Timiș1

Timiș1

Als Timiș1 – abgekürzt T1; im Hinblick auf das erste Baujahr alternativ auch als T1-62 bezeichnet – wird eine neun Exemplare umfassende Serie ehemaliger rumänischer Straßenbahnzüge bezeichnet. Jeder Zug bestand aus einem zweiachsigen Triebwagen und einem zweiachsigen Beiwagen.

Die Timiș1-Züge waren nominell die Vorläufer der ab 1969 produzierten Timiș2-Großserie. Mit ihrer Nachfolgebaureihe hatten die Timiș1-Zweiachserzüge jedoch außer dem Produktionsstandort und der Typenbezeichnung keinerlei Gemeinsamkeiten.

Inhaltsverzeichnis

Produktion

Die zusammen 18 normalspurigen Fahrzeuge wurden in den Jahren 1962 bis 1964 von der damaligen Verkehrsgesellschaft Intreprinderii electromecanice Timișoara (I.E.T.) im Eigenbau hergestellt. Sie kamen ausschließlich bei der Straßenbahn Timișoara zum Einsatz und wurden unter den Betriebsnummern 71 bis 79 (Triebwagen) und 21 bis 29 (Beiwagen) in den Bestand eingeordnet. Jedem Triebwagen war dabei ein bestimmter Beiwagen zugeteilt, die Zusammengehörigkeit war anhand der gleichen Endziffer erkennbar (zum Beispiel Zug 73–23).

Es handelte sich dabei ausschließlich um rekonstruierte Fahrzeuge, vergleichbar den Rekowagen in der DDR. Das heißt die Timiș1-Züge entstanden allesamt auf Fahrgestellen älterer Wagen mit Holzaufbau, unter anderem aus 1906 bis 1915 beschafften Wagen des Typs B sowie den 1921 bis 1924 beschafften Wagen des Typs D. Spenderfahrzeuge für die Timiș1-Anhänger waren neun von 16 Beiwagen des Typs C Ferner wurden die betreffenden Wagen im Zuge ihres Umbaus zu Einrichtungsfahrzeugen umgebaut.

Das Modell Timiș1 orientiert sich dabei vom Design her stark an den Großraum-Straßenbahntriebwagen vom Typ V-54, diese wurden ab 1955 bei Electroputere in Craiova hergestellt. Mit ihnen teilt sich der Typ Timiș1 beispielsweise die Stirnfront, wenngleich die Timiș1 nur über einen statt zwei Frontscheinwerfer verfügten.

Beim Typ Timiș1 nutzte man, erstmals seit Beginn der Herstellung eigener Straßenbahnwagen im Jahre 1914, die Gelegenheit mit der Typenbezeichnung auf den Produktionsstandort der Fahrzeuge aufmerksam zu machen. In diesem Fall handelte es sich um den nach dem gleichnamigen Fluss benannten Kreis Timiș, dessen Hauptstadt Timișoara ist.

Umbau zu Zwillingstriebwagen mit einseitigen Türen

1969 wurde die bisherige Ringlinie 7 in eine Zweirichtungslinie umgewandelt, damals wurde der Streckenabschnitt Piața Alexandru Mocioni–Strada Ana Ipătescu aufgelassen. Infolge dessen herrschte ein plötzlicher Mangel an Zweirichtungszügen, die noch vorhandenen Wagen der Typen F und FII wurden komplett für die übrigen Zweirichtungslinien 3, 4 und 5 benötigt. Aus diesem Grund entschlossen sich die damals I.E.T. genannten Verkehrsbetriebe Ende der 1960er-Jahre einen Teil der Timiș1-Wagen entsprechend zu adaptieren.

Aus sechs der neun Timiș1-Triebwagen entstanden deshalb 1969 drei festgekuppelte Zwillingstriebwagen (71–72, 73–74 und 75–76). Die betreffenden sechs Triebwagen wurden hierzu nicht hintereinander, sondern Heck-an-Heck gekuppelt. Für die Bildung dieser Gespanne mussten jedoch zuvor drei Triebwagen umgebaut werden. Dies betraf die Wagen 72, 74 und 76, das heißt jeweils den Wagen mit der höheren Ordnungsnummer innerhalb des Pärchens.

Zum einen wurden diesen drei Wagen ihre beiden Falttüren auf die andere Wagenseite versetzt, des Weiteren entfernte man ihnen den Stromabnehmer. Sie wurden fortan per Kabel vom anderen Wagen mitversorgt. Die Podeste auf denen die Stromabnehmer ursprünglich montiert waren blieben jedoch erhalten. Der Einsatz dieser Gespanne auf den Zweirichtungslinien 3, 4, 5 und 7 war nur deshalb möglich, weil auf den betreffenden Strecken traditionell alle Bahnsteige auf der gleichen Seite lagen.

Als Nebeneffekt dieser Bildung von Doppeltriebwagen wurden 1969 insgesamt sechs Timiș1-Beiwagen frei (21 bis 26). Diese wurden seither auch hinter anderen Baureihen eingesetzt, beispielsweise hinter den vierachsigen Großraumwagen des Typs Gb 2/2 und hinter zweiachsigen I.T.B.-Triebwagen. Die übrigen drei Züge (77–27, 78–28 und 79–29) verkehrten hingegen auch nach 1969 unverändert.

Niedergang und Einsatzende

Nachdem die Linie 7 ab 1974 wieder als Ringlinie verkehrte (wenngleich auf einer anderen Strecke als bis 1969) wurden die Heck-an-Heck-gekuppelten Timiș1-Doppeltriebwagen entbehrlich. Infolgedessen wurden die drei Timiș1-Zweirichtungszüge ab 1974 auch im reinen Einrichtungsverkehr eingesetzt, so zum Beispiel auf der Linie 6.

Etwa ab diesem Zeitpunkt begann auch der Niedergang der gesamten Timiș1-Baureihe (das heißt auch der nicht umgebauten Züge), nicht zuletzt weil gleichzeitig auch immer mehr moderne Timiș2-Züge fertig gestellt wurden. Wann die letzten Timiș1-Züge eingesetzt wurden ist nicht überliefert, das Einsatzende lässt sich jedoch auf die zweite Hälfte der 1970er-Jahre eingrenzen. Obwohl die hier behandelten Fahrzeuge erst in den 1960er-Jahren entstanden, ist hierbei insbesondere das hohe Alter der Spenderfahrzeuge zu berücksichtigen. Die Fahrgestelle bestimmter Timiș1-Wagen stammten aus der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg und waren damals teilweise bereits über 60 Jahre alt.

Um Doppelnummerierungen mit Timiș2-Beiwagen zu vermeiden, wurden noch Mitte der 1970er-Jahre die neun Beiwagen der Timiș1-Serie von 21–29 bis 421–429 umgezeichnet. Die entsprechenden Timiș2-Beiwagen mit den Nummern 21 bis 29 wurden in den Jahren 1974 und 1975 ausgeliefert.

Der Arbeitswagen und heutige Museumswagen

Nur ein Triebwagen – jedoch kein Beiwagen – vom Typ Timiș1 blieb erhalten. Hierbei handelt es sich um den Wagen 71, er wurde nach dem Ende des planmäßigen Linieneinsatzes als Arbeitswagen weiterverwendet, unter anderem als Schneepflug und Fahrschulwagen. Der Dienstwagen wurde zunächst als V.S.2 (vagon de serviciu, rumänisch für Dienstwagen) bezeichnet, seit der ersten Hälfte der 1990er-Jahre setzte man ihn ganz ohne Betriebsnummer ein.

Für den Einsatz als Schneepflug wurde er zuvor zu einem Zweirichtungswagen umgebaut, denn der Pflug wurde am Heck montiert und konnte somit nur Rückwärtsfahrten genutzt werden. Hierzu erhielt er hinten eine zweite Stirnfront (von einem der acht anderen ausgemusterten Timiș1-Triebwagen) und einen zweiten Führerstand. Ferner wurde ihm die hintere der beiden Türen entfernt (sie wurde durch ein zusätzliches Fenster ersetzt), die Tür musste der Aussparung für den Pflug weichen.

Um 2000 herum wurde dieser letzte Vertreter der Timiș1-Baureihe in den Museumsbestand übernommen und befindet sich seither in der Obhut des Tramclubs Banat (TCB). 2008 wurde Wagen 71 aufwändig restauriert und weitgehend in seinen früheren Zustand zurückversetzt. Dabei erhielt er seine originalgetreue Inneneinrichtung und die zweite Tür zurück, der Schneepflug wurde entfernt. Seine ursprüngliche Betriebsnummer wurde jedoch nicht wieder angeschrieben.

Literatur

  • Dorin Sarca, Gh. Radulovici: Centenarul tramvaielor din Timișoara, Monografie 1869−1969. Timișoara 1969.
  • 1869−1994, 125 de ani de circulație cu tramvaiul în Timișoara, Monografie. Timișoara 1994.

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