Farbfernsehen

Farbfernsehen
Start des Farbfernsehens
Darstellung einer weißen „12“ auf schwarzem Hintergrund auf einem Fernseher. In der Nahaufnahme erkennt man die einzelnen Farben, aus denen die Zahlen zusammengesetzt sind.
„Elektronenkanone“, ausgebaut aus einem Farbfernseher. links: Seitenansicht; Deutlich zu erkennen die Vakuumdurchführung, rechts: Frontansicht; Man sieht deutlich die Austrittslöcher der drei Elektronenstrahlen, die die drei Farben ansteuern
Verkaufte Farbfernsehgeräte in Westdeutschland 1967-1978 in Mio. Stück
110-Pf-Briefmarke der Dauermarkenserie Industrie und Technik der Deutschen Bundespost (16. Juni 1982)

Als Farbfernsehen bezeichnet man eine Art des Fernsehens, bei der (im Unterschied zum Schwarz-Weiß-Fernsehen) nicht nur die Helligkeitswerte aufgenommen und wiedergegeben werden, sondern auch die Farben.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Seit dem 18. Jahrhundert weiß man, dass sich wegen der Metamerie Licht von (fast) beliebigem Farbton synthetisieren lässt, indem man das Licht der Primärfarben – im Fall des menschlichen Auges sind dies Rot, Grün und Blau – je nach Bedarf gewichtet überlagert.[1]

Fast gleichzeitig mit der Entwicklung des Fernsehens überhaupt experimentierte man auch mit dem Farbfernsehen. Bei den ersten Versuchen wurde entweder mit drei Kanälen gearbeitet, wo jeweils ein Bild in einer der drei Grundfarben übertragen wurde, oder der Übertragung mittels eines Kanals und schnell rotierender Farbfilter vor der Kamera und dem Empfänger. Hierbei musste allerdings eine wesentlich höhere Anzahl von Einzelbildern übertragen werden, damit der Eindruck eines flimmerfreien Bildes entsteht. Der amerikanische Fernsehsender CBS stellte 1943 ein Farbfernsehsystem mit schnell rotierendem Farbfilter vor. Übertragen wurden Fernsehbilder mit nur 405 Zeilen und 144 Bildern pro Sekunde. Das Bild war zwar sehr gut, jedoch waren die Empfänger durch die sehr viel größere Farbfilterscheibe vor dem kleinen Bildschirm sehr klobig, laut und nicht kompatibel mit dem inzwischen eingeführten Schwarz-Weiß-System mit 525 Zeilen und 60 Halbbildern pro Sekunde. Im Oktober 1953 wurde schließlich in den USA die Ära regelmäßiger Farbübertragungen – jetzt mit einem kompatiblen System – eingeleitet.

Einführung in Deutschland

Der Start des Farbfernsehens in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte auf der 25. Großen Deutschen Funk-Ausstellung in West-Berlin am 25. August 1967 um 10:57 Uhr mit der Betätigung eines großen roten Tasters (der eine Attrappe war) durch Vizekanzler Willy Brandt. Dabei geschah ein kleines Missgeschick: Kurz bevor Brandt den Knopf drückte, schalteten die Techniker bereits das Farbsignal auf Sendung – man begründete es anschließend mit einem sehr empfindlichen Taster.

Um 9:30 Uhr übertrugen die Fernsehsender ARD und ZDF die Begrüßungsmoderation durch Edith Grobleben vom Sender Freies Berlin noch in schwarz/weiß, die Verabschiedung dann in Farbe. Ab 14:30 Uhr zeigten ARD und ZDF gemeinsam als Testsendung den französischen Spielfilm Cartouche der Bandit mit den Hauptdarstellern Jean-Paul Belmondo und Claudia Cardinale. Am gleichen Abend zeigte das ZDF seine erste farbige Fernsehshow mit der 25. Ausgabe von „Der goldene Schuss“ mit Vico Torriani; die ARD folgte einen Tag später um 16:30 Uhr mit einem Bericht von Gerd Ruge über die Expo 67 in Montréal und am Abend dem „Galaabend der Schallplatte“, präsentiert von Dietmar Schönherr.

Zum Start des Farbfernsehens 1967 brachte Körting den preiswertesten Farbfernseher auf den Markt, ein Gerät mit 14 Röhren plus Bildröhre mit Zwei-Trafo-Konzept. Diese konnten als „Neckermann Weltblick“ über den seinerzeit bedeutenden Neckermann Versand bereits für ab 1840 DM bezogen werden, was unter dem seinerzeitigen allgemeinen Großhandelspreis der anderen Hersteller von etwa 2000 DM inklusive Umsatzsteuer lag. Allgemein lag der Endverkaufspreis von Farbfernsehern in einer Zeit, als es noch Preisbindung gab, bei rund 2400 DM.[2] Zum Vergleich sei angemerkt, dass ein 1967 als „Sparkäfer“ vermarkteter VW 1200 für 4525 DM angeboten wurde.[3] Der Körting Farbfernseher wurde vom Fernmeldetechnischen Zentralamt (FTZ) der Deutschen Bundespost, seinerzeit unter anderem das Aufsichtsorgan für Rundfunk- und Fernsehtechnik, als Referenzgerät für die Einhaltung der Vorschriften ausgewählt. Eine Pionierleistung war auch, dass Körting bereits ab der zweiten Generation 1968 Steckmodule hatte.

Einen starken Kaufanreiz für Farbgeräte brachten die Olympischen Sommerspiele 1972 in München sowie die Fußball-Weltmeisterschaft 1974 in Westdeutschland. Die Geräte blieben bis Ende der 1970er Jahre teuer – 1975 kostete ein Gerät mit 66-cm-Bildschirm um die 2000 DM (das entspricht heute etwa 2.490 Euro).

Mit dem Start des 2. Deutscher Fernsehfunk-Programms am 3. Oktober 1969 wurde das Farbfernsehen auch in der DDR eingeführt. Am selben Tag wurde auch der Berliner Fernsehturm eingeweiht. Zur Farbübertragung wurde jedoch anders als in Westdeutschland das SECAM-System verwendet. Gegenseitiger Empfang (Kompatibilität) in schwarzweiß blieb jedoch möglich. Um in der Bundesrepublik Deutschland das DDR-Programm auch farbig sehen zu können, wurden bald von der Industrie PAL/SECAM-Decoder („DDR-Farbe“) zu Preisen von bis zu 300 DM (inkl. Einbau) angeboten.

Sonstiges

  • In der Anfangszeit wurden den aufgrund der bedeutend höheren Kosten noch seltenen Farbproduktionen zum Hinweis und als Kaufanreiz kurze Teaser von ca. zehn Sekunden Dauer vorangestellt. Im Ersten öffnete sich – von einer Fanfare akustisch untermalt – blumig eine Farbrosettengrafik mit dem zentralen Schriftzug: „in Farbe“; im ZDF wurden stattdessen sich drehende Glaswürfel gezeigt, in denen sich – wie in einem Prisma – das Licht (schwach) farbig brach.
  • Die Tagesschau der ARD wurde erst ab 1970 in Farbe ausgestrahlt. Übertragungen aus dem Plenarsaal des Bundestages in Bonn erfolgten noch bis Ende der 1970er Jahre in Schwarz/Weiß.
  • Adrian der Tulpendieb, gedreht 1966 mit Heinz Reincke in der Titeltrolle, war die erste Fernsehserie, die in Deutschland – schon während des Versuchsprogramms – in Farbe ausgestrahlt wurde.

Einführung in Österreich

Österreich entschied sich am 7. Februar 1967 für das deutsche PAL-System als technischen Standard.[4] Die erste Farbfernsehsendung des Österreichischen Rundfunks war das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker vom 1. Januar 1969.

Andere Länder

Einführung in der Schweiz am 1. Oktober 1968 ( Quelle Bundesarchiv )

Großbritannien

Das zweite Programm der BBC, das von Anfang an in 625 Zeilen sendete, startet am 1. Juli 1967 mit Farbsendungen nach dem PAL-System. Mit der Umstellung der Zeilenzahl (Auflösung) von 405 auf die heute üblichen 625 Zeilen folgte das erste Programm am 20. November 1969. Noch bis 1985 wurde das erste Programm daneben in Schwarz-Weiß mit 405 Zeilen übertragen, um die Besitzer alter Fernsehgeräte zu versorgen. Im Jahr 1985 waren die Empfänger schließlich so günstig geworden, dass es wirtschaftlicher war, die noch betriebenen 405-Zeilen-Geräte auf Staatskosten gegen neue Geräte einzutauschen, als die 405-Zeilen-Übertragung fortzusetzen.

Rumänien

Dort gibt es ab 1968 ein zweites Fernsehprogramm in schwarz-weiß. Erst 1983 begann die Übertragung in Farbe nach der PAL-Fernsehnorm.

Farbübertragung

Weltkarte mit der Verteilung der Farbübertragungssysteme

Bedingung bei der Entwicklung der Farbübertragungssysteme beim analogen Fernsehen war zum einen eine Kompatibilität zu bestehenden Schwarz-Weiß-Fernsehapparaten, zum anderen eine Abwärtskompatibilität der neuen Farbfernsehgeräte für herkömmliche Schwarz-Weiß-Ausstrahlungen. Dabei mussten Kompromisse in Kauf genommen werden und typische Schwächen des menschlichen Auges wurden ausgenutzt.

Das Frequenzspektrum beim herkömmlichen Schwarz-Weiß-Fernsehen ist rund 5 MHz breit (siehe Fernsehsignale). Gemäß den Gesetzen der Fourier-Analyse werden dabei in den tieferen Frequenzen die Grundstrukturen des Bildes übertragen, höhere Frequenzen treten in feinen Details auf oder an scharfen Kanten. Falls es sich bei den Bildinhalten um gewöhnliche Aufnahmen aus der realen Welt handelt, so sind die räumlichen Helligkeitsverläufe eher weich und kaum sprunghaft. Aus diesem Grund treten höhere Frequenzen im Allgemeinen wesentlich seltener auf. Eine Beeinträchtigung dieser höheren Frequenzen äußert sich daher kaum, und wenn, dann nur in einem leicht unschärferen Bild.

Betrachtet man die spektrale Verteilung des Helligkeitssignals genauer, so treten Frequenzen im Abstand der halben Vertikalfrequenz mit Maxima jeweils im Abstand der Zeilenfrequenz auf.

Aufgrund dieser beiden Tatsachen schachtelt man das Farbsignal passgenau im oberen Bereich des normalen Fernsehsignals ein.

Anfänglich benutzte man zur Trennung von Farb- und Helligkeitssignal im Empfänger einen einfachen Hoch- bzw. Tiefpass, mittlerweile stehen für hochwertige Empfangsgeräte spezielle Kammfilter zur Verfügung, womit die Bandbreite des Helligkeitssignals nicht mehr wie vorher abgeschnitten werden muss.

Dies reduziert die sog. Cross-Color- und Cross-Luminance-Effekte, die durch ein Übersprechen des Crominanz- [Farb-] auf das Luminanz- [Helligkeits-] Signal zustande kommen und sich in Änderungen der Bilder widerspiegeln.

Zur eigentlichen Übertragung des Farbsignals benutzt man weitere technische Kunstgriffe. Es wäre viel zu aufwändig und auch nicht nötig, neben dem bereits vorhandenen Helligkeitssignal Y noch die Signale für die drei Grundfarben Rot, Grün, Blau der additiven Farbmischung zu übertragen. Man bildet über eine Matrix die Differenzsignale U (Blau minus Helligkeit) und V (Rot minus Helligkeit; siehe auch YUV-Farbmodell). Diese erfahren weiterhin eine Absenkung, um Übermodulation zu vermeiden, werden dann übertragen und können im Empfänger zusammen mit dem Helligkeitssignal wieder zu den Farbsignalen für Rot, Grün und Blau rekonstruiert werden.

Rechenbeispiel:

(Rot minus Helligkeit) plus Helligkeit  = Rot
(Blau minus Helligkeit) plus Helligkeit = Blau
Helligkeit minus Blau minus Rot         = Grün

NTSC

Bei der Einführung des Farbfernsehens war eine Bedingung, dass die neue (Farb-)Fernsehnorm kompatibel zur Norm des alten Schwarz-Weiß-Fernsehens sein musste – die in der Bevölkerung vielfach schon vorhandenen Schwarz-Weiß-Geräte sollten also auch die neuen Farbsendungen anzeigen können, wenn auch natürlich nicht farbig. Dies wurde zunächst 1954 in den USA durch das NTSC-Verfahren gelöst, ein ingenieurtechnischer Geniestreich mit nur einem kleinen Schönheitsfehler: Bei einem NTSC-Empfänger muss der Farbton von Hand eingestellt werden. Der Betrachter orientiert sich dabei an der Natürlichkeit der menschlichen Haut- und Gesichtsfarbe. Infolge von Störungen auf dem Übertragungsweg musste diese Einstellung aber von Hand oft mehrmals während einer Sendung vorgenommen werden. Der Ärger darüber führte zu umgangssprachlichen Bezeichnungen wie „Slimming machines“ (Abmagerungsmaschinen) für das Fernsehgerät oder die Interpretation der Abkürzung als „Never The Same Color“ (Niemals dieselbe Farbe). Erst mit der Einführung der Ultraschall-Fernbedienung im Jahr 1957 wurde die Farbtonkorrektur bequemer.

PAL

Hauptartikel: Phase Alternating Line

Die Verfahren PAL und SECAM, die in Europa gebräuchlich sind, wurden erst Mitte der 1960er Jahre eingeführt (zehn Jahre später als in den USA bereits das dort verwandte NTSC-Farbfernseh-System etabliert war ), besitzen aber bei der damals einzig existierenden terrestrischen analogen Übertragung deutlich bessere Qualität bei der Farbtondarstellung. Sie kommen ohne manuellen Farbtonabgleich aus. PAL zum Beispiel, entwickelt durch den Ingenieur und Fernsehpionier Walter Bruch, kompensiert Störungen, indem es zu einer Farbtonabweichung deren negative Kopie addiert. Dazu wird bei der Übertragung der Farbinformation vom Sender jeweils eine Farbinformation pro Zeile um 180 Grad gedreht. Mit diesem Trick werden Farbfehler kompensiert. Entsprechend auch der Name des deutschen Farbfernseh-System: PAL = übersetzt: Phase alternating line; was zu deutsch heißt: Wechseln der Phasenlage. Analog zur Neuinterpretation von NTSC gibt es auch für die Abkürzung PAL eine scherzhafte Erklärung: „Pay Additional Luxury“ (Bezahle für zusätzlichen Luxus).

SECAM

Nicht zuletzt aus politischen Gründen wurde in Frankreich das SECAM-Verfahren entwickelt, das auch im gesamten Ostblock (außer in Rumänien, wo PAL zum Einsatz kam), sowie anfangs auch im französischsprachigen Teil Belgiens, sowie in Griechenland verwendet wurde. Es hat eine ähnliche Fehlerkorrektur wie das PAL-System – allerdings auch einige übertragungstechnische Nachteile.

Digitales Fernsehen

Bei digitalen Videosignalen wird das RGB-Signal zwar üblicherweise weiterhin in ein Helligkeitssignal und zwei Farbdifferenzsignale zerlegt, letztere werden jedoch nicht mehr mit ersterem vermischt, sondern getrennt übertragen (im YCbCr-Format ggf. mit Farbunterabtastung). Es gibt daher im digitalen Bereich keine Entsprechungen zu PAL, SECAM und NTSC. Die Bezeichnung PAL wird jedoch oftmals für 576i50-Signal und die Bezeichnung NTSC für 480i60-Signal benutzt, jedoch ohne Bezug zu den analogen Farbkodierungen.

Weblinks

Wiktionary Wiktionary: Farbfernsehen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Literatur

  • Liebscher u.a., Rundfunk-, Fernseh-, Tonspeichertechnik, VEB Verlag Technik Berlin, 1981 (antiquarisch)
  • Walter Bruch / Heide Riedel, PAL - Das Farbfernsehen, Deutsches Rundfunk-Museum Berlin e.V., 1987 (antiquarisch)

Anmerkungen

  1. Rot, Grün und Blau sind für das menschliche Auge die Primärfarben der additiven Farbmischung. Die Primärfarben entsprechen ausgewählten Spektrallinien innerhalb des Farbspektrums, das entsteht, wenn weißes Sonnenlicht durch ein Prisma in die Spektralfarben aufgefächert wird. Es genügt, die drei Spektrallinien, die Rot, Grün und Blau darstellen, mit entsprechender Gewichtung zu überlagern, um – gemäß dem Prinzip der additiven Farbmischung – im menschlichen Auge den Farbeindruck von weißem Licht oder einer beliebigen anderen Lichtfarbe zu erzeugen.
  2. Industrie / Farbfernseh-Preisbindung: Schwarze Kanäle, Der Spiegel, 21. August 1967, S. 31.
  3. Dr. Ulrich von Pidoll: Der VW Käfer und seine deutschen Konkurrenten, IG Historische VW's Braunschweig (abgerufen: 20. April 2011).
  4. http://www.vienna.cc/d/historie/historie02.htm

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