- Paestum
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Paestum (italienisch Pesto) ist eine als UNESCO-Weltkulturerbe anerkannte Ruinenstätte in der Region Kampanien in der Provinz Salerno in Italien. Der Ort gehört zur Gemeinde Capaccio.
Inhaltsverzeichnis
Lage und Daten
Der Ort liegt in einer Ebene etwa 50 km südlich von Salerno. Er wurde 2 km von der Mittelmeerküste entfernt angelegt. Das zeigt, dass die Griechen hier keinen Hafen als Handelsstützpunkt anlegen wollten, sondern dass sie die Kultivierung des fruchtbaren Bodens im Sinn hatten. Er ist geschützt hinter einer Lagune, an der sich wohl früher der Hafen befand. Zum Osten und Süden hin wird Paestum durch das Cilento−Gebirge abgegrenzt. Im Norden befindet sich mit dem Sele eine natürliche Barriere.[1]
Geschichte
Die Stadt wurde unter dem Namen Poseidonia um 600 v. Chr. von Griechen aus Sybaris oder Troizen gegründet.[1] Der Wohlstand der Stadt dokumentiert sich im 5. und 6. Jahrhundert v. Chr. im Bau großer Tempelanlagen, deren Ruinen bis heute erhalten sind. Etwa 400 v. Chr. eroberten die Lucaner die Stadt und benannten sie in Paistos um. 273 v. Chr. wurde sie unter dem Namen Paestum zur latinischen Colonia. In der römischen Kaiserzeit verlor Paestum an Wohlstand und Bedeutung. Nach Zerstörungen im 9. Jahrhundert durch die Sarazenen und im 11. Jahrhundert durch die Normannen wurde Paestum aufgegeben. Der Niedergang wurde durch die Versumpfung des Umlandes und die daraus resultierende Malariagefahr beschleunigt. Die Bewohner siedelten, um der Malaria zu entgehen, auf höher gelegenes Gebiet um und gründeten den Ort Capaccio.
Sehenswürdigkeiten
Paestum kann bedeutende Baudenkmäler aus griechischer und römischer Zeit vorweisen. Besondere Bedeutung kommt den drei großen dorischen Tempeln zu, die jeweils exemplarisch für eine Bauepoche des dorischen Baustils stehen.
Der archaische Heratempel (um 540 v. Chr.) – Basilika genannt – war einer der größten bis dahin errichteten griechischen Steintempel überhaupt.
Der Tempel der Athene (um 510 v. Chr.)[2], früher auch der Ceres zugeschrieben, ist erheblich kleiner. An ihm ist besonders auffällig, dass dieser eigentlich dorische Tempel einige Stilelemente besitzt, die nicht in den Kanon der dorischen Architektur gehören. So besitzt er Schmuckelemente am oberen Abschluss des Architravs und auch im Geison, die eher in ionische Gebälke gehören.
Der sogenannte Poseidontempel schließlich (um 450 v. Chr.) – auch dieser war eigentlich der Hera geweiht – weist die ausgereiften Bauformen des kurz zuvor errichteten Zeustempels von Olympia auf.
Weiterhin sind ein kleines römisches Amphitheater, der Versammlungsort der Bürger, das Comitium, und weitere öffentliche Gebäude der Römerzeit zu erwähnen. Gut erhalten ist auch die 4,75 km lange Stadtmauer, an der lukanische und römische Bauphasen zu erkennen sind. Die vier großen Stadttore sind römisch.
Museum
Das Museum zeigt eine bedeutende Sammlung griechischer Altertümer aus Unteritalien. Ausgestellt werden Fundstücke aus der Umgebung von Paestum in der Hauptsache Grabfunde aus griechischen und lukanischen Nekropolen. Darunter sind viele Vasen, Waffen und bemalte Steinplatten, die als Sargdeckel oder –seitenwände dienten. Hervorzuheben sind die Darstellungen aus dem Grab des Turmspringers (Tomba del Tuffatore), die den Übergang vom Leben in das Totenreich als Sprung des Springers in das Wasser deuten.
Wiederentdeckung
500 n. Chr. fing das Gelände an zu versanden und langsam zu versumpfen, die Malaria breitete sich aus und die letzten Bewohner verließen den Ort. Die Tempelanlage verwandelte sich in eine Art Urwald, der Ort wurde gleichsam vergessen. Erst 1752 wurde er wieder entdeckt, ungefähr zeitgleich mit Pompeji und Herkulaneum. Die Entdeckung erregte seinerzeit großes Aufsehen. Eine Expedition in die verwunschene Sumpflandschaft gehörte zum Programm des kunstbeflissenen Bildungsreisenden.
Johann Wolfgang Goethe besuchte Paestum im Rahmen seiner Italienischen Reise am 23. März 1787, also 35 Jahre nach seiner Wiederentdeckung. Er schreibt darüber:
„„Das Land ward immer flacher und wüster, wenige Gebäude deuteten auf kärgliche Landwirtschaft. Endlich, ungewiß ob wir durch Felsen oder Trümmer führen, konnten wir einige große länglich-viereckige Massen, die wir in der Ferne schon bemerkt hatten, als überbliebene Tempel und Denkmale einer ehemals so prächtigen Stadt unterscheiden [...] Von einem Landmanne ließ ich mich indessen in den Gebäuden herumführen, der erste Eindruck konnte nur Erstaunen erregen. Ich befand mich in einer völlig fremden Welt. Denn wie die Jahrhunderte sich aus dem Ernsten in das Gefällige bilden, so bilden sie den Menschen mit, ja sie erzeugen ihn so. Nun sind unsere Augen und durch sie unser ganzes inneres Wesen an schlankere Baukunst hinangetrieben und entschieden bestimmt, so dass uns diese stumpfen, kegelförmigen, enggedrängten Säulenmassen lästig, ja furchtbar erscheinen. Doch nahm ich mich bald zusammen, erinnerte mich der Kunstgeschichte, gedachte der Zeit, deren Geist solche Bauart gemäß fand, vergegenwärtigte mir den strengen Stil der Plastik, und in weniger als einer Stunde fühlte ich mich befreundet, ja ich pries den Genius, dass er mich diese so wohl erhaltenen Reste mit Augen sehen ließ, da sich von ihnen durch Abbildung kein Begriff geben lässt. “
Siehe auch
Einzelnachweise
- ↑ a b Dieter Mertens: Städte und Bauten der Westgriechen, München 2006, S. 54.
- ↑ N. Nabers, The Athena Temple at Paestum and Pythagorean Theory, in: Greek, Roman and Byzantine Studies 21, 1980, S. 207
Literatur
Carl Lamb und Ludwig Curtius (Geleitwort): Die Tempel von Paestum, Leipzig, Insel-Verlag 1944 (Insel-Bücherei 170/3).
Weblinks
Commons: Paestum – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien- Offizielle Internetpräsenz des Archäologischen Nationalmuseums Paestum
- PaestumGate – eine virtuelle Rekonstruktion von Paestum (englisch)
- Paestum / Poseidonia in der Archäologiedatenbank Arachne
- Ausstellung der Gräber im Bucerius-Centrum Hamburg
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