DBAG-Baureihe 711.1

DBAG-Baureihe 711.1
Baureihe 711.1
DB 711 104-0 Friedrichsdorf.jpg
Nummerierung: 711 101 – 711 122
Anzahl: 22 (+ 1 Prototyp)
Hersteller: Gleisbaumechanik Brandenburg
Baujahr(e): 2002 - 2004
Achsformel: B´B´
Bauart: 711.1
Spurweite: 1435 mm (Normalspur)
Länge über Puffer: 24.640 mm
Höhe: über FHB 4.650 mm
Breite: 2.875 mm
Drehzapfenabstand: 17.000 mm
Drehgestellachsstand: 2.600 mm
Kleinster bef. Halbmesser: technisch 80m (zugelassen 150m)
Leermasse: 78,5 t
Dienstmasse: 84,0 t
Reibungsmasse: 78,5 t
Radsatzfahrmasse: max. 21t
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Installierte Leistung: 1176kW (2x 588kW)
Anfahrzugkraft: 64kN
Treibraddurchmesser: 920 mm
Motorentyp: MAN D 2842 LE 602
Nenndrehzahl: 2.100/min
Leistungsübertragung: Voith T311bre
Tankinhalt: netto 1250l Diesel, 170l Heizöl
Antrieb: dieselhydraulisch
Bremse: KB C-KE-PR-Mg-H-(D)-ep m.Z.
Zugsicherung: Siemens I60R System PZB 90 V2.01
Steuerung: SPS
Kupplungstyp: Schraubenkupplung
Besonderheiten: Steilstreckenfähig bis 68‰

Die Baureihe 711.1 ist der „IFO für Schnellfahrstrecken“. IFO steht für „ Instandhaltungsfahrzeug für Oberleitungsanlagen“. Diese Baureihe ist moderner und schneller als die Baureihe 711.0. Das Jahr 2002 war das erste Baujahr. Das Fahrzeug wird bei der Behebung von Schäden und zur planmässigen Instandhaltungen im Bereich der Oberleitungsanlagen, Brücken und Tunnel eingesetzt. Es wurden zwischen 2002 und 2004 insgesamt 23 Fahrzeuge dieses Typs von der Gleisbaumechanik Brandenburg hergestellt, wovon die Nummer 711 101 zwei mal besetzt wurde, da das Vorserienfahrzeug nicht von der DB Netz AG übernommen wurde. Somit müsste der heutige Würzburger 711 101 eigentlich 711 123 heißen. Der „originale“ 711 101 wurde mittlerweile verschrottet, da dieser zu schwer war.

Inhaltsverzeichnis

Aufbau und Innenraum

Der Aufbau ist in drei Teile gegliedert. An den beiden Enden befinden sich die Kopfsegmente mit den Führerständen, diese sind Zulieferteile des Fahrzeugbaus Dessau und entsprechen in der Form dem ehemaligen Innovationszug von DB Regio. Zwischen den Kopfsegmenten ist der Wagenkasten mit einer Werkstatt, einem Lagerraum, einer Nasszelle und einem Sozialraum mit einem Arbeitsplatz. Die Werkstatt beinhaltet alle gebräuchlichen Ersatzteile und Werkzeuge zur Instandhaltung und Reparatur an Oberleitungsanlagen, im Werkstattbereich befindet sich dann auch die Nasszelle mit Waschmöglichkeit und Toilette. Die Toilette ist ausgerüstet mit einem Bioreaktor, welcher das Abwasser reinigt und nur noch heißes Wasser an die Umwelt gelangen lässt - der Feststoffbehälter muss nur zur planmäßigen Instandhaltung in einem Ausbesserungswerk entleert werden.

Es folgt der Videoarbeitsplatz mit Monitor zur Beobachtung der Fahrdrahtlage per Kameras, einem Faxgerät und einem Bedienfeld zum Schwenken der Kamera und des Dachscheinwerfers. Gegenüber dem Videoarbeitsplatz befindet sich eine kleine Küchenzeile mit Mikrowelle, Wasserkocher, Kaffeemaschine, Schränken, Trinkwasserbehälter und einem Abwaschbecken.

Vorbei an der Hydraulik für die freischwenkbare Hubarbeitsbühne gelangt man in den Aufenthaltsraum mit Radio, Sitzgelegenheiten, einem Tisch und Trockenschränken für Kleidungsstücke, hieran schließt durch eine Tür abgetrennt der zweite Führerstand an.

Dachausrüstung

Hubarbeitsbühne ausgefahren auf Gleishöhe

Auf dem Dach sind zwei Hubarbeitsbühnen vorhanden, eine als freischwenkbare (Palfinger PA 360) und eine als nur in der horizontalen Richtung zu bewegende (Palfinger PA 90), beide können gekuppelt und somit die Nutzfläche vergrößert werden. Es wurden auf dem Dach außerdem ein Seildrücker und ein Stromabnehmer mit einstellbarer Anpresskraft, Videoüberwachung sowie diverse Beleuchtungskörper installiert. Die freischwenkbare Hubarbeitsbühne PA 360 hat einen Arbeitskorb mit 1.500mm x 1.600mm Abmessung und kann 18,5m über SO und etwa 10m unter SO erreichen. Die Hubarbeitsbühne PA 90 besitzt die Abmessungen 3.500mm x 1.600mm, erreicht 6m über SO und kann zu beiden Seiten um 90 Grad gedreht werden.

Beide Bühnen können über eine Gegengleissperre gesichert werden um nicht aus Versehen in den lichten Raum des Gegengleises zu drehen.

Antrieb und Bremsen

Fahrmotor des 711 118 im Ausbesserungswerk Wittenberge (WWX)

Die Triebwagen sind mit zwei Dieselmotoren MAN D 2842 LE 602 für die Streckenfahrt ausgerüstet. Diese Motoren erzeugen aus 21,93 Liter Hubraum 588 Kilowatt (800 PS) bei 2.100 Umdrehungen pro Minute und werden in einer leistungsgesteigerten Version als Bootsmotoren verwendet.

Für die Arbeitsfahrt ist ein weiterer MAN-Motor vom Typ D 0826LOH 19 eingebaut, dieser leistet aus 6,87 Liter Hubraum 130 Kilowatt (177 PS). Zur Reduzierung der Abgasbelastung des Personals während der Arbeit in Tunneln erhielt er zusätzlich einen Rußpartikelfilter.

Außerdem ist noch ein Bordstromaggregat vorhanden, das die Stromversorgung der gesamten elektrischen Anlage bei Fahrmotorstillstand sicherstellt. Es ist vollgekapselt und durch eine eigene Batterie und 24-Volt-Lichtmaschine praktisch unabhängig vom 24-Volt-Fahrzeugnetz und kann somit auch bei entleerten Hauptbatterien gestartet werden.

Alle Fahrzeuge der Baureihe 711.1 verfügen über eine mehrlösige Scheibenbremse, diese wirkt auf jeweils zwei Bremsscheiben pro Radsatz und arbeitet im Normalfall als elektropneumatische Bremse, zudem ist an jedem Getriebe ein Retarder (Strömungsbremse) angebaut, und zusätzlich ist für Schnell/Not- und Zwangsbremsungen noch eine Magnetschienenbremse vorhanden. Alle Bremssysteme werden im normalen Betrieb über den Fahr-/Bremshebel und einem Bremssteuergerät gesteuert. So werden generell bevorzugt die Retarder eingesteuert und erst mit der Abnahme ihrer Bremskraft wird die pneumatische Ergänzungsbremse zugeregelt. Für den „HL Notbetrieb“ ist aber auch auf jedem Führerpult ein Führerbremsventil vorhanden, dessen Griff ist allerdings normalerweise nicht aufgesteckt, beim Notbetrieb wirkt nur die pneumatische Scheibenbremse ohne ep-Steuerung.

Laufwerk

Die Triebwagen verfügen über zwei Drehgestelle der Bauart GPH 200. Diese entsprechen weitestgehend den GP-200-Drehgestellen von Reisezugwagen, allerdings wurden sie an die Gegebenheiten eines Dieseltriebwagens angepasst und besitzen zusätzlich eine Federblockierung.

Elektrische Ausrüstung

Die Fahrzeuge besitzen eine komplexe elektrische Ausrüstung, die über eine Speicherprogrammierbare Steuerung (SP-Steuerung) so gut wie alle Fahrzeugfunktionen überwacht und ausführt. Auf diese Art wird eine Fehlbedienung weitestgehend ausgeschlossen, sicherheitsrelevante Einstellungen werden zuverlässig eingehalten. So ist es zum Beispiel durch die SP-Steuerung nicht möglich, mit eingelegter Federblockierung schneller als 15 km/h zu fahren. Wenn sich ein Dachgerät wie Arbeitsbühne oder Seildrücker nicht in Transportstellung befindet, ist es nicht möglich in die Streckenfahrt überzugehen. Außerdem kann ein „Einmotorbetrieb“ genutzt werden, bei dem die Wahl zwischen Fahrmotor 1 oder 2 besteht oder der Motor mit den wenigsten Betriebsstunden genutzt wird. Auch die Außenbeleuchtung (Dreilicht-Spitzensignal und Arbeitsfeldbeleuchtung) werden per SP-Steuerung gesteuert.

Obligatorisch ist die Ausrüstung mit einer Indusi der Bauart Siemens I 60R in der Softwareversion PZB 90 V2.01 (werkseitig war V1.6 installiert). Es gibt zwei Zeit/Zeit-Sicherheitsfahrschaltungen, eine software-basierende für die Arbeitsfahrt und eine hardware-basierende für die Streckenfahrt. Weiterhin dient ein GSM-R Zugfunkgerät der Verständigung mit angeschlossenen Stellen. Zusätzlich ist ein EBuLa-Gerät vorhanden, welches mit dem Betriebssystem Windows 95 arbeitet. Mittlerweile werden die EBuLa-Geräte aber wieder ausgebaut.

Literatur

Weblinks


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