Funk-Stunde Berlin

Funk-Stunde Berlin
Hans Bredow vor einem Mikrophon der Funk-Stunde (Briefmarke der Deutschen Bundespost Berlin von 1973)

Die Funk-Stunde AG Berlin war der erste Hörfunksender in Deutschland. Der Sender wurde von der gleichnamigen Rundfunkgesellschaft betrieben, und strahlte von Berlin aus sein Programm im damaligen „Norddeutschen Sendebezirk“ aus. Die Funk-Stunde nahm am 29. Oktober 1923 den Sendebetrieb auf und existierte bis zur Umwandlung in den „Reichssender Berlin“ 1934. Sitz der Gesellschaft war das Vox-Haus, da neben der Reichspost die „Vox Schallplatten- und Sprechmaschinen-AG“ an dem Sender beteiligt war.

Inhaltsverzeichnis

Geschichte

Die Funk-Stunde Berlin geht auf die vom früheren Legationsrat im Auswärtigen Amt, Ernst Ludwig Voss, gegründete „Deutsche Stunde“ (Gesellschaft für drahtlose Belehrung und Unterhaltung mbH) zurück. Am 10. Dezember 1923, sechs Wochen nach Sendestart, wurde die „Radio-Stunde AG“ als Nachfolger der „Deutschen Stunde“ ins Leben gerufen. Mit dieser Gesellschaft, die 1924 unter dem Namen „Funk-Stunde AG“ ins Handelsregister eingetragen wurde, begann die eigentliche Gründungsphase der regionalen Sendegesellschaften in Deutschland. Der Sender hatte seine ersten Sende- und Aufnahmeräume im Vox-Haus nahe dem Potsdamer Platz in der Potsdamer Straße 10.[1] Der erste Vorstand der Funk-Stunde bestand aus Friedrich Georg Knöpfke, Wilhelm Wagner und Theodor Weldert. Friedrich Georg Knöpfke war von 1924 bis 1933 durchgehend Direktor der Funstunde. Der erste Aufsichtsratsvorsitzende war von 1924 bis 1927 Kurt Magnus.

Trägerin des Senders war ab 1926 die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG). Im Februar 1926 trat die Deutsche Reichspost der RRG bei und übernahm 51 Prozent der Gesellschaftsanteile der RRG. Damit lagen Verwaltung und Wirtschaft des deutschen Rundfunks insgesamt und damit auch der Funk-Stunde Berlin in den Händen des Reichspostministeriums. Am 1. Juni 1926 wurde der bisherige Staatssekretär im Reichspostministerium, Hans Bredow, zum Rundfunkkommissar des Reichspostministers und Vorsitzenden des Verwaltungsrats der RRG bestellt. Hans Bredow war von 1927 bis 1933 zugleich auch Aufsichtsratsvorsitzender der Funk-Stunde.

Am 22. August 1926 wurde dem Sender ein politischer Überwachungsausschuss und am 14. Februar 1927 ein politischer Kulturbeirat beigegeben, die auch mit dem Mittel der Zensur auf Unparteilichkeit und Ausgewogenheit des Programms achten sollten. Mitglieder des Überwachungsausschusses waren von 1926 bis 1933 Ernst Heilmann, Oswal Riedel und Erich Scholz. Vorsitzender des Kulturbeirates war von 1927 bis 1933 Wilhelm Waetzoldt. Weitere Mitglieder des Kulturbeirates waren Heinrich Schulz, als Vertreter der Reichsregierung und Richard Hofmann als Vertreter der preußischen Regierung.

Die ersten Dirigenten des Funk-Orchesters der Funk-Stunde Berlin waren Wilhelm Buschkötter (bis 1926), Bruno Seidler-Winkler (1926 bis September 1932) und Eugen Jochum (1932 bis 1934).

Der Sender konnte im sogenannten „Norddeutschen Sendebezirk“ empfangen werden. Dieser umfasste 1924 die Oberpostdirektionsbezirke Berlin, Potsdam sowie jeweils zur Hälfte die Oberpostdirektionsbezirke Stettin, Schwerin, Magdeburg, Frankfurt/Oder, d. h. teilweise die Länder Mecklenburg-Schwerin, Mecklenburg-Strelitz und Preußen. Ab 1929 umfasste der Sendebereich die Oberpostdirektionsbezirke Berlin, Potsdam, Stettin, Frankfurt (Oder) und zur Hälfte Magdeburg, d. h. Teile des Freistaates Preußens. Im Sendegebiet lebten 1924 fast 9,2 Millionen und 1929 rund 8,8 Millionen Einwohner.

Ab 1931 sendete die Funk-Stunde Berlin aus dem Haus des Rundfunks. Im Oktober 1932 setzte mit der Ernennung von Richard Kolb zum Sendeleiter die Gleichschaltung des Senders ein. Dieser führte ein Nazi-treues Sendeklima ein.[2] Viele Mitarbeiter der Funkstunde wurden verhaftet und erhielten Berufsverbot. Darunter unter anderen Alfred Braun, Hans Bredow, Hans Flesch, Hermann Kasack, Friedrich Georg Knöpfke, Kurt Magnus, Franz Mariaux und Gerhart Pohl. Mit Wirkung zum 1. Januar 1933 wurde der Sender in eine GmbH umgewandelt. 1934 wurde der Sender in Reichssender Berlin umbenannt und die Liquidation der GmbH vorgenommen. Dieser sendete bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs im Jahr 1945.

Persönlichkeiten

Vorstand und Aufsichtsrat

  • Hans Bredow (Aufsichtsratsvorsitzender)
  • Hans Flesch (Vorstandsmitglied)
  • Friedrich Georg Knöpfke (der erste Direktor der FST Berlin, zuständig für kaufmännische und künstlerische Angelegenheiten)
  • Carl Hagemann (Vorstandsmitglied)
  • Kurt Magnus (der erste Aufsichtsratsvorsitzende der FST Berlin)
  • Wilhelm Wagner (Direktor, zuständig für technische Angelegenheiten)
  • Theodor Weldert (Direktor, zuständig für Presse-Angelegenheiten und für Vorträge belehrender und unterhaltender Art)

Moderation

  • Karl Block (Sprecher, Nebensender Stettin)
  • Hans Bollmann (Sportschau des Monats)
  • Walter Ehlers (Vortragsansager)
  • Eduard Heilfroh (Rechtsfragen des Tages)
  • Georg Henning (Sportansager)
  • Max Heye
  • Julius Jaenisch (Nachrichtenansager)
  • Hermann Kasack (Sprecher für Schauspiel und literarische Angelegenheiten)
  • Karlernst Knatz (Stunde mit Büchern)
  • Walter Krutsche (Nachrichtenansager)
  • Leonard Langheinrich-Anthos (Stunde mit Büchern)
  • Dr. Matschenz (Viertelstunde für den Landwirt)
  • Franz Mariaux (Leiter der Abteilung „Zeitfunk und Sport“)
  • Edmund Nebermann (Schachstunde)
  • Gerhart Pohl (Sprecher in Sendungen zu Kunst und Literatur)
  • Wolfgang Pohl (Sozialpolitische Umschau)
  • Jakob Elias Poritzky
  • Carl Wessel (Nachrichtenansager)

Musik und Hörspiele

  • Maximilian Albrecht (Leiter des Funkchors)
  • Hans von Benda (Leiter der Konzertabteilung)
  • Maurits van den Berg (Konzertmeister)
  • Julius Berger (Konzertmeister)
  • Max Bing (Regisseur in der Schauspielabteilung)
  • Alfred Braun (Leiter der Schauspielabteilung)
  • Arnolt Bronnen (Dramaturg in der Schauspielabteilung)
  • Cornelis Bronsgeest (Leiter der Abteilung Oper und Operette)
  • Alexander Ecklebe (Korrepetitor)
  • Walter Gronostay (Mechanische Musik, U-Musik)
  • Olaf Walter Grunwaldsen (Konzertmeister)
  • Hugo Rüdel (Leiter des Funkchors)
  • Bruno Seidler-Winkler (1. Dirigent der Funk-Stunde)
  • Franz von Szapanowski (Konzertmeister)
  • Otto Urack (Kapellmeister)
  • Karl Wiener (Musik der Gegenwart)
  • Peter Uschmann (Konzertmeister)

Literatur

  • Programmgeschichte des Hörfunks in der Weimarer Republik. 2 Bde. Hrsg. vom DRA. dtv, München 1997. ISBN 3-423-04702-X

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zwischen 1900 und 1930 Hausnummer 4
  2. Der Deutsche Sender (Wochenschrift des Reichsverbandes Deutscher Rundfunkteilnehmer E.V.) lobt Kolb in seiner Ausgabe 9/1933 vom 26. Februar 1933: Während sich der Leiter des Reichssenders Deutschland-Sender „nicht nur weigerte, den Dankgottesdienst für Adolf Hitler und die Trauerfeier für den gefallenen SA-Mann Maikowski zu übertragen, sondern der die volle Verantwortung dafür trägt, daß eine Meldung von einem Flug Adolf Hitlers nach München beim Deutschlandsender gestrichen wurde, während die Berliner Funkstunde diese Meldung selbstverständlich den Hörern durchgab. Überhaupt ist heute die Berliner Funkstunde unter ihrem stellvertretenden Intendanten Richard Kolb vorbildlich für die Programmgestaltung des Rundfunks in dem Deutschland der nationalen Erneuerung.“

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