Jenseits der Wolken

Jenseits der Wolken
Filmdaten
Deutscher Titel Jenseits der Wolken
Originaltitel Al di là delle nuvole
Produktionsland Italien, Frankreich, Deutschland
Originalsprache Italienisch, Französisch, Englisch
Erscheinungsjahr 1995
Länge 112 Minuten
Altersfreigabe FSK 12
Stab
Regie Michelangelo Antonioni
Wim Wenders
Drehbuch Michelangelo Antonioni
Wim Wenders
Tonino Guerra
Soheil Ghodsy
Produktion Philippe Carcassonne
Stéphane Tchalgadjieff
Ulrich Felsberg
Vittorio Cecchi Gori
Musik Lucio Dalla
Laurent Petitgrand
Van Morrison
U2
Kamera Alfio Contini
Robby Müller
Schnitt Michelangelo Antonioni
Claudio Di Mauro
Peter Przygodda
Lucian Segura
Besetzung

Jenseits der Wolken (Original: Al di là delle nuvole) ist ein italienisch-französisch-deutscher Episodenfilm von Michelangelo Antonioni aus dem Jahr 1995, der mit Unterstützung von Wim Wenders zustande kam, der auch einige Sequenzen drehte.

Inhaltsverzeichnis

Handlung

Ein Regisseur reist mit Fotoapparat und Notizblock durch Italien und Frankreich auf der Suche nach Inspiration für einen neuen Film. Er macht Halt in den Städten Ferrara, Portofino und Aix-en-Provence. Alle Geschichten, von denen er Zeuge wird, handeln von der Beziehung zweier Menschen, von der Liebe und ihrem Ende:

Carmen und Silvano begegnen sich für wenige Stunden in Ferrara. Nach langer Zeit sehen sie sich wieder, doch Silvano hat Angst, dass das Ausleben seines Verlangens eben dieses in seiner Intensität zerstören könnte, weshalb er Carmen schließlich verlässt.

In Portofino trifft der Regisseur auf eine melancholische junge Frau, die ihn sofort fasziniert. Er folgt ihr und beide kommen sich näher. Als sie ihm gegenüber gesteht, dass sie ihren Vater ermordet hat, geht der Regisseur erneut seiner Wege.

Patricia, eine Frau mittleren Alters, leidet unter der Untreue ihres Mannes. Dieser will seine Geliebte nicht aufgeben, weshalb Patricia schließlich die Scheidung einreicht und sich eine neue Wohnung sucht. Bei der Besichtigung einer möglichen neuen Bleibe trifft sie auf den Vormieter namens Carlo, der ebenfalls erst kürzlich eine Beziehung beendet hat. Beide finden zueinander durch ihre ähnlich schmerzhaften Erfahrungen.

In Aix-en-Provence läuft ein junger Mann namens Niccolo auf der Straße einem hübschen Mädchen hinterher. Er versucht sie in ein Gespräch zu verwickeln, doch sie lässt ihn abblitzen. Er bleibt jedoch hartnäckig und folgt ihr durch den Regen bis zu ihrer Wohnung. Er wolle sie unbedingt wiedersehen. Sie erklärt ihm jedoch, dass sie demnächst in ein Kloster eintreten und damit dem weltlichen Leben entsagen werde.

Hintergrund

Paul Cézanne, Mann mit verschränkten Armen

Jenseits der Wolken besteht aus vier Episoden nach Skizzen aus Michelangelo Antonionis Buch Bowling am Tiber. Jede der vier Episoden ist eine selbständige Liebesgeschichte und jede erzählt von einer anderen inneren Hemmung, die sich sexuellem Vergnügen entgegenstellt: Angst vor Zerstörung der Intensität einer in der Fantasie existierenden Emotion (Chronik einer Liebe, die es nie gab), Erinnerung an sexuellen Missbrauch (Ein Mädchen, ein Verbrechen), Erschrecken vor der Austauschbarkeit des Partners (Das Rad - Such mich nicht) und Entsagung körperlicher Liebe zugunsten transzendenter Hingabe (Dieser Leib aus Staub). Diese in sich geschlossenen Geschichten werden von einer Rahmenhandlung umspannt, die in Form von Prolog, Epilog und verbindenden Sequenzen von Regisseur Wim Wenders inszeniert wurde. Dabei lässt dieser einen Regisseur, gespielt von John Malkovich, über die einzelnen Handlungen räsonieren. Wenders hatte sich für diese Arbeit bereit erklärt, da der damals 83-jährige Antonioni infolge eines Schlaganfalls seit 1985 halbseitig gelähmt und sprachunfähig war.

Cézanne, Le grand pin

Der Übergang zwischen der dritten und vierten Episode enthält zwei Szenen, die unter anderem Peter Handkes Assoziationen zu dem Porträt Mann mit verschränkten Armen von Paul Cézanne[1] und Le grand pin[2] aufgreifen. So stellt der Erzähler im Film ebenfalls die Haltung des von Cézanne Porträtierten nach, während ein Maler, gespielt von Marcello Mastroianni versucht, das Landschaftsbild Le grand pin zu kopieren.

Gedreht wurde an Originalschauplätzen in Ferrara, Portofino und Aix-en-Provence.

Jenseits der Wolken wurde am 3. September 1995 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt. In Deutschland kam der Film am 9. November 1995 in die Kinos.

Kritiken

„Der 83jährige Regisseur erweist sich als ewiger Flaneur der femininen Topografie von Verlangen, Verlassen und Verlieren. Doch die betont pittoresken Szenen seines Films verlieren sich in vagen Andeutungen und Symbolismen, wobei akribischer Stilwille allzu oft in Sterilität, spannungsarme Transzendenz in Trivialität umschlägt. Am faszinierendsten ist der Film als beharrliche Suche nach der Poesie von Orten und ihren Stimmungen: Ferrara im Nebel, Portofino im Sturm, Aix-en-Provence im Regen.“

Lexikon des Internationalen Films[3]

„Mag sich noch manch einer an den hochtrabenden Monologen erfreuen können, […] so verblassen die vier Episoden bis zur Belanglosigkeit. Fast scheint es, als habe Antonioni diese Begegnungen nur deshalb inszeniert, um noch einmal möglichst viele junge und vor allem nackte Menschen vor die Linse zu bekommen. Über den Wolken ist ein trefflich bebildertes, perfekt ausgeleuchtetes Alterswerk, aber irgendwie ist es doch nur die nicht immer gelungene Kopie eines Meisterwerks, wie jenes Bild von Cézanne, das Marcello Mastroianni in einem Cameo-Auftritt - einer der Höhepunkte des Films - nachzumalen versucht.“

Kino.de[4]

„Die Star-gespickten, jedoch durchwachsenen Episoden umkreisen Antonionis ewiges Thema von der Fremdheit zwischen Mann und Frau. […] Alterswerk eines einst ganz Großen.“

Cinema[5]

Auszeichnungen

Deutsche Fassung

Der Hafen von Portofino diente als Schauplatz der zweiten Episode.

Die deutsche Synchronbearbeitung entstand 1995.[6]

Rolle Darsteller Synchronsprecher
Patricia Fanny Ardant Kerstin Sanders-Dornseif
Regisseur John Malkovich Joachim Tennstedt
Mädchen Sophie Marceau Judith Brandt
Niccolo Vincent Perez Patrick Winczewski
Carlo Jean Reno Roland Hemmo
Silvano Kim Rossi Stuart Stefan Gossler
Ehemann Peter Weller Frank Glaubrecht

Literatur

  • Michelangelo Antonioni: Bowling am Tiber: Erzählungen. Wagenbach, Berlin, 1985, ISBN 3-8031-0142-5, (Quarthefte), (weitere Edition: Chronik einer Liebe, die es nie gab: Erzählungen. Wagenbach, Berlin 2000, ISBN 3-8031-1153-6)
  • Wim Wenders: Die Zeit mit Antonioni: Chronik eines Films. Verlag der Autoren, Frankfurt am Main, 1995, ISBN 3-88661-162-0.
  • Uwe Müller: Der intime Realismus des Michelangelo Antonioni. Books on Demand, Norderstedt 2004, ISBN 3-8334-1060-4, S. 302f. siehe.
  • Enrica Antonioni, Agnès Godard: Fare un film per me è vivere (To Make a Film is To Be Alive: The Making of Beyond The Clouds), Dokumentarfilm 1995

DVD-Veröffentlichung

  • Jenseits der Wolken. Kinowelt GmbH 2005

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Als ich seine Haltung nachstellte, befremdete freilich die unter dem Arm weggestreckte Hand, und es brauchte geradezu einen Willen, sich aus der Verschränkung wieder zu lösen.“ Peter Handke: Die Lehre der Sainte-Victoire. S. 36; zitiert nach: Thomas Hennig: Intertextualität als ethische Dimension: Peter Handkes Ästhetik „nach Auschwitz“. Würzburg: Königshausen & Neumann, 1996. Kap. 4.2.4 Der Mann mit den verschränkten Armen - Vom Vor-Bild zum Nach-Bild. S. 186f.
  2. Handke, S. 24; siehe auch: Alexander Huber: Peter Handkes Ästhetik der Differenz. Würzburg, 2005. Kap. VI.2.2 Die Lehre von St. Victoire: Die Lehre der Leere. S. 369f.
  3. Jenseits der Wolken im Lexikon des Internationalen Films
  4. kino.de
  5. Cinema
  6. Synchronkartei

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