Wiesbadenbrücke

Wiesbadenbrücke
Die Nordseite der Wiesbadenbrücke mit den drei Schwimmbrücken
Die weniger attraktive Südseite

Die Wiesbadenbrücke ist eine Landzunge im Wilhelmshavener Großen Hafen, die 1909 als so genannte Kohlenzunge gebaut und bis zum Jahr 2000 überwiegend militärisch genutzt wurde. Über die städtebauliche Folgenutzung soll nach einem Architekten- und Investorenwettbewerb entschieden werden.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte bis 1955

Im Rahmen der 1904 begonnenen Süderweiterung der Wilhelmshavener Häfen wurde der Deich zwischen der I. Einfahrt und Mariensiel vorverlegt und es entstanden der Westhafen, der Zwischenhafen und der Große Hafen, so genannt, weil er das Wenden der größten Schiffe erlaubte. Am Westende des Großen Hafens wurde die Kohlenzunge gebaut, eine künstliche Halbinsel (380 Meter lang und 125 Meter breit)[1] mit einer Bekohlungsanlage, Lagern, Gleisen und Magazinen für die Schiffe der Kaiserlichen Marine. Die Bauarbeiten waren im Oktober 1909 abgeschlossen.[2] Das damalige Badehaus für die Arbeiter ist heute noch erhalten und steht unter Denkmalschutz.[3]

Nachdem der Friedensvertrag von Versailles bestimmt hatte, dass viele deutsche Kriegsschiffe zu verschrotten seien, entstanden zwischen 1919 und 1923 in Wilhelmshaven unzählige Abwrackbetriebe. Auf der Kohlenzunge waren es die Jade-Werft, die Unionswerft, die Schiffswerft Eiben, der Betrieb Eveling und eine Wirtschaftsgenossenschaft ehemaliger Marineangehöriger.[2]

Nach der Abwrackzeit lag der Große Hafen wieder leer und wegen fehlender Umschlagsmöglichkeiten siedelten kaum neue Betriebe an. Erst mit dem Aufbau der Reichsmarine und späteren Kriegsmarine gewannen die Hafenanlagen wieder an Bedeutung. Im Rahmen eines weiteren Ausbaus wurden die Hafenanlagen 1935 zum Teil umbenannt: Aus dem Großen Hafen wurde der Hipper-Hafen und die Kohlenzunge wurde zu Ehren des am 1. Juni 1916 in der Skagerrakschlacht gesunkenen Kleinen Kreuzers Wiesbaden zur Wiesbadenbrücke.[4] Die Wiesbadenbrücke erhielt zunächst Liegeplätze für Dienstsegelboote. Später wurden auch Stichbrücken und Liegeplätze für Schnell- und Räumboote geschaffen. Bedingt durch den Kriegsausbruch, wurden die Schnellboote aber nicht mehr stationiert.[3]

Der Name Wiesbadenbrücke blieb nach dem Krieg erhalten, der Hipper-Hafen und die anderen Hafenbecken erhielten wieder ihre ursprünglichen Namen. An der wenig zerstörten Wiesbadenbrücke wurden die fahrtüchtigen Reste der deutsche Flotte zusammengezogen und bis in die 1950er Jahre hinein für die Übergabe an die Siegermächte vorbereitet.[1]

Geschichte von 1956 bis 2000

Stationäre MES-Vermessungsanlage

Mit der deutschen Wiederbewaffnung und dem Aufbau der Bundesmarine wurde Wilhelmshaven 1956 wieder Marinehafen.

Am 6. Juni 1956 machten die ersten vier von den USA wieder freigegebenen Minenräumboote an der instandgesetzten Wiesbadenbrücke fest.[1] Es folgten 1958 das 2. Landungsgeschwader und am 4. Juli 1958 die ersten Schnellboote des 2. Schnellbootgeschwaders. Bis 1964 waren hier auch die Schiffe des Flottendienstgeschwaders und bis zum Umzug in den neu gebauten Marinestützpunkt Heppenser Groden die neuen Küstenminensuchboote des 4. und 6. Minensuchgeschwaders ihren Liegeplatz. Der Bootshafen für die Barkassen und Dienstsegelboote des Marinestützpunktkommandos war von 1956 an auf der Wiesbadenbrücke beheimatet.[5]

Im Jahr 1962 wurde die Wiesbadenbrücke bedeutend ausgebaut.[2] Neben Stabs- und Sozialgebäuden, sanitären Anlagen, Magazinen und einem Kesselhaus entstand am Kopfende die Magnetische Messstelle zur Überprüfung und Regulierung von MES-Anlagen.[6]

Im Rahmen eines ersten Sparprogramms der Bundesmarine wurden ältere Schiffe aus dem Flottenverband herausgezogen und mit ihnen eine Reserveflottille in Wilhelmshaven gebildet. Die neue Flottille wurde am 1. Januar 1969 aufgestellt und hatte ihren Dienstsitz auf der Wiesbadenbrücke. Für die außer Dienst gestellten Einheiten wurden im Februar 1969 Schwimmbrücken mit 600 Metern Liegeplatz von Cuxhaven zur Wiesbadenbrücke verlegt.[2] Mit der Auflösung der Reserveflottille zum 31. Dezember 1976 übernahm das Marinearsenal die Auflieger und verlegte sie bis Ende der 90er Jahre in den Arsenalhafen.

Neben den aufgelegten Einheiten war die Wiesbadenbrücke auch immer wieder Liegeplatz für ausländische Kriegsschiffbesuche. Besonders stark frequentiert und zentraler Veranstaltungsort der Marine war sie beim jährlichen Wochenende an der Jade, zuletzt im Jahr 2000. Der Bootshafen wurde im gleichen Jahr ebenfalls aufgegeben und von der Segelkameradschaft „Klaus Störtebecker“ übernommen.[7]

Entwicklung ab 2001

Schiffe der IEHF an einer der drei Schwimmbrücken

Da die Magnetischen Messstelle (ca. 16.000 m²) weiter betrieben werden soll, wurde sie 2001 von der übrigen Liegenschaft getrennt. Auch das Sauerstoffwerk der Linde AG steht nicht zur Disposition. Der Erbbaurechtsvertrag über 4.833 m² läuft erst 2040 aus. Folglich wurde nur die verbleibende Fläche von etwa 30.000 m² der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) zum Verkauf übertragen. Wegen eines Tiefbunkers[8], möglicher Altlasten (beim Bau des benachbarten Columbia Hotels wurden unterirdische Tanklager gefunden), des Erbbaurechtsvertrages und der Magnetischen Messstelle (sie ist Sondernutzungsfläche des Bundes[9]) ist das Gelände bis heute nicht verkauft worden.

So blieben die vorhandenen Gebäude und die Schwimmbrücken bis Ende 2006 zunächst ungenutzt und verwilderten. Teile der Wiesbadenbrücke wurden 2007 von der Interessengemeinschaft zur Erhaltung historischer Fahrzeuge e.V. (IEHF) übernommen, die die Wege, Schwimmbrücken, Grünanlagen und einige Gebäude wieder herrichtete. Seither nutzt die IEHF das Gelände als Liegeplatz für historische Schiffe sowie im Rahmen des „Wochenendes an der Jade“ und des überregionalen Oldtimer–Nutzfahrzeug Treffens für ihre Veranstaltungen.[3]

Der Wilhelmshavener Architekt Rüdiger Tober stellte 2006 sein Wohn- und Eventparkprojekt „Insulanus“ vor. Für 90 Mio. Euro sollten Appartementhäuser für 750 Bewohner, Geschäfte, gastronomische Betriebe, Büroräume und eine Mehrzweckhalle entstehen. Die Stadtverwaltung ist diesem Projekt gegenüber wenig aufgeschlossen und besteht auf einen Architekten- und Investorenwettbewerb.[10]

Mittlerweile erwägt die Stadt Wilhelmshaven die Wiesbadenbrücke vom Bund zu kaufen. Die Wilhelmshavener Wohnungsbaugesellschaft Spar & Bau wäre an Teilflächen interessiert, einen Gesamtinvestor für das „städtebauliche Filetstück“ zu finden wird mittlerweile bezweifelt.[11]

Ein neuer Vorschlag wurde beim Nautischen Verein Wilhelmshaven-Jade vorgestellt: Aufgrund der vorhandenen Infrastruktur und der Lage am zur Nordsee offenen Jadebusen und der Binnenwasserstraße Ems-Jade-Kanal wäre die Wiesbadenbrücke der ideale Standort für eine Marina.[12][13]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c Gerhard Koop/Erich Mulitze: Die Marine in Wilhelmshaven, Bernard & Graefe Verlag, Bonn 1997, ISBN 3-7637-5977-8
  2. a b c d Hermann Ahner: Wilhelmshavener Chronik, Brune Druck- und Verlags-GmbH, Wilhelmshaven 1969
  3. a b c Interessengemeinschaft zur Erhaltung historischer Fahrzeuge über die Wiesbadenbrücke (abgerufen am 4. Dezember 2010)
  4. Übersichtsplan für die Schiffsliegeplätze – Aufgestellt nach dem Stande vom Januar 1935
  5. Wilhelmshavener Zeitung vom 20. Oktober 2001 S. 8
  6. Wasser- und Schifffahrtsamt Wilhelmshaven über die Wiesbadenbrücke (abgerufen am 4. Dezember 2010)
  7. Wilhelmshavener Zeitung vom 5. Juni 2010 S. 8
  8. Innenaufnahmen vom Tiefbunker (abgerufen am 4. Dezember 2010)
  9. Wilhelmshavener Zeitung vom 28. Juli 2007 S. 5
  10. Wilhelmshavener Zeitung vom 25. September 2009 S. 3
  11. Wilhelmshavener Zeitung vom 10. Februar 2010 S. 3
  12. Wilhelmshavener Zeitung vom 9. November 2010 S. 7
  13. Magazin Strandgut (abgerufen am 4. Dezember 2010)
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