Professor Bernhardi

Professor Bernhardi

Professor Bernhardi ist ein Drama Arthur Schnitzlers. Die Uraufführung fand 1912 in Berlin statt. Wegen des systemkritischen Inhalts waren Aufführungen in der Donaumonarchie bis zu ihrem Zerfall 1918 verboten. Das Stück kam dann 1918 bei und mit Alfred Bernau am Deutschen Volkstheater in Wien zur Aufführung.

Inhaltsverzeichnis

Inhalt

Um 1900 befindet sich die junge Philomena Bejer im kritischen Zustand im „Elisabethinum“, einem Wiener Spital, nachdem sie abgetrieben hat. Der jüdische Klinikleiter Professor Bernhardi verbietet einem katholischen Priester, sie gemäß den Vorschriften zu sehen und ihr ihre Sünden zu erlassen, weil die euphorische Patientin nicht weiß, dass sie sterben wird, und er ihr die Todesangst ersparen will. Während des Streites zwischen den beiden verstirbt die Kranke, als sie von einer Krankenschwester von der Präsenz eines Geistlichen erfährt.

Professor Bernhardi will sich von seinem Verhalten distanzieren, entscheidet sich aber dagegen, nachdem er nun von seinen christlichen Kollegen ausgegrenzt und antisemitisch attackiert wird. Die Christlichsoziale Partei nutzt den Vorfall für einen auf populistischem Antisemitismus basierenden Wahlkampf. Bernhardi wird angeklagt.

Bernhardi war zudem nicht auf den von seinem Stellvertreter und Konkurrenten Ebenwald vorgeschlagenen »Handel« eingegangen, bei der Neubesetzung einer Institutsstelle für Ebenwalds Kandidaten zu stimmen statt für den hochqualifizierten jüdischen Arzt Dr. Wenger. Entrüstet hatte Bernhardi nach diesem Bestechungs- bzw. Erpressungsversuch noch vor dem Prozess seine Direktorenstelle gekündigt.

Im Prozess sagt die Krankenschwester über Bernhardi falsch aus - er habe den Priester körperlich angegriffen. Die Aussagen seiner Kollegen, die während des Vorfalls anwesend waren, werden wegen der angeblichen jüdischen Solidarität unbeachtet gelassen. Bernhardi wird die Ausübung des ärztlichen Berufes verboten und er wird zu zwei Monaten Kerker verurteilt.

Nach dem Prozess besucht der Priester Bernhardi und teilt ihm mit, dass er im Prozess an seiner Seite gestanden habe. Als Bernhardi fragt, wieso er das nicht früher, vor der Verurteilung, gesagt habe, erklärt dieser, dass das Interesse der Kirche im Vordergrund steht und ein Fiasko vor Gericht ihr Schaden zugefügt hätte. Als Bernhardi einwendet, dass er an erster Stelle verpflichtet ist, nicht zu lügen, verlangt dieser von ihm erfolglos das Zugeständnis, dass er nicht nur aus ärztlichem Interesse, sondern auch aus Hass gegenüber der Kirche gehandelt habe.

Nach seiner Befreiung wird Bernhardi zur Galionsfigur der Liberalen. Das Drama endet, ähnlich Ibsens Puppenheim, in einem ausführlichen Gespräch zwischen Professor Bernhardi und einem Minister aus der CSP, der ebenfalls Arzt und zudem ein alter bekannter Bernhardis ist.

Thema

In ausführlichen Dialogen adressiert es den Antisemitismus, Probleme der Ethik und der Jurisprudenz sowie des Katholizismus.

Als Vorbild des „Elisabethinums“ diente Schnitzler die Allgemeinen Poliklinik in Wien[1][2]. Schnitzler - selbst Jude - hatte als junger Arzt an der Poliklinik gearbeitet; sein Vater Johann Schnitzler leitete das Krankenhaus bis zu seinem Tod im Jahr 1893. Flint, der Minister für Kultus und Unterricht, trägt Züge des Wiener Bürgermeisters Karl Lueger.

Bis zum Ende der Habsburger Monarchie 1920 war das Stück in Österreich verboten. Auch ab den 1930er Jahren wurde das Stück dann vor allem in Österreich und im Deutschen Reich kaum oder gar nicht mehr aufgeführt, auch nach 1945 im deutschen Sprachraum (inkl. Österreich und der Schweiz) eher selten.

Literatur

  • Jeffrey B. Berlin: Afterword; in: Arthur Schnitzler: Professor Bernhardi and Other Plays. Riverside (CA): Ariadne Press, 1993; S. 363-379. ISBN 0-929497-70-8.
  • Reinhard Urbach: Nachwort; in: Arthur Schnitzler: Professor Bernhardi (hrsgg. von Reinhard Urbach). Stuttgart: Philipp Reclam jun., 2005; S. 185-233. ISBN 978-3-15-018386-1.

Verfilmungen

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. [1] Ärztewoche Online (eingesehen 8. Juni 2008)
  2. [2] Historicum Herbst 1991. Rezension der Habilitation Manfred Skopecs (eingesehen 8. Juni 2008)

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