Ghost Dog – Der Weg des Samurai

Ghost Dog – Der Weg des Samurai
Filmdaten
Deutscher Titel: Ghost Dog – Der Weg des Samurai
Originaltitel: Ghost Dog: The Way of the Samurai
Produktionsland: USA
Erscheinungsjahr: 1999
Länge: 116 Minuten
Originalsprache: Englisch,
Französisch
Altersfreigabe: FSK 16
Stab
Regie: Jim Jarmusch
Drehbuch: Jim Jarmusch
Produktion: Richard Guay,
Jim Jarmusch
Musik: RZA, Wu-Tang Clan
Kamera: Robby Müller
Schnitt: Jay Rabinowitz
Besetzung

Ghost Dog – Der Weg des Samurai (Originaltitel: Ghost Dog: The Way of the Samurai) ist ein US-amerikanisches Actiondrama aus dem Jahr 1999 mit Samurai-Thematik von Jim Jarmusch. Forest Whitaker spielt den mysteriösen Ghost Dog, einen afroamerikanischen Auftragsmörder im Dienst der Mafia, der den alten Kodex der Samurai befolgt. In Deutschland lief der Film am 6. Januar 2000 in den Kinos an.

Inhaltsverzeichnis

Charaktere

Ghost Dog
Ghost Dog ist ein schwarzer Auftragskiller und lebt nach dem Ehrenkodex der Samurai. Eremitenhaft wohnt der „Hüne mit sanftem, traurigem Blick“[2] zurückgezogen auf dem Dach eines baufälligen Hauses in einem Schwarzenviertel wahrscheinlich in New Jersey. Viel Zeit verbringt er mit der Lektüre des Hagakure, dem „Buch des Samurai” von Yamamoto Tsunetomo. Es ist die Grundlage seiner Lebensphilosophie. An seine bescheidende Baracke ist eine Voliere angebaut, in der er Brieftauben hält. Er liebt es, ihren Flug zu beobachten und nutzt sie darüber hinaus auch als Kommunikationsmittel.
Die beste Charakterisierung liefert der Eisverkäufer Raymond, als er aus seinem Buch über Bären vorliest: »Der Bär ist ein Einzelgänger. Er ist fähig, sich jeder Art von Klima und Nahrung anzupassen. In Gemeinschaft kommt es vor, dass er seine Nahrung teilt, wenn sie reichlich ist, und das trotz des geringen sozialen Kontaktes (in diesem Moment essen Ghost Dog und Pearline gerade gemeinsam ein Eis). Der Bär ist ein furchterregender Gegner ohne jeglichen räuberischen Instinkt. Wird er jedoch überrascht oder verwundet, kann er angreifen und wird sehr gefährlich.« Eine Assoziation hierzu liefert die Szene, in der Ghost Dog zwei Wilderern begegnet, die gerade illegal einen Bären erlegt haben, und diese daraufhin tötet.
Louie
Seine Dienste als Cleaner stellt Ghost Dog Louie, dem Mitglied eines italo-amerikanischen Mafia-Clans (Knallchargen[2]), zur Verfügung, da dieser ihn in der Vergangenheit vor weißen, prügelnden Rassisten bewahrt hat. Aus Dankbarkeit trug er ihm seine Gefolgschaft an. Seitdem hat Ghost Dog etwa „zwölf perfekte Aufträge” für ihn ausgeführt. Louie schätzt nicht nur Ghost Dogs professionelle Arbeit, sondern vor allem den uneingeschränkten Respekt, mit dem ihm Ghost Dog stets gegenüber tritt.
Sonny Valerio
ist der Statthalter des Bosses Ray Vargo. Ihm obliegen die administrativen Aufgaben, und diese führt er in skrupelloser Weise aus. Er ist es, der Louie den Auftrag gab, ein Mitglied ihres Clans beseitigen zu lassen, und nun seinen Killer ermordet wissen möchte. Er steht auf die Musik von Public Enemy und vollführt dazu beim Zähneputzen – trotz einer starken Gehbehinderung – kleine Tänzchen.
Ray & Louise Vargo
Der Clan-Boss Mr. Vargo und seine Tochter Louise haben ein stark unterkühltes Verhältnis zueinander, und das, obwohl er „crazy about her” ist, wie es im Film heißt. Louise ist der Anlass für die Jagd des Clans nach Ghost Dog: Sie ist zufällig immer dann anwesend, wenn er einen Auftrag ausführt. Daraus entsteht eine Art Beziehung, in deren Verlauf sie Ghost Dog auch ein Buch ausleiht. Da Mr. Vargo sie als Alleinerbin eingesetzt hat, erbt sie seinen gesamten Besitz und avanciert am Ende des Films zur neuen Chefin.
Pearline
ist ein kleines schwarzes Mädchen, das Ghost Dog im Park kennen lernt. Sie teilt mit ihm die Vorliebe für das Lesen guter Bücher und Schokoladeneis. Kurz vor seinem Tod gibt Ghost Dog sein Exemplar des Hagakure an sie weiter.
Raymond
Der haitianische Eisverkäufer ist der beste Freund Ghost Dogs. Da Raymond nur Französisch spricht, versteht keiner ein Wort des anderen. Trotzdem teilen sie auf wunderbare Weise dieselben Gedanken.

Handlung

Der Film erzählt die Geschichte des Auftragskillers Ghost Dog, der für das Mafiamitglied Louie Mordaufträge erfüllt. Die beiden halten mithilfe von Brieftauben nur sporadisch Kontakt. Ghost Dog folgt dem „Weg des Samurai", dessen Grundsätze er aus einem Buch mit dem Titel Hagakure bezieht.

Louie gibt Ghost Dog den Auftrag, ein Mitglied des eigenen Clans, Handsome Frank, umzubringen, weil dieser sich mit Louise, der Tochter des Chefs Ray Vargo, eingelassen hat. Ghost Dog führt den Auftrag gewissenhaft aus, Louise ist aber wider Erwarten bei Handsome Frank und wird Zeugin des Mordes. Obwohl Ghost Dog Louise nicht umbringt, wird Louie von den Clan-Chefs Vargo und seiner rechten Hand, Sonny Valerio, herbeizitiert. Sie eröffnen ihm, dass der Killer von Handsome Frank sterben müsse. Nachdem sie Louie über Ghost Dog ausgefragt haben, beauftragen sie die Mitglieder des Clans, Ghost Dog um der Wiederherstellung ihrer Ehre willen nachzustellen.

Ghost Dog sieht Louie als seinen Herrn an und gehorcht ihm rückhaltlos. Bei einem Treffen rettet Ghost Dog Louie das Leben, schießt ihn aber auch an, damit Louie sein Gesicht und folglich seine Ehre gegenüber den anderen Mafiamitgliedern nicht verliert. In Rückblenden erklärt sich die Ergebenheit des Großstadtsamurai gegenüber seinem Herrn: Louie hat Ghost Dog vor Jahren bei einer zufälligen Begegnung das Leben gerettet. Die Szene der Rettung wird aber von beiden unterschiedlich erinnert.

Nachdem die Mafiamitglieder die Behausung von Ghost Dog verwüstet und sämtliche Tauben getötet haben, beschließt Ghost Dog sich zu rächen. Er folgt dem Clan zu derem Landsitz vor der Stadt und erwartet dort die Ankunft von Ray Vargo und seiner Tochter. Zunächst sieht es so aus, als wolle er nur Ray Vargo aus dem Hinterhalt erschießen. Als sich aber im entscheidenden Moment ein Vogel vor das Zielfernrohr seines Gewehrs setzt und dies verhindert, geht er zum Frontalangriff über und greift den Mob direkt auf ihrem Landsitz an. Er macht mit allen, die sich ihm in den Weg stellen, kurzen Prozess. Sonny Valerio erschießt er dann etwas später in dessen Haus in der Stadt. Lediglich Louie, der wieder angeschossen wird, und die zarte Louise überleben letztendlich das Massaker.

In Vorahnung seines Endes gibt Ghost Dog seinem Freund Raymond einen Aktenkoffer, in dem sich sein Handwerkszeug und sein Geld befinden, als er erfährt, dass Louie nach ihm gefragt hat. Pearline, ein Mädchen, mit dem er ebenfalls befreundet ist, übergibt er sein Hagakure. Dann erscheint Louie wieder und es kommt zum Showdown zwischen den beiden. Ghost Dog tut so, als wolle er sich verteidigen, und Louie erschießt ihn mit drei Schüssen. Dieser stirbt bereitwillig für seinen Herrn. Als Louie wegfährt, zeigt sich, dass nicht er, sondern Louise mittlerweile den Clan anführt und Chefin geworden ist.

Kritik

Das Lexikon des internationalen Films schrieb, der Film sei ein „stellenweise atmosphärischer und nachdenklicher Genrefilm mit einem charismatischen Hauptdarsteller“. Die Handlung gleite „allzu oft […] ins Groteske ab“, was „die guten gesellschaftskritischen Ansätze“ verspiele.[3]

Wie auch in Jarmuschs Filmen Dead Man und Down By Law dreht sich die Handlung des Films um Außenseiter der Gesellschaft, welche in einer Art Parallelwelt leben. Jarmusch geht dabei im Besonderen auf die Konsequenzen einer bedingungslosen Hingabe des eigenen Ichs an ein ideologisches oder religiöses Ideal ein. Die Handlung wurde dabei jedoch sehr unterschiedlich rezipiert. Während einige Kritiker in dem Film eine respektvolle Hommage an die Kultur der Samurai erkannten, deuteten andere Rezensenten den Film als scharfe Kritik eben dieser Aufgabe des eigenen Selbst.

Die deutsche Kritik ging mit Ghost Dog höchst unterschiedlich um. Sie reichte von überschwänglichem Lob bis hin zu gnadenlosen Verrissen. So war die Rede von faschistoiden[4] Zügen aufgrund des Samurai-Kodex’, der von einem Krieger die bedingungslose Unterordnung unter einen Fürsten – seinem Herrn und Meister – fordert, wie auch davon, ein geisterhafter[5] Forest Whitaker schmelze wie ein „Schokoladentrüffel“[6] durch den Film. Von der englischen und amerikanischen Kritik sind solche extremen Ausschläge nicht bekannt. Im Gegenteil: Sie würdigt Ghost Dog eher als ungewöhnliche Mischung aus Poesie und Trash von der Art Pulp Fictions[7]. Jarmusch formt daraus eine Reminiszenz an Melville[6] und eine Persiflage auf Gangster-Streifen aus Hollywood-Produktion und auch Kampf- und Haudrauf-Trash à Bruce Lee und Jackie Chan. Davon zeugen etwa die in mehrfache Loops gespannten Slow-Motions der Kampf-Szenen.

  • „Alles scheint schräg in Jarmuschs Geschichte […] Diese Welt des Ghost Dog scheint wie ein Traum. […] in sich abgeschlossen, aber auch in sich logisch strukturiert“ (Ulrich Behrens[8])
  • „dieses unbevölkerte Universum muss direkt benachbart sein, da niemand die Scherze bemerkt. […] köstlich […] die wahre Action ist in den Pausen, wenn Whitaker auf dem Schirm gerade nichts tut, das aber expressiv“ (Kim Newman: Empire[9])
  • „Jarmuschs Filme lassen sich als Fortsetzungen sehen, die alle dasselbe Thema haben: die Lebensreise. […] nichts scheint selbstverständlicher als [..Ghost Dogs] schwingender Gang durch New York auf dem Weg zum nächsten Auftrag und die vorangehende Lektüre im Hagakure […Jarmuschs] Killer sind im Grunde sanftmütige Menschen.“ (Frame 25[10])
  • „Untote die nicht sterben können, weil sie ihre Reise zum Totenfluss erst noch vollenden müssen. […] Kein Amerikaner traf Mitte der 80er besser den hiesigen, zwischen Antiamerikanismus und postmoderner Innerlichkeit[11] schillernden Zeitgeist […] Trotz aller Manierismen, trotz einer künstlichen Naivität, die immer penetrant und meistens unglaubwürdig wirkt, trotz seinem öden Kulturpessimismus ist Jarmusch inzwischen gelassener geworden und hat wesentlich mehr zu erzählen.“ (Rüdiger Suchsland: Artechock[12])
  • „eine bruchfreie Bild-und-Ton-Sinfonie“ (Peter Lau: Cinema[6])

Auszeichnungen

Der Film nahm an den Internationalen Filmfestspielen von Cannes 1999 als Wettbewerbsbeitrag teil, wodurch Jim Jarmusch für die Goldene Palme nominiert wurde. Robby Müller wurde 1999 für einen Preis des Festivals Camerimage nominiert. Ghost Dog wurde im Jahr 2000 in der Kategorie Bester ausländischer Film für den César nominiert. Der Film wurde zudem 2001 für den Independent Spirit Award und für den Saturn Award nominiert.

Wissenswertes

  • Der Indianer vom Stamme der Kayuga, im Abspann „Nobody” genannt, wird dargestellt von Gary Farmer, der schon „Nobody” in Dead Man verkörperte.
  • Der junge, von weißen Rassisten bedrängte Ghost Dog wird von Damon Whitaker gespielt, dem jüngsten Bruder Forest Whitakers.
  • Yabu no naka: Die Substanz der Kurzgeschichte In a grove („Yabu no naka“) von Ryunosuke Akutagawa, enthalten in seinem Buch Rashomon, findet ihre Entsprechung in den Rückblenden. Yabu no naka erzählt ein und dieselbe Geschichte aus sieben verschiedenen Perspektiven, wodurch sieben verschiedene Versionen der Geschehnisse entstehen. Auch die Szenen, in denen Louie den jungen Ghost Dog aus seiner misslichen Lage befreit, werden unterschiedlich dargestellt, je nachdem, wer sich daran erinnert.
  • RZA, den Ghost Dog auf der Straße trifft, trägt große Teile des Soundtracks bei. Obwohl Ghost Dog und RZA sich sprichwörtlich begrüßen, bleibt bis zum Abspann offen, ob RZA ebenfalls ein Samurai ist.
  • Bezüglich des Wortklangs entsprechen sich das französische „lui” (zu deutsch: er) und der Name Louie. Diese Tatsache führt dazu, dass sich am Ende des Films Raymond und Ghost Dog zum ersten Mal scheinbar wörtlich verstehen.
  • Ghost Dog kauft in einer Szene Vogelfutter in einem Geschäft namens Birdland. So hieß der berühmte New Yorker Jazzclub nach dem Saxophonisten Charlie Parker (Bird), den Forest Whitaker in dem Film Bird von 1988 spielte.
  • Nach dieser Szene beobachtet Ghost Dog, wie ein junger Schwarzer versucht, auf einem Hinterhof einen alten Mann zu überfallen. Der Mann scheint gebrechlich zu sein, kann aber mit zwei Fußtritten den Jungen in die Flucht schlagen. Er wird von Shi Yan Ming gespielt, dem ersten Shaolin Kung Fu-Mönch in den USA, der auch der Kung Fu-Lehrer von RZA war.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Ghost Dog – Der Weg des Samurai. In: Deutsche Synchronkartei. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  2. a b Olaf Schneekloth: Lesen, töten, Tauben züchten. In: Der Spiegel. 3. Januar 2000. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  3. Lexikon des internationalen Films, abgerufen am 15. Januar 2008
  4. Dietrich Kuhlbrodt: Ghost Dog – The Way of the Samurai. In: Schnitt #17. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  5. Ghost Dog - Der Weg des Samurai. In: WDR. Westdeutscher Rundfunk Köln. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  6. a b c Peter Lau: Ghost Dog – Der Weg des Samurai. In: Cinema. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  7. anders Suchsland, anders Herrmann.
  8. Ulrich Behrens: Ghost Dog: The Way of the Samurai. In: www.follow-me-now.de. Abgerufen am 6. Februar 2009. (auch bei Filmzentrale)
  9. Kim Newman: Ghost Dog: The Way Of The Samurai (15). In: Empire. : „you have to assume it takes place in an emptier universe next door, hence no one sees the joke. […] full of moments of stifled hilarity […] the real action is in the pauses, when Whitaker is on screen doing nothing in an extremely expressive manner“. Abgerufen am 6. Februar 2009. (englisch)
  10. NS: Der Weg ist das Ziel. In: Frame 25. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  11. „was zum Teufel ist bitte eine »postmoderne Innerlichkeit«?“ (Max Herrmann) – Max Herrmann: Haben Sie das gelesen? Au Backe, Herr Suchsland!. In: Artechock. Abgerufen am 6. Februar 2009. (direkt dahinter veröffentlicht)
  12. Rüdiger Suchsland: Zärtlicher Killer. In: Artechock. Abgerufen am 6. Februar 2009.
  13. J. Hoberman: Into the Void. In: The Village Voice. 29. Februar 2000.: „exercise in fathomless cool […] From The Color of Money through The Crying Game, the actor has created some of the most vivid character performances of the past 15 years“. Abgerufen am 19. Februar 2009. (englisch)

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