- Christliche Ära
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Die Christliche Zeitrechnung ist ein System der Zeitrechnung mit Sonnenjahren, Monaten und Tagen. Sie geht im Wesentlichen auf den Julianischen Kalender zurück, der von Julius Caesar eingeführt wurde. Heute wird überwiegend der Gregorianische Kalender genutzt.
Hinzu kommt die Zeitrechnung in Wochen und sieben Wochentagen, die auf die biblische Schöpfungsgeschichte der Welt Bezug nimmt und dem Jüdischen Kalender entstammt, sowie ein System von Gedenk− und Feiertagen.
Inhaltsverzeichnis
Jahreszählung (Ära)
Das Christentum folgte im frühen Zustand der jeweils regional vorherrschenden bürgerlichen Zeitrechnung.
Im Kalender des Römischen Reichs bezeichnete man die Jahre gewöhnlich nach den amtierenden Consuln − eine Zählung, die sich bis ins 6. Jahrhundert n. Chr. hielt. Waren einmal absolute Zahlen notwendig, so rechnete man im Osten des Reiches nach einer der griechischen Zeitrechnungen, im Westen des Reiches mit der Jahreszählung seit der „Gründung Roms“ (ab urbe condita).
Jene Zählung ging auf die 142-bändige Chronik des römischen Geschichtsschreibers Titus Livius (59 v. Chr.-17 n. Chr.) zurück. Kaiser Justinian führte 537 die Zählung nach Regierungsjahren schließlich rechtsverbindlich ein (Corpus iuris civilis, Nov. 41, [50], 52, 54; 47), und diesem Regelwerk schlossen sich die germanischen Herrscher an.
Festlegung des Kalenderbeginns
In der späteren Phase des Christentums waren aus christlicher Sicht zwei Zeitpunkte als Bezugspunkt für eine eigene Jahresrechnung besonders interessant, die Schöpfung der Welt und die Geburt Christi. Ein dritter interessanter Zeitpunkt war das mutmaßliche Ende der Welt.
Der römisch-christliche Mönch Dionysius Exiguus legte 525 aus Vorgaben des Alten Testaments und des Neuen Testaments den Zeitpunkt der Geburt Jesu Christi für das Jahr 754 ab urbe condita (seit der Gründung Roms) fest. Er bezeichnete das erste Jahr des Lebens Christi mit einer Eins.
Geburtstag und -jahr des Jesus von Nazareth waren jedoch selbst den nachfolgenden Heidenchristen nicht mehr bekannt und wurden von den zeitgenössischen und nachfolgenden Judenchristen nicht aufgezeichnet. In den Evangelien des Neuen Testaments, die erst Generationen später entstanden, weichen die Angaben ab. Mt 2,1 gibt an, er sei vor dem Tod Herodes des Großen (4 v. Chr.) geboren, Lk 2,2 erwähnt, Jesus sei bei einer „ersten“ römischen Volkszählung unter Publius Sulpicius Quirinius geboren. Dieser wurde jedoch erst 6 n. Chr. Statthalter Syriens und Judäas, Jesus müsste demnach erst im Jahre 7 nach heutiger Zählung geboren sein.
Der angelsächsische Benediktinermönch Beda Venerabilis (673-735) errechnete aus den (in den genauen Zahlenwerten oft geringeren) Angaben der hebräischen und lateinischen Bibel das Datum der Erschaffung der Welt auf den 18. März 3952 v. Chr. Um 731 verfasste er die „Kirchengeschichte des englischen Volkes“. Er griff die von Dionysius verwendete Jahreszählung seit Christi Geburt wieder auf. Sie verbreitete sich von England im Verlauf des 8. Jahrhunderts über das fränkische Reich im Abendland und wurde um das Jahr 1060 von der Kirche von Rom definitiv in Gebrauch genommen.
Die christliche Zeitrechnung beruht also bezüglich der Gleichsetzung des Jahres Eins mit dem Geburtsjahr von Jesus Christus auf unsicheren Annahmen. Nichtsdestoweniger wird die vom römisch-christlichen Mönch Dionysius in seiner Ostertafel verwendete Jahreszählung "Christliche Ära" genannt.
Im Mittelalter verwandte man bis zur Einführung des Gregorianischen Kalenders dennoch keine einheitlichen Datumsangaben. Jeder Tag hatte gemäß Heiligenkalender seinen Heiligen und man nahm auf ein großes Ereignis Bezug, zum Beispiel „An Johanni, drei Jahre nach der Großen Manntränke“.
Andere christliche Ären
In der Chronologie des Sextus Iulius Africanus (etwa 160–240) wird für die Schöpfung der Welt das Jahr 5501 v. Chr. errechnet. Auf diese Arbeit wurde oft Bezug genommen.
Das Oströmische Reich zählte in Jahren ab der Erschaffung der Welt, die entsprechend den Angaben in der griechischen Bibel, der Septuaginta, auf das Jahr 5501 v. Chr. oder 5508 v. Chr. datiert wurde. Diese Zählung hielt sich in Russland bis 1699, als Peter der Große im Dezember anordnete, dass vom 1. Januar des nächsten Jahres an (nach alter Rechnung das Jahr 7208 nach Erschaffung der Welt) das Jahr 1700 n. Chr. zu schreiben sei.
Papst Gregor XIII. beauftragte den protestantischen Humanisten Joseph Justus Scaliger (1540-1609) mit der Erstellung einer zusammenhängenden Chronologie historischer Ereignisse. Scaliger ermittelte im Jahre 1583 das Schöpfungsdatum auf das Jahr 3950 v. Chr.
Der anglikanische Theologe James Ussher (1581-1656) aus Irland datierte im Jahre 1650 die Schöpfung der Welt auf das Jahr 4004 v. Chr. Auf diese Berechnung geht der Ussher-Lightfoot-Kalender zurück.
Der jüdische Kalender geht übrigens ähnlich von einem angenommenen Schöpfungdatum aus und beginnt am 7. Oktober 3761 v. Chr.. Das System wurde im Wesentlichen vom Patriarchen Hillel II. 359 n. Chr. festgelegt.
Der Koptische Kalender der Koptischen wählt die Thronbesteigung Diokletians am 29. August 284 (nach julianischem Datum) als Beginn (Ära Diokletians).
Der Äthiopische Kalender bezieht sich auf die Geburt von Jesus Christus, doch nach den Berechnungen von Dionysius Exiguus. Die Abweichung zur Zählung nach Beda Venerabilis im Gregorianischen Kalender beträgt etwa 7 Jahre und 9 Monate.
ISO 8601
Die ISO 8601 sieht ein „Jahr Null“ und Jahresangaben mit negativem Vorzeichen vor, wobei, abweichend vom allgemein üblichen Gebrauch, auch für die Zeit vor der Einführung des Gregorianischen Kalenders rückwirkend dessen Schaltverfahren angewandt werden soll. Damit soll die früher in Deutschland, Österreich und in der Schweiz geltende Angabe „v. Chr.“ bzw. „n. Chr.“ für Jahresangaben vor und nach Beginn der christlichen Zeitrechnung abgelöst werden.
Schalttage
Auf dem Konzil von Trient in den Jahren 1545 bis 1563 wurde die Reform des Julianischen Kalenders beschlossen. Es war deutlich geworden, dass der vierjährige Schalttag allein nicht ausreicht. Der Frühlingszeitpunkt hatte sich merklich verschoben. Die Lösung bestand in der Modifikation der Regel für den Schalttag und dem Überspringen von 10 Tagen. In Schweden wurde 1700 beschlossen, den Übergang durch schrittweise das Auslassen von allen regulären Schalttagen der Jahre 1700-1740 zu erreichen, 1712 wurde jedoch der Julianische Kalender wiedereingeführt, zur Angleichung des aktuellen Datums an das Datum des Julianischen Kalender wurde in diesem Jahr ein zweiter Schalttag am 30. Februar eingeschoben.
Die Kalenderreform von Papst Gregor XIII. (1502-1585) vom 4./15. Oktober 1582 wurde von einigen insbesondere katholischen Ländern sofort, aber von vielen Kirchen und Staaten erst später übernommen. Der Übernahme folgten dann auch jeweils die Kolonien.
- Spanien, Portugal, Teile Italiens und Polens: 4./15. Oktober 1582
- Bayern: 5./16. Oktober 1583
- Preußen 22. August/2. September 1612
- Evangelische Teile des Deutschen Reichs und Dänemark: 18. Februar/1. März 1700
- Island: 16./28. November 1700
- England und spätere USA: 2./14. September 1752
- Alaska: 4./18. Oktober 1867
- Japan: 1. Januar 1873
- China: 1. Januar 1912
- Russland: 31. Januar/14. Februar 1918
- Griechenland (Orthodoxer Kalender): 9./23. März 1924
- Rumänien: 30. September/14. Oktober 1924
- Türkei: 1. Januar 1927
Jahresanfang
Der Neujahrstag, an dem man das Jahr beginnen ließ, variierte. Weil vor allem die Kanzleien mit Fragen der Datierung befasst waren, spricht man von verschiedenen „Stilen“ (Schreibarten). Als Jahresanfang wurden jeweils gewählt:
- 1. Januar (Circumcisionsstil; „stilus communis“); geht auf den Julianischen Kalender zurück
- 1. März (altrömischer Jahresanfang, bzw. aus dem jüdischen Kalender; vor allem bei den Franken, später in Venedig und bei den Russen)
- 25. März (Mariä Verkündigung; Tag der Fleischwerdung Christi, daher Annunziationsstil, Marienjahr, auch: Inkarnationsstil); in England und Irland begann vom 13. Jahrhundert bis 1753 das Jahr an diesem Datum (dort folgte z. B. dem 24. März 1734 der 25. März 1735)
- der Oster- oder Paschalstil (da dieser Jahresanfang von dem schwankenden Ostertermin abhängt (zwischen dem 22. März und dem 25. April), ergeben sich schwankende Jahreslängen)
- 1. September (im oströmischen Reich und in der griechischen Kirche üblich und deswegen als „byzantinischer Jahresanfang“ bezeichnet)
- 25. Dezember (Weihnachten, Weihnachtsstil oder Nativitätsstil); war in Deutschland verbreitet und wurde von den meisten Chronisten verwendet, auch in England und Irland bis zum 13. Jahrhundert.
- 1. Advent, ist auch heute noch der Beginn des Kirchenjahres.
Erst im ausgehenden Mittelalter setzte sich der 1. Januar zunehmend durch. Papst Innozenz XII. (1615-1700) erkannte im Jahre 1691 den 1. Januar als Jahresanfang durch die Verwendung in päpstlichen Bullen an.
Monate
Die Namen der heutigen zwölf Monate entstammen dem julianischen Kalender und haben eine Grundlage in den zehn Monaten des altrömischen Kalenders. Ältere Monatsbezeichungen aus der Zeit vor der Christianisierung haben sich im deutschsprachigen Raum nicht im Gebrauch erhalten. Die lateinischen Bezeichnungen überstanden auch den Versuch Karls des Großen, sie durch deutsche zu ersetzen.
Der Koptische Kalender kennt noch den dreizehnten Monat Heriu-renpet („Kleines Jahr“).
Wochentage
Die Wochentage sind unter anderem lateinische Lehnübersetzungen der ursprünglich babylonischen Namen. Die sieben Tage der babylonischen Woche wurden nach den wichtigsten Himmelskörpern und Planeten benannt: Sonne, Mond, Mars, Merkur, Jupiter, Venus und Saturn. Als die Germanen diese Namen im 4. Jahrhundert kennen lernten, benannten sie diese nach den Namen der entsprechenden germanischen Götter um (Donar, Freya usw.), was teilweise bis heute erhalten blieb.
Im orthodoxen Kulturraum blieb dagegen die Mittelalterliche Wochentagszählung mit Zählnamen (im Sinne von „erster, zweiter, dritter … Tag der Woche“) üblich. Die Reformation brachte in Europa die auf den Monat bezogene Zählung der Tage.
Wochenanfang
In Großbritannien, Nordamerika und vielen anderen Teilen der Welt ist entsprechend der jüdischen und christlichen Zählung der Sonntag der erste Wochentag.
Seit 1976 ist in Deutschland der Montag der erste Wochentag (DIN 1355-1, nun ISO 8601). Im Jahre 1978 beschloss auch die UNO, dass der Montag international als der erste Tag der Woche gelten solle.
Heiligentage und Feiertage
Am Jahreskalender orientieren Gedenktage für Personen aus dem Heiligenkalender, die oft auch den Namenstagen entsprechen. Diese Datierung war im 11. Jahrhundert als Spiegel der wachsenden Autorität des Papstes aufgekommen. Die beweglichen und unbeweglichen Feiertagen ergeben sich aus dem Kirchenjahr.
Osterdatum
Im Christentum war die Berechnung des beweglichen Osterfestes ein wichtiger Aspekt der Chronologie und diese ein wichtiger Bestandteil der Mathematik.
Das Erste Konzil von Nicäa klärte im Jahre 325 lediglich den Streit, wie das Osterdatum festgelegt werden solle. Es wurde auf den ersten Sonntag festgelegt, der dem ersten Vollmond im Frühling folgt. Weitere Regeln erfolgten bei der Gregorianischen Kalenderreform.
Tagesverlauf
Die Einteilung des Tages in zweimal zwölf, also vierundzwanzig äquinoktialen Stunden von den alten Römern übernommen. Kirchturmuhren dienten der Zeiteinteilung für liturgische Zwecke (Messen, Gebetszeiten) sowie der Einteilung des Arbeitstages.
Im älteren System umfasst der Tag die Zeit von einem Sonnenuntergang bis zum nächsten Sonnenuntergang, was sich noch darin widerspiegelt, dass Weihnachten am 25. Dezember eines Jahres schon am Heiligabend beginnt. Laut ISO 8601 endet der Tag um 24:00 Uhr.
Siehe auch
Literatur
- Arno Borst: Computus. Zeit und Zahl in der Geschichte Europas. 3. Aufl. Wagenbach, Berlin 2004, ISBN 3-8031-2492-1
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