Le Train Bleu (Luxuszug)

Le Train Bleu (Luxuszug)
Streckenverlauf des Train Bleu.

Le Train Bleu (von den Briten Blue Train genannt), offiziell Calais-Mediterranée Express, war ein französischer Luxuszug, der in den Jahren 1922 bis 1938 bzw. 1947 bis in die sechziger Jahre zwischen Calais und der französischen Riviera verkehrte. Seinen Namen verdankt er der dunkelblauen Farbe seiner Schlafwagen.

Inhaltsverzeichnis

„Le Train bleu“ von 1922 bis 1939

Der „Train bleu“ war in seiner Anfangszeit ein reiner Erste-Klasse-Zug. Die Schlafwagen, jeder mit (nur!) zehn geräumigen Kabinen ausgestattet, waren von der renommierten Compagnie Internationale des Wagons-Lits hergestellt worden. Jeder Waggon hatte einen eigenen Steward, der sich während der Fahrt um die Wünsche der Passagiere kümmerte. Der Speisewagen erlangte Berühmtheit durch seine opulenten Fünf-Gänge-Menüs, ein gesonderter Bar- und Salonwagen sorgte für weitere Annehmlichkeiten.

Die Jungfernfahrt des „Train bleu” fand am 8. Dezember 1922 statt. Er wurde von einer privaten französischen Eisenbahngesellschaft, der Chemins de fer de Paris à Lyon et à la Méditerranée, kurz PLM, betrieben, vorzugsweise um wohlhabende britische Reisende an die südfranzösische Riviera zu bringen. Die höchste Auslastung hatte der „Train bleu” von November bis April – also in jenen Monaten, in welchen die reisefreudige britische Geld- und andere Aristokratie die unfreundliche Witterung der Insel gegen das angenehme Klima der Französische Riviera eintauschte.

Die Abfahrt vom Ausgangsbahnhof Gare Maritime in Calais war um 13.00 Uhr. Die Fahrt führte zunächst nach Paris, erst zum Gare du Nord, dann über die Grande Ceinture line zum Gare de Lyon, wo er am frühen Abend weiter fuhr nach Dijon, Chalon-sur-Saône und Lyon. In den frühen Morgenstunden erreichte er Marseille, um von dort über Toulon in die renommierten Badeorte der Côte d’Azur weiterzufahren: Saint-Raphaël, Cannes, Juan-les-Pins, Antibes, Nizza, Beaulieu-sur-Mer, Monte-Carlo, Monaco. Endstation war in Menton nahe der italienischen Grenze.

Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise und damit der Abwertung des britischen Pfunds ging die Zahl vor allem der aus Großbritannien stammenden Reisenden Ende der zwanziger Jahre stark zurück. 1936 wurde der Zug um Personenwagen zweiter und dritter Klasse ergänzt, da sich infolge des in Frankreich eingeführten zweiwöchigen Urlaubsanspruchs für alle Berufstätigen die Zahl der dem Süden zustrebenden einheimischen Urlauber drastisch erhöht hatte.

1938 wurden in Frankreich sämtliche Bahngesellschaften verstaatlicht und zur Société nationale des chemins de fer français (SNCF) zusammengefasst. Zunächst als gewöhnlicher Nachtexpresszug vom SNCF weiter betrieben wurde er während des Zweiten Weltkrieges aus dem Fahrplan genommen.

Bekannte Passagiere dieser Zeit im „Train bleu“ waren unter anderem der Prince of Wales, der spätere britische König Eduard VIII. (ob mit oder ohne Wallis Simpson ist nicht überliefert), Charlie Chaplin, die Modeschöpferin Coco Chanel, der britische Premierminister Winston Churchill oder die Schriftsteller F. Scott Fitzgerald, Evelyn Waugh und William Somerset Maugham.

Von 1947 bis zum Ende

Ab 1947 – nun auch offiziell als „Le Train bleu“ – gelistet, verlor er mit dem Ausbau des Luftverkehrs zunehmend seine Bedeutung als Luxuszug. Ab den sechziger Jahren wurde der Zug erst ab Paris eingesetzt, dafür die Strecke um einige Kilometer bis kurz hinter die italienische Grenze nach Ventimiglia verlängert. Die Verbindung Calais–Sanremo wurde nun mit einem neuen Schnellzug, dem Flandres Rivièra Express bedient.

Ab 1978 begann man damit, den „Train bleu“ mit einfachen Liegewagen zu bestücken, um ihn für Reisende mit kleinerem Geldbeutel attraktiv zu machen, die originalen Fahrzeuge wurden nach und nach außer Dienst gestellt. Zu Beginn der 1980er Jahre wurde die Strecke Paris–Nizza für den Hochgeschwindigkeitszug TGV ausgebaut. Die Fahrzeit verkürzte sich damit von zwanzig auf fünf Stunden und so endete mangels Schlafwagenbedarfs das Zeitalter des Luxus-Schlafwagenzuges zur Riviera.

„Le Train bleu“ literarisch, künstlerisch und kulinarisch

Ähnlich inspirierend wie der Orient-Express war auch der „Train bleu“: 1924 wurde das gleichnamige Ballett von Serge Diaghilev und seinen Ballets Russes mit der Choreografie von Vaslav Nijinsky uraufgeführt; den Text dazu schrieb Jean Cocteau, die Kostüme stammten von Coco Chanel und das Bühnenbild von Pablo Picasso.

Agatha Christie ließ 1928 unter dem Titel The Mystery of the Blue Train (dt. Der blaue Express) in ihm morden – noch vor dem legendären Mord im Orientexpress.

Georges Simenon machte ihn 1949 zum Schauplatz eines seines Krimis (Mon Ami Maigret, dt. Mein Freund Maigret – für das Fernsehen verfilmt in 1973 und 2001).

Angelehnt an Kriminalgeschichten der französischen Autoren Pierre Boileau und Thomas Narcejac entstand 1965/66 die französische Fernsehserie Le train bleu s’arrete 13 fois (= Der Blaue Zug hält dreizehn mal / keine dt. Synchronisierung).

1963 wurde das um 1900 erbaute pompöse Belle Époque-Restaurant im Gare de Lyon in Paris als Hommage an den legendären Zug in Restaurant Le Train Bleu umbenannt. Auch einen Cocktail namens „Le Train bleu“ gibt es, er besteht aus Sekt, Cognac und Ananassaft.

Die „Blue Train Races“

In den zwanziger und dreißiger Jahren gab es die Blue Train Races, eine Wettfahrt von (Bentley-)Automobilen gegen den legendären Zug.

Literatur

  • Agatha Christie, Der Blaue Express. Frankfurt am Main, Fischer 2009.
  • Albert Mühl und Jürgen Klein, Reisen in Luxuszügen. Freiburg, EK-Verlag 2006.
  • Clive Lamming, LaRousse des trains et des chemins de fer. Paris 2007.
  • Jim Ring, Riviera – The Rise and Rise of the Côte d’Azur. London, John Murray Publishers 2006.
  • Georges Simenon, Mein Freund Maigret. Zürich, Diogenes 2005.

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