Siegesdenkmal (Bozen)

Siegesdenkmal (Bozen)
Das Siegesdenkmal
Lateinische Inschrift am Siegesdenkmal
Siegesplatz ehem. Friedensplatz
Die kleinen Schilder der Gemeinde von 2004 in 50 m Entfernung vom Siegesdenkmal in den drei Landessprachen Italienisch, Deutsch, Ladinisch und in englischer Sprache

Das Siegesdenkmal (Monumento alla Vittoria) in Bozen (Südtirol) auf dem Siegesplatz (Piazza della Vittoria) ist mit dem von Hans Piffrader gemeißelten Fries auf dem Gerichtsplatz eines der letzten verbliebenen Monumente aus der Zeit des Faschismus in Bozen. Es ist auf Mussolinis persönliche Initiative hin errichtet worden. Auf dem damaligen Talferplatz stand bis 1920 das österreichische Kaiserjäger-Denkmal. Den 19 Meter breiten Triumphbogen plante der Architekt Marcello Piacentini. Das Denkmal ist mit Plastiken der italienischen Bildhauer Adolfo Wildt und Libero Andreotti ausgestattet. An der Stirnseite schießt eine stilisierte Siegesgöttin einen Pfeil gegen den germanischen Norden ab. Gewidmet wurde das Bauwerk den „Märtyrern des Ersten Weltkrieges“.

Folgende lateinische Inschrift findet sich an der Front:

„Hic patriae fines siste signa. Hinc ceteros excoluimus lingua legibus artibus.“

„Hier an den Grenzen des Vaterlandes setze die (Feld-)Zeichen. Von hier aus bildeten wir die Übrigen durch Sprache, Gesetze und Künste.“

– Inschrift des Siegesdenkmals

In Südtirol wird das Siegesdenkmal auch „Faschistentempel“ genannt, was durch die an den Säulen und Pilastern angebrachten Liktorenbündel und dessen Errichtung in der Zeit des Faschismus zu erklären ist[1]. Das wegen seiner politischen Symbolik bis heute heftig umstrittene Denkmal ist durch massive Zäune und Videokameras geschützt.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Bau und Hintergründe

Nach der Annexion Südtirols durch Italien und der Machtübernahme von Mussolini fing das Regime an, österreichische Monumente in den neuen Provinzen zu verschieben und zu zerstören. Am 10. Februar 1926 wurde in der Abgeordnetenkammer die Entscheidung getroffen, in Bozen ein faschistisches Monument zu errichten. Die Idee Mussolinis war es, dem italienischen Irredentisten Cesare Battisti dieses Monument zu widmen, der 1916 von den Österreichern hingerichtet worden war. Dieser Vorschlag fand bei den faschistischen Organisationen in ganz Italien und im Ausland große Zustimmung, obwohl sich dieser bereits 1915 zusammen mit verschiedenen italienischen Politikern für eine Grenze bei der Salurner Klause ausgesprochen hatte, also gegen den Anschluss Südtirols an Italien[2]. In kürzester Zeit wurden die erforderlichen 3 Millionen Lire eingesammelt. Den Marmor für den Bau schenkten Industrielle aus Lucca.

Am 17. März trat die Kommission zusammen, die das Projekt genehmigen sollte. Sie bestand aus Mussolini, Ettore Tolomei, dem Staatssekretär Giacomo Suardo und dem Minister für den öffentlichen Unterricht Pietro Fedele.

Mussolinis Vorschlag, das Monument in der Nähe der Talferbrücke zu errichten, wo kurz vor dem Ersten Weltkrieg die österreichische Administration angefangen hatte, ein Monument für die Kaiserjäger zu bauen, wurde in erster Instanz genehmigt. Das Projekt wurde dem Architekten Marcello Piacentini anvertraut, der das Projekt dann auch im Juni präsentierte.

Die Einweihung erfolgte am 12. Juli 1928 durch König Viktor Emanuel III.. An diesem Tage fand in Innsbruck eine Gegendemonstration mit 10.000 Teilnehmern statt.

Da Battistis Frau und Tochter sich nicht einverstanden erklärten, die Figur des Irredentisten aus Trient für Propagandazwecke zu missbrauchen, entschloss sich Mussolini, das Denkmal dem Sieg zu widmen. Frau Battisti war bei der Einweihung nicht dabei. Es wurde jedoch eine Zeremonie im perfekten faschistischen Stil inszeniert. Offiziell wurden 23 Südtiroler Musikkapellen einberufen und die Fenster wurden mit Fahnen geschmückt.

Der Name des Denkmals und die dem Geiste des italienischen Faschismus entsprechende Inschrift werden von den deutschsprachigen Südtirolern als Provokation empfunden. Die erste Version des Textes sah den Ausdruck barbaros (den Barbaren) anstelle des weniger beleidigenden ceteros (den Anderen) vor. Dabei sollte beachtet werden, dass der Anteil von Analphabeten in der Bevölkerung Italiens zumindest einige Jahrzehnte davor, um 1900 mit 56%[3] sehr hoch war, im Gegensatz zu einer Rate von etwa 5% im südlichen Tirol[4].

Ethnische und politische Spannungen

Im Jahr 2002 wurde der Platz von der Stadt Bozen in „Friedensplatz“ (Piazza della Pace) umbenannt. Die Einwohner der Stadt Bozen (rund 73% italienisch- und 26% deutschsprachig) sprachen sich in einem kurz darauf abgehaltenen Referendum mehrheitlich für den alten Namen Siegesplatz aus, den der Platz seitdem wieder trägt.

Am 22. Februar 2005 haben die Vertreter der Gemeinde Bozen vor dem Denkmal Tafeln enthüllt, die an die Leiden der Bevölkerung und die Verbrechen der Faschisten in jener Zeit erinnern. Diese stehen aber wegen des starken Widerstandes der italienischen Rechtsparteien in ca. 50 m Entfernung vom Monument selbst und sind außerdem von diesem abgewandt. Auch ihre Größe musste als Kompromiss auf ca. 25 x 25 cm beschränkt werden. Eine Anbringung in Monumentnähe wurde vom italienischen Kulturministerium nicht erlaubt[5]. Die vier Tafeln zeigen in den drei Landessprachen Italienisch, Deutsch, Ladinisch und in englischer Sprache folgenden Text:

„Stadt Bozen – Dieses Denkmal ist vom faschistischen Regime errichtet worden, um den Sieg Italiens im Ersten Weltkrieg zu feiern. Dieser brachte die Teilung Tirols und die Abtrennung der Bevölkerung dieses Landes vom Vaterland Österreich mit sich. Frei und demokratisch verurteilt die Stadt Bozen die Zwistigkeiten und Diskriminierungen der Vergangenheit und jede Form von Nationalismus und verpflichtet sich im europäischen Geist die Kultur des Friedens und des Zusammenlebens zu fördern. 2004.“

Auch heute noch legen jedes Jahr offizielle Vertreter verschiedener italienischer Rechtsparteien (beispielsweise Gianfranco Fini von der Alleanza Nazionale, jetzt Popolo della Libertà) Kränze am Denkmal am 4. November nieder. Dieser Tag ist der Jahrestag des Ende des Ersten Weltkrieges und somit Sieg über Österreich, zu dem auch Südtirol gehörte und deshalb besondere Symbolkraft besitzt. Das Militär beteiligt sich seit 1997, nach einer erfolgreichen Mediation mit Ministerpräsident Romano Prodi, nicht mehr an dieser Kundgebung. 2008 wurde dieser Brauch aber durch direkte Intervention des Verteidigungsministers Ignazio La Russa, (ebenfalls Alleanza Nazionale und jetzt PDL) wieder eingeführt [6]. Am 4. November 2007 fand in Bozen eine Demonstration der Antifa Meran mit ungefähr 200 Teilnehmern aus ganz Südtirol gegen die Kranzniederlegungen und „Siegesfeiern“ der Neofaschisten statt.

Am 10. November 2008 organisierte der Südtiroler Schützenbund die bisher größte Protestkundgebung gegen faschistische Relikte (darunter besonders das Siegesdenkmal) in Südtirol. Demonstriert wurde dabei „gegen Faschismus und für Tirol“. Gefordert wurde die Schleifung aller faschistischen Relikte und die Wiedervereinigung Tirols. Rund 3500 Schützen und Zivilisten [7] nahmen bei der Protestkundgebung und dem anschließenden Protestmarsch teil. Während des Protestzuges wurden die Demonstranten von Südtirolern der deutschen aber auch der italienischen Sprachgruppe mit Applaus unterstützt. In der Nähe des Siegesdenkmals wurden die (deutsch- und italienischsprachigen) Demonstranten von rund 500 italienischen Neofaschisten mit Faschistengruß und Beschimpfungen empfangen. Das große Polizeiaufgebot konnte ernstere Auseinandersetzungen verhindern [8] [9].

Restaurierung des Monuments

Renovierungsarbeiten am Monument im Jahr 2011

Seit dem 23. November 2009 wird das Siegesdenkmal im Auftrag des „Ministero per i Beni e le Attivita Culturali“ mit öffentlichen Mitteln von Grund auf renoviert [10].

Am 1. Dezember 2009 hat der Südtiroler Landtag auf Antrag der Fraktionen der Süd-Tiroler Freiheit und der Freiheitlichen einen Beschluss gefasst, welcher "die noch immer bestehenden faschistischen Relikte, sowie die in diesen Tagen begonnene Renovierung des Siegesdenkmals aufs schärfste verurteilt" [11].

Am 26. Jänner 2011 hat der italienische Kulturminister Sandro Bondi zugesagt, die Sanierung zu stoppen und erst dann wieder aufzunehmen, wenn mit Land und Gemeinde eine einvernehmliche Lösung für die künftige Zweckbestimmung gefunden wird. Dies geschah im Zuge der Verhandlungen zum Stimmverhalten der SVP-Parlamentarier beim Misstrauensvotum gegen Bondi. Dies ist die erste Öffnung eines Mitglieds der italienischen Regierung zu den faschistischen Relikten in Südtirol.[12]

Mit der Restaurierung soll zudem unter dem Bauwerk ein Dokumentationszentrum entstehen. Der Kulturausschuss des Landtages hat dies Mitte Mai 2011 beschlossen.

Einzelnachweise

  1. Alfred Gufler: "Bozen - die Stadt und ihre faschistische Architektur", http://vcity-c825.uibk.ac.at/staedtebau/files/81350099/gufler_alfred_Bozen_die_Stadt_und_ihre_faschistische_Architektur.pdf
  2. Antonio Scottà, La Conferenza di pace di Parigi fra ieri e domani (1919-1920), gesehen bei Google bücher, am 25. Jänner 2011
  3. Artikel im Spiegel, gesichtet am 5. März 2010
  4. Artikel der FF - Südtiroler Wochenmagazin vom 20. Januar 2005 aus dem Pressearchiv von social.bz.it, gesichtet am 5. März 2010
  5. Stellungnahme der SVP, http://www.svpartei.org/de/presse/mitteilungen/20041118%7C2732.html
  6. Anfrage in der Kammer an den Minister La Russa durch die SVP-Parlamentarier, http://www.camera.it/resoconti/resoconto_allegato.asp?idSeduta=154&resoconto=btris&param=btris
  7. Dolomiten Nr. 260 vom 10. November 2008 Seite 4
  8. Z am Sonntag vom 9. November 2008, Seite 2 und 3
  9. Pustertaler Zeitung vom 28. November 2008, http://www.pzpz.it/download/2008/24-2008/19-20-21.pdf
  10. Meldung im Österreichischen Rundfunk vom 23. November 2009, http://www.orf.at/?href=http%3A%2F%2Fwww.orf.at%2Fticker%2F348943.html
  11. http://www.landtag-bz.org/de/aktuelles/pm-landtag-aktuell.asp?redas=yes&aktuelles_action=4&aktuelles_article_id=316236
  12. Artikel auf dem Nachrichtenportal Stol.it, gesehen am 28. Jänner 2011

Siehe auch

Weblinks

 Commons: Siegesdenkmal Bozen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
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