Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn

Frau Beate und ihr Sohn ist eine Erzählung von Arthur Schnitzler, die Anfang 1913 in der Literaturzeitschrift Die neue Rundschau in Berlin erschien. Im selben Jahr brachte S. Fischer, ebenfalls in Berlin, den Text als Buch heraus.[1]

Nach fünf Jahren sexueller Abstinenz gibt die Witwe Beate Heinold dem Drängen eines ihrer Verehrer nach und kann das Danach nicht verwinden. Sie nimmt ihr einziges Kind, den 17jährigen Hugo, mit in den kühlen Tod.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Frau Beate leidet keine Not. Als Witwe des zu Lebzeiten gefeierten Mimen Ferdinand Heinold verbringt sie zusammen mit ihrem Sohn, umsorgt von Personal, den Sommer in einer Villa an einem See im Salzkammergut. Beate sucht die Baronin Fortunata in ihrer Nachbarschaft auf und sagt der Bekannten ins Gesicht, sie sei dagegen, dass Hugo deren Geliebter werde. Die Baronin, eine Lebedame, stellt sich dumm.

Auch Beate wird von stattlichen Männern in ihrem Umkreis begehrt. Sie freut sich daran und weist die Herren ab. Der junge Fritz, ein Schulkamerad Hugos, reist an und wird von den beiden Heinolds herzlich zum Bleiben in der Villa eingeladen. Auch Fritz begehrt Beate heiß. Der Junge wird erhört. Während Hugos nächtlicher Abwesenheit landet Fritz in den "verlangenden Armen" der schönen reifen Frau.

Einige Zeit später dann wird Beate im eigenen Hause, wieder nachts, wieder während Hugos Abwesenheit, Ohrenzeuge, wie Fritz einem befreundeten, verdorbenen Schuljungen ausführlich die "seligen Nächte" in schmutzigen, fürchterlichen Wendungen schildert. Die Ausdrücke treffen die atemlos lauschende Beate wie Peitschenhiebe. Die Frau wimmert in sich hinein. Ein Weib soll sie sein wie alle anderen Weiber, wie die "erstbeste Dirne". Die Geschändete sieht nach diesem Bericht von ihrer Schmach und von ihrem Glück als Ausweg den Freitod[2]. Von Hugo, dem einzigen geliebten Menschen, muss und will sie sich zuvor noch verabschieden. Beate weiß aber eigentlich nichts über ihren lieben Sohn. Ist sie ihm mehr "als ein lästiges Weib"? Hugo ist bedrückt. In der Nacht rudern Mutter und Sohn im Kahn hinaus auf das dunkle Wasser des Sees. Beate erfährt den Grund für Hugos Depression. Die beiden Schulkameraden haben auch Hugo von den Liebesnächten seiner Mutter berichtet. Er könne sich nun "niemals wieder unter Menschen" zeigen[3]. Schnitzler lässt das Ende in behutsam gesetzten Worten vorsichtig durchblicken: Mutter und Sohn lieben sich in dem Kahn und gehen gemeinsam ins Wasser[4].

Form

Erzählt wird ausschließlich vom Erleben, Denken und Fühlen der Protagonistin. Beate kann zum Beispiel nicht mit Bestimmtheit sagen, ob ihr Sohn die Nächte wirklich bei der Baronin Fortunata verbringt. Sie vermutet das und es wird ihr wahrscheinlich zugetragen. Alles Krude, zum Beispiel die schmutzige Rede ihres unreifen Liebhabers über die gemeinsamen Liebesnächte, wird zwar erwähnt, aber doch fein säuberlich umschrieben. Der darauf folgende Freitod der Mutter zusammen mit dem Sohn im See schließlich wird lediglich skizziert. Alle Andeutungen Schnitzlers bezüglich Inzest und Suizid erscheinen dem Leser aber nach einigem Besinnen als zwingend.

Rezeption

  • Farese nennt das Thema "kompliziert und gewagt".[5]
  • Die Geschichte des Inzests, der von der Mutter ausgeht, empörte seinerzeit katholische Leser.[6]

Die "Macht der Sexualität"[7]

  • Sprengel[8][9] bespricht die Erzählung, die in Bad Ischl handeln könnte, als Inzestfall und weist bezüglich des Finales auf das Vorbild "Romeo und Julia auf dem Dorfe" hin.
  • Scheffel[10] hebt den sozialen Fall hervor. Die in der Ehe unterdrückten sexuellen Wünsche der Beate Heinold kommen urplötzlich mit zerstörerischer Macht zum Vorschein.

Verfilmung

Verfilmungen, Eintrag 10

Weblinks

Literatur

Quelle
  • Arthur Schnitzler: Frau Beate und ihr Sohn. S. 76 - 154 in Heinz Ludwig Arnold (Hrsg.): Arthur Schnitzler: Casanovas Heimfahrt. Erzählungen 1909 - 1917. Mit einem Nachwort von Michael Scheffel. S. Fischer, Frankfurt am Main 1961 (Ausgabe 1999). 495 Seiten, ISBN 3-10-073553-6
Erstausgabe in Buchform
  • Arthur Schnitzler: Frau Beate und ihr Sohn. Novelle. S. Fischer Verlag Berlin 1913. 154 Seiten. Kartoniert
Hörbuch
Sekundärliteratur
  • Giuseppe Farese: Arthur Schnitzler. Ein Leben in Wien. 1862 - 1931. Aus dem Italienischen von Karin Krieger. C. H. Beck München 1999. 360 Seiten, ISBN 3-406-45292-2. Original: Arthur Schnitzler. Una vita a Vienna. 1862 - 1931. Mondadori Mailand 1997
  • Peter Sprengel: Geschichte der deutschsprachigen Literatur 1900 - 1918. München 2004. 924 Seiten, ISBN 3-406-52178-9
  • Gero von Wilpert: Lexikon der Weltliteratur. Deutsche Autoren A - Z. S. 555, rechte Spalte, 13. Z.v.u. Stuttgart 2004. 698 Seiten, ISBN 3-520-83704-8
  • Jacques Le Rider: Arthur Schnitzler oder Die Wiener Belle Époque. Aus dem Französischen von Christian Winterhalter. Passagen Verlag Wien 2007. 242 Seiten, ISBN 978-3-85165-767-8

Einzelnachweise

  1. Quelle, S. 489, fünfter Eintrag
  2. Quelle, S. 149, 5. Z.v.u.
  3. Quelle, S. 153, 13. Z.v.o.
  4. Quelle, S. 154, 6. Z.v.o. ff.
  5. Farese, S.161, 8. Z.v.u.
  6. Le Rider, S. 92, 20. Z.v.o.
  7. Sprengel, S. 241, 16. Z.v.u.
  8. Sprengel, S. 239 - 241
  9. C. H. Beck
  10. Nachwort in der Quelle, S. 484/485

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