Zugsicherung Schmalspur (Schweiz)

Zugsicherung Schmalspur (Schweiz)

Obwohl für die Normalspurbahnen in der Schweiz schon ab 1933 ein Zugbeeinflussungssystem (Integra-Signum) eingeführt wurde, entschieden sich sämtliche Schmalspurbahnen für einen anderen Weg. Insbesondere beinhalteten alle auf den Schmalspurbahnen eingebauten Systeme von Anfang an einen Zwangsstopp beim Überfahren eines Halt zeigenden Signals (bei Integra-Signum wurde die so genannte Haltauswertung erst später nachgerüstet). Insgesamt sind folgende Systeme im Einsatz (die Hersteller selbst schreiben die Typenbezeichnungen zum Teil mit, zum Teil ohne Bindestrich; deshalb wird hier einheitlich ein Bindestrich gesetzt):

Inhaltsverzeichnis

ZST-90

ZST-90 in Nidau bei der ASm, Blick gegen die Fahrtrichtung. Vorne die Permanentmagnete, hinten der Elektromagnet.

Die ZST-90 und ihr Vorgänger "Zugstop" in Relaistechnik ist das einfachste System. Es ist daran erkennbar, dass die Magnete in Gleismitte hintereinander angeordnet sind (einkanalige Zugsicherung). Die Magnetabfolge Nordpol - Südpol führt zu einer Schnellbremsung. Wird hingegen zuerst ein Südpol überfahren, gilt dies als Signalbegriff "Fahrt". Bei jedem Hauptsignal werden (in einem länglichen Gehäuse) zwei Permanentmagnete angebracht und zwar in Fahrtrichtung, in der das Signal gilt, ein Nordpol und dahinter ein Südpol. In dieser Grundkonstellation wird in Fahrtrichtung der Begriff Halt (N-S) übertragen, in der Gegenrichtung Fahrt (S-N). Zeigt das Signal Fahrt, muss zusätzlich ein davor liegender Elektromagnet als Südpol geschaltet werden. Daraus ergibt sich der Begriff Fahrt (S-N-S).

ZST-90 der CJ, hier im Gegensatz zu anderen Bahnen 20 cm links der Gleisachse angeordnet. Elektromagnet Süd und Permanentmagnet Nord

Eine abweichende Ausführung des ZST-90 wurde bei der CJ eingebaut. Da in Gleisachse die Magnetempfänger für die Ansteuerung der Sicherungsanlagen waren, wurden die Magnete aussermittig angeordnet und zwar 20 cm links der Gleisachse. Die Zugsicherung ist somit immer noch einkanalig, aber richtungsgetrennt. Dadurch können mehr Begriffe realisiert werden, da der jeweils rückwärts gelesene Begriff nicht mitberücksichtigt werden muss. Die CJ hat dadurch auch den Begriff Warnung realisieren können. Es gibt folgende Begriffe:

  • S = Halt
  • N = Warnung
  • N-S = Fahrt


ZSI-90

ZSI-90 in Realp bei der MGB

Die ZSI-90 (abgeleitet von ZugSicherung Induktiv), später (hinsichtlich Fahrzeugausrüstung) ZSI-E sowie ihr Relaistechnik-Vorgänger ISR hat wesentlich mehr Funktionen, ist aber ebenfalls auf punktförmig angeordnete Magnete aufgebaut. Hier liegen aber die Magnete nebeneinander (zweikanalige Zugsicherung). Grundsätzlich hat ein Vorsignal in Fahrtrichtung rechts einen Permanentmagneten Nordpol, ein Hauptsignal Südpol. Ein einzelner Magnet auf der linken Seite hat keine Wirkung (Gegenrichtung). Mit einem zusätzlichen Elektromagneten auf der linken Seite können die verschiedenen Begriffe erzeugt werden:

  • −/N = Warnung
  • S/N = Fahrt (Vorsignal)
  • N/S = Warnung (Hauptsignal)
  • S/S = Fahrt (Hauptsignal)
  • −/S = Halt

Ein Ausfall des Elektromagneten (stromlos = "−") führt also immer zum restriktivsten Begriff für das betreffende Signal.

Eine wesentliche Zusatzfunktion von ZSI-90 ist die Geschwindigkeitsüberwachung. Ein Nordpol rechts löst immer eine Zeitüberwachung aus. Wird innerhalb der definierten Zeit (180 ms) der Südpol überfahren, ist der Zug zu schnell und eine Schnellbremsung wird eingeleitet. Ist das Zeitintervall abgelaufen, wird der Empfang für eine gewisse Zeit unterdrückt.

Mit einem zusätzlichen Elektromagneten links lässt sich eine bedingte Überwachung aufbauen:

  • −/N vor −/S = Warnung und Geschwindigkeitsprüfung (z.B. Fahrt auf Ablenkung)
  • S/N vor S/S = Fahrt


BA

Eine besondere Funktionalität ist die so genannte Betriebsartenüberwachung, die die Umstellung zwischen Zahnrad- und Adhäsionsbetrieb überwacht. Diese wurde an verschiedenen Orten mit denselben Komponenten realisiert, aber mit dem Unterschied, dass die Magnete aussen am Gleis angeordnet wurden.

Magnete für andere Zwecke

Magnetempfänger der CJ, angedordnet in Gleisachse

Für die Steuerung von Bahnübergangssicherungen, Aktivierung von anderen Abläufen der Sicherungsanlagen, Signalrückstellung und ähnliches werden oft ebenfalls Magnete verwendet. Diese sind aber auf den Fahrzeugen montiert, die Empfänger zwischen den Gleisen. Auf den Fahrzeugen können wahlweise Permanentmagnete oder Elektromagnete montiert sein. Permanentmagnete haben den Nachteil, dass sie auch in Doppeltraktion oder bei geschleppten Triebfahrzeugen aktiv sind, bei Elektromagneten kann sichergestellt werden, dass immer nur der bediente Führerstand einen Elektromagneten aktiviert.

Die CJ hat diese Empfänger seit der Elektrifikation in Gleisachse angeordnet. Deshalb konnte die Zugsicherung ZST-90 nicht ebenfalls in Gleisachse montiert werden.

ZSL-90

Linienleiterkabel der ZSL-90 in Worblaufen, RBS

Da die punktförmige Überwachung der ZSI-90 weder eine Bremskurvenüberwachung noch eine Abfahrverhinderung noch einen gesicherten Rangierbetrieb erlaubte, musste für dicht befahrene Vorortsbahnen eine umfassendere Lösung gefunden werden. Dies wurde mit einem teilweisen Linienleiter erreicht, der im Bremswegabstand zu sämtlichen Gefahrenpunkten eingebaut wird, was zusammen mit den Streckendaten im Fahrzeuggerät eine kontinuierliche Geschwindigkeitsüberwachung erlaubt. Die ZSL-90 verwendet die Magnete der ZSI-90 zur Ortung und zur Auswertung der Zugsicherungsbegriffe der bisherigen Zugsicherung (Rückfallebene).

ZSI-127

Eurobalisen für die ZSI-127 in Interlaken Ost am BOB-Ausfahrsignal Richtung Wilderswil

Da die rein punktförmige Überwachung den Anforderungen eines modernen Betriebes immer weniger genügt, auf der anderen Seite aber eine kontinuierliche Geschwindigkeitsüberwachung mit ZSL-90 eine ziemlich teure Lösung ist, deren Komponenten aber auch bereits wieder veraltet sind, wurde mit dem ZSI-127 auf der Basis von ETCS-Hardware (insbesondere Eurobalisen und Euroloops sowie ETCS-Fahrzeuggerät) eine neue Zugsicherung entwickelt, die gegenüber ZSI-90 folgende Funktionserweiterungen hat:

  • Bremskurvenüberwachung
  • Abfahrverhinderung
  • beschränkte Überwachung von Rangierfahrten
  • Übertragung von Streckeninformationen auf den Zug
  • Betriebsartenüberwachung für den Zahnradbetrieb

Das erste mit ZSI-127 ausgerüstete Netz waren 2003 die Strecken der Zentralbahn (ZB, damals noch SBB Brünigbahn und LSE) und Berner Oberland-Bahn (BOB). Wegen des Zahnradbetriebs müssen die Balisen aussermittig angeordnet werden (nach ETCS-Standard auf der Normalspur sind sie auf der Gleisachse). Die Euroloops bei ZB und BOB arbeiten noch mit einer Datenträgerfrequenz von 4.5 MHz, die auf dem Normalspurnetz zwischen Mai und Juli 2010 vollzogene Umstellung auf 13.5 MHz wird nötigenfalls zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt. Die Euroloops auf der BDWM funktionierten hingegen von Anfang mit der höheren Frequenz.

Eine Vorgängerversion der ZSI-127 mit dem Namen ZSI-27 und nur basierend auf Eurobalisen (keine Euroloops) wurde bei den Ferrocarrils de la Generalitat Valenciana (FGV) in Spanien eingebaut.

Es wird daran gedacht, ZSI-127 als Standard-Zugsicherung auf Schweizer Schmalspurbahnen einzusetzen. Dabei muss ein schrittweiser Übergang möglich sein (ZB und BOB hatten vorher keine Zugsicherung und bei der BDWM erlaubte die Auswechslung fast des gesamten Fahrzeugparks einen kostengünstigen Übergang). Deshalb soll die ZSI-127-Fahrzeugausrüstung so erweitert werden, dass auch die induktiv übertragenen Begriffe von ZSI-90 oder ZST-90 ausgewertet werden können.

Anwendung

Initialen Name des Unternehmens Netz* Zugsicherung Besonderheiten
Meterspur
AB Appenzeller Bahnen m12 ZST-90
ASm Aare Seeland mobil m07 ZST-90
BDWM BDWM Transport m09 ZSI-127 vorher ZSI-90
BLM Bergbahn Lauterbrunnen-Mürren m03
BLT Baselland Transport AG m13 ZST-90
BOB Berner Oberland-Bahnen m02 ZSI-127
BVB Basler Verkehrs-Betriebe m13
CJ Chemins de fer du Jura m17 ZST-90+ 20 cm links der Gleisachse, zusätzlicher Begriff "Warnung", eingeführt 1988[1]
Db Dolderbahn m10 ZSI (ISR-72) Magnete aussen am Gleis
DFB Dampfbahn Furka-Bergstrecke m01 nur Sommerbetrieb
FART Ferrovie autolinee regionali ticinesi m21 ZST-90 Fahrzeuggeräte ASEGA
FB Forchbahn m10 ZSL-90
FLP Ferrovia Lugano-Ponte Tresa m22 ZST-90 Fahrzeuggeräte ASEGA
FW Frauenfeld-Wil-Bahn m11 ZST-90
GGB Gornergrat Bahn m01 Reine Zahnradbahn
JB Jungfraubahn m03 ZST-90 Reine Zahnradbahn
LEB Chemin de fer Lausanne-Echallens-Bercher m20 ZSI-90-kompatibel
MBC Transports de la région Morges–Bière–Cossonay m18 ZSI-90
MGB Matterhorn-Gotthard-Bahn m01 ZSI-90
KWO/MIB Kraftwerke Oberhasli - Meiringen-Innertkirchen-Bahn m02
MOB Montreux–Berner Oberland-Bahn m04 ZSI-90
MVR Transports Montreux-Vevey-Riviera m04 ZSI-90 einschliesslich Blonay–Chamby
NStCM Chemin de fer Nyon-Saint-Cergue-Morez m17 ZST-90-kompatibel
RBS Regionalverkehr Bern-Solothurn - S-Bahn m06 ZSL-90 Netz 1200 V =, seit ca. 1974 ISR/ZSI-90
RBS Regionalverkehr Bern-Solothurn - Tram m06 ZSI-90 Netz 600 V =, Fahrzeugdurchlauf mit SVB
RhB Rhätische Bahn m01 ZSI-90 1987 eingeführt unter dem Namen «Integra 79», ersetzte eine Zugsicherung Integra nur mit Warnfunktion[2], eingeführt ab 1958[3]
SEFT Società Esercizio Ferroviario Turistico - Ferrovia Mesolcinese m23 Sporadischer Nostalgiebetrieb
SVB Städtische Verkehrsbetriebe Bern - Bernmobil m06 Einige Fahrzeuge mit ZSI-90 für Fahrten nach Worb (RBS)
TMR Transports de Martigny et Régions m24 ZSI-90
TPC Transports Publics du Chablais m05
TN Transports publics du Littoral Neuchâtelois (Neuenburg) m15 ZSI-90
TPF Transports publics Fribourgeois m04 ZSI-90
TPG Transports Publics Genevois (Genf) m19
TVYS Transports Vallée de Joux - Yverdon-les-Bains - Ste-Croix m16 ZSI-90-kompatibel
TRN Transports Régionaux Neuchâtelois m14
VBZ Verkehrsbetriebe Zürich m10 ZST-90 (Tramtunnel)
WSB Wynental- und Suhrentalbahn m08 ZSL-90 vorher ZST-90
ZB Zentralbahn m02 ZSI-127
Schmalspur (w = 75 cm, a = 80 cm, z = 120 cm)
BOB/SPB Schynige Platte-Bahn a03 Reine Zahnradbahn, nur Sommerbetrieb
BRB Brienz-Rothorn-Bahn a04 Reine Zahnradbahn, nur Sommerbetrieb
MG Ferrovia Monte Generoso a07 Reine Zahnradbahn, nur Sommerbetrieb
MVR Transports Montreux-Vevey-Riviera (Rochers de Naye) a06 Reine Zahnradbahn
PB Pilatusbahn a05 Reine Zahnradbahn, nur Sommerbetrieb
RiT Riffelalptram a01 nur Sommerbetrieb
WAB Wengernalpbahn a02 Reine Zahnradbahn
WB Waldenburgerbahn w ZST-90
AB Appenzeller Bahnen z Rheineck–Walzenhausen, nur ein Fahrzeug
Normalspur nicht interoperabel
RB Rigi-Bahnen n Reine Zahnradbahn
TSOL Tramway du sud-ouest lausannois n ZSI-90

*) Eine Sortierung nach Spurweite und Geografie (zusammenhängende Netze)

Quellen

  • integra signum: Punktförmige Zugsicherungen ZST-90 – ZSI-90, Informationsbroschüre Nr. HTS 9018/191
  • Presseunterlagen der Siemens Schweiz AG zur Medienorientierung vom 19. Oktober 2000, "Das ZSL 90 im Vergleich zu anderen Systemen in der Schweiz".

Einzelnachweise

  1. Theo Stolz, Ausbau der Sicherungsanlagen und Kreuzungsstationen bei den Chemins de fer du Jura, in: Schweizer Eisenbahn-Revue 4/1988, S. 149–151
  2. Rhätische Bahn, Geschäftsbericht 1987
  3. Das Verzeichnis des Rollmaterials der Schweizerischen Privatbahnen 1962, herausgegeben vom Eidgenössischen Amt für Verkehr, weist für die 1958 gelieferten Ge 6/6 701–02 eine «automatische Zugsicherung Integra» aus. Dasselbe Verzeichnis von 1966 (der letzten Publikation dieser Art) erwähnt diese Ausrüstung bei Ge 4/6 353–55, Ge 6/6 401–12, Ge 4/4 601–610 und den Ge 6/6 701–07

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