Werner Hirsch

Werner Hirsch

Werner Daniel Heinrich Hirsch (* 7. Dezember 1899 in Deutsch-Wilmersdorf; † 10. Juni 1941 in Moskau) war ein deutscher Journalist, Chefredakteur der „Roten Fahne“ in Wien und Berlin sowie „Sekretär“ und enger Weggefährte von Ernst Thälmann.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Werner Hirsch entstammte einer deutsch-jüdischen Familie des gehobenen Bürgertums. Seine Mutter Helene Kallmorgen kam aus der Familie von Bismarck. Sein Vater Walter Hirsch war Richter am Landgericht. Als 16-jähriger verließ Werner Hirsch seine Familie. Bei seinen ersten politischen Aktivitäten noch als Pennäler engagierte er sich gegen den Ersten Weltkrieg. Er war mit dem USPD-Funktionär Hugo Haase befreundet. 1917 trat er der USPD und dem Spartakusbund bei. Ein Jahr später wurde er wegen seines pazifistischen Wirkens kurzzeitig verhaftet; zudem hatte er Kontakte zum Bund Neues Vaterland. In dieser Zeit war Hirsch auch an den organisatorischen Aktivitäten von Leo Jogiches beteiligt.

Nach der Haftentlassung wurde er zum Kriegsdienst rekrutiert und zur Kaiserlichen Marine nach Kiel eingezogen. Als Kriegsgegner beteiligte er sich an der Novemberrevolution. In Hamburg wurde er Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates und in Cuxhaven Mitbegründer der Volksmarinedivision, für die er als Delegierter am Gründungsparteitag der KPD teilnahm, obwohl er sich noch auf der Vorbereitungssitzung des Spartakusbundes zusammen mit Leo Jogiches und Karl Minster gegen die Gründung einer neuen Partei ausgesprochen hatte. Er wurde dennoch zum 1. Januar 1919 als Mitglied des Spartakusbundes automatisch Mitglied der KPD. Nach dem Parteitag kehrte er nach Hamburg zurück. Wegen der bewaffneten Kämpfe in Berlin nach dem Einmarsch von Freikorps-Truppen war Hirsch wieder in seiner Heimatstadt und wurde dort erneut verhaftet.

Nach dem Ende der Gefängnishaft ging er nach Schleswig-Holstein, wo er Anfang 1920 Funktionär der KPD wurde. Während des Kapp-Putsches im März 1920 bereits zum Mitglied der Bezirksleitung gewählt, wurde Hirsch anschließend auch Mitglied des Zentralausschusses der VKPD. Nach dem Ausschluss des Parteivorsitzenden Paul Levi im Ergebnis der innerparteilichen Kontroversen nach den Märzkämpfen in Mitteldeutschland verließ auch Hirsch die KPD.

Bis 1924 arbeitete er zunächst als Seifenstanzer, danach als freier Schriftsteller und ging dann als Korrespondent der Vossischen Zeitung nach Wien. Hier erfolgte die Wiederaufnahme in die Komintern.

Von September 1924 bis Juni 1925 leitete er die Redaktion der „Roten Fahne“ in Österreich, bis er aus Wien ausgewiesen wurde. Danach übernahm er die Funktion als Redakteur beim deutschen Schwesterblatt und anschließend bei der „Sächsischen Arbeiterzeitung“. Von 1926 bis 1928 war Hirsch zunächst Redakteur, dann Chefredakteur der KPD-Zeitung „Der Kämpfer“ in Chemnitz. 1928 wurde Hirsch zusammen mit Heinz Neumann Chefredakteur der „Roten Fahne“ in Berlin. Als Redakteur wurde er wiederholt angeklagt, unter anderem wegen Beamtenbeleidigung sowie wegen „Abhaltung einer Versammlung unter freiem Himmel“. Im April 1930 wurde er zu einer Geldstrafe von 1000 Reichsmark verurteilt, weil er den Berliner Polizeipräsidenten Zörgiebel als „Massenmörder“ und „… mit kühlem Vorbedacht handelnden sozialdemokratischen Arbeitsschlächters“ bezeichnet hatte.

1932 wurde Hirsch Sekretär von Ernst Thälmann, mit dem zusammen wurde Hirsch nach der Ziegenhals-Konferenz am 3. März 1933 in der Wohnung der Familie Kluczinski in der Lützower Straße 9 in Berlin verhaftet.

Werner Hirsch wurde in „Schutzhaft“ genommen und mit schwerer Folter immer wieder neuen Verhören ausgesetzt. Dabei war er mehrere Wochen im Berliner Polizeigefängnis am Alexanderplatz und im Gefängnis in der Lehrter Straße. Von dort wurde er in das Gestapo-Zentrum im Karl-Liebknecht-Haus gebracht und in der SA-Kaserne auf dem ULAP-Gelände weiter gefoltert. Anschließend kam er wieder in das Gefängnis Lehrter Straße, wo er weitere vier Monate Haft verbrachte bis er in das „Zentralgefängnis“ in Berlin-Plötzensee eingeliefert wurde. Weitere Haftstationen waren danach das KZ Brandenburg, das KZ Lichtenburg und das KZ Oranienburg. Zwischendurch war zu weiteren Vernehmungen im Columbiahaus, im Gestapo-Gefängnis in der Prinz-Albrecht-Straße und im Polizeigefängnis in Leipzig.

Nach der Haftentlassung emigrierte er nach Prag und schrieb mehrere Berichte über seine Hafterfahrungen. Insbesondere von Hans Kippenberger erfolgten immer wieder Angriffe und Dossiers, in denen Hirsch verdächtigt wurde, ein „trotzkistischer Gestapoagent“ zu sein. Auch der Kontakt zu Zenzl Mühsam wurde ihm vorgeworfen und insbesondere die Verhaftung Thälmanns und anderer führender KPD-Funktionäre. Durch die Entlassung aus der NS-Haft war Hirsch pauschal verdächtig, bei den Gestapo-Verhören zum Verräter geworden zu sein. Ihm wurde deshalb von der KP-Zentrale befohlen, zur Klärung dieser Vorwürfe nach Moskau zu reisen. Wie viele der Komintern-Funktionäre war Hirsch Bewohner des Hotel Lux. Dort wurde er nach vorherigem Hausarrest mit absurden Anschuldigungen am 4. November 1936 verhaftet. Am 10. November 1937 wurde er zu zehn Jahren Lagerhaft verurteilt. Es gibt einen Bericht von Karlo Štajner, dass Hirsch 1938 in einem Moskauer Gefängnis in den Hungerstreik trat. Im Juni 1941 starb er an den Haftfolgen in einem Moskauer Gefängnis, in der Sterbeurkunde wurde Herzversagen eingetragen.

Schriften (Auswahl)

  • Sozialdemokratische und kommunistische Arbeiter im Konzentrationslager. Schriftenreihe der proletarischen Einheit Nr. 5, Prometheus-Verlag, Straßburg 1934
  • Hinter Stacheldraht und Gitter: Erlebnisse und Erfahrungen in den Konzentrationslagern und Gefängnissen Hitlerdeutschlands. Mopr-Verlag, Zürich 1934
  • Kreszentia Mühsam: Der Leidensweg Erich Mühsams. Mit einem Vorwort von Werner Hirsch; Mopr-Verlag, Zürich 1935

Literatur

  • Wer hilft Dir? Internationaler Arbeiterverlag: Berlin 1925
  • Blutige Maitage in Berlin. Internationaler Arbeiterverlag: Berlin 1929
  • Reinhard Müller: Der Fall Werner Hirsch: Vom KZ Oranienburg in die Moskauer Lubjanka. In: IWK, Heft 1/2000, S. 34 - 61
  • Reinhard Müller: Menschenfalle Moskau. Exil und stalinistische Verfolgung. Hamburg 2001
  • Hermann Weber: „Weiße Flecken“ in der Geschichte. Die KPD-Opfer der Stalinistischen Säuberungen und ihre Rehabilitierung. Berlin 1989, S. 92

Weblinks


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