Ernst Toch

Ernst Toch

Ernst Toch (* 7. Dezember 1887 in Wien; † 1. Oktober 1964 in Santa Monica, Kalifornien, USA) war ein österreichischer Komponist im Übergang vom Stil der Spätromantik zur Moderne.

Inhaltsverzeichnis

Leben

Toch wuchs in Wien auf, lernte Klavier bei der Pianistin und Schriftstellerin Ida Mikolasch sowie andere Instrumente und studierte an den Universitäten von Wien und Heidelberg Philosophie und Medizin (1921 Promotion in Heidelberg über Beiträge zur Stilkunde der Melodie). Seine kompositorische Tätigkeit begann er um 1900 als Autodidakt mit Wolfgang Amadeus Mozart als Vorbild (Streichquartette, 1905 Stammbuchverse für Klavier).

Eines seiner ersten Streichquartette wurde 1908 in Leipzig uraufgeführt, sein sechstes (Opus 12, 1905) im Jahr 1909. Seine Kammersinfonie in F-Dur von 1906 erhielt 1909 den Mozart-Preis der Stadt Frankfurt am Main. Dies war für Ernst Toch der Anlass, die Musik hauptberuflich zu betreiben. 1910 erhielt er den Mendelssohn-Preis für Komposition. Er studierte Klavier und Komposition (Dr. Hoch’s Konservatorium 1909-1913) und wurde 1913 für diese beiden Fachgebiete an die Musikhochschule Mannheim berufen.

Ernst-Toch-Büste in der Musikschule Mannheim

Nach fünf großen Preisen (u.a. mehrmals österreichischer Staatspreis) wurde er 1914 für 4 Jahre Soldat in der k.u.k.-Armee an der Italienfront. 1916 heiratete er die Bankierstochter Lilly Zwack und kehrte nach dem Ersten Weltkrieg nach Mannheim zurück, wo er bis 1928 weiter unterrichtete und einen neuen Stil der Polyphonie entwickelte:

Tätigkeiten an anderen Orten und sein Klavierkonzert machten ihn weiter bekannt:

1921 promovierte er an der Universität Heidelberg mit einer Arbeit über die Stilkunde der Melodie. Toch schrieb auch vier Werke für Blasorchester, eines davon (op. 39) wurde 1926 in Donaueschingen zusammen mit jeweils einer Blasmusikkomposition von Ernst Krenek, Ernst Pepping, Paul Hindemith und Hans Gál uraufgeführt. Die Anregung der Komposition kam von Paul Hindemith, der für dieses Festival selbst auch ein Werk komponierte.

In Berlin, wohin ihm seine Familie 1928 gefolgt war, entstanden 1927-1928 die Musikdramen "Die Prinzessin auf der Erbse" nach Hans Christian Andersen, für das ihm der Bildhauer Benno Elkan das Libretto schrieb, und "Egon und Emilie" (Christian Morgenstern). Das Opern-Capriccio "Der Fächer" folgte 1930.

Nach Adolf Hitlers Machtergreifung ging er ins Exil: 1933 nach Paris und London, wo er Filmmusiken schrieb. 1935 folgte er einer Einladung nach New York (New School for Social Research), wo die Big-Ben-Variationen entstanden. Seinen Lebensunterhalt konnte er aber erst in Kalifornien durch Filmkompositionen für Hollywood sichern.

Als Professor an der University of Southern California hatte er neben Komposition auch Philosophie zu vertreten und hielt Gastvorlesungen an der Harvard University. Die dort vorgetragene Musiktheorie fasste er in der Schrift „The Shaping Forces in Music“ (1948; dt. Die gestaltenden Kräfte der Musik, 2005) zusammen. Ab 1950 komponierte er 7 große Sinfonien, für deren Dritte (op.75, 1954) er drei Jahre später den Pulitzer-Preis erhielt. In diesen Spätwerken kehrte er wieder zum spätromantischen Stil seiner Anfangszeit zurück.

Einige Jahre nach dem Grammy Award (1960) nannte er sich „the world's most forgotten composer of the 20th century“. Doch diese Gruppe ist wohl größer, als er damals meinte.

Ehrungen

Werke

Schriften

  • Melodielehre, 1914 geschrieben, gedruckt Berlin 1923, Max Hesse (= Max Hesses Handbücher Bd.69), 183 Seiten.
  • The Shaping Forces in Music. An Inquiry into the Nature of Harmony, Melody, Counterpoint and Form, New York 1948; deutsche Übersetzung von Hermann J. Metzler unter dem Titel Die gestaltenden Kräfte der Musik. Eine Einführung in die Wirkungsmechanismen von Harmonik, Melodik, Kontrapunkt und Form, Hofheim: Mirliton 2005 (darin auch ausführl. Werkverzeichnis u. Diskographie), ISBN 978-3-936000-99-3.

Opern

  • 1927 Die Prinzessin auf der Erbse opus 43 – Libretto von Benno Elkan
  • 1928 Egon und Emilie opus 46
  • 1930 Der Fächer opus 51
  • 1962 The Last Tale opus 88 – Libretto von Melchior Lengyel

Orchesterwerke

  • 1906 Kammersymphonie
  • 1913 An mein Vaterland opus 23
  • 19?? Phantastische Nachtmusik opus 27 (Erstaufführung 1929 in München)
  • 1926 Konzert für Klavier und Orchester opus 38
  • 1926 Spiel für Blasorchester opus 39 (Uraufführung in Donaueschingen)
  • 1927 Das Kirschblütenfest
  • 1932 Miniatur Ouvertüre
  • 1933 Symphonie für Klavier und Orchester opus 61
  • 1934 Big Ben, Variationen über das Westminster-Geläut opus 62
  • 1944 The Covenant (The Rainbow) für Sprecher und Orchester (= 6. Satz der Genesis Suite)
  • 1950 Erste Symphonie opus 72
  • 1951 Second Symphony opus 73
  • 1955 Third Symphony opus 75
  • 1957 Symphony No 4 opus 80
  • 1963 Jephta, Rhapsodic Poem (Symphony No. 5) opus 89
  • 1963 Sixth Symphony opus 93
  • 1964 Seventh Symphony opus 95
  • 1964 Sinfonietta for Wind Instruments and Percussion opus 97

Filmmusik

Chorwerke

Kammermusik

  • 1950-1961 13 Streichquartette
  • 1959 Five Pieces for Wind Instruments and Percussion opus 83

Lieder

  • 1945/1953 Zyklus The Inner Circle

Klavierstücke

  • 1926 Studie I. Originalkomposition für Welte-Mignon
  • 1926 Studie II. Originalkomposition für Welte-Mignon
  • 1926 Studie III. Originalkomposition für Welte-Mignon
  • 1926 Studie IV, Der Jongleur. (Für mechanisches Klavier bearbeitet)
  • Melodische Skizzen op.9
  • Burlesken op.11
  • Burlesken op.31
  • Capriccetti op.36
  • Sonata op.47
  • Kleinstadtbilder op.49
  • 10 Konzertetüden op.55
  • 10 Vortrags-Etüden op.56
  • Diversions op.78a
  • Sonatinetta op.78b;
  • Reflections op. 86

Siehe auch

Literatur

  • Jack Docherty, Konrad Hopkins: Der vergessenste Komponist des 20. Jahrhunderts: Ernst Toch, in: Filmharmonische Blätter. Heft 6/Juni 1987, S. 25-27
  • Elisabeth Stratka und Andreas Kloner: Ich bin der meistvergessene Komponist des 20. Jahrhunderts. Porträt über den österreichischen Komponisten Ernst Toch. ORF-Radiofeature 2003, 54 Min.
  • Lawrence Weschler: Das letzte Märchen. Über das Schicksal meines Großvaters, des Komponisten Ernst Toch, in: Lettre International Heft 72/Frühjahr 2006, S. 22-29.
  • Peter Cahn: Das Hoch'sche Konservatorium in Frankfurt am Main (1878-1978), Frankfurt am Main: Kramer, 1979; ISBN 3-7829-0214-9
  • Heiko Schneider: Wahrhaftigkeit und Fortschritt: Ernst Toch in Deutschland 1919-1933, Mainz ; Berlin: Schott, 2007; ISBN 978-3-7957-0159-8
  • Hermann Jung (Hrsg.): Spurensicherung [Medienkombination] : der Komponist Ernst Toch (1887 - 1964) - Mannheimer Emigrantenschicksale, Frankfurt am Main: Lang 2007; ISBN 978-3-631-57400-3
  • Werner Hanak-Lettner und Michael Haas (Hrsg.): Ernst Toch: Das Leben als geographische Fuge. Wien: 2010. ISBN 9783901398575

Weblinks


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