- Gerhard Harig
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Gerhard Harig (* 31. Juli 1902 in Niederwürschnitz; † 13. Oktober 1966 in Leipzig) war ein deutscher Physiker und Philosoph, Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus, Emigrant in der Sowjetunion, Häftling im KZ Buchenwald, Hochschullehrer für Natur- und Gesellschaftswissenschaften und Staatssekretär für Hochschulwesen der DDR.
Inhaltsverzeichnis
Leben
Harig stammte aus der Familie eines Landarztes. Nach dem Besuch der Volksschule absolvierte er 1913 das Schiller-Realgymnasium von Leipzig, wo er die Hochschulreife erlangte. Von 1922 bis 1927 studierte er Physik, Mathematik und Mineralogie in Leipzig und in Wien. 1928 legte er seine Dissertation zu einem experimental-physikalischen Fachthema in Leipzig vor und wurde promoviert. Von 1927 bis 1933 war er als Assistent am Institut für theoretische Physik an der TH Aachen beschäftigt, wurde aber entlassen. 1931 trat er der Gesellschaft für die Freunde des Neuen Rußland, Ortsgruppe Aachen bei, und wurde ihr Sekretär.
Nach der Machtübertragung an die NSDAP wurde er März/April 1933 als Mitglied der illegal arbeitenden Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) in „Schutzhaft“ genommen. Nach seiner Entlassung entschloss er sich zur Emigration nach Leningrad in die UdSSR. Hier nahm er eine Forschungsarbeit am Physikalischen Institut der Technischen Hochschule Leningrad auf. In dieser Zeit wurde er vom NKWD als Nachrichtenquelle angeworben. 1934 veröffentlichte er in Moskau die wissenschaftspolitische Arbeit Lenin und die moderne Physik. 1937/38 geriet er jedoch in den Verdacht, ein deutscher Spion zu sein und wurde in U-Haft genommen. Nun wurde er vom NKWD zum nachrichtendienstlichen Einsatz im Deutschen Reich vorbereitet. Zum Zwecke der Tarnung wurde er nach Deutschland abgeschoben und folgerichtig 1938 in Stettin verhaftet. Im gleichen Jahr 1938 wurde er im KZ Buchenwald interniert. Er kam in das Arbeitskommando Politische Abteilung und betätigte sich dort im Häftlingswiderstand. Über seine Erfahrungen im KZ veröffentlichte er 1945 drei Berichte: Das Häftlingslager. Die Politische Abteilung im KZ Buchenwald sowie Der SS-Bereich Buchenwald.[1]
Als die NS-Herrschaft beseitigt war, wurde er im November 1945/46 der Leiter des Statistischen Amtes in Leipzig. Von 1947 bis 1948 erhielt er eine Professur für Geschichte der Naturwissenschaft und Technik an der neugegründeten Gesellschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig. Von 1948 bis 1951 war er geschäftsführender Direktor des Franz-Mehring-Instituts zur Ausbildung von Lehrern für Marxismus-Leninismus. Er war in der DDR auch der erste Professor mit Lehrstuhl für Dialektischen und Historischen Materialismus. Im Juni 1949 fungierte er als Studentendekan der Leipziger Universität. 1950 wurde er zum Leiter der Hauptabteilung für Hochschulen und wissenschaftliche Einrichtungen im Ministerium für Volksbildung berufen. Von März 1951 bis 1957 war Harig Mitglied des Ministerrats und erster Staatssekretär des neu gegründeten Staatssekretariats für das Hochschulwesen. Unter seiner Leitung wurde das marxistisch-leninistische Grundstudium als Pflichtfach für alle Studenten in der DDR eingeführt. 1957 kehrte er an die KMU Leipzig zurück und wurde Professor für Geschichte der Naturwissenschaft und zugleich Direktor des Karl-Sudhoff-Instituts für Geschichte der Naturwissenschaft und Medizin. Von 1959 bis 1963 agierte er als Dekan der Mathematisch-naturwissenschaftlichen Fakultät der Karl-Marx-Universität (KMU) Leipzig. 1960 gehörte er zu den Mitbegründern und Herausgebern der »NTM-Schriftenreihe Geschichte der Naturwissenschaft,Technik und Medizin«. 1965 wurde er der Vorsitzende des Nationalkomitees für Geschichte und Philosophie der Wissenschaften.
Seit 1958 war Harig Mitglied der SED-Bezirksleitung Leipzig und Erster Vorsitzender des Bezirksverbandes Leipzig der „Urania“.
Ehrungen
Werke
- Physik und Renaissance. 2. Aufl. Akademische Verlagsgesellschaft Geest u. Portig, Leipzig 1984.
- Schriften zur Geschichte der Naturwissenschaften. Akademie-Verlag, Berlin 1983.
- Physik und Renaissance. 1. Aufl. Akademische Verlagsgesellschaft Geest u. Portig, Leipzig 1981.
- Ausgewählte philosophische Schriften. Karl-Marx-Univ., Leipzig 1973.
- Die Erkenntnistheorie des Marxismus. 1945.
- Ergebnisse der Volkszählung vom 3. November 1945. Nachrichtenamt d. Stadt, Leipzig 1945.
- Mark M. Rozental: Materialistische und idealistische Weltanschauung. 2. Aufl. Dietz, Berlin 1948.
- Alexander von Humboldt. Urania-Verlag, Leipzig 1959.
- Lenin und die moderne Physik. Leningrad 1934.
- Das Hochschulwesen in der Sowjet-Union. Staatssekretariat f. Hochschulwesen, Berlin 1952.
- Es geht um den Beitrag des deutschen Hochschulwesens und der deutschen Wissenschaft im Kampf um die Erhaltung des Friedens, die Einheit Deutschlands und den planmässigen Aufbau des Sozialismus. Staatssekretariat f. Hochschulwesen, Berlin 1952.
- Über die Verbreiterung der Absorptionslinie 2537 °A. E. des Quecksilbers und Über die Absorption ultravioletten Lichtes durch flüssiges Kohlendioxyd. Leipzig 1929.
- Naturwissenschaft, Tradition, Fortschritt. Dt. Verlag d. Wissenschaften, Berlin 1963.
- Wilhelm Ostwald: Volumchemische Studien über Affinität. Akademische Verlagsges. Geest u. Portig, Leipzig 1966.
- Von Adam Ries bis Max Planck. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1961.
- Naturwissenschaft und Philosophie. Akademie-Verlag, Berlin 1960.
- Lehre, Forschung, Praxis. Teubner (in Verwaltung), Leipzig 1963.
- Alexander von Humboldt. 2., verb. Aufl. Urania-Verlag, Leipzig 1964.
- Wesen und Entstehung der marxistischen Philosophie. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1958.
- Die Tat des Kopernikus, Leipzig. 2., überarb. Aufl. Urania-Verlag, Leipzig 1965.
- Die Tat des Kopernikus, Leipzig. Urania Verlag, Leipzig 1962.
- Dialektischer Materialismus und moderne Naturwissenschaft. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1960.
- Bedeutende Gelehrte in Leipzig. Bd. 2.1965.
- Die Entwicklung der Wissenschaft zur unmittelbaren Produktivkraft. Karl-Marx-Universität, Leipzig 1963.
- Sowjetische Beiträge zur Geschichte der Naturwissenschaft. Verlag d. Wissenschaften, Berlin 1960.
- Die Erziehung unserer Studierenden im gesellschaftswissenschaftlichen Grundstudium. Verlag Junge Welt, Berlin 1954.
- Leipziger Vorträge der Arbeitsgemeinschaft marxistischer Wissenschaftler. Bibliographisches Institut.
- Von Adam Ries bis Max Planck. 2., (durchges.) Aufl. Verlag Enzyklopädie, Leipzig 1962.
Literatur
- Emil Carlebach, Willy Schmidt, Ulrich Schneider (Hrsg.): Buchenwald ein Konzentrationslager. Berichte – Bilder – Dokumente. Bonn 2000, ISBN 3-89144-271-8.
- Autorenkollektiv: Buchenwald. Mahnung und Verpflichtung. Dokumente und Berichte. Berlin 1983, S. 754.
- Hans-Christoph Rauh, Bernd-Rainer Barth: Harig, Gerhard. In: Wer war wer in der DDR? 5. Ausgabe. Ch. Links Verlag, Berlin 2010, ISBN 978-3-86153-561-4, Band 1.
Weblinks
- Literatur von und über Gerhard Harig im Katalog der Deutschen Nationalbibliothek
- Gerhard Ernst Friedrich Harig im Professorenkatalog der Universität Leipzig
Einzelnachweise
- ↑ AutorenkollektivBuchenwald. Mahnung und Verpflichtung. Dokumente und Berichte. Berlin 1983, S.73, 79 und 317
Kategorien:- Physiker (20. Jahrhundert)
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- Person (NKWD)
- Opfer des Stalinismus (Sowjetunion)
- KPD-Mitglied
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- Gestorben 1966
- Mann
- Deutschsprachiger Emigrant zur Zeit des Nationalsozialismus
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