Frère Roger

Frère Roger
Frère Roger bei der Überreichung des Friedenspreises des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, 13. Oktober 1974
Frère Roger, 1991

Frère Roger Schutz (franz. Frère „Bruder“; * 12. Mai 1915 in Provence, Schweiz; † 16. August 2005 in Taizé, Frankreich) war der Gründer und lebenslanger Prior der ökumenischen Bruderschaft von Taizé (Communauté de Taizé).

Inhaltsverzeichnis

Leben

Frère Rogers bürgerlicher Name war Roger Louis Schutz-Marsauche. Sein Vater Karl Ulrich Schutz stammte aus Bachs im Zürcher Unterland, seine Mutter Amélie Henriette Schutz-Marsauche aus Burgund. Er war der Jüngste von neun Geschwistern. Obwohl sein Vater reformierter Pfarrer war, zögerte der nicht, als er die Kirchengemeinde wechselte, seinen Sohn Roger bei einer katholischen Witwe in Kost zu geben, damit diesem eine höhere Schulbildung, welche in der neuen Heimat nicht möglich war, zugänglich gemacht werden konnte[1].

Von 1937 bis 1940 studierte Roger evangelische Theologie in Lausanne und Straßburg. Am 20. August 1940 kam er nach Taizé (Burgund, Frankreich). Dort versteckte er mit seiner Schwester Geneviève und Freunden vor den Nationalsozialisten Flüchtende, vor allem Juden und Oppositionelle. 1942 besetzte die Gestapo das Haus und verhaftete die Bewohner. Schutz, der gerade einen Flüchtling in die Schweiz gebracht hatte, blieb dort bis zur Befreiung von Taizé 1944. Nachdem Schutz mit drei Freunden nach Taizé zurückgekommen war, kümmerte er sich – um die Wunden des Kriegs zu heilen – um Kriegswaisen, aber auch um deutsche Kriegsgefangene, obwohl die einheimische Bevölkerung das damals für unpassend hielt.

Frère Roger während eines Gebets

Aus dieser Arbeit ging 1949 die Gründung der Communauté de Taizé hervor, einer ökumenischen Bruderschaft. Am 17. April 1949 legten die ersten sieben Brüder aus dem Helferkreis Rogers die klassischen Ordensgelübde ab: Sie versprachen Armut, Ehelosigkeit und Gehorsam. 1951 stellte er die Regel von Taizé auf, in der es um ein Ethos der Tat, Selbstbeherrschung und die Befolgung von Beschlüssen der Gemeinschaft geht, die vom Prior vertreten werden. Frère Roger hat keine eigene Theologie entwickelt, sondern zeitlebens auf eine Versöhnung der christlichen Konfessionen hingearbeitet. „Lieben und es mit seinem Leben sagen“ war sein Lebensziel, das er auch Millionen Jugendlichen in Taizé mit auf den Weg gab. Zur Communauté de Taizé gehören heute etwa einhundert Brüder aus über 25 Nationen. Darunter befinden sich Katholiken, Mitglieder verschiedener evangelischer Kirchen und Anglikaner.

Frère Roger baute die Aktivitäten der Gemeinschaft kontinuierlich aus. Ein besonderes Anliegen ist die Solidarität der christlichen Brüder mit den Ärmsten der Armen. Seit 1951 leben Brüder aus Taize in Gemeinschaften mit Besitzlosen in Asien, Afrika und Lateinamerika zusammen. Besondere Beachtung fand die Zusammenarbeit von Frère Roger mit Mutter Teresa und ihren Sterbehäusern.

Frère Roger nahm mit Frère Max 1962 bis 1965 auf Einladung von Papst Johannes XXIII. als Beobachter am Zweiten Vatikanischen Konzil teil.

1970 kündigte Fr. Roger ein „Konzil der Jugend“ an, dessen Hauptversammlung vom 28. August bis 2. September 1974 stattfand. Das Konzil machte Taizé weltweit bekannt. 1979 wurde das religiöse Jugendtreffen in dieser Form vorläufig ausgesetzt und ging in einen „Pilgerweg des Vertrauens auf der Erde“ über.

Über sein Verhältnis zum Katholizismus sagte Roger Schutz öffentlich und in Gegenwart von Johannes Paul II. bei einem europäischen Jugendtreffen, er habe seine eigene Identität als Christ gefunden, indem er den Glauben seiner Herkunft mit dem Mysterium des katholischen Glaubens versöhnt habe, ohne aus der Gemeinschaft mit irgendjemandem auszutreten.

Das Grab Frère Rogers

Nahezu gleichzeitig mit der Eröffnung des Weltjugendtags 2005 wurde am Abend des 16. August 2005 Frère Roger, vier Tage vor dem 65-jährigen Jubiläum seiner Ankunft in Taizé, beim Abendgebet in der Versöhnungskirche der Communauté de Taizé von einer psychisch kranken Frau[2] mit einem Messer tödlich verletzt.

Kardinal Meisner betete mit jugendlichen Gästen des Weltjugendtags schweigend für Frère Roger. Im Anschluss äußerte er sich vor der Kirche gegenüber Reportern, zum Weltjugendtag habe Frère Roger nicht nach Köln kommen können, aber jetzt sei er präsent „wie Johannes Paul II.“ (welcher wenige Monate zuvor gestorben war).

Papst Benedikt XVI. erklärte, er sei „tief traurig“ und habe am Vortag einen „bewegenden“ Brief von Frère Roger erhalten, in dem dieser schrieb, er sei mit ganzem Herzen mit dem Papst und allen Teilnehmern des Weltjugendtages in Köln. Er könne aus gesundheitlichen Gründen selbst nicht kommen, werde aber „im Geiste“ anwesend sein.

Zu seinem Nachfolger als Prior der Ordensgemeinschaft wurde der katholische Frère Alois ernannt, den Frère Roger schon acht Jahre vor seinem Tod ausgewählt hatte.

Diskussion zu einer möglichen Konversion zum Katholizismus

Es wird die Frage diskutiert, ob Frère Roger zum katholischen Glauben konvertiert ist. Dabei wird der französische Historiker Yves Chiron zitiert, wonach Frère Roger 1972 gemäß Aussagen des damaligen Ortsbischofs zur katholischen Kirche übergetreten sei. Bei der Beisetzungsfeier von Papst Johannes Paul II. im April 2005 reichte der damalige Kardinaldekan Joseph Ratzinger und heutige Papst Benedikt XVI. Frère Roger die Kommunion. Die Geste erregte weltweit Aufsehen, obwohl dies auch nach katholischer Lehrmeinung nicht ausschließlich Katholiken vorbehalten ist. Die ökumenische Gemeinschaft von Taizé dementiert Zeitungsberichte, wonach ihr Gründer 1972 zum Katholizismus übergetreten sei.[3] Nach den Worten des Priors der Communauté de Taizé, Frère Alois, empfing Frère Roger im Petersdom seit 25 Jahren die Kommunion. Der damalige Bischof von Autun, Armand LeBourgois, habe bereits 1972 Frère Roger zum ersten Mal die Kommunion gereicht, ohne ihm ein anderes Bekenntnis abzuverlangen als das Apostolische Glaubensbekenntnis, das bei jedem Gottesdienst gesprochen wird und allen Christen gemeinsam ist. Mehrere Zeugen von damals könnten dies bestätigen. „Wer in diesem Zusammenhang von ‚Konversion‘ (Übertritt) spreche, begreife nicht den originären Ansatz Frère Rogers.“ Frère Roger selbst schrieb: „Geprägt vom Lebenszeugnis meiner Großmutter fand ich, wie sie, meine Identität als Christ darin, in mir den Glauben meiner Ursprünge mit dem Geheimnis des katholischen Glaubens zu versöhnen, ohne mit irgendjemandem zu brechen.“

Preise und Auszeichnungen

Frère Roger erhält 1974 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, rechts: Ernst Klett jr.

Literatur

Weblinks

 Commons: Frère Roger – Album mit Bildern und/oder Videos und Audiodateien
Wikinews Wikinews: Frere Roger – in den Nachrichten

Taizé und Frère Roger

Meldungen über Tod, Beerdigung und Nachrufe

Arbeiten über Frère Roger

Einzelnachweise

  1. Jean-Claude Escaffit und Moïz Rasiwala: Die Geschichte von Taizé Edition Taizé Herder, 2009 S.15
  2. Artikel aus der rumänischen Presse über die Täterin
  3. Gespräch mit Frère Alois

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