Wilhelm Jahn (Musiker)

Wilhelm Jahn (Musiker)

Wilhelm Jahn (* 24. November 1835 in Hof; † 21. April 1900 in Wien) war ein österreichisch-ungarischer Musiker und Dirigent. Jahn war überdies mit 17 Jahren so lang wie niemand vor oder nach ihm Hofoperndirektor am Wiener Opernhaus.

Inhaltsverzeichnis

Wirken

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Wilhelm Jahn wird in den 70er Jahren des 19. Jahrhunderts als blauäugiger, dicklicher Riese beschrieben, der einen elegant geschnittenen Backenbart trug und mit seiner goldenen Brille einem wohlbeleibten Gymnasial-Professor glich.

Musikalisches Wirken

Werdegang

Wilhelm Jahn wurde am 24. November 1835 in Hof/Mähren im Haus Ringplatz Nr. 11 (1. Stock) geboren. Über Jahns Jugend und Ausbildung zum Musiker und Dirigenten ist weiter nichts bekannt. Jahn hatte im ungarischen Temesvár als Opernsänger und Dirigent gastiert, wo er Fächer aller Stimmlagen sang und im Orchester viele Instrumente selbst spielte. Des Weiteren hatte er als Kapellmeister die Orchester in den Opernhäusern von Amsterdam, Prag und Wiesbaden geleitet. Dazu kam, dass Wilhelm Jahn ein talentierter Regisseur war und große administrative Fähigkeiten besaß. Als die Stelle des Hofoperndirektors in Wien nach Franz Jauner vakant wurde, dachte man zuerst an den großen Wagner-Dirigenten Hans Richter als Nachfolger, der schon seit 1875 in Wien wirkte. Dieser zeigte aber nach seiner früheren Tätigkeit als Operndirektor in Budapest keine administrativen Ambitionen mehr. So fiel durch Betreiben seines Freundes, des Professors für Musikgeschichte und Kritikers Eduard Hanslick, die Berufung auf Jahn und die Amtsübergabe erfolgte am 15. Oktober 1880.

Wirken am Wiener Opernhaus

Wilhelm Jahns Direktion erreichte in dreifacher Hinsicht Rekorde. Kein Hofoperndirektor war so lange im Amt wie er nämlich 17 Jahre. Keiner hatte so wenig Feinde und Kritiker wie er und schließlich hatte kein Direktor das Repertoire des Hauses so bereichert wie Jahn. Allein von 1888 bis 1896 hat er zehn Opern in Wien für immer heimisch gemacht. Er brachte unter anderem die Opern von Smetana, Mascagni, Leoncavallo, Massenet, Humperdinck, und Delibes in Wien zu triumphalen Erfolgen. Johann Strauß (Sohn) öffnete er den Weg in die Oper (Ritter Pazman 1892, Die Fledermaus 1894). Wilhelm Jahn wurde nachgesagt, dass er den Geschmack des Wiener Opernpublikums besonders erkannt hatte. Er führte alle Wagner-Opern außer Parsifal, die Bayreuth vorbehalten war, in Wien auf und benötigte dazu keinen einzigen Gastkünstler.

Die Jahre von 1888 bis 1896 gelten als Glanzzeit seiner Direktion. Vorher war 1887 das elektrische Licht in die Hofoper installiert worden, was eine völlige Umstellung mit sich brachte. Mit Hans Richter an seiner Seite blieb Jahns Name mit vielen glanzvollen Opernaufführungen verbunden. Neben Hans Richter standen Jahn weitere hervorragende Dirigenten wie Wilhelm Gericke, Johann Fuchs, Franz Doppler, der Ballettdirigent Josef Bayer und der Ballettregisseur Josef Haßreiter zur Seite. Jahn verstand es auch, die besten Künstler an die Wiener Oper zu bringen und hatte damit die größten Erfolge. Zu ihnen gehörten Theodor Reichmann, Emil Scaria, Hermann Winkelmann, Berta Ehn, Alois Ander, Marie Renard, Wilhelm Hesch, Ernest van Dyck und Rosa Papier. Jahn war auch ein Förderer und Entdecker von Sängern und Sängerinnen, die er überall aufsuchte und auch fand. Er suchte in den einschlägigen Schulen, in den Theatern der Provinz und auf den Operettenbühnen. Er suchte sogar in Fabriken und Werkstätten. So fand er zum Beispiel Antonie Schläger, später eine beliebte Sängerin, als Arbeiterin in einer Druckerei.

1889 wurde Wilhelm Jahn der erste Ehrenbürgertitel der Stadt Hof in Mähren verliehen.

1892 fand im Wiener Prater die Internationale Musik- und Theaterausstellung statt und Jahn verstand es, dieses bedeutende Ereignis entsprechend zu nutzen. Es war gleichsam eine Demonstration der Einheit des Habsburgerreiches auf kulturellem Gebiet. Man konnte dort während der fünf Monate dauernden Veranstaltung italienische Opern gesungen von italienischen Ensembles hören, tschechische Künstler sangen tschechische Opern in ihrer Muttersprache und die Lemberger Oper gastierte mit polnischen Opernwerken. Jahn brachte auch berühmte Gastdirigenten nach Wien. Diese Veranstaltung brachte die interessantesten Werke in die österreichische Hauptstadt und beeinflusste nachhaltig den Wiener Kunstgeschmack. Jahn inszenierte auch viele Opern persönlich wie Manon, Werther oder den Bajazzo von Ruggiero Leoncavallo. Man erzählte sich angeregt, wie temperamentvoll und klug dieser dickliche, unförmige Mann jedem Künstler jede Geste vorspielte. Für Paula Mark soll er den Todestanz der Nedda (Bajazzo) erfunden und ihr vorgetanzt haben.

Die Direktion Jahn war auch für heutige Begriffe eine der glanzvollsten Zeiten der Wiener Oper. Er gilt neben seinem Nachfolger Gustav Mahler als einer der erfolgreichsten Operndirektoren Wiens.

In seinen letzten kränkelte Jahn zunehmend und wurde menschenscheu. Er verstarb schließlich im Alter von 64 Jahren in Wien.

Sein Ehrengrab befindet sich auf dem Wiener Zentralfriedhof (Gruppe 0, Reihe 1, Nummer 26)

Siehe auch

Literatur

  • Jahn Wilhelm. In: Österreichisches Biographisches Lexikon 1815–1950 (ÖBL). Band 3, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Wien 1965, S. 62.
  • Michael Jahn, Die Wiener Hofoper zur Zeit Bruckners eine Welt für sich. Am Beispiel des Hofoperndirektors Wilhelm Jahn (1880/81-1897), in: Bruckner-Symposion 2008. Bericht. Wien 2010, S. 79-89.

Weblinks


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