- Körting Radio Werke
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Die Körting Radio Werke GmbH war ein Hersteller von Rundfunk- und Fernsehgeräten mit Sitz in Grassau im Chiemgau. Ihre Ursprünge gingen auf ein 1889 gegründetes Leipziger Beleuchtungsunternehmen zurück, mit dessen Kapitalbeteiligung 1925 das Unternehmen Dr Dietz & Ritter gegründet wurde, das 1932 mit dem Bau von Rundfunkempfängern unter der Marke Körting begann. Oft gerühmt für die hohe Qualität seiner Produkte gehörte Körting auch zu den Pionieren des Farbfernsehens in Deutschland.
Von 1954 bis zum gemeinsamen Untergang 1978 war Körting Hauslieferant des seinerzeit bedeutenden Neckermann Versandes. Danach wurde das Unternehmen von dem jugoslawischen Haushaltsgerätehersteller Gorenje übernommen. Nach dem Bankrott des daraus entstandenen Unternehmens 1983 wurde die Marke Körting noch in diversen osteuropäischen Ländern für einige Haushaltsgeräte verwendet.
Inhaltsverzeichnis
Geschichte
Unternehmensgründung in Leipzig
- Die Bogenlampenfabrik Körting & Mathiesen
Im Jahr 1889 gründeten Max Körting und Wilhelm Mathiesen (1859-1936) die Körting & Mathiesen AG, Bogenlampenfabrik, in Leipzig. Das Unternehmen zog später nach Leutzsch vor den Toren der Stadt um. 1901 firmiert das Unternehmen zur Lichttechnischen Spezialfabrik Körting & Mathiesen AG um. 1914 wurde "Kandem" als Markenname gewählt. Der Betrieb war damals bereits international aufgestellt und hatte beispielsweise eine Vertretung in New York. 1946 wurde das Unternehmen enteignet, das Werk wurde demontiert und als Reparationsleistung in die Sowjetunion verbracht. 1948 stellte der Sohn des Gründers Fritz Körting, der seit 1930 im Vorstand war, das Unternehmen als Kandem - Apparate- und Leuchtenbau GmbH, die heute zum Philips-Konzern gehört, in Limburg an der Lahn neu auf. [2]
Marktführend war die Körting & Mathiesen AG bei der Herstellung von Bogenlampen für Straßenbeleuchtungen. Ab 1923 begann sie außerdem mit der Fertigung von Kleintrafos, Drosselspulen und Stromversorgungsgeräten für die Funk- und Rundfunktechnik.
- Dr. Dietz & Ritter - Fabrik für Radio-Erzeugnisse und Transformatoren
Zwei vormalige Mitarbeiter des Unternehmens, der Kaufmann Oswald Ritter und der Techniker Dr. Dietz gründeten 1925 mit 20%-iger Beteiligung von Körting in Leipzig die Dr. Dietz & Ritter GmbH, Fabrik für Radio-Erzeugnisse und Transformatoren. Der Kapitalgeber Körting gab das Recht, den Markennamen Körting zu verwenden. Der Betrieb produzierte zunächst unter anderem Trafos, Kraftverstärker und dynamische Lautsprecher unter Lizenz des amerikanischen Unternehmens Magnavox.
Ab 1932 werden Rundfunkempfänger in die Produktpalette aufgenommen. Bereits ab 1933 produziert D & R mit den Modellen Cyclo-Super und Hexodensuper ihre ersten, auch Überlagerungsempfänger genannten, Superheterodynempfänger. Das Unternehemen erreichte bereits 1933 einen Marktanteil von 5,2%, der im Folgejahr auf 7,35% ausgebaut werden konnte.
1934 wurden die Modelle Cyclo-Selector, Cyclo-Royal, usw. in das Programm aufgenommen und auch der 2-Kreis-Reflexempfänger Novum verkauften sich in mehreren Varianten sehr gut.
Die Radios von D & R, wie das Ultramar von 1935, erwarben sich bald einen ausgezeichneten Ruf. Als erstes Rundfunkgerät mit Motorabstimmung und Drucktasten-Senderwahl gewann der motorabgestimmte 11-Röhren-8-Kreis-Super Transmare, auf der Weltfachausstellung Paris 1937 zwei „Grands Prix“ in den Klassen 15 für Radio und 49 für Musikinstrumente. Der Verkaufspreis des Gerätes betrug RM 820 - zum Vergleich, der Körting Volksempfänger VE301Wn war 1937 für RM 76 zu haben.[3]
- Körting-Radio-Werke
Im Jahr 1938 zählte das Unternehmen zu den marktführenden Herstellern und beschäftigte 3.000 Mitarbeiter. Oswald Ritter gelang es nun den Anteil der Körting & Mathiesen AG zu erwerben. Nachdem er sich nun auch mehr in die technischen Angelegenheiten des Unternehmens einschaltete kam es zum Konflikt mit Dr. Dietz, der daraufhin bald ausschied und in den Kriegsjahren versterben sollte. D & R firmierte ab 1940 als Körting-Radio-Werke Oswald Ritter.
Nach dem Krieg: Neugründung im Westen
1948 erfolgte die Enteignung des Werkes in Leipzig die als VEB Funkwerk Leipzig im Herstellerverband Rundfunk- und Fernmelde-Technik der DDR aufgeht. Der mittlerweile 70-jährige Oswald Ritter setzt sich mit einigen Mitarbeitern 1949 nach Marquartstein in Oberbayern ab und baute in Schloss Niedernfels eine Radiofabrik auf.
Mit Hilfe eines staatlichen Flüchtlingsförderungskredits von DM 5 Millionen erwarb er schließlich 1951 in Grassau am Chiemsee die Belwe GmbH, einen Hersteller von Bügeleisen und Toastern und Kleinstlampen und erweiterte die Produktion dort um Rundfunkgeräte und Lautsprecher sowie einstweilen auch elektromedizinischen Geräte. Auf einem Werksgelände von 26.000 Quadratmetern entstand zunächst eine neue Werkshalle von 2.500 m² Bodenfläche und ein Verwaltungsgebäude mit 1.500 m² Büroraum - ein Komplex, der etwa 1.500 Arbeitskräfte aufnehmen konnte.[4]
Bereits im Mai 1951 befasste sich Körting mit dem Aufbau einer Abteilung für Entwicklung und Bau von Fernsehern. Der Anfang verzögerte sich aber aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von Spezialgeräten und Fachpersonal.[5] Bei Rundfunkgeräten erfolgte nach anfänglicher Typen-Vielfalt 1952 eine Beschränkung auf drei Modelle zuzüglich einiger Exportversionen, was die Wirtschaftlichkeit verbesserte und konkurrenzfähige Angebote ermöglichte. "In der Gestaltung der Modelle, vor allem des preiswertesten ... [wurde] größter Wert auf hervorragenden Klang und auf hohe UKW-Leistung gelegt. Auch das 300-DM-Modell [gab] Dank des eingebauten, neuartigen Hochtonlautsprechers echte UKW-Qualität."[4]
Dennoch, mit dem gegenüber den Mitbewerbern verspäteten Start von Körting auf dem westdeutschen Markt ergaben sich im Vertrieb, und möglicherweise auch in der Modellpolitik, erhebliche Probleme. Die Hausbank beauftragte Anfang 1953 Dr. Gerhard Böhme mit der Sanierung. Er fand 26.000 unverkaufte Rundfunkgeräte vor. Oswald Ritter trat noch Sommer 1953 als Gesellschafter zurück und Böhme übernahm die Leitung des Unternehmens. 1955 sollte Ritter ganz aus dem Unternehmen ausscheiden und 1959 verstarb er nach langer Krankheit.
Dennoch arbeitete die Entwicklungsabteilung erfolgreich und der mit Syntektor-UKW-Schaltung ausgestattete Syntektor 54W erregte bei der Funkausstellung 1953 in Düsseldorf Funkausstellung 1953 mit seiner hervorragenden Trennschärfe und Stör- beziehungsweise Amplitudenmodulations-Unterdrückung Aufmerksamkeit.
- Kooperation mit Neckermann
Böhme traf schließlich mit dem weiland sehr bedeutenden Versandhaus Neckermann in Frankfurt am Main weitreichende Vereinbarungen. Neckermann nahm nunmehr alle Rundfunk- und Fernsehgeräte von Körting ab. Körting ersetzte dabei die in Dachau ansässige Apparatewerk Bayern welche 1953 eine ähnliches Arrangement bezüglich des Vertriebes von Rundfunkempfängern getroffen hatte. Dabei wurde ein gemeinsam von AWB Neckermann entwickelter und für DM 187 vertriebener "Klaviertastensuper mit UKW-, Mittel- und Langwellenteil" eingeführt, der ein "sensationeller Verkaufserfolg, der den Namen Neckermann über den Flüchtlings- und Landbewohner-Kundenkreis des Unternehmens hinaus der breiten Öffentlichkeit bekanntwerden ließ." wurde.[6] Die von Neckermann vertriebenen Körting-Geräte trugen nun zusätzlich das Neckermann Logo. Körtings Name verschwand für kurze Zeit ganz von den Produkten, kehrte aber bald als Neckermann-Körting wieder zurück. Unter eigenem Namen wurde nurmehr für den Export gefertigt.
Im Herbst 1954 brachte Körting über Neckermann einen Fernseher für DM 648 auf den Markt, damals ein "Sensationspreis", der den vor dem Krieg avisierten Preis des Volksfernsehers von 650 Mark erstmalig unterschritt.[7] 1955 war bereits ein Körting "Weltblick" mit 43 cm Bildröhre für DM 548 auf dem Markt, und damals "das billigste Gerät seiner Art."[6] Die Kooperation zwischen Neckermann und Körting trug in jener Zeit entscheidend dazu bei, die Preisbindung der zweiten Hand für Fernsehgeräte auf dem deutschen Markt, die für den Einzelhandel Margen von 41 Prozent und damit 25 Prozent Handelsspanne ermöglicht hatte, zu beenden.
Ab 1957 fertigte Körting auch Geräte für andere Hersteller die von diesen unter deren Marken vertrieben wurden. Aufgrund der geringen Margen des Geschäftsmodells wurde das Unternehmen aber nicht reich. Körting betrieb aber weiterhin erfolgreiche Entwicklungsarbeit. 1957 brachte Körting als weltweit erstes Rundfunkgerät mit Dynamik-Expander den Dynamic 830 W auf den Markt.
Von 1952 bis 1964 versiebenfacht sich der Umsatz. In den Jahren 1963 und 1964 war Körting bei den steigenden Umsätzen gezwungen, seine Kapazitäten deutlich auszuweiten. In kurzer Folge wurden Zweigwerke in Grödig bei Salzburg, die Möbelwerke Wallerstein und die Körting-Italiana in Pavia gegründet, die zusammen später 1700 Mitarbeiter beschäftigten.
- Farbfernseher
Zum Start des Farbfernsehens 1967 brachte Körting den preiswertesten Farbfernseher, ein Gerät mit 14 Röhren plus Bildröhre mit Zwei-Trafo-Konzept, auf den Markt. Körting Farbfernseher, Verkaufsbezeichnung "Weltblick", konnten über Neckermann bereits für ab DM 1.840 bezogen werden, was unter dem seinerzeitigen allgemeinen Großhandelspreis der anderen Hersteller von etwa DM 2.000 inklusive Umsatzsteuer lag. Allgemein lag der Endverkaufspreis von Farbfernsehern weiland, in einer Zeit als es noch Preisbindung gab, bei rund DM 2.400.[8] Zum Vergleich sei angemerkt, dass ein 1967 als "Sparkäfer" vermarkteter VW 1200 für DM 4525 angeboten wurde.[9] Der Körting Farbfernseher wurde vom Fernmeldetechnischen Zentralamt (FTZ) der Deutschen Bundespost, seinerzeit unter anderem das Aufsichtsorgan für Rundfunk- und Fernsehtechnik, als Referenzgerät für die Einhaltung der Vorschriften ausgewählt. Eine Pionierleistung war auch, dass Körting bereits ab der zweiten Generation 1968 Steckmodule hatte.
- Letzte Expansion und Niedergang nach Neckermann-Pleite
1970 schloss Körting mit dem jugoslawischen Staatsbetrieb Gorenje einen umfangreichen Know-How-Vertrag mit dem Ziel, die Produktion von Farbfernsehgeräten an deren Hauptsitz im slowenischen Velenje aufzubauen. Im Jahre 1973 erreichte Körting einen Umsatz von DM 320 Millionen und beschäftigte im Stammwerk 2300 Mitarbeiter.
Körting exportierte rund 40 % und 30 % der Produktion gingen an deutsche Abnehmer unter deren Marken wie Kuba-Imperial, Elac, Blaupunkt und Siemens. Körting baute in Deutschland die billigsten Chassis. Um den steigenden Bedarf an Leiterplatten decken zu können, wurde 1974 in Fehring in der Steiermark mit 290 Mitarbeitern das Zweigwerk Körting Elektronik gegründet.
1975 starb Böhme nach schwerer Krankheit. Sein Sohn Klaus Böhme übernahm die Geschäftsleitung. Ab 1975 war der Absatz in der Rundfunk- und Fernsehbranche allgemein rückläufig was sich auch stark bei Körting auswirkte.
Nachdem bereits 1972 Kuba die Produktion einstellte, wurde 1978 Elac aufgespalten und, noch wichtiger, Neckermann brach zusammen und wird von Karstadt übernommen. Karstadt setzt die Zusammenarbeit mit Körting nicht fort. Körting selbst musste Konkurs anmelden.
Übernahme durch Gorenje
Nicht zuletzt auch als Folge der langjährigen Kooperation übernahm Gorenje ab 1. September 1978 das Stammwerk in Grassau. Die neu gegründete Gorenje Körting Electronic GmbH & Co. KG war im Export weiterhin erfolgreich und hat in den folgenden Jahren versucht, den Inlandsvertriebsweg über den Fachhandel unter der Marke Körting wieder aufzubauen. Bei der anhaltenden wirtschaftlichen Schwächephase und dem differenzierten Verhalten auf Seiten des Fachhandels wurde das von Körting angestrebte Absatzvolumen im Inland jedoch nicht erreicht.
Am Ende des März 1983 gerät die Gorenje Körting Electronic in den Bankrott und der Standort in Grassau wurde aufgegeben. Die Marke Körting, sowie alle weiteren Verbands- Patent- und Markenrechte gingen in den Besitz des Mutterhauses Gorenje und dessen Konzern über. Die Marke Körting wird von Gorenje in einigen osteuropäischen Ländern für diverse Haushaltsgeräte wie Waschmaschinen und Geschirrspüler weiterhin benutzt.
Günter F. Abele meinte in Band 1 seines Buches Historische Radios, eine Chronik in Wort und Bild: "Von 1932 bis 1982 baute Körting Radios. Würde man heute einen Wettbewerb ausschreiben, wer wohl in diesen 50 Rundfunkjahren die weltbesten Empfänger auf den Markt gebracht hat - die Körting Radio-Werke kämen jedenfalls in die engere Wahl."
Weblinks & Literatur
- Ernst Erb: Radiokatalog (Band 1), M+K Computer Verlag AG, Luzern, Juli 1998. ISBN 3907007212 (Helveticat)
- Körting Radio Werke Oswald Ritter G.m.b.H. Grassau/Chiemgau: Am guten Alten in Treue halten. Werbung mit Foto von Oswald Ritter in Das Beste aus Reader's Digest, September 1952, Stuttgart.
- History of the radio manufacturer Körting-Radio; Leipzig, später Grassau Unternehmensgeschichte und historische Körting Logos, (abgerufen am 20. April 2011)
Einzelnachweise
- ↑ Logo entnommen aus einer downloadbaren Broschüre (PDF) von Werbebroschüren, Jogis Röhrenbude
- ↑ Kandemlampen - geschichte. www.kandem.de, abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ Ralf Kläs: Antik Radio Homepage Körting. Abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ a b Funkschau, Nr.16, 1952
- ↑ Ausstellung. Weltblick 5931 Art.-Nr. 105/10. Deutsches Rundfunk-Museum e.V., Berlin, abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ a b DER SPIEGEL 44/1955 - Kataloge gegen Kartelle. Spiegel Online, 26. Oktober 1955, abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ DER SPIEGEL 6/1955 - Neckermann fing an. Spiegel Online, 2. Februar 1955, abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ DER SPIEGEL 35/1967 - Schwarze Kanäle. Spiegel Online, 21. August 1967, abgerufen am 29. Mai 2011.
- ↑ Dr. Ulrich von Pidoll: Der VW Käfer und seine deutschen Konkurrenten, IG Historische VW's Braunschweig (abgerufen am 20. April 2011)
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