Femme fatale

Femme fatale
Postkarte von Mata Hari

Die Femme fatale [fam faˈtal] (frz. für „verhängnisvolle Frau“) ist ein besonders attraktiver und verführerischer Frauentypus, der – mit magisch-dämonischen Zügen ausgestattet – Männer erotisch an sich bindet, sie aber auch manipuliert, ihre Moral untergräbt und sie meist auch auf „fatale“ Weise ins Unglück stürzt. Gleichzeitig verspricht sie dem verführten Mann ein Höchstmaß an Liebeserfüllung, was ihr oft einen äußerst ambivalenten Charakter verleiht.

Dieser Typus wird in Anlehnung an ein Gedicht von John Keats auch als La Belle Dame sans Merci oder, in Verwandtschaft zur Vampirmythologie, als Vamp bezeichnet.[1]

Inhaltsverzeichnis

Die femme fatale in Mythologie, Kunst und Literatur

Lilith (Lilitu), altsumerische Gottheit

Im Mythos und in der Literatur hat es den Typus der femme fatale immer gegeben, denn Mythos und Literatur sind nur die dichterische Widerspiegelung des wirklichen Lebens; im wirklichen Leben aber hat es an mehr oder minder vollkommenen Exemplaren herrschsüchtiger und grausamer Frauen nie gefehlt.[2]

Das Motiv der dämonischen Verführerin durchzieht die gesamte Weltliteratur seit der altbabylonischen Zeit. Biblische Beispiele sind Eva, Potiphars Weib und Delila. In der Epik der klassischen Antike erscheinen u. a. Pandora, Helena, Circe und die Sirenen. Im Mittelalter entstanden die Lieder von der Nixe Melusine, von Meliur, von Armida und das Motiv der Mahrtenehe zwischen einem Sterblichen und einem verführerischen, aber Albdruck verursachenden überirdischen weiblichen Wesen. Vamps der Literatur der frühen Neuzeit waren Semiramis, Agrippina, Sophonisbe (bei Calderón), die „Jüdin von Toledo“ (bei Lope de Vega), die "Dark Lady" aus Shakespeares Sonetten, die Countess Isabella (bei John Marston) und Celinde (bei Andreas Gryphius). Beispiele des 18. Jahrhunderts sind Marwood, die Gräfin Orsina (beide bei Lessing), Madame Reymer (bei Diderot), Danae und Lais (bei Wieland) oder Matilda (in Matthew LewisThe Monk).

Lilith, Gemälde von John Collier (1892)

Goethe hat zum Thema die Verführerin Adelheid (Götz von Berlichingen) und Die Braut von Korinth beigetragen, Ludwig Tieck die Comtesse Blainville, August Apel, Friedrich Laun Die Totenbraut und Coleridge die Lady Geraldine. Von Heinrich Heine stammt das bekannte Gedicht über die Lorelei, von Kleist das Fräulein Kunigunde (Das Käthchen von Heilbronn), von Friedrich de la Motte-Fouqué die Nixe Undine, von Eichendorff die Gräfin Romana und die Gräfin Diana, von E. T. A. Hoffmann Der Elementargeist, von Prosper Mérimée die „ZigeunerinCarmen, von Émile Zola die Kokotte Nana und von Oscar Wilde die tanzende Tochter der Herodias in Salome.

Alma Mahler-Werfel 1900, vielfältig künstlerisch verewigte Femme fatale des frühen 20. Jahrhunderts

In Gerhart Hauptmanns Dramen treten gleich eine ganze Reihe von Vamps auf. Eines der bekanntesten Beispiele schuf Frank Wedekind mit der Kindfrau Lulu, dem Prototyp des modernen Vamps (Erdgeist; Die Büchse der Pandora). Beide Männer waren neben Oskar Kokoschka, Walter Gropius und Gustav Mahler zeitweise Gefährten von Alma Mahler-Werfel.

Beispiele des frühen 20. Jahrhunderts sind die „Künstlerin“ Rosa Fröhlich (in Heinrich Manns Professor Unrat), Alpha (in Robert Musils Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer), Temple Drake (in William Faulkners Die Freistatt) und die Bergkönigin (in Hugo von Hofmannsthals Das Bergwerk zu Falun).

Die Femme fatale im Film

Stummfilmzeit

Im Film erscheint der Typus der Femme fatale seit der Stummfilmzeit. Schauspielerinnen, die solche Charaktere wiederholt verkörpert haben, sind in den USA z. B. Theda Bara, Alla Nazimova und Gloria Swanson, und in Deutschland Fern Andra und Pola Negri. Ein charakteristisches deutsches Filmbeispiel ist Robert Wienes Film Genuine aus dem Jahre 1920, in dem die Femme fatale buchstäblich das Blut der Männer, die ihr erotisch verfallen, trinkt und so auf einprägsame Weise die Etymologie des Worts „Vamp“ erläutert.

1940er Jahre

Die Femme fatale ist die zentrale Frauenfigur des amerikanischen Film noir der 1940er Jahre.

Kennzeichen der Femme fatale sind

  • Inkonsistenz von Erscheinung und Wesen
  • übererotisierte weibliche Attraktivität
  • Intelligenz und Gefühlskälte
  • manipulative Fähigkeiten
  • Machtstreben
  • selbstbestimmte Sexualität
  • destruktive Norm- und Gesetzesüberschreitung

Die Grenzen des Stereotyps „Femme fatale“ mit dem Stereotyp des „Bad Good Girl“ sind häufig fließend.

Beispiele

Die Femme fatale in den Neuen Medien

In Neuen Medien, etwa in Videospielen, taucht die Figur der Femme fatale ebenfalls auf. Als Beispiel sei die Spiele-Serie Max Payne genannt, in der ein Ex-Polizist namens Max Payne auf der Suche nach Rache und Gerechtigkeit, getrieben durch die Liebe zu Mona Sax, sich durch die Mafiabanden von New York schießt, um am Ende doch zu scheitern.

Siehe auch

Literatur

  • Gerd Stein (Hrsg.): Femme fatale, Vamp, Blaustrumpf. Sexualität und Herrschaft. Fischer Taschenbuchverlag, Frankfurt am Main 1985, ISBN 3-596-25037-4, (Kulturfiguren und Sozialcharaktere des neunzehnten und 20. Jahrhunderts 3), (Fischer 5037).
  • Elisabeth Frenzel: Die dämonische Verführerin. In: Elisabeth Frenzel: Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 5. überarbeitete und ergänzte Auflage. Kröner, Stuttgart 1999, ISBN 3-520-30105-9, (Kröners Taschenausgabe 301).

Nachweise

  1. Vgl. das Kapitel: La Belle Dame sans Merci; in: Mario Praz: Liebe, Tod und Teufel. Die schwarze Romantik, München 1994 (4. Auflage) S. 167-250.
  2. Mario Praz (1994), S. 167

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