1]
Weitere Versuche mit Zwillingstriebwagen gab es unter anderem
- in Leipzig (dort gab es einen M-Zug mit Mittel-Beiwagen (1187-601-1188) sowie ein weiteres Triebwagen-Paar)
- in Hamburg (dort wurde probehalber ein Zweiachsbeiwagen motorisiert)
- in Essen (dort verwendete die SEG dafür zwei altersschwache ehemalige Wiesbadener Triebwagen)
- in Mannheim
- bei der Düsseldorfer Rheinbahn (ein Zwillingstriebwagen)
Doppeltriebwagen bei Stadtbahn, U-Bahn und Eisenbahn
Moderne Anwendungen des Zwillingstriebwagen-Prinzips sind beispielsweise der für Stuttgart entwickelte Stadtbahnzug des Typs DT 8 sowie viele U-Bahn-Baureihen. Auch bei Eisenbahnen gibt es zahlreiche Anwendungsfälle. Jedoch spricht man nur bei Straßenbahnen von Zwillingstriebwagen, ansonsten von Doppeltriebwagen.
Siehe auch
Einzelnachweise
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