Ermera (Distrikt)

Ermera (Distrikt)
Distrikt von Ermera
Lage des Distrikts Ermera
Schattenbäume bei Ermera
Daten
Hauptstadt Gleno
Fläche 770,83 km² (10.)[1]
Einwohnerzahl (2010) 117.064 (2.)[2]
Bevölkerungsdichte 151,9 Einw./km² (2.)[1]
Zahl der Haushalte (2010) 19.280 (3.)[1]
ISO 3166-2: TL-ER
Subdistrikte Einwohner[1] Fläche[1]
Atsabe 17.264 167,90 km²
Ermera 33.530 93,68 km²
Hatulia 34.999 274,42 km²
Letefoho 20.887 129,09 km²
Railaco 10.384 105,73 km²
Karte
Verwaltungsgliederung von Ermera

Ermera ist ein Distrikt von Osttimor und das wichtigste Kaffeeanbaugebiet des Landes.

Inhaltsverzeichnis

Geographie

Ortschaften in Ermera

Ermera liegt im Nordwesten von Osttimor und ist einer der beiden Distrikte des Landes ohne Meeresküste. Er grenzt im Norden an den Distrikt Liquiçá, im Nordosten an Dili, im Osten an Aileu, im Südosten an Ainaro und im Westen an Bobonaro, dessen Grenze Ermera fast vollständig vom Fluss Lóis gebildet wird.

Der Distrikt hat eine Fläche von 770,83 km². Hauptstadt des Distriktes ist Gleno. Weiter südwestlich liegt die alten Distriktshauptstadt Ermera, nach welcher der Distrikt benannt ist.

Subdistrikte sind Atsabe, Ermera, Hatulia (Hatólia), Letefoho (Letefuó) und Railaco. Die Sucos Poetete und Talimoro sind als urban klassifiziert.

Die Landschaft ist von Bergen geprägt, das von einigen Flüssen durchzogen wird. Außer in der Nähe des Lóis liegt der gesamte Distrikt über 500 m über dem Meer. Zumeist sind es die östlichen Zuflüsse des Lóis, wie der Eohora im Norden des Distrikts. Nahe Atsabe liegt Osttimors bekanntester Wasserfall, der Bandeira. In Fatubessi und Koliati gibt es heiße Quellen. Die Important Bird Areas der Berge Tatamailau und Fatumasin reichen in den Distrikt herein.

Von Oktober bis Mai dauert die Regenzeit, in der Trockenzeit gibt es kaum Niederschläge. Als Bergregion verfügt Ermera über ein milderes Klima, als die Küstenregionen Osttimors. Gerade die am höchsten gelegenen Subdistrikte Letefoho und Atsabe sind deutlich kühler. Hier kann die Temperatur in den bewohnten Gebieten, während der Regenzeit nachts auf 15 bis 17 °C sinken.

Einwohner

Mann in traditioneller Kleidung in Ermera

Im Distrikt leben 117.064 Einwohner (2010,[2] 2004: 103.199[3]). Die Bevölkerungsdichte beträgt 151,9 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Altersdurchschnitt liegt bei 17,2 Jahren (2010).[1] Zwischen 1990 und 2004 wuchs die Zahl der Einwohner jährlich um 2,05 %. Hatte 2004 in Ermera jede Frau durchschnittlich 6,10 Kinder, stieg die Anzahl über 7,33 Kinder in Atsabe, 8,69 in Letefoho und 9,31 in Hatulia, bis auf 9,89 Kinder pro Frau in Railaco an (Landesdurchschnitt 6,99). Die Kindersterblichkeit lag 2002 in Ermera bei 90 Todesfällen pro 1000 Lebendgeburten (1996: 118), in Railaco bei 108 (107), in Hatulia bei 110 (129), in Letefoho bei 119 (156) und in Atsabe bei 121 (164). Der Landesdurchschnitt betrug 98. Railaco ist einer von 14 Subdistrikten, in denen die Kindersterblichkeit entgegen dem Landestrend anstieg.[4]

Die Menschen im Distrikt sprechen als Muttersprache verschiedene Nationalsprachen. 53,9 % sprechen Mambai (größte Sprachgruppe in den Subdistrikten Hatulia, Letefoho und Railaco); 27,4 % sprechen Tetum Prasa (Subdistrikt Ermera); 17,7 % sprechen Kemak (Subdistrikt Atsabe, mit 30 % große Minderheit in Hatulia). Im Norden von Hatulia wird Tokodede gesprochen. Berücksichtigt man auch die Zweitsprachen, so sprechen 29,6 % Tetum, 26,7 % Bahasa Indonesia und 9,4 % Portugiesisch. Die Analphabetenrate beträgt 71,1 % (Frauen: 75,1 %; Männer: 67,1 %), die höchste Rate im ganzen Land. Nur 7,9 % der über 18jährigen haben die Sekundarschule abgeschlossen (Frauen: 5,7 %; Männer: 10,1 %).[4]

1997 betrug der Anteil der Muslime noch 2 % und jener der Protestanten knapp 2 %. Die Anteile dieser beiden Minderheiten nahmen im Rahmen der Unabhängigkeit von Osttimor durch Auswanderung nach Westtimor weiter ab. 2004 waren 97,6 % der Einwohner Katholiken, 1,7 % Anhänger der traditionellen, animistischen Religion Timors, 0,5 % Protestanten und 0,1 % Muslime.[5]

Geschichte

Animistischer Steinaltar in Apido in der Nähe von Ermera

Im Frühjahr 1867 erhoben sich die unter der Oberhoheit von Maubara stehenden Kemak aus Lermean (heute Subdistrikt Hatulia). Gouverneur Francisco Teixeira da Silva schlug den Widerstand in einem ungleichen Kampf nieder. In der 48 Stunden dauernden entscheidenden Schlacht mussten sich die Rebellen gegen eine an Feuerkraft überlegene Übermacht wehren. 15 Dörfer wurden eingenommen und niedergebrannt. Die Anzahl der Opfer unter den Timoresen ist nicht bekannt, die Portugiesen bezifferten ihre Verluste mit zwei Toten und acht Verwundeten. Das Territorium Lermeans wurde auf die benachbarten Reiche aufgeteilt.

Atsabe war bereits vor der Kolonialzeit eines der Zentren Timors. Herrscher war der Koronel bote (Tetum: Liurai) der Atsabe-Kemak. Atsabe dominierte früher die gesamten von Kemak bewohnten Gebiete in Osttimor. Das betraf neben der Region von Atsabe Gebiete im Norden des heutigen Bobonaro, im nördlichen Ainaro und im Gebiet von Suai. Die Kemak setzten sich lange gegen die portugiesische Kolonialisierung zur Wehr.[6] So waren mehrere Reiche Ermeras an der Cailaco-Rebellion gegen die Portugiesen im 18. Jahrhundert beteiligt. Erst im März 1895 führte Gouverneur José Celestino da Silva eine Offensive gegen Marobo und Obulo, um sie endgültig für Portugal zu unterwerfen.1903 scheiterte ein Aufstand Letefohos gegen die portugiesischen Kolonialherren. 1907 konnte der Liurai Nai-Cau die Unabhängigkeit Soros vom Atsabe-Reich erringen. Die portugiesische Oberhoheit war davon nicht betroffen.[7]

Während der japanischen Besatzung Timors leisteten die Atsabe-Kemak passiven Widerstand, indem sie sich weigerten Zwangsarbeit zu leisten oder Lebensmittel an die Japaner zu liefern. Ihr Herrscher Dom Siprianu und sechs seiner Verwandten wurden deswegen von den Japanern hingerichtet. Siprianus Sohn Dom Guilherme Maria Gonçalves war zwischen 1978 und 1982 Gouverneur Indonesiens von Timor Timur, wie Osttimor während der Besatzung hieß.

Verlauf der indonesischen Invasion (1975-1979)

Nach der Unabhängigkeitserklärung Osttimors 1975 begann Indonesien im Dezember das Nachbarland zu besetzen. Bis Oktober 1976 wurden größere Orte und Straßen besetzt, im Distrikt die Orte Ermera und Gleno und die Straße nach Aileu. Im Distrikt Ermera entstanden bases de apoio in Fatubessi und nah dem Tatamailau in Catrailete, in denen die geflohene Zivilbevölkerung von der Widerstandsbewegung FALINTIL angesiedelt wurde. Ab September 1977 begann die indonesische Armee mit der Zerstörung der Basen und der Besetzung der letzten Widerstandsgebiete in Ermera. Die Menschen wurden auseinandergetrieben oder gefangengenommen. Bis Februar 1978 war der Distrikt vollständig unter indonesischer Kontrolle.[8]

Während der Gewaltwelle um das Unabhängigkeitsreferendum von 1999 operierten in Hatulia und Ermera die pro-indonesischen Milizen Darah Merah, Aitarak und Pancasila zusammen mit dem indonesischen Militär gegen Befürworter der Unabhängigkeit Osttimors. Im Mai wurden mehrere Dörfer überfallen. Vier Verantwortliche wurden 2004 wegen 14fachen Mordes, Folter und Vergewaltigung verurteilt. Letefoho musste in den folgenden Jahren größtenteils wieder neu aufgebaut werden.[9] Auch Gleno litt schwer unter Zerstörungen.

In verschiedenen Teilen Ermeras kam es in den ersten Jahren der Unabhängigkeit immer wieder zu gewalttätigen Zwischenfällen bei denen die Organisation Colimau 2000 verwickelt war. In Januar 2003 wurden zwei Dörfer im Subdistrikt Atsabe überfallen und es kam zu weiteren Zwischenfällen im Subdistrikt Hatulia.[10] Im November 2006 starben mehrere Menschen in Estado/Subdistrikt Ermera als Mitglieder der Colimau 2000 einen Martial Arts-Club angriffen.

Nach den Unruhen in Osttimor 2006 waren die Berge von Ermera das Rückzugsgebiet der Petitioners, der rebellierenden Teile der Armee. Erst nach dem Attentat auf die höchsten Politiker des Landes 2008, bei dem der Rebellenführer Alfredo Reinado umkam, ergaben sich schließlich die letzten Rebellen den Behörden.

Politik

Der Distriktsadministrator wird von der Landesregierung in Dili ernannt. 2001 war dies Victor dos Santos.[11]

Wirtschaft

Kaffee in Ermera

80,5 % der Haushalte betreiben Ackerbau, 86,3 % Viehzucht (Stand: 2010).[1] Ermera gilt als Hauptregion des Kaffeeanbaus in Osttimor. Viele Familien, die etwas Land zur Verfügung haben, bauen das wichtigste Exportgut Osttimors an (69 % der Haushalte). In Estado liegt seit 2004 eine der größten kaffeeverarbeitenden Fabriken mit Nassaufbereitung von Kaffee. Eigentümer und Betreiber ist die Cooperativa Café Timor. Zukunft könnte der Anbau von Vanille und anderen Gewürzen bieten. Hier wäre das Klima in Letefoho und Ermera besonders gut geeignet. Auch über den Anbau von Heilpflanzen wird nachgedacht.

Daneben werden zur Nahrungsmittelversorgung Mais (72 % der Haushalte, Produktion 2008: 1.585 t), Maniok (72 %, 2.313 t), Süßkartoffeln, Gemüse (56 %), Bananen (alle drei insgesamt 932 t), Kokosnüsse (34 %) und Reis (11 %, 1.371 t) angebaut. Letzterer wird vor allem in Atsabe gepflanzt. In den anderen Subdistrikten spielt er eine geringere Rolle. Ebenfalls in Atsabe hat man begonnen Erbsen, Kohl und Zwiebeln anzubauen, in Hatulia und Letefoho sind es Tomaten, Bohnen und Erbsen. In Railaco, Hatulia und Gleno ist die Anpflanzung von Kokospalmen geplant. Aufgrund des dominierenden Kaffeeanbaus müssen zum Beispiel in den Subdistrikt Ermera Nahrungsmittel importiert werden. 56 % der Distriktfläche kann nicht für Landwirtschaft genutzt werden.[12][13] Als Haustiere halten die Menschen hauptsächlich Hühner (65.229 in 71 % der Haushalte) und Schweine (27.501 in 68 % der Haushalte). Daneben auch Rinder (4.755 in 25 % der Haushalte), Ziegen (9.230 in 20 % der Haushalte), Pferde (3.525 in 11 % der Haushalte), Wasserbüffel (3.728 in 7 % der Haushalte) und Schafe (1.229 in 2 % der Haushalte).[12] In Hatulia, Gleno und Atsabe plant man die Fischzucht.

Geschäftszentrum des Distrikts ist die Hauptstadt Gleno. Atsabe war früher bekannt für die hohe Qualität seiner Tais, gewebte Textilien, die auch überregional verkauft wurden. Damals war in diesem Subdistrikt der Handel die wichtigste Einnahmequelle der Bevölkerung, noch vor der Landwirtschaft. Viele der Händler flohen in Folge der Unruhen von 1999 nach Westtimor. 2001 war es noch unklar, ob sie nach Atsabe zurückkehren würden, um ihr Geschäft wieder aufzunehmen.

Quellen

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g Direcção Nacional de Estatística: 2010 Census Wall Chart (English)
  2. a b Highlights of the 2010 Census Main Results in Timor-Leste English
  3. Direcção Nacional de Estatística Census 2004
  4. a b Census of Population and Housing Atlas 2004
  5. District Pritory Tables: Ermera 2004
  6. Andrea K. Molnar: Died in the service of Portugal
  7. History of Timor – Technische Universität Lissabon
  8. „Chapter 7.3 Forced Displacement and Famine“ aus dem „Chega!“-Report der CAVR (englisch)
  9. Unofficial Guide to East Timor
  10. The Age, Bericht über den Zwischenfall Jan. 2003 in Atsabe
  11. National Directory of Studies and Research
  12. a b Direcção Nacional de Estatística: Suco Report Volume 4 (englisch)
  13. Direcção Nacional de Estatística: Timor-Leste in Figures 2008

Weblinks

 Commons: Ermera (Distrikt) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

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