Joachim Herz (Intendant)

Joachim Herz (Intendant)

Joachim Herz (* 15. Juni 1924 in Dresden; † 18. Oktober 2010 in Leipzig[1]) war ein deutscher Opernintendant und -regisseur.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Grabstätte Joachim Herz auf dem Südfriedhof in Leipzig

Der in Dresden geborene Joachim Herz studierte an der dortigen Musikhochschule Kapellmeister und Opernregie bei Heinz Arnold, später an der Humboldt-Universität Musikwissenschaften.

1951 wurde er Spielleiter an der Landesoper Dresden-Radebeul. 1953 wechselte er an die Komische Oper Berlin und war hier bis 1956 Schüler und Assistent von Walter Felsenstein, dessen Arbeitsmethoden er weitgehend übernahm. Wie Felsenstein, der Begründer des realistischen Musiktheaters, pflegte auch Herz gründliche philologische und historische Vorstudien zu Inszenierungen mit einer persönlichen Note weiterzuentwickeln.

Nach einem kurzen Zwischenspiel an der Städtischen Oper Köln (1956–1957) kam er 1959 als Operndirektor an der Leipziger Oper. „Die sinnvollsten Jahre meines Lebens“, wie Herz später bilanzieren sollte.

Hier eröffnete er 1960 mit Richard Wagners Die Meistersinger von Nürnberg den Neubau des Opernhauses. Besonderes Aufsehen erregte er mit seinem 1976 in Leipzig abgeschlossenen Der Ring des Nibelungen. Leipzig blieb bis 1976 die musikalische Heimat von Herz. Bis zu acht mal pro Woche waren seine Inszenierungen auf der Bühne zu sehen.

Im Nachhinein gesehen gilt sein Wechsel 1976 zurück an die Komische Oper nach Berlin als glücklos. Zwar konnte er mit Aufstieg und Fall der Stadt Mahagonny ein fulminantes sozialkritisches Massenspektakel auf die Bühne stellen. Doch wollte er weder im Schatten Felsensteins bleiben, noch im DDR-Realismus verharren. Sein zuweilen schroffer Arbeitsstil und seine Unbekümmertheit gegenüber den SED-Bürokraten fanden wenig Gegenliebe. Seine Ablösung 1981 kam daher nicht unerwartet.

1985 übernahm er die Stelle des Chefregisseurs an der wiedereröffneten Semperoper. Zur Eröffnung inszenierte er Carl Maria von Webers Der Freischütz.

Neben dem Dreieck Dresden, Leipzig, Berlin inszenierte Herz schon frühzeitig in aller Welt. Er arbeitete am Moskauer Bolschoi-Theater ebenso wie am Teatro Colón in Buenos Aires, in London oder auch in Vancouver.

Insgesamt 126 Inszenierungen und Neueinstudierungen von über 60 Opern hat er auf die Bühne gebracht, viele wurden Klassiker.

2005 wurde er Ehrenmitglied der Komischen Oper Berlin.

Am 9. Januar 2009 wurde ihm die Ehrendoktorwürde der Hochschule für Musik Carl Maria von Weber Dresden verliehen.

Inszenierungen (Auswahl)

Trivia

Seinen Ring des Nibelungen legte er erstmals als Parabel auf den Kapitalismus im 19. Jahrhundert an – der Mythos verquickt mit der Krupp- und Kaiser-Wilhelm-Welt. Danach gab es kaum eine Inszenierung ohne diesen Hintergrund. Chéreaus BayreutherJahrhundert-Ring“ 1976 basierte gänzlich auf der Herzschen Innovation, die allein Herz heutzutage zum Superstar der Opernwelt gemacht hätte. Doch existiert vom Epoche machenden „Sachsen-Ring“ nicht einmal eine adäquate Dokumentation. Diese Sichtweise dürfte aber auf George Bernard Shaw zurückgehen, nachzulesen in "Der perfekte Wagnerianer" (Suhrkamp-Verlag).

Literatur

  • Dieter Kranz: Berliner Theater. 100 Aufführungen aus drei Jahrzehnten, Berlin 1990 – darin Gespräche mit Herz.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Opernregisseur Joachim Herz gestorben. In: Welt online. 18. Oktober 2010.

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