Goldene Banane

Goldene Banane
Blaue Banane

Die Blaue Banane bezeichnet ein Modell des Franzosen Roger Brunet aus dem Jahre 1989, der Europa in Aktiv- und Passivräume untergliedern wollte, und steht für einen europäischen Großraum, der eine zentrale Rolle einnimmt. Ähnlich ist die Goldene Banane eine Erweiterung des gleichen Modells.

Inhaltsverzeichnis

Geografische Eingrenzung

Mit der Blauen Banane bezeichnet man einen Großraum im zentralen Europa, der eine enorme wirtschaftliche Bedeutung besitzt, die die Bedeutung US-amerikanischer (Boswash, Chipitts, Sansan) oder asiatischer Großräume (Chinesische Küstenprovinzen kombiniert, Japanische Pazifikküste) noch übertrifft. Dennoch ist die Blaue Banane nicht durch eine zentrale Institution geschaffen oder wird durch eine solche gefördert, sie entwickelt sich vielmehr nach den Gesetzen der Marktwirtschaft und der Raumgestaltung.

Die Blaue Banane hat ihr nördliches Ende bei den alten Stahl- und Kohleindustriezentren um Manchester und Birmingham, verläuft dann südwärts durch Großbritannien über den Großraum London. Auf dem europäischen Festland schließlich krümmt sie sich, dabei schließt sie den nördlichen Raum Belgiens, den südlichen Teil der Niederlande, die Randstad, und das deutsche Ruhrgebiet sowie Düsseldorf und Köln/Bonn ein. Weiter verläuft sie entlang des Rheins – schließt dabei Frankfurt am Main und das Rhein-Main-Gebiet ein – über die Metropolregion Rhein-Neckar führt sie zur Metropolregion Stuttgart, dann über die Schweiz und endet schließlich im Nordwesten Italiens bei den Städten Turin, Mailand und Genua.

Wenn die so genannte Goldene Banane dazu gezählt wird, fährt dieser Großraum entlang der Mittelmeerküste fort (unter anderem mit den Städten Nizza, Marseille, Montpellier und Barcelona) und endet erst in Spanien bei Valencia.

Das alte Modell besitzt also eine Nordsüdausdehnung von etwa 1.300 km (Westostausdehnung: zirka 900 km) und geht dabei durch acht Länder, die alle – bis auf die Schweiz – zur EU gehören und dort den Kern derselben darstellen.

Entstehung

Der Franzose Roger Brunet, der Europa in Aktiv- und Passivräume untergliedern wollte, entwickelte 1989 den Begriff „Blaue Banane“ (eigentlich Boom Banana, durch eine Fehlübertragung von „boom“ zu „blue“ verändert). Damit meinte er einen europäischen Industrie- und Dienstleistungsgroßraum, der sich vom nördlichen England bis nach Oberitalien erstreckt. Brunet sah jedoch seine These als keine wirklich neue Entdeckung an, da sie mit „ein wenig Verstand und räumlichem Einfühlungsvermögen“ vorherzusehen gewesen sei.

Er sah die Blaue Banane als Entwicklung historischer Gegebenheiten, wie z. B. bedeutende Handelswege, oder als Folge der Akkumulation industriellen Kapitals. Frankreich jedoch habe hauptsächlich durch die Verfolgung von Minderheiten, er nennt die Protestanten, und die Zentralisierung auf Paris den Anschluss an diesen Großraum verloren. Brunet ließ somit gewollt den französischen Raum weg, der sich insbesondere auf den Großraum Paris konzentriert beziehungsweise beschränkt, um der französischen Regierung die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Integration in diesen gesamteuropäischen Raum zu zeigen.

Die Banane wurde als blau bezeichnet, da es sich um das europäische Kerngebiet handelt und die Flagge Europas überwiegend blau (mit gelben Sternen) ist, es wurde somit die Fahnenfarbe übernommen. Andere Quellen hingegen nennen die Arbeitskleidung – im Englischen existiert nach wie vor der Begriff des blue-collar-worker, der vor allem für Fabrikarbeiter steht – der größtenteils industriellen Arbeitskräfte als Begründung für den Zusatz. Gründe für die Form der Blauen Banane sind zum einen die Teilung Europas nach dem Zweiten Weltkrieg, was zu einem Ausbau der Nord-Süd-Achse führte, dies kann man z. B. an dem gut ausgebauten und infrastrukturell genutzten Rheintal sehen, während die Ost-West-Verbindungen fast ganz verelendeten. Andererseits bestanden schon weit vorher große Zentren, wie z. B. Randstad, das Ruhrgebiet oder der Großraum um Manchester, die zu der Zeit der Industrialisierung an Bedeutung gewannen, so dass es entlang der Verbindungen zwischen den einzelnen Zentren zu weiterer Ansiedlung durch Industrie und Bevölkerung kam.

Bedeutung

Bevölkerungsdichte – Stand 1994, Die Blaue Banane als Größtes Städteband vor dem Taiheiyo-Belt und BosWash

Die Blaue Banane erhält nicht nur durch die Bevölkerungsverdichtung, die sich in einem fast durchgehenden Städteband über lange Strecken ausdrückt, eine besondere Position, auch die Infrastruktur – sowohl verkehrstechnischer als auch informationstechnischer Natur – ist überdurchschnittlich. Da Europa nur wenige echte Metropolen (Paris, London und Moskau) besitzt, ist ein Zentrum insofern wichtig, als dadurch die Zusammenarbeit gefördert werden und von einander abhängige Industriezweige nah beieinander liegen können. Außerdem ist dieser Raum für überregional agierende Firmen interessant, da dort gute „Ferninfrastruktur“, wie z. B. Seehäfen (Rotterdam oder Antwerpen) oder (Fern-)Flughäfen (in London, Frankfurt, Düsseldorf etc.), vorhanden sind, aber auch wegen der zentralen Lage in Europa selbst, wird dieser Raum für zentrale Einrichtungen bevorzugt. Dies ist auch in der Verteilung internationaler Institutionen zu erkennen, wie etwa dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag, dem Europarat in Straßburg oder dem Sitz der NATO in Brüssel.

Blaue und Goldene Banane im erweiterten Modell

Die Regionen der Goldenen Banane sind hingegen für moderne Industrien bekannt, wie z. B. die Elektronik-, die Flugzeugfabrikanten und Forschungszentren und könnten somit in Zukunft zu einem Gegenpol zu dem amerikanischen Silicon Valley und den südostasiatischen Produktionsgebieten werden. Durch die deutsche Einheit wurde zudem seit 1990 stark versucht, den ehemals sozialistisch geführten Bereich stärker wirtschaftlich in Westeuropa einzugliedern, so dass stark subventioniert und gebaut wurde. Dennoch haben Osteuropa und die Neuen Bundesländer den Anschluss noch nicht vollkommen erreicht, auch wenn erste Ansätze bis nach Berlin gehen.

Entwicklung

Roger Brunet kritisierte einst das Wesen der französischen Raumordnung, heutzutage sieht man jedoch, dass die Franzosen an diesem Problem gearbeitet haben, so dass das Modell der Blauen Banane zumindest ökonomisch nicht mehr zutrifft, da der Großraum nun mehrere Ausläufer besitzt, die sich z. B. über Paris bis nach Südspanien ziehen. Die Blaue Banane expandierte somit in den letzten Jahren so stark, dass es sich heutzutage (eher) um einen Blauen Stern handelt, in dem dennoch das Gebiet der klassischen Blauen Banane das Kerngebiet darstellt. Von der Bevölkerungskonzentration hat sich dagegen sehr wenig geändert, die Blaue Banane ist trotz der schwachen Ausläufer immer noch das unangefochtene Zentrum der europäischen Bevölkerungskonzentration. Weitere Gebiete, die der Blauen Banane hinzukamen, sind an der Mittelmeerküste zwischen Valencia und Genua, die als Goldene Banane oder europäischer Sun Belt bekannt sind und bei einer Ausweitung des deutschen Abschnittes anzusiedeln, die sich entlang der Nordsee über Bremen und Hamburg bis nach Dänemark und teilweise bis an die Südspitze Skandinaviens zieht. Der Begriff Sunbelt soll auf die Parallelität zu dem US-amerikanischen Wirtschaftsraum (gutes Klima lockt neue Industrien an) aufmerksam machen.

Durch den stetigen Zustrom ausländischer Immigranten, die insbesondere in die städtischen, wohlhabenden Gebiete wollen, so dass es zu erhöhtem Ausländeranteil kommt, wächst das Gebiet so stark an, dass es zu einer Polarisierung innerhalb Europas kommt, also eine Teilung in Gewinner (Blaue Banane) und Verlierer (ländliche Gebiete, Peripherie, besonders in Osteuropa). Dabei verlieren insbesondere die peripheren Räume, die auf Grund ihrer geringen Bedeutung (z. B. in ihrer Infrastruktur oder beim Bau überregionaler Institutionen) weniger gefördert werden. Somit verstärkt sich immer weiter der Bedeutungsunterschied und die Abhängigkeit der Bewohner ländlicher beziehungsweise peripherer Regionen von den Stadtgebieten. Außerdem sind bestimmte Einrichtungen wie z. B. Hochgeschwindigkeitsverkehrsmittel (ICE, Magnetschwebebahn o. Ä.) nur in einigen stark besiedelten, wohlhabenden Gebieten rentabel, so dass periphere Gebiete weiter ausgegrenzt und somit für wesentliche Wirtschaftszweige uninteressant werden.

Es tritt also eine steigende Zentralität des Großraumes der Blauen Banane auf, während der Zentralitätseinfluss immer größer wird – die Menschen immer abhängiger von zentralen Einrichtungen, Geschäften etc. werden –, was jedoch auch Probleme innerhalb dessen mit sich bringt, wie z. B. Verkehrschaos, Überbevölkerung durch unkontrollierten Zuzug, hohe Bodenpreise, steigende Umweltbelastung und Zersiedlung im Umland. Aber auch „Verliererstädte“ haben Probleme, die sich unter anderem in Arbeitslosigkeit, Abwanderung, sinkenden Steuereinnahmen und wachsenden sozialen Problemen ausdrücken, allerdings litten beziehungsweise leiden auch einige Städte innerhalb dies Wirtschaftsraums der „Blauen Banane“ wie beispielsweise Duisburg, Gelsenkirchen, Liverpool oder Sheffield unter diesen Problemen. Diesem Effekt wirkt die EU seit einiger Zeit mit Förderprogrammen ärmerer beziehungsweise peripherer Regionen entgegen.

Zudem gibt es den so genannten „blauen Stern“. Dieses Modell beinhaltet zwar die Wirtschaftszentren der Blauen und Goldenen Banane, ist aber um einige Entwicklungsachsen nach Osten ergänzt. Vor allem hinsichtlich der vollzogenen EU-Osterweiterung verlaufen die Entwicklungsachsen und ausgewiesenen Verdichtungsräume beispielsweise über Hamburg–Kopenhagen, Berlin–Warschau und MünchenWien (–BratislavaBudapest). Ein weiterer Korridor verläuft von Paris über Toulouse bis nach Madrid. Wirtschaftlich sind diese Korridore entwickelt, sind jedoch trotzdem nicht mit der Blauen Banane vergleichbar, da entsprechende Bevölkerungsdichten nicht vorhanden sind.

Alle bildhaften Modelle haben eine gemeinsame Aussage: Alle Städte, die nicht in einem solchen Korridor liegen beziehungsweise angeschlossen sind, haben im Wettbewerb der Wirtschaftsräume schlechtere Chancen.

Weblinks


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