Karl Seidel

Karl Seidel

Karl Seidel (* 18. Dezember 1930 in Nürnberg) ist ein Psychologe, Psychotherapeut und Neurologe sowie ehemaliger Funktionär der SED in der DDR.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Der Sohn eines kaufmännischen Angestellten wuchs bei seinem Stiefvater auf, der ebenfalls Arzt war, und besuchte zwischen 1937 und 1949 die Volks- sowie die Oberschule. Noch während des Schulbesuchs wurde er 1947 Mitglied der SED und war zwischen 1949 und 1950 Vorstudienkrankenpfleger, ehe er zwischen 1950 und 1956 Medizin an der Universität Leipzig studierte. 1956 erfolgte dort seine Promotion zum Dr. med. mit einer Dissertation zum Thema Das Bronchuskarzinom. Anschließend wurde er zunächst Assistenzarzt, ehe er zwischen Januar 1961 und August 1963 Oberarzt sowie Leiter der Abteilung für Neurologie der Neurologisch-Psychiatrischen Klinik der Karl-Marx-Universität Leipzig war. 1963 wechselte er als Erster Oberarzt an die Medizinische Akademie Dresden und schloss dort 1967 seine Habilitation mit einer Habilitationsschrift zum Thema Der Suicid im höheren Lebensalter unter sozialpsychiatrischem Aspekt ab.[1]

Im Anschluss wurde er 1968 auch zum Dozenten für Psychiatrie und Neurologie an die Medizinische Akademie Dresden berufen, an der er zugleich kommissarischer Prorektor für Studienangelegenheiten war. 1971 erfolgte seine Ernennung zum Direktor der Nervenklinik der Charité, an der er bis 1978 Nachfolger von Karl Leonhard war. Dabei trat er wenig als Kliniker oder Wissenschaftler in Erscheinung, nutzte jedoch geschickt seine politischen Verbindungen, um eine weitere Modernisierung der Nervenklinik zu bewirken. Es entstand so die ersten Abteilung für Computertomographie innerhalb der Neurologie in der DDR.[2][3][4] Daneben nahm er den Ruf auf eine Professur für Psychiatrie und Neurologie an der Humboldt-Universität zu Berlin an und wurde außerdem 1974 mit dem Vaterländischen Verdienstorden (VVO) geehrt sowie 1977 ordentliches Mitglied der Akademie der Wissenschaften der DDR. 1978 wurde Karl Seidel zudem der Nationalpreis der DDR verliehen.

Nach Beendigung seiner Tätigkeit an der Charité wurde er 1978 erst stellvertretender Leiter und dann 1981 als Nachfolger von Werner Hering Leiter der Abteilung Gesundheitspolitik des ZK der SED und behielt diese Funktion bis zur Auflösung der SED 1989. In dieser Funktion war er neben Gesundheitsminister Ludwig Mecklinger, dessen Stellvertreter Ulrich Schneidewind und Alexander Schalck-Golodkowski, dem Leiter des geheimen Bereichs für Kommerzielle Koordinierung im Ministerium für Außenhandel, dafür mitverantwortlich, dass westliche Pharmaunternehmen, vor allem bundesdeutsche, aggressive Arzneimittel in Kliniken der damaligen DDR getestet haben.[5] Seidel, der 1980 darüber hinaus Mitglied des Rates für Medizinische Forschungen wurde, war von 1986 bis Dezember 1989 auch Mitglied des ZK der SED.

Nach dem Ende der DDR ließ er sich als Neurologe und Psychiater in Berlin nieder, wo er auch heute noch lebt.

Veröffentlichungen

  • Das Entmündigtenproblem unter sozialpsychiatrischem Aspekt, Jena 1972
  • Dringliche Indikationen bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen, Leipzig 1976
  • Neurologie und Psychiatrie einschliesslich Kinderneuropsychiatrie und gerichtliche Psychiatrie : Studentenlehrbuch, Berlin 1977
  • Psychopathologie : Aspekte einer Neubesinnung, Berlin 1978
  • Psychopharmakotherapie, Berlin 1982
  • Diagnostische und therapeutische Indikationen in der Nervenheilkunde, Leipzig 1983
  • Leitfaden der psychiatrischen Untersuchung, Leipzig 1986
  • Zur Klassifikation endogener Psychosen, Leipzig 1986

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Udo Grashoff: „In einem Anfall von Depression--“: Selbsttötungen in der DDR, 2006, S.276, ISBN 3861534207
  2. Kurzer Überblick über die Entwicklung der Neurologie an der Charité: Neuanfang und Spezialisierung (1949 – heute)
  3. Karl Max Einhäupl,Detlev Ganten,Jakob Hein: 300 Jahre Charité - im Spiegel ihrer Institute, 2009, S.79, ISBN 3110202565
  4. Volker Hess: Zeitzeugen Charité: Arbeitswelten der Psychiatrischen und Nervenklinik, 1940-1999, 2005, S.45, ISBN 3825884430
  5. DER SPIEGEL: Das ist russisches Roulett. Schmutzige Geschäfte mit westlichen Pharmakonzernen brachten dem SED-Regime Millionen (Nr.6/1991)

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